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Adipositas - Wenn Diäten nicht helfen

Dr. Wolfgang Tigges
Chefarzt
Chirurgische Klinik, Sektionen für Viszeralchirurgie, Gefäßchirurgie, Unfallchirurgie

Adipositaszentrum Hamburg
Asklepios Westklinikum Hamburg
Suurheid 20
22559 Hamburg
Tel.: (0 40) 81 91-0
Fax: (0 40) 81 91-20 01
www.adipositaszentrum-hamburg.de

 

PROTOKOLL

Adipositas - Wenn Diäten nicht helfen

DR. TIGGES: Wir beginnen um 19 Uhr.

Tecklenburg : Ich hatte immer ein Problem mit dem Sättigungsgefühl, irgendwie setzte das bei mir nie ein. Wird bei einer Operation nur die Zufuhr verringert, aber man ist immer noch ständig hungrig, oder kann man da auch was machen?

DR. TIGGES: Man muss dazu sagen, dass die Operationen im Wesentlichen auf eine Beeinträchtigung der Nahrungszufuhr setzen. D. h. hier wird durch einige Operationstechniken ein restriktiver Effekt vermittelt, durch den der Patient nur noch sehr viel weniger an Nahrung zu sich nehmen kann, als das im Normafall notwendig ist. Durch das geringe Reservoires setzt ein Sättigungseffekt frühzeitig ein. Das ist insbesondere bei der Magenbandoperation oder bei dem Magenbypass, aber auch bei dem Schlauchmagen so.

Kuddel : Ich habe mal gelesen, dass ein Magenschrittmacher das Hungerfühl steuern oder gar kontrollieren kann. Gibt es so was wirklich oder ist das erst in der Erprobung?

DR. TIGGES: Magenschrittmachertherapie führt auch zu einer verminderten Nahrungszufuhr durch Beeinträchtigung des Sättigungsgefühls. Magenschrittmachertherapie wird derzeit in Studien gezielt durchgeführt, hat aber derzeit noch keine so nachweisbaren Langzeiteffekte, wie bei den anderen Magenoperationen.

Lulu : Hallo, ich bin 24 Jahre alt, 158 cm, 110 Kilo, BMI 44 liegt. Das ist Grad III. Diverse Diäten halfen nicht. Sondern führten nur zu mehr übergewicht. Ich möchte eine Operation haben (Magenband oder Verkleinerung?) und auch zu einem Psychologen gehen weil ich so nicht mehr weiter leben kann. Bin gesetzlich versichert. Welche Chancen habe ich auf Kostenübernahme? Vielen Dank! MFG Lulu

DR. TIGGES: Nach den S3-Leitlinien haben mehrere Fachgesellschaften die Bedingungen zusammengefasst, ab wann eine operative Versorgung durchgeführt werden kann. Sie erfüllen mit Ihrem BMI von 44 die Bedingung des Ausmaß des geforderten Übergewichtes. Eine Operation wird jedoch erst dann durchgeführt werden, wenn alle konservativen Maßnahmen durch Ernährungstherapie und Verhaltensänderungen erfolglos geblieben sind, bzw. sich erschöpft haben. Die Krankenkassen fordern zum Nachweis einer erfolglosen konservativen Maßnahme die begleitende Therapie durch einen Arzt. Sollte ein Arzt Ihre Diäten begleitet haben und der Psychologe eine Einschätzung vorgenommen haben, dürfte einer operativen Maßnahme nichts im Wege stehen.

Miri : Ist ein Magenband eigentlich noch eine aktuelle Form um die Pfunde zu reduzieren? Gibt es jetzt etwas zeitgemäßeres was man später auch wieder entfernen/rückbauen kann, damit so eine Operation nicht weniger endgültig ist?

DR. TIGGES: Das Magenband ist immer noch eine zeitgemäße Behandlungsmethode. An das Magenband sind jedoch strenge Bedingungen an die Mitarbeit des Patienten zur Nahrungsänderung gebunden.

freak : guten Tag, ich habe einen Antrag auf stationäre Reha wegen Adipositas grad III gestellt. Meine gesamte Situation erscheint mir so trostlos, so dass ich depressiv geworden bin und bei der BFA im Antrag den Wunsch geäußert habe in eine Psychosomatische Klinik zu kommen. Leider wurde dem nicht entsprochen. Auch der Widerspruch wurde abgelehnt. Erst soll ich abnehmen, dadurch würde sich meine Psyche verbessern. Das ist ein langer Weg bei dem hohen Übergewicht, so dass ich über eine chirurgische Lösung nachdenke, was ich ursprünglich nicht wollte. Unter welchen Umständen tritt die Kasse dann ein?

DR. TIGGES: Bitte entnehmen Sie die Informationen der bereits oben gegebenen Antwort zu dem Teilnehmer Lulu. In unserem Adipositaszentrum besteht auch die Möglichkeit einer tagesklinischen Behandlung der Adipositas, so dass ggf. eine Kontaktaufnahme möglich ist.

Moderator : http://www.asklepios.com/adipositaszentrumhamburg_chir_klinik.Asklepios?ActiveID=18253

Detmold : Ich (Mann) bin sicherlich nicht so stark übergewichtig wie die meißten anderen hier. Bin 38, 97 kg, ansonsten gesund. ABer ich möchte sehr gern 10-15 kg abnehmen. Diäten etc. habe ich endlos probiert, es hat immer nur vorbergehenden Erfolg. Welche Möglichkeiten gibt es für mich?

DR. TIGGES: Sie geben Ihre Körpergröße nicht an, die ein wesentlicher Wert zur Beurteilung des Body-Mass-Index ist. Auch eine Adipositas Grad I oder II kann durchaus unter tagesklinischen Bedingungen mit Ernährungstherapie und Verhaltensänderungen bereits Erfolge tätigen.

Mulle : Sehr geehrte Damen und Herren, im Internet bin ich auf Sie aufmerksam geworden und hoffe, dass Sie mir einen Rat geben können: Seit August 2009 habe ich ein Magenband. Mein Gewicht konnte ich von 129 Kilo auf ca. 81 Kilo (ich bin 41 Jahre alt und 175 cm groß) reduzieren und war sehr zufrieden damit. Seit Dezember besteht jedoch folgendes Problem: bei einer Auffüllung von 2 ml (in einem Band, welches ca. 3 ml fasst) konnte ich plötzlich gar nicht mehr bzw. nur sehr eingeschränkt trinken, geschweige denn essen. Aufgrund dessen ließ ich das Band auf 1 ml entleeren, wodurch das Problem behoben war. Der Arzt sagte mir dann, dass ich zu den wenigen Patienten gehöre, wo der Muskel der Speiseröhre es nicht mehr schafft, Speisen durch den Ring zu bringen. Mir bliebe wohl keine andere Wahl, als bei einer erneuten OP einen Magenbypass zu bekommen. Kann Dr. Tigges dazu seine Meinung sagen? Vielen Dank.

DR. TIGGES: Bevor man eine Aussage dieser Art treffen kann, sollten noch weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Es sollte eine endoskopische Untersuchung der Speiseröhre, des Mageneingangs und des Magens vorgenommen werden. Ebenfalls empfehlen wir eine Röntgenuntersuchung mit einem so genannten Kontrastmittelschluck. Erst in der Zusammenschau dieser Untersuchungstechniken kann man ggf. das weitere Vorgehen besprechen. Man muss auf jeden Fall Veränderungen, die möglicherweise durch das Magenband eingetreten sein können, ausschließen.

Wedel/Schleswig-Hols: Was halten Sie von Medikamenten, die die Verstoffwechselung von Fett einschränken? Soll ich so etwas mal probieren? Bin männlich, 35 Jahre, 1,80m, 100kg

DR. TIGGES: Die medikamentöse Wirkung auf das Übergewicht hat keine befriedigenden Ergebnisse erzielen können und ist deshalb verlassen worden.

Buchholz : Eigentlich ist mein Leben ganz in Ordnung mit einem netten Mann und zwei hübschen Kindern. Unser Problem ist mein Übergewicht, das ich nach den Kindern draufgepackt habe. Bei einer Größe von 168 und 152kg fallen mir Treppen immer schwerer und ich mag nicht mehr vor die Tür gehen mit der ganzen Familie, weil mir das alles so peinlich ist. Bin 34 Jahre. Am besten wäre ich würde nicht mehr aufwachen. Ich habe auch Angst vor all den Veränderungen die notwendig sind. Wie fange ich es an. Am besten wäre wohl eine Operation.

DR. TIGGES: Sie haben nach der Schilderung einen BMI, der einem Wert von fast 55 entspricht. Sie gehören damit zu der Gruppe der Patienten mit extremem Übergewicht, von dem man in aller Regel durch operative Maßnahmen die beste Gewichtsreduktion erwarten darf. Sie sollten sich an ein Adipositas-Zentrum wenden, weil dort interdisziplinär geklärt werden kann, ob bei Ihnen bereits die erforderliche konservative Therapie erfolglos durchgeführt worden ist und damit eine Operation möglich ist. (siehe auch die Antwort zu der Frage von Teilnehmerin Lulu). Eine gewichtsreduzierende Maßnahme durch konservative Therapien ist bei einem derartigen Übergewicht kaum möglich.

Danie : Was sagt Dr. Tigges zu den Perspektiven, die man mit einem BMI von etwa 45 hat. Würden Sie zu einer Operation raten?

DR. TIGGES: Auf jeden Fall! Sie sollten allerdings beachten, dass entsprechend der S3-Leitlinien natürlich bestimmte Bedingungen an eine zuvor durchgeführte erfolglose konservative Therapie geknüpft werden.

abbas : Kann man eine progrediente Lebensverkürzung ausrechnen unter Einbeziehung von Größe und Gewicht?

DR. TIGGES: Diese Frage wird durch eine inzwischen über 20 Jahre gehende Studie beantwortet, in der durch die Operationen die allgemeine Sterblichkeit um 29 % gesenkt werden konnte, im Vergleich zu einer konservativen Therapie (SOS-Studie Schweden)

Rote Hexe : Meine Frage lautet: Ich habe einen BMI von 39,6 (174 cm bei 120 kg) und Bluthochdruck. Wenn ich so die anderen Mitstreiter mit 150 kg aufwärts sehe, denen die Krankenkasse das Magenband ablehnt, kommen mir Zweifel, ob es sich überhaupt lohnt, dafür zu kämpfen. Da die AOK noch bei viel schwereren Leuten die OP ablehnt. Kann ich zu Dr. Tigges in die Klinik kommen, obwohl ich in NRW (nähe Münster) lebe? Was ist mit der Nachsorge etc.?

DR. TIGGES: Sie haben mit einem BMI von 39,6 und einer vermutlich durch die Adipositias bedingten Folgeerkrankung ein Ausmaß an Adipositas erreicht, das auch nach den S3-Leitlinien die Indikation für ein operatives Vorgehen empfiehlt. Die Ablehnung durch die Krankenkassen ist nicht primär über das Ausmaß der Adipositas definiert, sondern wird im Wesentlichen dadurch bestimmt, dass die Krankenkassen sehr strenge Maßstäbe an die Durchführung einer Ernährungstherapie, an eine Verhaltensänderung und an eine Bewegungstherapie stellen, deren Ergebnislosigkeit in Zusammenhang mit der Adipositas die Rechtfertigung für die Genehmigung ist. Sie können auch aus Münster gerne in Hamburg einen Termin in unserem Adipositaszentrum erhalten. Die Nachsorge kann ggf. über einen Ernährungsmediziner vor Ort nach genauen von uns mitgegebenen Standards erfolgen.

Kläri : Kann man mit Botox die Hungerzellen im Magen lahmlegen?

DR. TIGGES: Wir selbst haben keine Erfahrungen mit dieser Technik, die auch keine Ergebnisse einer Langzeitbeobachtung zulässt. Die Technik soll durch eine vorübergehende Lähmung des Transports der Speisen im Magen ein Sättigungsgefühl mit sich bringen.

Curos : Bei mir ist der Schlauch erweitert worden. In den letzten 2 Monaten habe ich ca. 5 Kilo zugenommen, weil ich jetzt leider mehr essen kann als mir gut tut. In der Hoffnung, dass es sich nur um ein kurzfristiges Problem handelte, versuchte ich Ende Januar die Auffüllung auf 1,5 ml - leider erfolglos: nach 3 Tagen musste ich wieder auf 1 ml runter. Was schlägt Dr. Tigges vor?

DR. TIGGES: Ich vermute, dass Sie mit dem Schlauch die Ballonauffüllung des Magenbandes ansprechen. Wenn mit 1,5 ml Auffüllung von Ihnen die Erfolgslosigkeit beschrieben wird, müssen Sie mir das etwas näher erläutern. Möglicherweise müsste Ihr Essverhalten einem Magenband angepasst werden. Das kann ggf. durch eine Ernährungsberatung oder eine begleitende Ernährungstherapie erfolgen.

Alexa : Mein Arzt sagt, dass ich meinen Diabetes (TypII) durch Gewichtsreduktion in Griff bekommen kann. Er sagt mir aber nicht, wenn Du soundso viel abnimmst funktioniert das. Er sagt nur jedes Kilo hilft. Kann Dr. Tigges das vielleicht etwas präziser formulieren?

DR. TIGGES: Durch viele Studien konnte gezeigt werden, dass einige Operationstechniken bereits eine Normalisierung des Blutzuckerspiegels garantieren, ohne dass zu diesem Zeitpunkt bereits ein Gewichtsverlust entstanden ist. Das trifft insbesondere für die Magen-Bypass-Operation zu, durch die gastrointestinale Hormone in der Ausschüttung so verändert werden, dass es zur Normalisierung des Blutzuckers über die Insulintätigkeit kommt.

DR. TIGGES: Grundsätzlich ist aber auch Gewichtsreduktion in jedem Fall positiv. Eine so genannte Normalisierung der Blutzucker-Stoffwechsel-Lage ist aber mit einer konservativen Therapie nicht immer erreichbar.

Mona : Es gibt ja verschiedene Operationsverfahren. Mir ist aber nicht klar, was wann angewendet wird. Könnte Dr. Tigges das erklären? Danke.

DR. TIGGES: Die verschiedenen Operationstechniken sind immer individuell für jeden Patienten unterschiedlich anzuwenden. Kriterien, die die Indikation für eines der Verfahren prägen, können z. B. das Ausmaß des Übergewichtes sein, die Art der Folgeerkrankungen, die berufliche Situation etc.

kEHRENBERG : Meine Kasse (DAK) verweigert mir eine Operation und allein kann ich das nicht bezahlen. Bin ich einem einzelnen Sachbearbeiter ausgeliefert? An wen kann ich mich noch wenden?

DR. TIGGES: Grundsätzlich lassen die Krankenkassen für die Beantwortung eines Genehmigungsverfahrens die Anträge von einem Arzt des medizinischen Dienstes prüfen. In der Regel folgen die Krankenkassen der Empfehlung dieses Gutachters. Gegen einen ablehnenden Bescheid der Krankenkasse haben Sie die Möglichkeit, einen Widerspruch einzulegen. Näheres dazu erfahren Sie sicherlich in jedem Adipositaszentrum, was auch hier eine Hilfestellung geben wird.

anonym : Woran kann es liegen, wenn ich trotz Magenbypass wieder zunehme?

DR. TIGGES: In diesem Fall sind Untersuchungen des Magenbypass durch Endoskopie und Kontrastmittel notwendig. Manchmal kann etnweder ein zu großer Pouch-Magen oder aber in seltenen Fällen auch eine Fistel zwischen dem Pouch-Magen und dem Restmagen die Ursache für eine erneute Gewichtszunahme sein.

Karin W. : Durch mein hohes Übergewicht (BMI 44) habe ich schon 2 neue Kniegelenke und demnächst brauche ich eine neue Hüfte. Es ist kein Problem für meine Krankenkasse, das für mich zu bezahlen. Einen Magenbypass will sie nicht bezahlen. Ist doch verrückt, oder? Seit ich den Zusammenhang begriffen habe von Gewicht und Verschleiß meiner Gelenke bemühe ich mich darum (4,5 Jahre). Leider kein Erfolg. Kann man meine Kasse irgendwie dazu zwingen, soll ich einen Rechtsanwalt suchen?

DR. TIGGES: Haben Sie sich denn schon einmal an ein Adipositaszentrum gewandt? Wenn Sie sich schon seit 4,5 Jahren um gewichtsreduzierende Maßnahmen bemühen und alle Bedingungen für die Genehmigung der Kostenübernahme erfüllt sind (misslungene konservative Therapieversuche, die ärztlich begleitet worden sind), müsste Ihre Krankenkasse einer solchen Operation die Kostenzusage erteilen.

B.T. : Was ist teurer von den Kosten her, eine Roux OP oder eine BPD-DS Op ich habe BMI 62 und will 100-130 KG weg bekommen.

DR. TIGGES: Die Indikation für eines der beiden Verfahren sollte nicht vom Kostenaspekt her getroffen werden, sondern im Wesentlichen von den speziellen Bedingungen, die Ihre Adipositas mit sich bringen. In Ihrem Fall mit einem BMI von 62 kann durchaus zunächst ein Schlauchmagen gebildet werden, der schon für sich genommen eine Gewichtsreduktion von 60 bis 70 % des Übergewichtes ermöglicht und den Vorteil hat, dass nach zwei oder drei Jahren ein Folgeeingriff zum BPD/DS zur weiteren Gewichtsreduktion möglich ist.

MODERATOR: Der Experte macht eine kurze Pause. Wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.

Moderator : http://www.asklepios.com/adipositaszentrumhamburg

Steinbach : Welche Abnehm-Operation (Technik) empfiehlt Dr. Tigges?

DR. TIGGES: Für jeden Patienten findet sich entsprechend seiner individuellen Bedingungen ein geeignetes Operationsverfahren, so dass man nicht eine allgemein verbindliche Aussage und Empfehlung für eines von mehreren Operationsverfahren treffen kann.

Lovis : Was ist eine Endobarriere? Ist wohl noch ziemlich neu. Ist das gut?

DR. TIGGES: Es handelt sich dabei um einen endoskopisch einzuführenden Schlauch, der den Zwölf-Finger-Darm und den oberen Teil der ersten Dünndarmschlinge auskleidet und damit den Kontakt der Nahrung zur Schleimhaut verhindert. Durch dieses Verfahren wird eine Veränderung der gastrointestinalen Hormonausschüttung provoziert, die in erster Linie auch eine Veränderung des Blutzuckerwertes mit besserem Ansprechen des Insulins ermöglicht. Dieses Verfahren ist nicht erster Linie auf eine gewichtsreduzierende Maßnahme ausgerichtet. Es wird derzeit in Studien nur an speziellen Zentren angeboten.

Jonas : Was ist besser Magenverkleinerung oder Darmverkürzung?

DR. TIGGES: Können Sie Ihre Frage etwas präzisieren?

Schöllermann : Es ist alles gesagt bei uns, aber meinem Mann gelingt es nicht, sein Essverhalten zu ändern. Ich bin schlank, will sagen, ich koche nicht falsch. Meine Hoffnung ist, dass ich hier von Dr. Tigges noch einmal neue Argumente bekomme, was die sogen. Folgeerkrankungen anbelangt. Um welche handelt es sich, wie schnell treten die auf, bei welchem Übergewicht?

DR. TIGGES: Wie schnell und ab welchem Übergewicht Folgeerkrankungen auftreten, ist sehr individuell. Mit zunehmendem Übergewicht ist aber sehr gut belegt, dass auch das Ausmaß einer Diabeteserkrankung stark zunimmt. Umgekehrt kann man aber auch sagen, je früher gewichtsreduzierende Maßnahmen greifen, desto besser ist die Folgeerkrankung beeinflussbar. Das trifft insbesondere bei einem Magen-Bypass zu und der dadurch bedingten Beeinflussung der Blutzucker-Stoffwechsel-Lage. Noch ein Satz zur Ergänzung: Man weiß heute, dass die Ursachen des Übergewichtes vielschichtig sind und zum Teil auch durch genetische Veranlagung bedingt sind, die die Appetitregulierung und die Stoffwechselsituation beeinflusst, so dass durchaus gleiches Essverhalten zu unterschiedlichen Auswirkungen kommen kann.

Gerd : Gibt es Erfahrungsberichte darüber, wie die Risiken einer OP sind, wo gleichzeitig Magenband entfernt und -bypass eingesetzt wurden? Gibt es eine Klinikempfehlung?

DR. TIGGES: Man kann eine so genannte REDO-Operation sowohl einzeitig oder aber zweizeitig - also zu zwei verschiedenen Zeitpunkten - durchführen. Die Risiken einer Bypass-Operation sind in aller Regel in spezialisierten Einrichtungen sehr gering, auch Wechseloperationen sind in solchen Kliniken mit nur unwesentlich höheren Komplikationen durchführbar. Die Probleme einer so geschilderten Operation bestehen insbesondere durch narbige Wandveränderungen, die durch das Magenband am Magen entstanden sind.

Hamburger Kerl : Mann, 39, 1,79m, 98kg. Meine Krankenkasse würde mir eine chirurgische Maßnahme sicherlich noch lange nicht bewilligen. Kann ich auch als Selbstzahler zu Ihnen kommen? Und was würden Sie chirurgisch mir empfehlen? Bin ansonsten gesund.

DR. TIGGES: Sie haben einen BMI von 29 und dürften zu der Gruppe von Patienten mit Übergewicht gehören, die sicherlich durch eine intensive Bewegungstherapie und Änderung der Essgewohnheiten Aussicht auf eine Gewichtsreduzierung haben. Ich würde Ihnen empfehlen, sich an Spezialisten zu wenden. Aus meiner Sicht sind Sie ein Kandidat, der z. B. für eine tagesklinische Behandlung, wie sie in unserem Adipositaszentrum angeboten wird, in Frage kommt.

Hella : Was sagt der Procam-Score aus, was nützt er mir?

DR. TIGGES: Der Procam-Index drückt das Herzinfarktrisiko in Abhängigkeit von Alter, Fettstoffwechselstörung, Rauchgewohnheiten und Blutdruck sowie Diabeteserkrankung und genetischen Bedingungen aus. Jedem einzelnen dieser Parameter wird eine bestimmte Punktzahl zugeordnet, deren Summation dann das Herzinfarktrisiko angibt.

Klara67 : Gibt es eine Altersbegrenzung für eine Operation bei starkem Übergewicht? Ich bin 67 Jahre alt, 163 Gr., 125 Kg. Ich wüsste gern ob man mir noch eine Operation befürworten würde, habe sehr Probleme mit den Beinen besonders den Knien, aber auch im Rücken.

DR. TIGGES: Die noch bis vor wenigen Jahren bestehende Altersbegrenzung ist inzwischen relativiert worden. Auch in Ihrem Fall sollten Sie sich an ein Adipositaszentrum wenden, das die speziellen individuellen Bedingungen Ihrer Adipositas prüft und eine Entscheidung hinsichtlich des operativen Vorgehens treffen kann. Ihr BMI liegt bei 47 und es sollte geprüft werden, ob nicht möglicherweise noch andere Folgeerkrankungen - wie Diabetes Mellitus, Bluthochdruck oder Fettstoffwechselstörungen - eine Rechtfertigung zur Operation darstellen. Folgeerkrankungen dieser Art können manchmal leicht übersehen werden.

jossel : Ich habe mich entschlossen und will es machen mit einer Operation. Raum Duisburg. An wen wende ich mich zuerst Kasse, Psychologe oder Chirurg?

DR. TIGGES: Ich würde mich zu allererst zur Beratung an ein Adipositaszentrum wenden, in dem immer mehrere Ärzte und Psychologen gemeinsam die Entscheidung für eine Therapie treffen. Sie werden dort dann mit Sicherheit einen erfahrenen Operateur, wie auch einen in dieser Thematik versierten Psychologen oder Psychotherapeuten und Ernährungsmediziner finden. Mit der gemeinsamen Einschätzung dieser Spezialisten haben Sie dann die Möglichkeit, einen Antrag zur Kostengenehmigung bei der Krankenkasse zu stellen.

Gerhard : Ist es für Ärzte nicht nervig, wenn ein unglaublich fetter Mensch vor Ihnen sitzt und mit großen Augen sagt: Aber ich esse doch überhaupt nichts. Ein stark übergewichtiger Arbeitskollege von mir behauptet auch ständig, dass er fast nichts essen würde. Aber von Luft kommen die Pfunde ja nicht??.Teuer, teuer, all das bezahlt die Allgemeinheit. Warum eigentlich?

DR. TIGGES: Es ist überhaupt nicht nervig, wenn wir Patienten behandeln. Auch dann nicht, wenn sie übergewichtig oder adipös sind. Viele Erkrankungen, die heutzutage behandelt werden, entstehen durch bestimmte Verhaltensweisen der Patienten selbst. Denken Sie an die vielen Raucher, die - obwohl Rauchen eindeutige Krebserkrankungen provoziert - weiter rauchen; denken Sie an Extremsportler, die sich Arme und Beine brechen können oder sogar ihr Leben risikieren und dennoch behandelt werden. Wir müssen aufhören, die Patienten mit Übergewicht zu diffamieren, weil die Ursachen des Übergewichts und der Adipositas vielschichtig sind und zu einem großen Teil auch durch genetische Veranlagung provoziert wird.

Kloth : Nach meiner Kenntnis übernehmen die Kassen nur unter besonderen Voraussetzungen die Kosten für ein Magenband, Magenverkleinerung und was es da sonst noch für Möglichkeiten gibt. Kann die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie Einfluss durch Beratung auf die Kassen nehmen, damit da mehr Verständnis entsteht für die Sinnhaftigkeit operativer Maßnahmen zur Gewichtsreduktion?

DR. TIGGES: Das hat die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie bereits getan. Es existiert eine entsprechende chirurgische Arbeitsgemeinschaft, die ihren entsprechenden Einfluss in vielen Gremien, u. a. des Gesundheitswesens, geltend macht.

Euser : Ich wohne im Norden von Hamburg (Henstedt-Ulzburg) und habe mit Freude festgestellt, dass ich in Hamburg gute Möglichkeiten für eine Operation habe. Woran erkenne ich ob jemand mehr oder weniger Erfahrung hat?

DR. TIGGES: Seit wenigen Jahren bietet die Deutsche Gesellschaft für Allgemein- und Viszeralchirurgie die Möglichkeit, entsprechende Adipositaszentren zu zertifizieren. Sie können davon ausgehen, dass die zertifizierten Zentren über ausreichende Erfahrung verfügen und daher durchaus vergleichbare Ergebnisse abliefern. Alle zertifizierten Zentren müssen sich verpflichten, an einer qualitätssichernden Studie, die seit 2005 in Deutschland geführt wird, teilzunehmen.

Tornesch : Ist bei Ihnen am Zentrum auch jemand, der mir die überschüssige Haut wegmacht?

DR. TIGGES: Wenn erhebliche Gewichtsreduktion eingetreten ist, das ist in der Regel nach 1 oder 1,5 Jahren festzustellen, dann bildet sich in der Tat eine schürzenbildende Haut, die durch plastische Korrekturen entfernt werden kann. An unserem Haus wird das durch eine plastische Chirurgin durchgeführt. Näheres dazu können Sie auf unserer Homepage einsehen.

Moderator : http://www.asklepios.com/adipositaszentrumhamburg

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Röntgen : Guten Abend. Ich habe seit Oktober 2009 ein Magenband. Ich mache mir Gedanken darüber, ob die Röntgenuntersuchung mit dem Breischlucken auch Nebenwirkungen hat wegen der Röntgenstrahlung?

DR. TIGGES: Die Röntgenuntersuchung wird sicherlich nicht so häufig durchgeführt werden, dass Sie sich Gedanken über eine gesundheitsschädigende Wirkung machen sollten.

Rinka : Warum gibt es so viel schwer Übergewichtige in der Unterschicht?

DR. TIGGES: Wir sind schon mehrfach auf die Ursache zur Adipositas eingegangen. Einerseits sind genetische Bedingungen die Ursache für die Adipositas andererseits aber auch die Essgewohnheiten und die Auswahl in der Zusammensetzung der Nahrung. Hier scheint ein Zusammenhang zu verschiedenen sozialen Schichten zu bestehen. Man vermutet, dass gerade in sozial niedrigen Schichten, z. B. Fast Food und einseitige Ernährung häufiger festzustellen ist.

Eileen : Ich sehe einen Bypass oder Magenverkleinerunges als einzige Möglichkeit für uns Übergewichtige, trotzdem ist es schwer dafür eine Kostenübernahme von der Techniker zu bekommen. Ich verstehe das nicht. Warum wehren sich die Kassen nach wie vor dagegen?

DR. TIGGES: Ich bin schon mehrfach im Laufe des Abends auf die S3-Leitlinien eingegangen. Diese formulieren sehr eindeutig, wann die Kostenübernahme von den Krankenkassen zu gewährleisten ist. Insofern dürfte bei Erfüllung aller Voraussetzungen einer Kostenübernahme nichts im Wege stehen. Manchmal sind einige Krankenkassen jedoch sehr kleinlich in der Auslegung dieser Leitlinie, so dass Sie gut daran tun, sich im speziellen Fall von Ärzten eines Adipositaszentrums beraten zu lassen.

Echo : Ich habe geerbt und plötzlich ganz andere wirtschaftliche Möglichkeiten als bisher. Wenn ich alles direkt bezahle (ohne zusätzl. Privatversicherung), Diagnostik, Vorbereitung, Operation, Nachsorge, Arzt, KH-Aufenthalt, was kommt ganz ungefähr bei heraus? Es geht mir nicht darum Dr. Tigges festzunageln, sondern nur darum eine erste Budgetgröße zu erhalten.

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DR. TIGGES: Die Krankenhäuser können gegenüber den Krankenkassen eine solche Operation mit ca. 8.000 Euro abrechnen. Das ist aber nur eine ungefähre Richtgröße, die weder Vorbehandlung noch Nachbehandlung beinhaltet und erst recht keine Kosten für möglicherweise auftretende Komplikationen beinhaltet. Auch dann, wenn Sie Selbstzahler sind, wird ein verantwortlicher Arzt die gleichen Kriterien für die Indikation einer Operation anlegen, wie sie auch von den Krankenkassen gefordert werden.

Sabrina : Hallo Herr Doktor, ich habe ein BMI von 55,5 meinen Sie das ich mit einem Magenballon auch schon eine Hürde schaffen kann? Oder sollte ich gleich ein Magenband einsetzen lassen??

DR. TIGGES: Ein Magenballon kann für eine kurze Zeit möglicherweise eine initiale Gewichtsreduktion bewirken, nach der dann, nach Entfernung des Magenballons eine Operations durchgeführt werden sollte. Ob das dann ein Magenband, ein Magen-Bypass oder ein Schlauchmagen sein sollte, müssen die behandelnden Ärzte eines Adipositaszentrums entscheiden.

DR. TIGGES: Eines liegt mir noch besonders am Herzen: Allen, die den heutigen Abend verfolgt haben und die die Expertensprechstunde im Internet aufschlagen, möchte ich mitteilen, dass wir den übergewichtigen und adipösen Patienten nicht mit Vorurteilen begegnen sollten. Es handelt sich um eine Krankheit, die wiederum sehr viele Folgekrankheiten nach sich zieht und insgesamt zu einer Verkürzung der Lebenszeit führt. Leider ist in Deutschland für diese Patienten keine flächendeckende interdisziplinäre Behandlungsmöglichkeit gegeben, so dass immer noch die Folgekrankheiten behandelt aber die Ursache des Übergewichtes nicht therapiert wird. Wir sollten die adipösen Patienten ermutigen, sich an Adipositaszentren zu wenden, die sowohl personell als auch strukturell darauf vorbereitet sind, diese Patienten mit Erfolg und geringen Komplikationsraten zu behandeln. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend.



Ende der Sprechstunde.


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