Dr. med. Friedrich Overkamp
Internist / Facharzt für Medikamentöse Tumortherapie
Praxis und Tagesklinik für Onkologie
Springstraße 24
45657 Recklinghausen
Tel.: 02361 / 90427-0
FAX: 02361 / 90427-96
overkamp@onkologie-re.de
www.onkologie-re.de
Zweitmeinungs-Sprechstunde nach Vereinbarung
Schwerpunkte
• Medikamentöse Tumortherapie bei allen soliden Tumoren und hämatologischen Systemerkrankungen (Leukämien und Lymphome)
• Insbesondere:
Neoadjuvante, adjuvante und palliative Chemotherapie,
Therapie mit neuen zielgerichteten Substanzen (Antikörper und small molecules),
Supportivtherapie z.B. Schmerztherapie
Spezialgebiete
• Mammakarzinom (Brustkrebs)
• Nierenzellkarzinom (Nierenkrebs)
• Kolorektale Karzinome (Darmkrebs)
• Therapie der fortgeschrittenen Krebserkrankungen (Metastasen)
Spezielle Expertise
• Zahlreiche Zertifikate, u.a. ESMO-Zertifikat (European Society for Medical Oncology)
• Eigenes Institut für Klinische Studien: Oncologianova GmbH – Gesellschaft für Innovationen in der Onkologie
www.oncologianova.de
• Vorträge und Publikationen: siehe http://onkologie-re.de/aerzte.htm
DR. OVERKAMP: Wir beginnen um 19 Uhr.
Didi_Reichwagen : Wie lange dauert es, bis sich der Knochen an der Stelle wieder erholt, wenn wie bei meinem Vater zwei sehr kleine (glücklicherweise unter 1cm!) Knochenmetastasen entfernt werden?
DR. OVERKAMP: Knochen regenerieren in der Regel nach einem operativen Eingriff relativ schnell. Es wird Bindegewebe und Kalzium wieder eingebaut und die Stabilität der Knochen ist in der Regel nach 6 bis 8 Wochen wieder weitestgehend gewährleistet.
Hohensee : Wenn ein Krebstumor im Darm entdeckt wird, funktioniert der Darm ja trotzdem weiter. Wie ist das bei den Knochen? Was ist da durch eine Metastase eingeschränkt, wird der Knochen spröde und kann dann leichter brechen? Was passiert da genau? Vielen Dank für eine Antwort des Experten.
DR. OVERKAMP: Ja, es hängt davon ab, von welchem Tumor ein Knochen befallen wird. Es gibt Krebse, die verursachen Knochenmetastasen, die die Knochen ausdünnen und es gibt andere, die die Knochen eher fester machen. Es gibt also zwei unterschiedliche Arten von Knochenmetastasen. Wenn die Knochen durch Metastasen ausgedünnt werden, entsteht natürlich eine größere Bruchgefahr. Dies bedarf in der Regel einer Bestrahlung und eventuell einer medikamentösen Therapie, um die Knochen stabiler zu machen.
Michi_Vorwerk : Bei welchem Wirkstoff zur Stabilisierung der Knochen sind weniger zusätzliche körperliche Belastungen zu erwarten bei den Bisphosphonaten oder Denosumab?
DR. OVERKAMP: Beide Substanzen sind grundsätzlich relativ gut verträglich. Allerdings ist die Belastung der Nieren durch Denosumab geringer und Denosumab wird bei der ersten Gabe häufig besser vertragen und macht seltener eine so genannte akute Unverträglichkeit im Sinne einer "allergischen Reaktion".
Bennet : Meine Krebserkrankung ist eigentlich Darmkrebs, aber ich habe Metastasen in der Leber sowie im Becken. Was ist besser, wenn man eine direkte Behandlung der Knochenmetastasen am Knochen macht, oder, wenn man es über Medikamente macht, die sich im ganzen Körper auswirken?
DR. OVERKAMP: Die Frage müsste etwas präziser gestellt werden. Ich gehe einmal davon aus, dass mit Metastasen im Becken, Metastasen an den Beckenknochen gemeint sind. Wenn das so ist, käme eine Strahlentherapie der Beckenknochen in Betracht. Grundsätzlich gibt es beim Darmkrebs inzwischen sehr viele, sehr gut etablierte medikamentöse Therapien, z. B. Chemo- und Antikörpertherapien, die sowohl in der Leber als auch in den Knochen wirken.
Aschbrock : Gibt es eine besondere Ernährung während der Chemotherapie, die auch noch gut für die Knochen ist? Das Problem ist, dass ich in der Woche der Chemo kaum etwas bei mir behalten kann. Aber in der Zeit dazwischen ginge das.
DR. OVERKAMP: Nein, es gibt keine besondere Ernährung während einer Chemotherapie. Weder im Hinblick auf die Chemotherapie selbst, noch im Hinblick auf die Knochen gibt es eine besondere Ernährungsempfehlung. Grundsätzlich ist eine vitamin- und kalziumreiche Kost sinnvoll.
Dena : Mein Vater wurde vor einem halben Jahr wegen Bauchspeicheldrüsenkrebs operiert. Nach unserem Kenntnisstand QUOT1erfolgreichQUOT2. Aber was heißt das genau? Denn er hat jetzt an der gleichen Stelle wieder einen Tumor, oder ist das dann eine Metastase? Was wäre besser oder schlechter? Was ist mit den Knochen? Geht Bauschsp.dr.krebs da auch rein?
DR. OVERKAMP: Eine "erfolgreiche" Operation vor ca. einem halben Jahr hat offensichtlich bedeutet, dass man zum damaligen Zeitpunkt das sichtbare Tumorgewebe herausoperiert hat. Leider waren offensichtlich unsichtbare Reste vorhanden, die jetzt einen Rückfall ausgelöst haben. Wenn es sich tatsächlich um einen Tumor an derselben Stelle handelt, dann nennt man dies ein so genanntes Lokalrezidiv. Wenn bereits eine Streuung vom ursprünglichen Ort zu einer anderen Lokalisation stattgefunden hat, würde man von Metastasen sprechen. Beides ist ähnlich unangenehm. Eine Streuung in die Knochen ist beim Bauchspeicheldrüsenkrebs selten.
Esther München : Mein Mann hat nach Prostatakarzinom nun Metastasen in den Knochen. Aber der Arzt hat uns beruhigt, dass dies nicht zwingend zu einer geringeren Stabilität des Knochens führen muss. Das verstehe ich nicht. Ist nicht jede Knochenmetastase zerstörend für den Knochen?
DR. OVERKAMP: Nein, es gibt, wie vorhin schon ausgeführt, zwei unterschiedliche Formen von Knochenmetastasen. Die Metastasen, die von einem Prostatakrebs in die Knochen streuen, bewirken meistens eine Verfestigung der Knochenstruktur. Das bedeutet, dass Männer mit Knochenmetastasen auf dem Boden eines Prostatakrebses nur selten einen Knochenbruch durch diese Metastasen erleiden müssen. Die Metastasen zerstören zwar die Knochenstruktur auch, aber anders, als bei so genannten aushöhlenden Metastasen, wie sie z. B. bei Brust- oder Hautkrebs vorkommen.
A-G-S : Ich 45 habe hormonpositiven Brustkrebs seit 2009, Knochenmetastase an einer Rippe 2012. Nach Eierstockentfernung nehme ich jetzt Aromatasehemmer + Xgeva. Als Nebenwirkung habe ich schlimme Gelenkschmerzen, vor allem in den Beinen. Wegen einer entzündeten Zahnwurzel mußte ich mit xgeva 3 Monate pausieren - die Gelenkschmerzen verschwanden! Jetzt habe ich wieder mit Xgeva angefangen und die Schmerzen kamen zurück. Welche Alternative gibt es zu Xgeva?
DR. OVERKAMP: Gelenkschmerzen unter Xgeva sind extrem ungewöhnlich, das passt nicht zusammen. Vielmehr ist zu vermuten, dass die Gelenkbeschwerden mit dem Aromatasehemmer zusammenhängen. Sie sollten daher mit Ihren behandelnden Ärzten nochmals über die Therapie sprechen. Die Gelenkbeschwerden zumindest wären kein Grund, Xgeva abzusetzen.
Rosner : Ich bin ein Mann und habe Osteoporose. Das fand ich immer doppelt peinlich, weil das eigentlich eine Frauenkrankheit sein soll. Was vorher peinlich war ist jetzt ein großes Problem. Ich habe Prostatakrebs und bin in einer Antihormontherapie. Der Onkologe hat aber gesagt, dass wir uns neue Maßnahmen wegen der Osteoporose überlegen müssten, falls ich eine Chemotherapie bekommen muss. Da bin ich hellhörig geworden. Was genau kommt da auf mich zu?
DR. OVERKAMP: Eine Erkrankung braucht grundsätzlich niemals peinlich zu sein. Die Therapie eines Prostatakrebses mit einer Antihormonbehandlung ist ein sehr gut etablierter Standard. In der Tat kann die Antihormontherapie eine Osteoporose verschlimmern bzw. eine Osteoporose auslösen, wenn zuvor noch keine bestand. Insofern benötigen Sie dringend, zusätzlich zur Antihormontherapie, einen Knochenschutz, z. B. in Form des Medikamentes Denosumab (Handelsname Prolia).
Gutow : Habe meine Leben nach meiner Nierenkrebs-OP (2010 Entfernung der rechten Niere) ganz umgestellt und mache damit fast ausschließlich gute Erfahrungen. Die Erkrankung scheint gestoppt. Sorge mache ich mir aber immer noch wegen Metastasen. Wann kann ich aufhören, mir darüber Gedanken zu machen? Oder bleibt die Gefahr immer? Ich habe nämlich von Fällen gehört, da waren plötzlich nach 12 Jahren Metastasen an der Wirbelsäule.
DR. OVERKAMP: Die Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Die Prognose hängt davon ab, in welchem Stadium sich der Nierenkrebs 2010 befand. Grundsätzlich ist in den meisten Fällen die größte Gefahr nach fünf Jahren vorbei, aber in der Tat sind auch schon nach 10 oder 15 Jahren noch Metastasen beobachtet worden.
Wassermann : Gibt es eigentlich innerhalb der Schulmedizin auch eine Entscheidungs- Bandbreite bei der Behandlung? Was ist mit Naturheilverfahren. Oder müssen es immer die Chemobomben sein?
DR. OVERKAMP: Ja, die Schulmedizin hat inzwischen eine erhebliche Bandbreite bei der Entscheidung für die eine oder andere Behandlungsform. Chemotherapie, Strahlentherapie, operative Verfahren und nicht zuletzt die modernen zielgerichteten Medikamente bieten inzwischen ein sehr breites Spektrum an Möglichkeiten. Für die meisten Tumoren, insbesondere auch für Knochenmetastasen - dem Thema der heutigen Experten-Sprechstunde-, gibt es Leitlinien und Therapieempfehlungen, die letztlich alle verfügbaren Behandlungsformen einschließen. Naturheilverfahren spielen oft eine ergänzende Rolle und werden in vielen Zentren als zusätzliche Option angeboten.
Nutira : Außer bei Darmkrebs wo es die Vorsorgekoloskopie gibt, setzen alle neuen Entwicklungen auf Therapie und nicht auf Vorbeugung. Nach meiner Kenntnis gibt es aber eine Entwicklung bis der Tumor richtig zu erkennen ist. Damit verbunden ist eine bestimmte Zeit, die einem als Patient bleibt. Das ist bekannt und trotzdem setzt man in der Behandlung nicht in dieser Zeitschiene an. Für mich ganz unverständlich. Wenn man einen Test entwickeln könnte, der aufzeigt, ob sich Zellveränderungen im Körper befinden, dann hätte man doch einen entscheidenden Hinweis. Warum wird nicht in diese Richtung geforscht? Könnte man nicht so auch erste Zellansammlungen von Metastasen in Organen und Knochen so entdecken?
DR. OVERKAMP: Ihre Anmerkung ist berechtigt. Die Forschung geht in erheblichem Maße in die von Ihnen geforderte Richtung. So werden z. B. zirkulierende Tumorzellen im Blut erforscht, um danach zu schauen, ob sie metastasierungsfähig sind und wie sie sich auf dem Weg zur Metastasierung verändern. Derartige Forschungszweige sind vielversprechend, jedoch ist eine Umsetzung in den klinischen Alltag noch nicht absehbar.
Novak : Kriege immer wieder Entzündungen am Port. Ist der falsch eingesetzt, oder ist das normal? Was kann man dagegen machen?
DR. OVERKAMP: Nein, am Port und insbesondere an der Portanlage liegt es in der Regel nicht, wenn Entzündungen entstehen. Meistens ist es eine Frage der Handhabung. Sprechen Sie mit Ihrem Therapeuten darüber.
Bastian : Momentan habe ich das Gefühl, wenn die Nebenwirkungen nicht so stark sind, dann wirkt die Chemotherapie auch weniger. Stimmt das?
DR. OVERKAMP: Nein, das stimmt überhaupt nicht! Es ist ein weit verbreitetes Märchen, dass eine Chemotherapie auch unangenehme unerwünschte Wirkungen verursachen müsste, damit sie wirkt. Dies trifft nicht zu. Es kann eine Therapie extrem gut gegen die Tumorerkrankung wirken, ohne nennenswerte unerwünschte Wirkungen zu verursachen. Und auch das Gegenteil ist möglich: Eine Therapie kann trotz starker unerwünschter Wirkungen keinen Effekt ausüben.
Rautenberg : Warum sind die Pausen zwischen der Chemo erforderlich? Da wachsen doch die Tumorzellen wieder und man verschenkt als erstes eine ganze Menge Erfolg. Wenn dann der nächste Zyklus kommt, muss man diesen verschenken Boden erst wieder aufholen. Kann man die Chemotherapie nicht länger geben, um das auszuschließen? Hätte das positive Auswirkungen auf den ganzen Körper und würde Metastasen stärker verhindern?
DR. OVERKAMP: Nein, Pausen zwischen den Chemotherapiezyklen sind dringend notwendig, um den gesunden Körperzellen die Chance zu geben, sich zu erholen. Es ist so ähnlich, wie bei einem Gärtner: Wenn er das erste Unkrautvertilgungsmittel gegeben hat, braucht die Wiese eine Weile, um sich von der Substanz zu erholen. Beim nächsten Mal wird wieder Unkraut vernichtet und die Wiese hat wiederum die Chance, sich zu erholen. Mit jedem Chemotherapiezyklus wird etwas mehr "Unkraut" (bösartiges Gewebe) zerstört und durch die Pausen ist gewährleistet, dass die Schädigung des gesunden Gewebes nicht zu stark ist. Insbesondere Blutzellen, Schleimhautzellen sowie Leber und Nieren brauchen die Pausen, um sich zu regenerieren.
Kosuch : Meiner Mutter sind knochenstabilisierende Medikamente vorgeschlagen worden, aber sie zögert noch. Sicherlich macht es keinen Sinn über die Ernährung was erreichen zu wollen, oder? Ich muss dazu sagen, dass meine Mutter erstaunlich gut mit der Chemotherapie zu Recht kommt und anders als wir das im Freundeskreis gehört haben, wenig Übelkeit hat und sich so gut wie gar nicht übergeben muss. Dafür sind wir sehr dankbar, weil es eine große Erleichterung und Gewinn an Lebensqualität während der Chemotherapie für sie bedeutet. Wäre es also evlt. doch denkbar über die Ernährung positiv auf die Knochen einzuwirken, um ihr weitere Medikamente zu sparen.
DR. OVERKAMP: Es ist erfreulich, dass Ihre Mutter die Chemotherapie offensichtlich gut verträgt. Mit einer Ernährung kann man speziell auf die Knochen in dieser Situation nicht wesentlich einwirken. Insofern macht es Sinn, dem Rat der behandelnden Ärzte zu folgen und knochenstabilisierende oder knochenaufbauende Medikamente zu verabreichen. Gemeint sind wahrscheinlich so genannte Bisphosphonate oder das modernere Medikament Denosumab. Beide Substanzen werden relativ gut vertragen.
Lurije : Kann Eierstockkrebs in die Blase wandern und sich dort erneut ausbreiten? Der Eierstockkrebs war im absoluten Anfangsstadium, ohne Chemotherapie. Ich weiß, es geht hier heute um Chemotherapie, aber für mich wäre auch wichtig zu wissen, ob da nicht doch Metastasen entstehen können. Wie wandern diese Zellen? Ist dies die Reihenfolge Nieren, Leber und als letztes in die Knochen?
DR. OVERKAMP: Metastasen im Bereich der Harnblase, verursacht durch einen Eierstockkrebs, sind eine absolute Rarität. Es ist erfreulich, dass sich der Eierstockkrebs in einem Frühstadium befand. Wenn er in einem späten Stadium diagnostiziert wird, breitet er sich meist über das Bauchfell aus. Es entsteht sozusagen eine flächenhafte Metastasierung. Der Befall der inneren Organe (Lungen, Leber, Nieren, Knochen) folgt eher in zweiter Linie.
Mompa : Wohin gehen die Metastasen bei Bauspeicheldrüsenkrebs? Hat mein Bruder mit 48 Jahren. Gehen die auch die Knochen? Bisher offenbar keine.
DR. OVERKAMP: Ein Bauchspeicheldrüsenkrebs metastasiert nur sehr selten in die Knochen. Meistens ist die Leber befallen, oft breitet sich die Erkrankung auch über das Bauchfell aus.
Maja : Mein Partner ist vor 3 Monaten an Prostatakrebs Stadium III,2 LK, erkrankt und hat sich seither komplett zurückgezogen. Wir leben nicht in einem Haushalt, sondern 3 Autostunden entfernt. Ich bin zu ihm gefahren, ab es gibt kein durchdringen. Er meint, er könne sich mir nicht mehr zumuten. Dabei gäbe es so viel zu besprechen und sicherlich auch vieles, wobei ich ihn unterstützen könnte und auch möchte. Tausend Dinge gehen mir durch den Kopf, darunter auch, welche Folgekrankheiten wie Metastasen wann kommen können? Was ist größer, die Gefahr von Organ- oder Knochenmetastasen? Grunderkrankung Prostatakrebs. Überhaupt sind die Knochen offenbar ein sehr spezielles Thema während der Chemotherapie. Da kann man doch sicherlich was machen, aber er lässt es nicht zu.
DR. OVERKAMP: Es ist natürlich sehr bedauerlich, dass Ihr Partner sich derart zurückgezogen hat. Gerade die gemeinsame Erfahrung der Bewältigung einer solchen Erkrankung gibt oft allen Beteiligten in einer Familie oder Partnerschaft sehr viel Rückhalt. Nach meiner Erfahrung ist es extrem wichtig, sich regelmäßig auszutauschen. Vielleicht wäre die Konsultation eines Psychoonkologen oder einer Psychoonkologin von Vorteil für Ihren Partner und für Sie. Zu Ihren speziellen Fragen: Die Gefahr von Knochenmetastasen ist beim Prostatakrebs mit Abstand am größten. Es gibt heute sehr viele Therapieoptionen (antihormonelle Therapien, Chemotherapie, Strahlentherapie und nicht zuletzt eine effiziente Schmerztherapie). Letztlich sind gerade in den vergangenen Jahren die Therapiemöglichkeiten bei Prostatakrebs so stark erweitert worden, dass vielen Patienten eine deutliche Lebensverlängerung mit langfristig guter Lebensqualität ermöglich wird.
Weskamp : Was ist der beste Schutz damit die Knochen in sich fest bleiben während einer Chemotherapie?
DR. OVERKAMP: Die Chemotherapie selbst ist in der Regel nicht die größte Gefahr für die Knochen. Eine Gefahr geht in erster Linie von der Krebserkrankung selbst aus, aber auch von Medikamenten, die die Knochenstruktur beeinträchtigen können, wie z. B. eine Antihormonbehandlung.
Clause : Mir wurde ein Blasencarzinoma abgehobelt und hinter wurde alles gespült. Ist das so was wie eine Spülchemo? Sonst wurde nichts gemacht. Bin ich gefährdet für Metastasen in Knochen, Leber oder Niere? Was ist mit dem Bauchfell?
DR. OVERKAMP: So, wie Sie es schildern, scheint ein sehr frühes Stadium des Blasentumors vorzuliegen. Wenn dies so ist, besteht keine Gefahr für eine Metastasierung. Aber Sie sollten das genaue Stadium Ihres Tumors nochmals bei Ihrem Urologen erfragen.
Fleischer : Ist die Möglichkeit Knochenmetastasen zu bekommen eigentlich bei allen Krebserkrankungen gleich groß, oder gibt es da welche, bei denen das häufiger vorkommt? Was ist z.B. mit Nierenkrebs?
DR. OVERKAMP: Nein. Die Gefahr einer Metastasierung in die Knochen ist sehr unterschiedlich bei den verschiedenen Krebsen. Ein Brustkrebs, ein Prostatakrebs, ein Nierenkrebs oder ein Hautkrebs neigen z. B. zu einer Absiedlung in den Knochen. Hingegen streuen Darmkrebse oder auch Magenkrebse eher selten in die Knochen. Jeder Krebs scheint eine besondere Vorliebe für bestimmte Metastasierungsorte zu haben.
Regine_Holland : Ich habe seit 4 Jahren Brustkrebs und komme damit bisher ganz gut zurecht. Sehe das als chronische Erkrankung an und das hilft mir ungemein. Jetzt ist aber etwas eingetreten, wovor ich immer Angst hatte. Ich habe eine Metastase im Becken. Es wird intensiv gesucht, ob noch mehr woanders sind. Nun stellt sich mir die Frage, wie es weitergeht. Da kann man was machen, das weiß ich schon, aber das Wichtigste: Wie verhindern, dass da noch mehr kommen? Geht das überhaupt?
DR. OVERKAMP: Mit Ihrer Akzeptanz, dass es sich beim Brustkrebs um einer chronische Erkrankung handelt, liegen Sie sehr richtig. In der Tat leben heute sehr viele Betroffene extrem lange mit einer Metastasierung. Insbesondere bei Knochenmetastasen kann man durch eine geschickte Aufeinanderfolge verschiedener Therapien oft sehr sehr viele Jahre an Lebenszeit gewinnen. Die Behandlung hängt natürlich davon ab, um welchen Brustkrebs es sich genau handelt. Ist er hormonempfindlich oder nicht? Ist er sensibel für eine Antikörpertherapie? Von diesen und anderen Fragen hängt es ab, für welche Therapie Ihre Ärztinnen und Ärzte sich entscheiden. In jedem Falle gehört neben der eigentlichen Antitumortherapie auch eine knochenstabilisierende Therapie dazu. In der Regel wird man mit einem Bisphosphonat oder dem moderneren Medikament Denosumab den Knochenschutz bewerkstelligen.
Wiebke : Ich weiß von Krebsoperationen, dass da immer weiträumig der Tumor entfernt wird bis in den gesunden Bereich hinein. Wenn man das beim Knochen machen würde, wäre der Knochen ja nicht mehr belastbar. Wie macht man das dann, damit die Metastase nicht nachwächst? Meine Mutter lebt allein, ist aber bisher in allem autark.
DR. OVERKAMP: Knochenmetastasen werden nur sehr selten operiert. Im Gegensatz zu so genannten Primärtumoren, also den Ursprungsgeschwülsten, für die Ihre Annahme richtig ist, dass immer weiträumig im Gesunden operiert wird, werden Knochenmetastasen fast nie operiert. Eine Ausnahme macht man z. B. wenn ein Knochen durch eine Metastasierung gebrochen ist und man ihn stabilisieren muss. Aber die Zerstörung von Knochenmetastasen erfolgt in den meisten Fällen medikamentös oder durch eine Strahlentherapie.
MODERATOR: Unser Experte macht eine kurze Pause und setzt die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.
Rachmeier : Erst Darmkrebsdiagnose, dann Operation, Chemo, aber das war noch nicht genug. Jetzt geht es auf die Knochen. Gibt es eine Empfehlung von Dr. Overkamp?
DR. OVERKAMP: Knochenmetastasen bei Darmkrebs sind eher selten. Trotzdem ist das natürlich nicht ausgeschlossen. Neben einer erneuten Chemotherapie kommt ggf. eine Strahlentherapie in Betracht, falls die Knochenmetastasen Schmerzen verursachen oder wenn eine Bruchgefahr droht. Zusätzlich sollte in jedem Fall ein knochenstabilisierendes Medikament gegeben werden, also ein Bisphosphonat oder Denosumab.
Knotte : Ich erlebe bei meiner Schwester, dass sie immer stärkere Schmerzen hat durch 3 nicht sehr große Knochenmetastasen. Wir würden ihr so gern helfen, aber ich verstehe nicht, was da abgeht. Erst wurden die Metastasen nicht entdeckt, weil meine Schwester nichts gemerkt hat und jetzt sind die Dinger immer noch nicht einmal 1cm und machen so viel Ärger. Es ist aber nicht ganz klar, ob die Schmerzen evtl. von Osteoporose kommen, denn das wurde auch noch festgestellt, dass sich ihre Knochen insgesamt verändert haben. Das soll mit der Chemotherapie vor einem Jahr zusammenhängen. Ist das vorstellbar, dass man da nicht viel machen kann? Meine Schwester ist 69 Jahre alt.
DR. OVERKAMP: In erster Linie müsste man zunächst einmal feststellen, von welchem Krebs die Knochenmetastasen stammen. Es muss ja ein Primärtumor vorgelegen haben, von dem die Metastasen entstanden sind. Ob die drei von Ihnen beschriebenen Metastasen die Schmerzen verursachen, lässt sich aufgrund dieser Angaben nicht beurteilen. In jedem Falle braucht Ihre Schwester keine Schmerzen auszuhalten. Es gibt heute sehr gut wirksame Schmerzmedikamente, die meistens in Kombination mit einer Antitumortherapie verabreicht werden. Über 90 % aller krebsbedingten Schmerzen kann man heute erfolgreich beseitigen. Zur Schmerztherapie gehört, neben den reinen Schmerzmitteln, natürlich auch wiederum ein knochenaufbauendes Präparat (Bisphosphonat oder Denosumab). Mit 69 Jahren ist Ihre Schwester noch jung genug, um noch alle heute verfügbaren Optionen zu versuchen.
Staubach : Ich habe 2 Metastasen an der LSW4+5, die jetzt entfernt werden sollen. Weil meine Wirbelsäule auch noch schief ist haben mir die Ärzte empfohlen meine Wirbelsäule in der gleichen Operation zu begradigen. Dann würde ich später keine Probleme mit dem Rücken haben. Ich schwanke in meiner Beurteilung zwischen vorausschauend und OP-Akquise. Wie finde ich am besten heraus was Sinn macht? Wichtig wäre für mich auch ein Hinweis, wie man weitere Metastasen möglicherweise verhindern kann.
DR. OVERKAMP: Auch im Hinblick auf diese Frage ist es extrem wichtig, die Ursache der Wirbelsäulenmetastasen zu kennen. Die Frage ist also, von welchem Primärtumor die Metastasierung ausgegangen ist. Die Entfernung von Wirbelsäulenmetastasen und insbesondere die gleichzeitige "Begradigung" der Wirbelsäule ist ein höchst ungewöhnlicher Vorschlag. Ich rate Ihnen daher, in diesem Falle eine zweite Meinung einzuholen, z. B. in einer orthopädischen Universitätsklinik, die sich auf Wirbelsäulenchirurgie und insbesondere Tumorchirurgie spezialisiert hat.
Yakien : Mein Papa hat jetzt auch noch 2 Knochenmetastasen bekommen. Ursprünglich ging es um Leberkrebs. Kann man da jetzt draus ableiten, wie die Krankheit sich weiter entwickelt? Gibt es trotzdem noch Heilung?
DR. OVERKAMP: Das es sich um einen Leberkrebs gehandelt hat, halte ich für eher unwahrscheinlich. Ein primärer Leberkrebs streut nur äußerst selten in die Knochen. Eventuell lag bereits eine Lebermetastasierung vor und es ist jetzt noch eine Knochenmetastasierung hinzu gekommen. Leberkrebs und Lebermetastasen sind zwei verschiedene Erkrankungen. Die Kernfrage ist auch hier: Welches ist der Primarius - also der Ursprungstumor? Denn davon hängt die Prognose ab und auch bei Metastasen gibt es manchmal noch deutliche Lebensverlängerung mit hoher Lebensqualität. Eine Heilung ist im metastasierten Stadium nicht mehr möglich.
Meri : Gibt es bei der Behandlung von Knochenmet. eine Behandlungshirarchie? Also fängt man mit einer Therapie an und arbeitet sich weiter durch die Möglichkeiten? Kann man von vornherein bestimmte Behandlungsformen ausschließen?
DR. OVERKAMP: Die Behandlungssequenz - also die Aufeinanderfolge verschiedener Behandlungsschritte - hängt immer von der Grundkrankheit ab. Handelt es sich also beispielsweise um einen Brustkrebs, der hormonempfindlich ist, dann bieten sich eine ganze Reihe antihormoneller Therapien an, bevor eine Chemotherapie nötig ist. Ähnlich verhält es sich beim Prostatakrebs. Bei anderen Tumoren, z. B. bei einem Nierenkrebs oder einem Hautkrebs, scheiden Antihormone aus, weil diese Tumoren nicht hormonabhängig sind. Nieren- und Hautkrebs werden immer häufiger mit so genannten zielgerichteten Medikamenten behandelt. Bei wieder anderen Tumoren, z. B. beim Darmkrebs oder beim Bauchspeicheldrüsenkrebs, wird die erste Behandlungsoption eher eine Chemotherapie sein. Im Falle von Schmerzen oder Bruchgefahr muss eine Strahlentherapie in Erwägung gezogen werden.
Grell : Mein Vater hatte Darmkrebs mit einer Metastase in der Leber und im Becken. Es folgte eine Operation und Chemotherapie. Da ist er jetzt fast am Ende. Die Chemo hat ihn sehr belastet, aber er kämpft unglaublich dagegen an. Was mir allerdings Angst macht ist, dass er wieder mit joggen begonnen hat. Er steigert das auch immer weiter und ist jetzt bei 8,5km jeden zweiten Tag. Er sagt das sei gut für die Knochen. Ich erinnere aber, dass anfangs gesagt wurde, er soll das Laufen einstellen. Jetzt sind wir irritiert. Allerdings bekommt er auch Knochenmedikamente gespritzt. Wie wirken die? Trotzdem wüsste ich gern, ob er so viel laufen sollte?
DR. OVERKAMP: Grundsätzlich bestehen keine Bedenken gegen Bewegung und Sport bei einer Krebserkrankung. Eine Ausnahme besteht natürlich, wenn die Knochen durch eine Metastasierung bruchgefährdet sind oder wenn Herz und Lungen eingeschränkt belastbar sind. Prinzipiell gibt es sogar eine ganze Reihe positiver wissenschaftlicher Erkenntnisse, dass Sport einen günstigen Einfluss auf Krebserkrankungen und die durchgeführte Therapie hat. Jeder Patient darf sich grundsätzlich soweit belasten, wie er sich wohlfühlt.
Glowa : Wieso verursachen Knochen so viele Schmerzen während einer Chemotherapie. Die haben doch gar keine Gefühlsnerven?
DR. OVERKAMP: Eine Chemotherapie verursacht grundsätzlich gar keine Schmerzen. Eine Chemotherapie verursacht viele unerwünschte Wirkungen, aber Schmerzen gehören in der Regel nicht dazu. Wenn die Knochen aber weh tun, dann muss es eine andere Ursache haben. Dies gilt es abzuklären durch entsprechende radiologische Untersuchungen.
Fenny Kallwitz : Unser Vater hatte keine Fehlzeiten bei der Arbeit, war fit und fröhlich und immer gesund. Dann plötzlich bekam er starke Knochenschmerzen. Nach einigem hin und her wurde festgestellt, dass im Knochen ein Tumor oder eine Metastase stecken. Das ist die gegenwärtige Erkenntnis. Jetzt geht es darum herauszufinden, ob es sich um eine Metastase handelt. Geht also um eine Biopsie. Was wir nicht verstehen ist, wie man davon einen möglichen Tumor, wo auch immer, ableiten und auffinden kann. Wie geht das? Wie geht dann die Behandlung weiter?
DR. OVERKAMP: Wenn kein Primärtumor bekannt ist, dann ist die Biopsie einer Knochenmetastase sicher eine vernünftige Maßnahme. Das entnommene Gewebe wird zu einem Pathologen geschickt und dieser kann unter dem Mikroskop mit hoher Wahrscheinlichkeit feststellen, welcher Ursprungstumor in welchem Organ vorliegen könnte. Ein Prostatakrebs, ein Harnblasenkrebs oder ein Hautkrebs haben charakteristische Eigenschaften, die der Pathologe erkennt und aufgrund derer er Hinweise auf mögliche Ursprungsorgane geben kann. Die weitere Behandlung hängt dann natürlich davon ab, um welchen Primärtumor es sich handelt. Es gibt aber auch die Situation, dass gar kein Primärtumor gefunden wird. Es kann sein, dass der Ursprungsherd so klein ist, dass er sich einer Nachweisbarkeit entzieht. In diesem Falle spricht man von einem Cancer of unknown Primary (Krebs unbekannter Herkunft).
Scurla : Hier das Krankheitsbild nach Brustkrebs, Operation und Rezidiv: Tumorprogression nach Standardtherapie. Multiple, disseminierte Skelettmetastasen und dauerhafte Knochenschmerzen trotz Schmerztherapie. Hat Dr. Overkamp einen Vorschlag?
DR. OVERKAMP: Die Behandlung hängt auch in diesem Falle wieder ganz stark ab von der Art des Brustkrebses. Handelt es sich um einen hormonabhängigen Krebs? Ist er antikörpersensibel? In diesen beiden Fällen bieten sich zahlreiche medikamentöse Therapieoptionen an. Wenn der Tumor nicht hormonabhängig ist, macht eine Chemotherapie Sinn, bei der mehrere Zytostatika aufeinander folgen. Die Schmerztherapie sollte sicherlich so effizient sein, dass sie eine weitgehende Unterdrückung des Schmerzes bewirkt und zur Therapie gehört ganz sicher eine knochenstabilisierende Therapie mit einem Bisphosphonat oder dem Antikörper Denosumab.
Zytak : Was genau ist Tumorbiologie? Gibt es das auch für Metastasen?
DR. OVERKAMP: Mit dem Begriff Tumorbiologie meint man das biologische Aussehen und das Verhalten eines Krebses. Am Beispiel des Brustkrebses kann man den Begriff gut erläutern. Einen einheitlichen Brustkrebs gibt es nicht, sondern es gibt zahlreiche verschiedene Brustkrebsarten. Schnell wachsenden und langsam wachsenden, hormonsensiblen und nicht hormonsensiblen usw. Tumorzellen sind in der Regel nicht nackt an ihrer Oberfläche. Viele Zellen fahren kleine Antennen aus, kleine Fortsätze, so genannte Rezeptoren. Mit diesen so genannten "Fangarmen" können die Zellen Wachstumsstoffe aufnehmen und untereinander kommunizieren. Diese Oberflächeneigenschaften von Tumorzellen können die Pathologen heute mit ihren modernen Labormethoden sehr genau diagnostizieren. Für die verschiedenen Arten des Krebses gibt es dann unterschiedliche Behandlungsformen. Auch innerhalb der Tumorzellen spielt sich ein faszinierendes Regelwerk ab: Es gibt so genannte Signalwege, die von der Oberfläche, also z. B. von einem Rezeptor, bis zum Zellkern führen. Diese Signalwege bestehen aus hintereinander geschalteten Enzymen, die sich nacheinander aktivieren und letztendlich den Zellkern dazu veranlassen, den Befehl für die Zellteilung zu geben. Diese Signalwege sind sehr unterschiedlich aktiviert und unterschiedlich ausgestaltet bei den verschiedenen Krebsarten. Dies gilt prinzipiell genauso auch für deren Metastasen. Es kommt jedoch noch hinzu, dass sich Krebszellen auf dem Weg vom Primärtumor zu einer Metastasierung verändern können. Ursprünglich hormonunabhängige Zellen können im Laufe der Jahre hormonabhängig werden und umgekehrt. Das Phänomen der Tumorbiologie gehört zu den faszinierensten Forschungsgebieten der letzten Jahre und ist Grundlage für die Entwicklung vieler neuer zielgerichteter Medikamente.
Fleischmann : Neulich wollte ich alte, traditionell aufgenommene Bilder von Becken und Rücken zum Vergleich vorlegen. Die wollte niemand sehen, weil angelblich die Qualität der Aufnahmen gar keine vernünftige Einschätzung zuließen. Da war ich sprachlos, denn die Aufnahmen sind erst gut 5 Jahre alt und basierend auf diesen Aufnahmen ist damals meine ganze Behandlung (Darmkrebs) aufgebaut worden. Welchen besonderen Vorteil haben digitale bildgebende Verfahren eigentlich? Können die auch was zum Zustand meiner Knochen sagen? Bin mitten in Chemo nach Rezidiv.
DR. OVERKAMP: Wenn es sich bei Ihnen um einen metastasierenden Darmkrebs handelt, dann sind in der Tat fünf Jahre alte Bilder nicht mehr aktuell genug. Dies hat weniger mit der Qualität der Aufnahmen zu tun, sondern vielmehr damit, dass für Ihre aktuelle Therapie natürlich auch der derzeitige Zustand Ihrer Knochen zugrunde gelegt werden muss.
Brocken : Ist es richtig dass Bisphosphonate die Zähne schneller kaputt machen, wenn die nicht ganz in Ordnung sind? Ich kann mir das nur schwer vorstellen, weil es doch gerade um den Einbau von Kalzium in Knochen geht. Funktioniert das bei Zähnen anders, warum ist das kontraproduktiv?
DR. OVERKAMP: Ja, das stimmt. Wenn Zähne krank sind, also z. B. eine Karies besteht, dann besteht während einer Therapie mit Bisphosphonaten die Gefahr, dass auch Bakterien in die Knochensubstanz "eingebaut werden". Insofern ist es vor Beginn einer Behandlung mit Bisphosphonaten extrem wichtig, die Zähne sanieren zu lassen und auch während einer Behandlung mit Bisphosphonaten sollte man auf eine besonders gute Mund- und Zahnhygiene achten.
Deglow : Eine Zeit lang suchte man für alle Krankheiten ein Gen, um es als Auslöser in die Verantwortung zu nehmen. Ist Krebs auf einem oder mehreren Genen angesiedelt? Kann man dort auch eine Art Vorausschau zur weiteren Verbreitung des jeweiligen Krebses finden, also ob es um eine mögliche Metastasierung der Erkrankung geht?
DR. OVERKAMP: Krebs ist keine genetisch vererbbare Erkrankung - in den meisten Fällen jedenfalls nicht - trotzdem kennt man heute in der Tat eine Fülle genetischer Veränderungen, die für die verschiedenen Krebse mehr und mehr entschlüsselt werden. Gerade beim Brustkrebs wird eine so genannte Gensignatur immer häufiger als Grundlage für eine Therapieentscheidung herangezogen. Bei immer mehr Krebsen sucht man nach bestimmten Genmutationen, die eine Vorhersagbarkeit für die Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer bestimmten Therapie erlauben. Beim Darmkrebs wissen wir z. B. dass bei einem mutierten so genannten K-ras Gen der Einsatz eines monoklonalen Antikörpers sich nicht lohnt. Umgekehrt wissen wir, z. B. bei einem Lungenkrebs, bei dem eine Mutation eines bestimmten Rezeptors vorliegt, dass der Einsatz eines modernen zielgerichteten Medikamentes hilfreich ist.
Fehmarn : Wir haben große Sorge, dass sich der Darmkrebs unserer Mutter weiter ausbreitet. Keiner konnte uns bisher sagen, woran man erkennt, ob sich Knochenmetastasen bilden. Wir möchten meine Mutter und auch die restliche Familie nicht ständig verrückt machen, aber sind Knochenschmerzen ein sicherer Hinweis?
DR. OVERKAMP: Knochenmetastasen bei Darmkrebs sind selten. Erkennen kann man sie z. B. in einem Knochenszintigramm. Knochenschmerzen sind keineswegs ein sicherer Hinweis auf Metastasen. Es gibt viel mehr "gutartige" Ursachen für Knochenschmerzen als "bösartige". Z. B. können die weit verbreiteten Verschleißerscheinungen an Wirbelsäule und Gelenken so schmerzhaft sein, dass sie die Lebensqualität empfindlich beeinträchtigen. Auf die Bildung von Knochenmetastasen lässt dies jedoch nicht schließen. Wenn das Knochenszintigramm keine eindeutige Entwarnung ermöglicht, dann käme als noch empfindlichere radiologische Methode eine Kernspintomographie schmerzhafter Skelettabschnitte in Betracht.
Patzak : Meine Mutter hat schon mit 47 Jahren sehr früh Osteoporose bekommen. Wir waren total überrascht, denn sie hat regelmäßig Sport getrieben. Die Ärzte sagten, das sei eine Störung der Erneuerung der Knochen. Sie bekam dann ziemlich schwere Medikamente und wir waren zunächst beruhigt und dachten an nichts schlimmes. Jetzt ist aber die ganz große Katastrophe da. Meine Mutter hat Brustkrebs und es gibt schon Metastasen im Becken und an der Wirbelsäule. Sie kann nur noch schwer laufen und es besteht die Angst, dass die rechte Beckenschaufel brechen könnte. Kann das wirklich so schlimm sein? Meine Mutter ist immer noch jung, sie ist erst 55 Jahre.
DR. OVERKAMP: Ihre Mutter ist in der Tat noch relativ jung und es ist natürlich bedauerlich, dass sie neben einer schon bestehenden Osteoporose jetzt auch noch Knochenmetastasen entwickelt hat. Trotzdem kann man heute mit den modernen medikamentösen Möglichkeiten die Lebensqualität in den meisten Fällen für sehr lange Zeiträume wieder herstellen und erhalten. Je nachdem, welche Art eines Brustkrebses bei Ihrer Mutter besteht, kommen z. B. eine Antihormontherapie, eine Antikörpertherapie und / oder eine Chemotherapie in Betracht. Im Hinblick auf die rechte Beckenschaufel besteht sicher die Indikation zu einer Bestrahlung, um ein Durchbrechen des Knochens zu verhindern. Neben den Antitumormedikamenten benötigt Ihrer Mutter eine intensive Schmerztherapie und in jedem Falle ein knochenstabilisierendes Präparat (Bisphosphonat oder Denosumab).
DR. OVERKAMP: Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Betroffene, liebe Angehörige, ich bin beeindruckt von der Vielfalt Ihrer Fragen. Es hat mir trotz des ernsten Hintergrundes Spaß gemacht, mit Ihnen in diese moderne Art des Dialoges zu treten. Den Betroffenen wünsche ich gute Besserung und allen anderen ein möglichst langes gesundes Leben. Ich verabschiede mich nun von Ihnen und wünsche Ihnen allen noch einen angenehmen Abend.
Ende der Sprechstunde.