Medizinische LIVE-Sprechstunde mit Patientenfragen und Expertenantworten zu den unterschiedlichsten medizinischen Themen, Symptomen, Krankheiten Bitte besuchen Sie auch unsere Hauptseite www.experten-sprechstunde.de


Cholesterinwert unter Kontrolle halten

Prof. Dr.med. Gerald Klose 
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser, 
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
Alfred-Faust-Str.11
28277 Bremen
 
Tel.: 0421 6969 300
Fax: 0421 6969 3099
 
Klose.bremen@t-online.de 
www.beckenbauer-maierhof.de/aerzte
 
 
Schwerpunkte 
 
•Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für 
•Herz- und Kreislauferkrankungen
•Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene 
•genetische Beratung
 
 
Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)
 
Lipidsprechstunde
Tel.: 0421 6969 300

PROTOKOLL

Cholesterinwert unter Kontrolle halten

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Wir beginnen um 19 Uhr.

Betty : Bei meiner jährlichen Augenuntersuchung wird immer mein Augenhintergrund sehr genau angeguckt. Jedes Mal sagt meine Augenärztin, Sie sind ein Phänomen. Alles zartrosa, wie bei einem jungen Mädchen, dabei bin ich Anfang 60. Kann man daraus schließen, dass insgesamt wenig Ablagerungen bei mir sind, wenn diese feinen Gefäße frei davon sind? Meine Augenärztin behauptet das, sagt das sei der Vorhof vom Gerhirn.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Der Augenhintergrund gibt tatsächlich Hinweise auf Gefährdungen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ganz besonders Blutdruckerhöhungen führen zu Veränderungen der Blutgefäße, die man im Augenhintergrund sehen kann. Diese Veränderungen haben sogar zu einer Stadieneinteilung geführt. In Extremfällen sieht man seltene Formen von Blutdruckerhöhungen, die ganz besondere Gefahren beinhalten. Eine solche Blutdruckerhöhung wird als maligne Hypertonie bezeichnet. Auch die Zuckerkrankheit führt zu charakteristischen Veränderungen am Augenhintergrund. In fortgeschrittenen Fällen führen diese Veränderungen am Augenhintergrund auch zu Einschränkungen der Sehkraft bis zur Blindheit. Die Auswirkungen von Cholesterinerhöhungen bilden sich in den Blutgefäßen des Augenhintergrundes weniger ab. Auf jeden Fall ist ein Augenhintergrund, wie er der Patientin bescheinigt wird, ein gutes Untersuchungsergebnis.

Wombat : Wie kommt es, dass der Cholesterin-Oberwert in verschiedenen Ländern unterschiedlich hoch festgelegt ist? Gilt für Japaner nicht, was für Europäer gilt?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ein Cholesterinoberwert ist abgeleitet worden von Untersuchungen in verschiedenen Bevölkerungen. Dabei ist der Oberwert dann statistisch definiert worden, nämlich als ein Überschreiten der so genannten 95. Perzentile. In Japan ist die 95. Perzentile deutlich niedriger als in europäischen Ländern, aber auch in diesen ist der obere Grenzwert abhängig davon, in welche Altersgruppe sich beispielsweise die Untersuchten befanden. Die Obergrenze von Cholesterin ist im Übrigen heute kein Kriterium für eine eventuelle Behandlungsbedürftigkeit. Von solchen Cholesteringrenzwerten sind alle modernen Leitlinien abgewichen. Heute gelten Empfehlungen zur Behandlung von Cholesterin in Abhängigkeit von Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, die sich vor allem von weiteren Risikofaktoren, vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen und schließlich dem Alter der Personen ableiten. In europäischen Leitlinien zur Fettstoffwechselbehandlung werden Zielwerte für eine Fraktion des Cholesterins, nämlich das LDL-Cholesterin vorgeschlagen. Pauschal gilt ein LDL-Cholesterin-Zielwert von 100 mg/dl als günstig. Andere Leitlinien empfehlen in Abhängigkeit vom Risiko unterschiedliche Intensitäten cholesterinwirksamer Behandlung. Für Betroffene von Herz-Kreislauf-Erkrankungen schlagen sie eine 50 %ige Senkung des Ausgangswerts vor, die in der Regel nur mit Medikamenten - und zwar mit Statinen - zu erreichen ist.

Weidner : Ich habe gelesen, dass Triglyceride Einfluss auf die Durchblutung von Gehirn, Herz und Bauchspeicheldrüse haben und sogar zur Entzündung führen kann. Wieso denn gerade die Bauspeicheldrüse, da müssten doch Leber und Niere zuerst betroffen sein?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Stark erhöhte Triglyceride, das sind Werte über 800 oder sogar über 1000 mg / dl, führen zu messbaren Störungen der Fließeigenschaft des Blutes. Die Veränderungen wirken sich in der Niere, wahrscheinlich wegen des von der Niere festgelegten Drucks in den Gefäßen, nicht aus. In der Leber führen auch schon mäßig Triglyceride, aber insbesondere massive Erhöhungen, zu einer Verfettung. Das Zusammentreffen von Bauchspeicheldrüsenentzündungen mit sehr hohen Lipidabweichungen führt man auf Abbauprodukte der triglyceridreichen Partikel im Blut zurück. Dabei entstehen Stoffe, die giftig für die Zellen der Bauchspeicheldrüse sind. Eine andere Hypothese besagt, dass diese Fettpartikel im Blut die feinsten Blutgefäße in der Bauchspeicheldrüse sogar verstopfen und dadurch zu einer Bauchspeicheldrüsenentzündung führen.

Wiegand : Da soll es eine Verbindung zwischen Cholesterin und VitaminD geben. Das würde bedeuten, Cholesterin hat auch was mit dem Knochenstoffwechsel zu tun. Gibt es diese Verbindung überhaupt?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Moleküle von Cholesterin und Vitamin D haben große Ähnlichkeit und zu den natürlichen Funktionen von Cholesterin im Körper gehört ja auch, dass Cholesterin eine Vorstufe im Aufbau von Vitaminen ist. Wechselwirkungen zwischen Cholesterinstoffwechselstörungen und Knochenerkrankungen sind mir nicht bekannt. Es wird aber spekuliert, dass beispielsweise eine Gabe von Vitamin D Nebenwirkungen der cholesterinsenkenden Statine vermindert. Beweisende Studien liegen aber nicht vor.

Cornelia : Mein Arzt sagt, dass ich bei einem Medikamentenwechsel, also zwischen zwei unterschiedlichen Cholesterinsenkern eine neutrale Phase von 3 Monaten einlegen sollte. Ist das wirklich so? Kann ich in dieser Zeit einen Schlaganfall bekommen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Wenn man nicht an einer Studie mit Cholesterinsenkern teilnimmt, braucht man keine Einnahmepausen bei einem Medikamentenwechsel. Das Auslassen einer cholesterinwirksamen Behandlung über Phasen von drei Monaten führt nicht gleich zu einem messbar erhöhten Schlaganfallrisiko. Die Beziehung zwischen Cholesterin und Durchblutungsstörungen im Gehirn ist weniger eng als die Auswirkung von Cholesterin an den Herz-Kranz-Gefäßen.

Paulsen : Auf der einen Seite ist Cholesterin wichtig für unsere Gesundheit, nur sollte nicht so viel davon im Blut sein. Warum gehen die Einschätzungen was gesund, was tolerabel und was krankmachend ist ständig auseinander. Irgendwie ist da so eine Art 7-Jahres-Rhythmus drin. Warum kann man sich da nicht mal dauerhaft festlegen? Würde mir als Laie da mehr Eindeutigkeit wünschen.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Erhöhtes Cholesterin ist ein in vielen Studien gesicherter Risikofaktor für vorzeitige atherosklerotische Veränderungen. Risikofaktor bedeutet aber, dass sich das Risiko nicht bei Jedem realisiert. Ein Sieben-Jahres-Rhythmus für die Bewertung des Cholesterins ist mir noch nicht aufgefallen, aber ich schaue gerne noch einmal nach, welche Zeitintervalle zwischen der redaktionellen Fertigstellung von Leitlinien liegen. Generell ist ein niedrigerer Cholesterinwert günstig in der Vermeidung von Folgen einer vorzeitigen Atherosklerose. Unterschiedliche Empfehlungen haben mit der Schwierigkeit zu tun, möglichst allen Gefährdeten einen Rat zu geben, wobei die Realisierung des Risikos von vielen weiteren Störungsmöglichkeiten abhängt. Wenn man Gefährdeten durch Empfehlung recht niedriger Zielwerte helfen will, nimmt man eine dann auch größere Gruppe von Menschen in Kauf, bei denen Cholesterin keine Rolle für eine vorzeitige Gesundheitsstörungen gespielt hat. Vielleicht kann man sich die Schwierigkeit am Beispiel der Einstellung zum Zigarettenrauchen verdeutlichen. Nicht Jeder erleidet durch aktives oder gar durch passives Zigarettenrauchen eine Gesundheitsstörung bedroht, trotzdem ist der Verzicht auf Zigaretten im öffentlichen Raum eine positive Maßnahme zur Erkrankungsvorbeugung. In dieser Maßnahme liegt mehr Konsequenz, als wenn man beispielsweise sagen würde, drei bis sechs Zigaretten gehen noch. Beim Cholesterin ist man nicht so rigoros in öffentlichen Empfehlungen.

Spender : Gibt es eigentlich wirklich verlässliche Cholesterin-Senker als Medikament?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Unter verlässlich kann man das vorhersagbare Ausmaß der Cholesterinsenkung durch Medikamente, deren Verträglichkeit oder deren Nutzen in der Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verstehen. Diese Kriterien kann man in Studien ablesen. Für die Medikamentengruppe der Statine gibt es bisher die beste Studiengrundlage. Unter diesen Medikamenten kann man verlässlich mit einer Senkung des Cholesterins um 20 bis 30 % rechnen. Wenn man diese Therapie anwendet senkt man statistisch sein Risiko um auch etwa 30 %. Diese Angaben sind aber Mittelwerte und geringere Wirksamkeiten können auch vorkommen. Die Verträglichkeit dieser Medikamentengruppe ist im Allgemeinen sehr gut. Bei einem aber auch relevanten Teil von Patienten kann es zu Beschwerden in Form von Muskelschmerzen kommen. Die verschreibenden Ärzte müssen beachten, welche Patienten eventuell auch bei einer notwendigen Kombination mit anderen Medikamenten gefährdet sein könnten. Die Verlässlichkeit der Statine wird aber in manchen Gesundheitssystemen als so hoch eingeschätzt, dass ein freier Verkauf ohne Rezeptur möglich ist. Ich befürworte, dass die Medikamente verschreibungspflichtig bleiben.

menahi : Was bedeutet AMG 154? Ist das ein neues Medikament, oder noch in der Studien- und Überprüfungsphase. Worin soll der besondere Vorteil gegenüber anderen Medikamenten liegen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: AMG 154 ist Kürzel für eine Substanz der Firma Amgen, die sich in klinischen Prüfungen befindet. Es handelt sich um einen Antikörper, der regelmäßig injiziert werden muss. Der Antikörper richtet sich gegen einen zu trägen Abbau des LDL-Cholesterins im Blut. Der besondere Vorteil liegt im Ausmaß der Cholesterinsenkung.

Wladi : Gibt eine gelbliche Verfärbung der Handflächen Hinweis auf eine Leberstörung? Muss es das immer sein? Hat es was mit dem Cholesterinwert zu tun?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Eine gelbliche Verfärbung der Handflächen kann auf eine Leberfunktionsstörung hinweisen, wenn diese Verfärbung durch einen erhöhten Gallefarbstoff im Blut zustande gekommen ist. Dann wären aber nicht nur die Handflächen gelblich verfärbt, sondern die Haut des ganzen Körpers. Es gibt eine relativ seltene Form einer Fettstoffwechselstörungen, bei der die Handlinien charakteristisch gelb bis braun verfärbt sein können. Dies hätte etwas mit dem Cholesterinwert zu tun. Die Gelbverfärbung als Folge einer Leberfunktionsstörung hat mit Cholesterin nichts zu tun. Die Fettstoffwechselstörung, die mit einer gelblichen Verfärbung der Handlinien einhergehen kann, heißt Typ III Hyperlipaemie.

Wehde : Vater hatte Schlaganfall mit vielen Problemen und Tabletten als Dauermedikation als Folge. Hat der Cholesterinwert da überhaupt noch eine wichtige Bedeutung, wenn es doch so viel Wichtigeres gibt?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Beziehung zwischen erhöhten Cholesterinwerten und dem Auftreten eines Schlaganfalls ist, wie in einer früheren Frage angesprochen, schwächer. Ein Schlaganfall hat unterschiedliche Ursachen. Wenn der Schlaganfall Folge einer Verengung von Arterien ist, dann kann diese Verengung von erhöhtem Cholesterin begünstigt worden sein. Betroffene von einer besonderen Ausprägung erhöhten Cholesterins, einer familiären Hypercholesterinaemie haben auch häufiger Verengungen der Halsschlagader. Eine Therapie mit Statinen senkt das Risiko für das Wiederauftreten eines Schlaganfalls, wenn dieser auf Atherosklerose der Blutgefäße beruhte. Viele Schlaganfälle sind dagegen das Ergebnis von Embolien, das sind Gerinnsel, die in einem Blutgefäß des Gehirns stecken bleiben und die Durchblutung dann unterbrechen. Solche Gerinnsel entstehen häufig im Herzen bei einer Herz-Rhythmus-Störung, vor allem dem Vorhofflimmern. Bei dieser Ursache eines Schlaganfalls hat Cholesterinsenkung keinen Stellenwert.

Melchior : Ist die Wirkung von pharmakologischen Fettstoffwechsel-Senkern wissenschaftlich bewiesen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ja, und zwar in einem ungewöhnlich großen Umfang. Heute wird als wissenschaftlicher Nachweis das Ergebnis einer so genannten kontrollierten randomisierten Studie gefordert. Darunter versteht man, dass eine für die Aussage genügend große Zahl von Patienten in zwei Gruppen nach dem Zufallsprinzip eingeteilt wird. Eine Gruppe erhält die zu prüfende Substanz, also beispielsweise eine Medikament, das erhöhte Blutwerte senkt. Die andere Gruppe erhält eine weniger effektive Substanz, oder sogar nur eine Scheinsubstanz, ein Placebo. Als wissenschaftlicher Nachweis gilt, wenn sich in der Gruppe, die die Testsubstanz erhalten hat, positive Effekte - und zwar nicht nur eine Senkung des Cholesterin, sondern eine geringere Rate von Herzinfarkten oder anderen Durchblutungsstörungen - findet. Solche Ergebnisse liegen an Studien mit weit über insgesamt 100.000 Patienten vor. Mehrere Studien sind über einen Zeitraum von über zehn Jahren ausgewertet und haben ein Anhalten der Vorteile nachgewiesen.

Giesela : Macht es einen Unterschied in der Wirkung, ob ich meinen Blutdrucksenker morgens oder abends nehme?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Das macht einen Unterschied. Ein erhöhter Blutdruck wirkt sich bei den meisten Menschen tagsüber aus. Wenn der Blutdruck sich nachts wieder normalisiert, ist das eine günstigere Form der Blutdruckerhöhung. Die Ärzte testen dies durch eine ambulante 24-Stunden-Blutdruckmessung. Im Allgemeinen ist die Einwirkung auf einen erhöhten Blutdruck daher tagsüber erforderlich und die blutdruckwirksame Therapie muss morgens begonnen werden. Eine abendliche Einnahme kann erforderlich werden, wenn der Blutdruck nachts auch erhöht ist und die Wirkung der tagsüber verabreichten Medikamente nicht lang genug anhält.

Sunny : bin nun 49 Jahre und hatte bei der letzten Blutkontrolle ein Gesamtcholesterin von 258, bei einem LDL von 172 und HDL von 86. Ich bin schlank, sportlich und ernähre mich gesund, also keine weiteren Risikofaktoren. Leider habe ich eine familiäre Disposition. Ab wann würden Sie mir empfehlen ein Statin einzunehmen? Möchte natürlich so lange als möglich ohne auskommen. Aber einen Schlaganfall möchte ich auch nicht erleiden.Denke mein Quotient ist noch ok, trotz hohem LDL. Was meinen Sie? Vielen Dank! Herzliche Grüße

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die gleichzeitige Erhöhung von HDL-Cholesterin auf den beträchtlichen Wert von 86 gleicht leider vorhersehbar nicht den erhöhten LDL-Cholesterinwert aus. Die familiäre Disposition kann jetzt darin liegen, dass Angehörige ähnlich erhöhte Blutfette haben oder dass bei Angehörigen mit erhöhten Blutfetten vorzeitig, d. h. bei Männern vor dem 50. Lebensjahr und bei Frauen vor dem 60. Lebensjahr, Atherosklerose-Komplikationen auftraten. Wenn dies der Fall ist, wäre auf jeden Fall zu einer Statin-Einnahme zu raten. Die wissenschaftlich modernste Möglichkeit das Ausmaß der Gefährdung und die Behandlungsbedürftigkeit zu erkennen, würde in einem Gentest auf familiäre Hypercholesterinaemie liegen. Leider ist dieser Test nicht billig. Angesichts der im Allgemeinen sehr guten Verträglichkeit von Statinen würde ich mich im Zweifel für eine solche medikamentöse Unterstützung entscheiden. Leitlinien machen die Notwendigkeit einer medikamentösen Behandlung von einem Überschreiten der LDL-Cholesterin-Konzentration von 180 oder 190 mg/dl abhängig. Dies ist jedoch arbiträr (willkürlich).

ruhardas : Sind Cholesterinsynthesehemmer die Zukunft? So wie SSRI es bei den Antidepressiva waren?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Statine sind Cholesterinsynthesehemmer. Eine zukünftige Therapie werden die oben schon gefragten Hemmer oder Antikörper gegen ein Enzym sein, das den LDL-Cholesterinrezeptor reguliert. Der LDL-Rezeptor bestimmt die Aufnahmemöglichkeit von Cholesterin aus dem Blut in die Zellen, vor allem die Leberzellen. Wenn man das Enzym, das ein Recycling dieser Rezeptoren einschränkt hemmt, kommt es zu einer effektiveren Entfernung von Cholesterin aus dem Blut.

Eiserhardt : Wie weit ist die Forschung in Sachen Biomarker um das Artherioskleroserisiko bestimmen zu können?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Anstrengungen, Biomarker zu identifizieren, die das Atheroskleroserisiko besonders genau bestimmen, halten unvermindert an. Trotzdem sind noch keine Biomarker gefunden worden, die über die Aussagefähigkeit der lange bekannten Biomarker, wie Cholesterin, hinausgehen. Eine Gesundheitsstörung, die wie ein Biomarker, ein besonders erhöhtes Atheroskleroserisiko anzeigt, ist der Diabetes Mellitus.

Kahler : Früher wurde das Cholesterin automatisch mitbestimmt beim Hausarzt, wenn sowieso Blut abgenommen wurde. Jetzt soll ich dafür extra bezahlen. Das ist doch krank!!! Was für Voraussetzungen müssen vorliegen, dass die Kasse diese Bestimmung mit übernimmt und zwar aufgeteilt auf HDL und LDL.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Es muss in der Familie Hinweise auf ein vorzeitiges Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erkennbar sein. Auf der anderen Seite würde die Kasse die Bestimmung übernehmen müssen, wenn für Sie, wegen eines bereits aufgetretenen Herzinfarkts beispielsweise, die Verordnung eines Lipidsenkers erforderlich ist.

Nutsch : Wie gut sind lipidsenkende Therapien? Welche Wechselwirkungen mit Betablockern?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Güte lipidsenkender Therapien hängt von ihrer Notwendigkeit und ihrer Verträglichkeit ab. Notwendig sind lipidsenkende Therapien bei einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Nur dann werden lipidsenkende Therapien auch von den Krankenkassen erstattet. Das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen setzt sich aus folgenden Merkmalen zusammen: Blutdruckerhöhung, Zigaretten rauchen, Lebensalter, Höhe des Cholesterins. Wechselwirkungen mit Beta-Blockern gibt es insofern, dass Beta-Blocker zu einer Erhöhung von Triglyceriden beitragen können. Relevante Wechselwirkungen zwischen Lipidsenkern und Beta-Blockern sind nicht bekannt.

Hackler : Durch Umzug bin ich bei einem neuen Arzt und der ist gar nicht damit einverstanden, dass ich regelmäßig Statine nehme, um meinen Cholesterinwert zu reduzieren. Er meint, ich solle mal eine Pause machen und gucken, ob ich das alles wirklich brauche. Ich bin 31 Jahre alt. Momentan tue ich mich schwer damit, Atorvastatin abzusetzen. Warum weiß ich auch nicht genau. Vielleicht hat er ja Recht und ich bin es einfach nur gewohnt. Was meint der Experte, soll ich es versuchen?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Notwendigkeit für eine Therapie mit Statinen hängt - wie in vorherigen Fragen angesprochen - vom individuellen Risiko ab. Wenn Sie eine angeborene Stoffwechselstörung haben, die zu einem merklich erhöhten Cholesterin führt, ist Ihre Statin-Einnahme gerechtfertigt. Die Notwendigkeit einer Statin-Einnahme lässt sich besonders gut daran ablesen, ob in der Familie ein erhöhtes Herzinfarktrisiko bekannt geworden ist. Der Vorschlag einer Pause beantwortet Ihre Frage nicht, da während der Einnahmepause ein Wiederanstieg des Cholesterins natürlich nicht ausbleibt.

Ursula : Ich nehme seit 6 Monaten 5mg Simvastatin, weil ich trotz Ernährungsumstellung immer einen zu hohen Cholesterinspiegel habe. Seit einiger Zeit habe ich Muskelschmerzen und bringe das mit dem Medikament in Verbindung. Kann das sein?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ja, das ist möglich. Allerdings muss bei Ihnen eine stärkere Empfindlichkeit vorliegen, denn die Dosierung von 5 mg Simvastatin ist sehr niedrig.

Hohls : Es gibt Selbsttests, um den Cholesterinwert zu testen. Wie zuverlässig ist so ein Ergebnis?

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Die Zuverlässigkeit der Labordiagnostik hängt vom verwandten Verfahren ab und kann recht unterschiedlich sein. Die Fachlabore sichern ihre Qualität durch Ringversuche. Bei einem Selbsttest würde es sich vermutlich um Teststreifen handeln. Eine ähnliche Genauigkeit wie bei Tests im Labor kann nicht erwartet werden.

PROF. DR. MED. GERALD KLOSE: Ich bedanke mich für die vielen sehr interessanten Fragen und die sehr rege Teilnahme an dieser Sprechstunde. In der Hoffnung, dass meine Antworten für Sie von Nutzen sind, wünsche ich Ihnen nun noch einen angenehmen Abend! Und natürlich eine gute Gesundheit!



Ende der Sprechstunde.


Bitte besuchen Sie auch unsere Hauptseite www.experten-sprechstunde.de