Dr. med. Michael Biermer
Internist
Leber- und Studienzentrum am Checkpoint
Charlottenstraße 81
10969 Berlin
Tel. 030-61676970
biermer@leberzentrum-checkpoint.de
Schwerpunktpraxis für Lebererkrankungen
Dres. med. B. Möller, R. Heyne, H. Möller, M. Biermer, Prof. Th. Berg
und akademisches Studienzentrum
in Kooperation mit dem Universitätsklinikum Leipzig
Schwerpunkte für Diagnostik und Therapie
• Virushepatitis B, C und D
• Autoimmune Lebererkrankungen
• Gallengangserkrankungen
• Fettlebererkrankungen
• Leberzirrhose
• Leberzellkarzinom
• Ultraschall-Diagnostik
• nichtinvasive Fibrosebestimmung (Fibroscan)
Studienschwerpunkt
• Therapie der chronischen Hepatitis C:
• direkt antivirale Agenzien in Kombination mit Peginterferon alpha
• oder in interferonfreier Kombinationstherapie
DR. BIERMER: Wir beginnen um 19 Uhr.
König00 : Leider habe ich früh angefangen mit Alkohol, das war nichts besonderes in der damaligen DDR. Das haben damals viele gemacht. Vor 5 Jahren wurde bei mir eine Fettleber festgestellt. Das war ein Schock für mich. Ich habe dann noch 4 Jahre gebraucht, um vom Alkohol wegzukommen mit verschiedenen Rückfällen. Seit einem Jahr bin ich trocken. Aber meine Leber ist natürlich immer noch stark vergrößert. Stimmt es dass man dann keine Hepatitis bekommen kann? Dann wäre ja mal ein Vorteil damit verbunden.
DR. BIERMER: Zunächst einmal herzlichen guten Abend aus Berlin allen Usern. Die erste Frage geht gleich in einen sehr speziellen Fall. Leider gibt es keinerlei Schutz vor einer Infektion mit einer Virushepatitis C. Auch eine Hepatitis B und A kann in der beschriebenen Situation selbstverständlich auftreten, hier wäre aber eine Impfung möglich. Es ist sehr zu loben, dass auf den Alkohol verzichtet wurde, ein Schutz vor einer Hepatitis kann daraus leider gar nicht abgeleitet werden.
K_Ruppetzie : Sollte ich mich vorsorglich gegen Hepatitis C impfen lassen? Wo, wer macht das, Hausarzt?
DR. BIERMER: Auch hier leider noch einmal die traurige Wahrheit. Eine Impfung gegen Hepatitis C gibt es nicht und wird es mit größter Wahrscheinlichkeit nie geben. So sehr erfolgreich gegen Hepatitis A und B geimpft werden kann, so sehr muss man sich vor einer Hepatitis C durch eine Vermeidung von Blutkontakten schützen.
P.Matysek : Warum leben so viele Menschen mit einer unerkannten Hepatitis? Sind da keine Beeinträchtigungen? Warum dann die Aufregung?
DR. BIERMER: Eine sehr gute Frage! Es ist gerade bei der Hepatitis C sehr typisch, dass sie oft jahrelang und nicht selten ein Leben lang unerkannt verläuft. Auch, wenn wir häufig keine klinischen Symptome verspüren, kann sich unbemerkt eine Verhärtung der Leber entwickeln. Auch ohne Symptome kann sich eine Leberzirrhose entwickeln (zum Glück nicht in jedem Fall), weshalb die Auftregung durchaus berechtigt ist. Ein einfacher Labortest kann aber das Vorliegen einer Virushepatitis ausschließen und erheblich zur Beruhigung beitragen.
Lasse : Ich habe ganz normale Leberwerte. Jetzt wurde bei mir eine Infektion mit Hepatitis C festgestellt. Ich bin fassungslos. Stimmt da was mit den Ergebnissen nicht? Eine so schwere Erkrankung muss sich doch in der Leberfunktion widerspiegeln.
DR. BIERMER: Sehr häufig kommt eine Hepatitis C-Infektion ohne Erhöhung der Leberwerte daher. Leider bedeutet das nicht, dass auch in 15 Jahren sich nicht eine krankmachende Wirkung eingestellt hat. Somit wäre schon wichtig, auch ohne erhöhte Leberwerte, über einen Therapieversuch nachzudenken. Zusätzlich wäre das Wissen über den Verhärtungsgrad der Leber (Fibrose) wichtig. Dies kann mittlerweile auch ohne eine Leberpunktion recht zuverlässig abgeschätzt werden. Die Ergebnisse einer antiviralen Therapie sind deutlich günstiger, wenn man mit ihr beginnt, solange sich keine Leberfunktionseinschränkungen eingestellt haben.
Imker : Ist die Tripletherapie eigentlich inzwischen überall angekommen? Mein Kumpel hatte in Süddeutschland danach gefragt und der Arzt meinte, dass sei nur für spezielle Erkrankungsformen. Wenn das so ist, für wen dann?
DR. BIERMER: Die Tripletherapie ist zumindest deutschlandweit überall angekommen, wobei sich ihr Einsatz vermutlich noch auf spezialisierte Zentren konzentriert. Ihrer Vermutung nach weniger aktueller Versorgung in Süddeutschland sollte dringend noch entgegen gesetzt werden, dass es durchaus Hepatitis C-Fälle gibt, für die die Tripletherapie nicht zur Verfügung steht: Alle Virusgenotypen außer Genotyp 1 (z. B. Genotyp 2, 3, 4) können noch nicht mit Tripletherapie behandelt werden.
Elli : Wenn eine neue Behandlungsform eingeführt wird, dann müssen ja erst mal die Ärzte damit umgehen lernen. Wie funktioniert das? Ab wann kann ich als Patient sicher sein, dass mein Arzt weiß was er tut? Ist ja gut, wenn ein Medikament durchgeprüft wird, bevor es zugelassen wird, aber wer prüft das Wissen der Ärzte, die es einsetzen sollen?
DR. BIERMER: Das ist eine sehr gute Frage! Die beiden jetzt zugelassenen neuen Medikamente (Proteaseinhibitoren) sind seit 2006 ausgiebig in deutschen Leberzentren in Studien eingesetzt worden. Somit gibt es durchaus nicht wenige Ärzte, die auch aus erster Hand schon viel Erfahrung mit den Medikamenten gesammelt haben. In der Praxis gehen dann diese Ärzte auf Fortbildungsveranstaltungsreise, um ihre Erfahrungen den Kollegen mitzuteilen, die die Medikamente bisher nicht eingesetzt haben. Gleichzeitig sind alle Ergebnisse zu den durchgeführten Studien veröffentlicht und sollten von Ärzten, die die Medikamente einsetzen - unabhängig von Einflüssen der Pharmaindustrie - gelesen werden.
Kirschner : Was ist das für ein Test der Elisa heisst?
DR. BIERMER: Elisa ist eine Abkürzung für einen Antikörpertest, mit dem u. a. der Nachweis von Hepatitis C Antikörpern erbracht werden kann. Dieser gibt oft den ersten Hinweis auf eine Hepatitis C Infektion. Wenn ein Elisa HCV-Antikörper-Test positiv ist, folgen weitere Testverfahren, um den Verdacht zu bestätigen. Entscheidend ist hierbei dann der Direktnachweis des Virus mittels PCR-Verfahren.
Schlubenhuber : Kann man Immunität entwickeln gegen die Behandlung von Hepatitis C, so dass die Medikamente nicht mehr wirken?
DR. BIERMER: Fest steht, dass es Patienten gibt, die auf die herkömmlichen Medikamente (Interferon und Ribavirin) nicht gut ansprechen. Wahrscheinlich spielen hier aber andere Faktoren eine Rolle als eine allergische - also immunologische - Reaktion. Die neuen Medikamente können ihre Wirksamkeit aufgrund von Virusmutationen verlieren, auch hier spielt eine Immunität beim Therapieversagen keine Rolle. An dieser Stelle nochmals dringend erwähnt - auch wenn die Frage anders gestellt ist -, dass man auch gegen eine Hepatitis C Infektion keine Immunität entwickeln kann!
Brix : Sind Menschen mit reduziertem Immunsystem immer besonders gefährdet was HCV anbelangt? Weiss man schon genauer, welche Rolle das Immunsystem überhaupt dabei spielt?
DR. BIERMER: Eine schwierige Frage. In der akuten Phase einer Hepatitis C Infektion gelingt es in 20 bis 50 % der Fälle, diese Hepatitis C Infektion wieder loszuwerden. Hierbei spielt das Immunsystem eine entscheidende Rolle. In diesem Fall ist es gerechtfertigt zu sagen, dass von einem starken Immunsysstem ein Schutz ausgeht. Sobald die Hepatitis C chronisch geworden ist (wenn sie sechs Monate nach Infektionsereignis nicht ausgeheilt ist), ist die Rolle des Immunsystems beim Fortschreiten der Erkrankung weniger deutlich geklärt. Sowohl dem Virus als auch unserer Immunreaktion auf das Virus kommt dabei eine Rolle in der Entzündung und Fibroseentwicklung der Leber zu. Abschließend steht eine Anregung des Immunsystems im Zentrum aller therapeutischen Maßnahmen mit Interferon Alpha. Dieser Stoff führt über die Immunaktivierung zur Störung der Virusvermehrung und Abtötung infizierter Zellen. Es ist aber sicherlich nicht möglich, generelle Aussagen über besonders gute oder schlechte Therapiekandidaten von Seiten des eigenen Immunsystems auszumachen.
Dina : Ich habe Hepatitis C 1 B und bereits, 2x einfache Therapien die letzte vor 8 Jahren hinter mir. Nach der letzten Therapie bei einer Kontrolle stellt sich heraus daß ich auch noch Diabetiker bin, Typ 1. Bei einer Kontrolluntersuchung hat man jetzt festgestellt daß meine Leberwerte jetzt drastisch schlecht geworden sind. Mein Arzt meint es wäre Zeit und sinvoll diese Tripletherapie zu beginnen. Da es mir bei den ersten Therapien sehr schlecht gegangen ist habe ich Angst daß mit meiner zusätzlichen Diabetes daß Ganze noch verstärkt wird. Ich möchte keine Überraschungen mehr erleben. Verträgt sich das Insulin und meine Bluthochdrucktabletten mit den Therapiemedikamenten???
DR. BIERMER: Ein Fall, über den ein kleines Buch geschrieben werden könnte. Im Vergleich zu Ihrer letzten erfolglosen Therapie wird die Hinzunahme der Proteaseinhibitoren eine deutliche Verbesserung der Heilungschancen ergeben. Ich würde die Einschätzung Ihres Arztes unbedingt teilen, dass ein solcher Versuch gemacht werden sollte. Sie sprechen einen wichtigen Punkt an (Medikamentenwechselwirkungen), der in der bisherigen Hepatitis C Therapie eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Das Insulin sollte von den neuen Medikamenten unbeeinträchtigt sein aber bei bestimmten Bluthochdrucktabletten muss möglicherweise eine Anpassung der Medikamente erfolgen, da einige Medikamente dieser Substanzklasse mit den neuen Medikameten wechselwirken können. Grundsätzlich würde ich auch für Ihren komplizierten Fall die Erweiterung der therapeutischen Möglichkeiten aber als große Chance sehen.
Fiete Koppi : Die Tripletherapie bietet ja neue Möglichkeiten der Behandlung, aber keiner sagt mir so richtig, ob und welche Nachteile damit verbunden sind. Muss ich mir da keine Gedanken machen?
DR. BIERMER: Klar ist, dass neben der deutlichen Wirkungsverstärkung auch zusätzliche unerwünschte Ereignisse auftreten können und vermutlich werden. Wenn aber z. B. nach wenigen Wochen der Behandlung man ein komplettes virologisches Ansprechen sieht, sind die zusätzlichen Probleme aber häufig sehr viel leichter zu ertragen. Erstmals im Einsatz der neuen Medikamente erleben wir das Problem von Resistenzentwicklung der Viren gegen diese Medikamente. Vermutlich aber wird dieses Problem nicht von relevanter Dauer sein, weil sich die Resistenzen zurückbilden und zukünftige Medikamente häufig dennoch Wirksamkeit behalten.
Kaemmer : Wann ist die Dreifachbehandlung angesagt? Da wird ja jetzt mächtig viel drüber berichtet. Hat die Vorteile zur herkömmlichen Behandlung mit Peg? Entgeht mir da was?
DR. BIERMER: Zunächst nochmals der Hinweis, dass die neuen Medikamente ausschließlich für den Genotyp 1 zugelassen sind. Somit ist nur bei Genotyp 1 Hepatitis C die Dreifach-Behandlung möglich. Die zum Teil dramatische Erhöhung der Ausheilungschance durch Hinzunahme der Proteaseinhibitoren lässt allerdings wenig Fälle übrig, in denen eine Zweifachtherapie vorgezogen werden sollte. Dies trifft besonders auf Patienten zu, die umfangreiche Begleitmedikamente haben, auf die nicht verzichtet werden kann. Am Ende sollte jeder die Verstärkung der Wirksamkeit gegen das Mehr an Belastung unter der Therapie mit seinem behandelnden Arzt abwägen.
Hopfgarten : Gehöre zu den Non-respondern. Ist da eine Triple-Therapie der Ausweg?
DR. BIERMER: Auch bei den Non-Responder-Patienten ist die Tripletherapie der dualen Therapie in Bezug auf eine Ausheilungschance überlegen. Leider wird es jetzt richtig kompliziert: Man muss Non-Responder unterscheiden nach Patienten, bei denen Interferon / Ribavirin-Therapie überhaupt keinen Effekt auf die Viruslast hatten (so genannte Null-Responder) von solchen Patienten, bei denen das Virus deutlich abgefallen ist, aber unter Therapie nie negativ wurde. Bei letzterer Gruppe sind in Studien zur jetzt zugelassenen Tripletherapie Ausheilungsraten von bis zu 60 % gesehen worden, während die Null-Responder häufig nicht erfolgreich behandelt werden konnten. Grundsätzlich muss in solchen Fällen auch über die therapeutischen Möglichkeiten der nächsten und übernächsten Substanzgeneration nachgedacht werden.
Suri_aha : Stimmt das, dass die Triple die Thrombos auslöst. Da schafft man sich ja das nächste Problem. Lohnt das dann überhaupt?
DR. BIERMER: Sie beziehen sich vermutlich auf die Absenkung der Thrombozyten, die ein typischer Nebeneffekt einer interferonbasierten Therapie ist. Da die Tripletherapie weiter Interferon enthält, ist auch die Absenkung der Thrombozyten nicht ausgeschlossen. Das Hinzunehmen der Proteaseinhibitoren, um die es hier jetzt geht, hat für sich keinen Effekt auf die Thrombozytenzahl. Und die Frage nach dem lohnen ist pauschal nicht zu beantworten, aber selbst bei bereits reduzierten Thrombozytenzahl (moderat) ist eine erfolgreiche Tripletherapie durchaus noch möglich.
Ocker : Gibt es einen eindeutigen, wissenschaftlich belegten Vorteil der Triple-Behandlung? Mit sind wissenschaftliche Beweise sehr wichtig, weil in der heutigen Zeit so viel auf den Markt kommt, da fragt man sich was soll das.
DR. BIERMER: Aus meiner Sicht ist der eindeutige wissenschaftliche Beleg gewährleistet, weil alle zur Zulassung hinzugezogenen Studien doppelblind und placebokontrolliert durchgeführt worden sind. D. h. weder Studienarzt noch Patient wusste, ob die Patienten eine echte Tripletherapie oder die herkömmliche Therapie + Placebopille eingenommen haben. Wenn jetzt die Ergebnisse in den Patientengruppen mit Tripletherapie durch die Bank höhere Ausheilungsraten erbracht haben, ist das ein für mich überzeugender Beweis. Hier geht es nicht um wenige Prozentpunkte, sondern um bis zu 30 % höhere Ausheilungsraten bei gleichzeitig oft verkürzter Therapiedauer. Im Laufe eines Zulassungsprozesses haben weit mehr als 1.000 Patienten die Therapie mit dem neuen Medikament erhalten, so dass auch statistische Zufälle sehr unwahrscheinlich werden. Jegliche in Europa durchgeführte Studie wird ausgiebig von Gesundheitsbehörden und Ethikkommissionen überwacht, wodurch der Einfluss der Industrie überschaubar bleibt.
Schnuppi : Wie sicher sind Laboruntersuchungen? Wie häufig passieren Fehler z.B. der Nachweis, ob das Virus weg ist oder nicht? Da kommt das ja sehr genau drauf an, dass in der richtigen Woche, der richtige Beweis geführt wird. Überall kommen Fehler vor, was wenn hier auch Labor mal einen Fehler macht?
DR. BIERMER: Sie legen den Finger auf die Wunde. Natürlich wünschen wir uns den perfekten Labortest, um uns wirklich auf die Ergebnisse verlassen zu können. Gerade bei der Empfindlichkeit des Virusnachweises hat es in den letzten Jahren dramatische Verbesserungen gegeben. Während noch vor wenigen Jahren Proben mit weniger als 600 Viruseinheiten als negativ galten, können wir heute auf weniger als 12 Einheiten testen. Eine 100 %ige Sicherkeit gibt es nicht, so dass wir zusätzlich den Zeitfaktor bemühen müssen. Ein negativer Virusnachweis, der ein Vierteljahr später erneut negativ ist, kommt dieser 100 %-Anforderung schon sehr nahe. Gleichzeitig kommt es bei wiederholten Messungen einer positiven Virämie immer zu natürlichen Schwankungen der Viruszahl, die nicht mit einer Zu- oder Abnahme der Hepatitisaktivität verwechselt werden sollten.
MODERATOR: Der Experte macht eine kurze Pause. Wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.
Seffiri : Unser Hausarzt hat gesagt, dass mein Mann jetzt bei Ärzten, Krankenhaus etc. immer sagen muss, dass er mit Hepatitis C infiziert ist. Unserem Zahnarzt hat daraufhin eine weitere Behandlung abgelehnt mit der Begründung das Risiko sei für ihn zu groß, denn wenn er sich infizieren würde, würde er seiner Familie die finanzielle Grundlage entziehen, weil so eine Infektion gleichbedeutend sei mit einem Berufsverbot. Ist das so? Wir waren sprachlos.
DR. BIERMER: Ich will Ihrem Zahnarzt nicht zu nahe treten. Aber er versucht hier, ein Risiko, das sein Beruf mit sich bringt, auf Sie abzuwälzen. Das halte ich nicht für fair. Nur, weil Sie ehrlicherweise den Hinweis gegeben haben, wird sein Risiko nicht größer, als wenn ein schweigender Patient seine Hepatitis C trotzdem überträgt. Seine Aufgabe ist, jeden Patienten so zu behandeln, dass eine potentielle Infektion weder an ihn noch an nachfolgende Patienten weitergegeben werden kann. Natürlich ist eine Hepatitis C über Blutkontakt übertragbar, aber wenn die Argumentation des Zahnarztes konsequent weitergedacht würde, dürfte ich meinen Schwestern auch nicht zumuten, Blutproben zu entnehmen. Das Thema Berufsverbot ist leider bei operativen Fächern für Ärzte grundsätzlich ein Problem; vor dem Hintergrund effektiver Behandlungsmethoden sollte aber gerade die Hepatitis C uns nicht vor unlösbaren Problemen stehen lassen.
Kopieren : Kann man im Rahmen von Laboruntersuchungen unterscheiden ob ein erhöhter GPT Wert von der Leber oder dem Herz ausgeht? Welche Art Handlungsbedarf ergibt sich daraus, oder geht das mit wait and see? Ab welchem Wert muss gehandelt werden?
DR. BIERMER: Im Gegensatz zur GOT, die tatsächlich aus Herz-, Muskel- oder Leberzellen kommen kann, ist die GPT tatsächlich sehr leberspezifisch. Wait and see ohne weitere Abklärung ist sicherlich nicht zu empfehlen. Ich würde bei wiederholt erhöhter GPT grundsätzlich die Abklärung einer Virushepatitis, eines Leberultraschalls und ggf. weiterer Marker fordern. Wenn wir wirklich wissen, was Ursache der GPT-Erhöhung ist, kann in bestimmten Fällen wait and see eine Option sein. Aber das sollte nicht von vornherein versucht werden.
Maggi : Ich möchte sehr gern noch ein weiteres Kind, obwohl mein Mann infiziert ist mit Hepatitis. Kann ich mich anstecken, wenn wir ohne Kondom Verkehr haben. Der Frauenarzt hat nichts dagegen, was mich sehr überrascht hat. Er sagt, dass eine Ansteckung in erster Linie von der Virusmenge abhängt. Das ist für mich nun ganz neu, dass es da offenbar Unterschiede gibt. Ausserdem könnte die Ansteckungsproblematik durch einen Kaiserschnitt fast ganz ausgeschlossen werden. Kann ich es wirklich wagen? Was ist mit dem OP-Personal?
DR. BIERMER: Das ist eine sehr wichtige Frage und ich will versuchen, die nachvollziehbaren Ängste auf ein realistisches Maß zu reduzieren. Die Hepatitis C ist eine potentiell sexuell übertragbare Erkrankung. Da dies aber in sehr seltenen Fällen auch wirklich passiert, verzichten alle aktuellen Leitlinien auf einen Kondomzwang in monogamen Beziehungen. Besonders, wenn ein Kinderwunsch besteht, ist der ungeschützte Geschlechtsverkehr nicht verboten. Hier ist die Nutzen-Risiko-Abwägung ganz klar auf Seiten des ungeschützten und möglichst angstfreien Geschlechtsverkehrs. Ein Paar, bei dem es trotz 30 jähriger sexueller Aktivität nicht zu einer Übertragung von einem auf den anderen Partner gekommen ist, ist die Regel und nicht die absolute Ausnahme. Ihre Erwähnung des Kaiserschnitts bezieht sich auf das Infektionsrisiko des Kindes. Solange nicht die Mutter auch Hepatitis-C-Trägerin ist, ist das Infektionsrisiko für das Kind gleich Null. Der positive Vater kann also direkt das ungeborene Kind nicht infizieren. Selbst, wenn die Mutter Virusträgerin ist, besteht keine generelle Empfehlung für einen Kaiserschnitt, wenn man den aktuellen Leitlinien folgt.
Hajo_Tukka : Bei mir wurde letzte Woche routinemäßig ein großes Blutbild gemacht mit Eisen und Schilddrüsenwerten und auch Leberwerten. Alles war im grünen Bereich. Nur die Leberwerte waren leicht erhöht. Mein Arzt meinte, dass könne mal sein. Kein Grund zur Sorge. Ich bin aber besorgt, aber in der heutigen Zeit bekommt keinen Arzt mehr dazu gleich weitere Tests zu machen. Nun sollen die Leberwerte in 4 Wochen noch mal bestimmt werden. Ist das richtig so? Ich finde das eine total blöde Situation. Ich würde auch selbst dafür bezahlen, da wurde mir gesagt, das sei nicht notwendig.
DR. BIERMER: So sehr ich Ihre Sorge verstehe, so sehr bin ich auf der Seite Ihres behandelnden Arztes. Gerade, wenn die Leberwerte leicht erhöht sind, steckt dort häufig nichts Schlimmes dahinter. Unbedingt sollte eine Kontrolle erfolgen, die mit vier Wochen ja noch recht kurzfristig geplant ist. Wenn sich die Werte bestätigen oder Sie Ihrem Arzt von einem erhöhten Infektionsrisiko für Virushepatitis berichten, sollte in der weiteren Beobachtung eine solche ausgeschlossen werden.
Synergy : In welchem Alter sollten meine Kinder gegen Hepatitis B geimpft werden bevor sie sexuell aktiv werden. Sind jetzt 11 und 13.
DR. BIERMER: Grundsätzlich sind wir bemüht, die Hepatitis B durch konsequente Impfprogramme komplett auszurotten. Hierzu gehört seit längerem die generelle Empfehlung, schon Kleinkinder im Rahmen der Kinderarztimpfprogramme auch gegen Hepatitis B zu impfen. Egal ob sexuell oder anders übertragen, durch den hochwirksamen Hepatitis B-Impfstoff kann diese oft schwerwiegende Erkrankung in den allermeisten Fällen erfolgreich verhindert werden. Das sollten Sie Ihren Kindern am besten jetzt anbieten.
Wedekind : Könnte mir Dr. Biermer verbindlich, also wirklich wirksame Verhaltensratschläge geben, wie man auf Fernreisen Hepatitis C sicher vermeiden kann?
DR. BIERMER: Verbindlichkeit in Zusammenhang mit meinem Namen bekommt hier ein besonders Gewicht. Grundsätzlich gilt die Empfehlung, flüchtige sexuelle Kontakte nach den Regeln des Saver-Sex zu spielen, was besonders auf Fernreisen eine lebenswichtige Empfehlung ist. Es geht ja hier nicht nur um Hepatitis C, sondern auch um HIV und andere Viren. Ihre Frage zielt sicher nicht auf den Einsatz illegaler Drogen ab, wobei hier selbst das Schnupfen von Kokain auch ganz ohne Nadeln ein erhöhtes Infektionsrisiko darstellt. Neben den genannten Risiken ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass normaler Haushaltskontakt - und das beinhaltet auch Küssen, Umarmen, Hände geben auf Fernreisen - in der Regel kein Infektionsrisiko für die Hepatitis darstellt. Einziges Tabu in diesem Zusammenhang ist der gemeinsame Gebrauch von Zahnbürste und Nassrasierer, der zu einer Blut- und damit Virusübertragung führen kann. Die weit verbreitete Vermutung, Hepatitis C wie Hepatitis A mit verunreinigten Speisen über die Nahrung aufnehmen zu können, entbehrt jeder Grundlage.
Akbas : Was ist der Unterschied zwischen Genotyp 1, 2, 3, 4? Danke für die Antwort, so dass ich es gut verstehen kann.
DR. BIERMER: Es gibt sogar noch einen Genotyp 5 und 6 und mittlerweile müssen wir sogar Genotyp 1 a von 1 b unterscheiden. Zwei wesentliche Aspekte unterscheiden diese Virus-Genotypen: Zuerst sei der erhebliche Unterschied in den Ansprechraten auf eine interferonbasierte Therapie genannt. Ein Genotyp 2 lässt sich deutlich häufiger ausheilen als ein Genotyp 1. Mit der Zulassung der neuen Medikamente kommt ein zweiter Aspekt hinzu: Die Genotypen unterscheiden sich in bestimmten Gensequenzen, nach denen das Virus aufgebaut ist und zwar ausgerechnet in der Genregion, aus der sich die Virusprotease nachher zusammensetzt. Die Protease ist ein Enzym des Virus, deren effektive Blockade zu einer Verminderung der Virusvermehrung führt. Genau hier setzen die beiden jetzt zugelassenen neuen Medikamente an. Weil sich - wie gesagt - die Protease beim Genotyp 1 ganz anders aufbaut als z. B. beim Genotyp 3, können die für den Genotyp 1 zugeschnittenen aktuellen Proteasehemmer auch nur den Genotyp 1 erfolgreich behandeln. Beim Genotyp 3 passt dieser Schlüssel einfach nicht ins Schloss.
Daphne : Warum baut sich Alkohol in Fett um in der Leber?
DR. BIERMER: Hierzu vielleicht nur eine kurze Antwort, weil sie so gar nicht in das Thema passt. Neben den direkt leberschädigenden Effekten des Alkohols, ist der Alkohol auch ein hocheffizienter Energieträger. Die Leber ist überwiegend zur Speicherung von Energie beauftragt und tut dies zunächst in bestimmten Zuckerspeichern. Wenn diese Speicher überfüllt sind, wird zusätzlich Fett eingelagert.
Pachmann : Mein Mann trinkt definitiv so gut wie gar keinen Alkohol. Ich kann das so sicher saen, weil er dazu im Büro (große Krankenkasse in NRW) keine Möglichkeit hätte, ohne aufzufallen und zu Hause würde ich das mitbekommen. Trotzdem ist bei ihm jetzt eine beginnende Fettleber festgestellt worden. Das hat uns geschockt. Es soll sein ÜBergewichgt sein, aber das sind nur ca. 20 Prozent. Reicht das dafür schon aus? Kann sich das auch wieder zurückbilden, wenn wir jetzt einige Dinge verändern im Alltag?
DR. BIERMER: Grundsätzlich reicht schon ein geringes Übergewicht aus, um ursächlich für eine Fettleber zu sein. Hier gibt es neben der Frage, wo sich das Übergewicht befindet, sicher auch eine genetische Belastung. Sie haben vielleicht schon von Apfel und Birne gehört, was die Fettverteilung betrifft. Wenn sämtliches Übergewicht sich überwiegend in einem dicken Bauch versteckt (Apfel), dann können auch 20 % durchaus zu einer Fettleber führen. Die Birnenform (dicker Po und Oberschenkel) ist zwar nicht beliebt, aber bezüglich einer Fettleber deutlich günstiger. Auch ohne jeglichen Alkoholkonsum ist die Fettleber aufgrund einer ungünstigen Ernährung - vor allem aber mangelnder Bewegung - sehr häufig und im Vergleich der letzten 20 Jahre deutlich auf dem Vormarsch.
kk : Ich bin 58 und habe eine Behanlung "Standart" vor 11 Jahren erhalten. Bin Nonresponder. Heute hat mir mein Arzt eine neue Behanung angeboten. Bin Typ 1 mit 1500000 /ul. Welchen Wirkstoff (Boceprevir oder Telaprevir) würden Sie mir empfehen?
DR. BIERMER: Tatsächlich hat sich durch die Zulassung von Boceprevir und Telaprevir die Möglichkeit, Sie erfolgreich zu behandeln sehr deutlich verbessert. Vor elf Jahren wurde vermutlich nicht pegyliertes Interferon und Ribavirin eingesetzt, so dass Ihre damalige Non-Response nicht so ganz in Stein gemeißelt ist. Bereits nach wenigen Wochen unter Dreifachtherapie wird Ihnen Ihr Arzt erste Ergebnisse zum Virusansprechen mitteilen können und dann wird auch schnell klar, ob die weitere Behandlung erfolgversprechend ist. Einen solchen Therapieversuch würde ich - ganz wie Ihr behandelnder Arzt - durchaus empfehlen.
DR. BIERMER: Ich bedanke mich herzlich für die vielen interessanten Fragen, die das weite Feld der Lebererkrankungen umspannt haben und die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde. Nun wünsche ich Ihnen allen einen angenehmen Abend.
Ende der Sprechstunde.