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Osteoporose - Gut zu behandeln!

OrthopädieZentrum
Dr. med. Knut Behle
 
Facharzt für Orthopädie
Schulstr. 9
21220 Seevetal-Maschen
 
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Fax: 04105-5805629
 
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Osteoporose
 
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PROTOKOLL

Osteoporose - Gut zu behandeln!

DR. MED. BEHLE: Wir beginnen um 19 Uhr.

Sigrid : Worin liegt der Unterschied beim absoluten und relativen Knochenbruchrisiko?

DR. MED. BEHLE: Der Unterschied besteht immer in der Bezugsgröße. Beim absoluten Knochenbruchrisiko vergleiche ich alle Knochenbrüche bezogen auf die Gesamtbevölkerung und beim relativen Knochenbruchrisiko vergleiche ich das Knochenbruchrisiko mit einer ausgewählten Bevölkerungsgruppe, z. B. Risiko einer osteoporotischen Fraktur bei bestimmten Grunderkrankungen, wie z. B. cortison-induzierter Osteoporose.

Deumann_T : Musste mich überwinden, um hier eine Frage zu stellen. Meine Mutter und Großmutter hatten Osteoporose. Ist da in erster Linie meine Schwester gefährdet, oder trifft mich das als Mann genauso? Bin 49 Jahre und das Problem ist mir bewusst, aber ich sehe das weniger als Problem für mich an, als für die weibliche Linie unserer Familie. Bekomme aber zusehend den Eindruck, dass mich das auch betreffen könnte? Hätte gern eine Antwort von Dr. Behle.

DR. MED. BEHLE: Tatsächlich ist es so, dass die familiäre Belastung ein ganz erheblicher Risikofaktor ist. Das weiß man zumindest für die weibliche Linie. Genauere Untersuchungen zum Risikoprofil in der männlichen Linie sind mir nicht bekannt. In jedem Falle kann man aber sowohl für Ihre Schwester als auch für Sie das Problem dadurch relativ schnell eingrenzen, indem man eine Knochendichtemessung (DXA) durchführen lässt, dann haben Sie eine für Sie relevante Aussage. Sie sollten keine Hemmungen haben, hier Ihre Frage zu stellen. Auch wenn Sie das Gefühl haben, Ihre Frage hört sich vielleicht komisch an, kommt dies nur Ihnen so vor. Viele Patienten haben ähnliche Fragen und trauen sich nicht, diese zu stellen. Insofern bin ich froh über jede Frage, die ich in dieser Sprechstunde erhalte und beantworten kann.

Jule : Meine Mutti erhält Spritzen mit einem Wirkstoff, der ihre Knochen stärkt. Mich hat das beruhigt, aber in Abstände gucke ich mal durchs Internet und bin darauf gestoßen, dass sie zusätzlich noch Kalzium und Vitamin D braucht. Stimmt das wirklich? Ich bin mir nämlich ziemlich sicher, dass sie da nichts weiter einnimmt.

DR. MED. BEHLE: Ihre Mutter macht das wahrscheinlich richtig, das Calcium und Vitamin D gehören zur so genannten Basistherapie, die wie der Name schon sagt, grundsätzlich beim Vorliegen einer Osteoporose eingenommen werden sollten. Die Spritze mit dem Wirkstoff, der Ihnen im Moment nicht bekannt ist, gehört sicherlich zur so genannten spezifischen Therapie, die zu der Basistherapie zusätzlich durchgeführt werden muss.

Blau : Aufgrund einer langjährigen Asthmaerkrankung bekommt meine Mutter leider immer noch in Notfällen Cortison. Das war schon immer ein Problem und ist es jetzt um so mehr, weil sie die Wechseljahre mit 64 gerade hinter sich hat, von gelegentlichen Hitzewallungen abgesehen. Sie hat einen Osteoporsewert von -3. Ich weiß nicht, wie der gemessen wurde. Aber sie soll jetzt eine Behandlung bekommen. Heißt: wieder Medikamente. Macht das wirklich Sinn?

DR. MED. BEHLE: Eine Osteoporose bei einem Wert von -3 Standardabweichung ist sicherlich behandlungsbedürftig. Das Cortison macht die Situation des Knochens sicherlich nicht besser. Wahrscheinlich wird man aber auf das Cortison wegen der Asthmaerkrankung nicht verzichten können. In jedem Fall ist die Behandlung des zu erwartenden Knochenmassenverlustes dringend indiziert, da das Cortison die Knochendichte, insbesondere an der Wirbelsäule, sehr schnell schrumpfen lässt.

Evert : Nach drei Arm und Beinbrüchen in zwei Jahren hätte ich mir gewünscht, dass meine Mutter auf Osteoporose untersuch wird. Dafür sei keine Notwendigkeit wurde uns gesagt. Klar, an den Behandlungen der Knochenbrüche verdient man ja auch mehr. Bin sauwütend. Zu welchem Facharzt muss ich meine Mutter jetzt bringen, damit da mal Klarheit geschaffen wird?

DR. MED. BEHLE: Ihre Geschichte zeigt, dass die Osteoporose im Bewusstsein noch nicht überall angekommen ist. Es ist Ihnen aber ja völlig unbenommen, z. B. eine Knochendichtemessung, durchführen zu lassen. Hier sei der Hinweis darauf erlaubt, dass nur die DXA-Methode im Moment empfohlen wird. Sollten die von Ihnen geschilderten Brüche in zwei Jahren eher bei banalen Verletzungsmechanismen aufgetreten sein und möglicherweise eine behandlungsbedürftige Osteoporose vorliegen, wäre die DXA-Messung sogar Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Sie können sich bei der kassenärztlichen Vereinigung nach einem Facharzt erkundigen, der den Zusatz Osteologie hat.

Walteron : Ich lerne gerade, wie anstrengend das Alter sein kann. Osteoporose habe ich nie bei Männern vermutet. Nun habe ich diese Krankheit selbst sei 6 Monaten. Jetzt ist Prostatakrebs, ganz am Anfang, dazugekommen. Meine Frage verstärkt die Krebserkrankung sogar die Osteoporose?

DR. MED. BEHLE: Das Problem Prostataerkrankung und Osteoporose hängt eigentlich im Wesentlichen mit den Therapien bei Prostatakarzinomen zusammen. Wenn Sie z. B. eine so genannte antiandrogene Therapie bekommen, d. h. Medikamente, die den Testosteronspiegel senken, um das Tumorwachstum zu behindern, haben Sie ein 1,5 bis 2-fach erhöhtes Risiko. Auch hier ist, ähnlich wie bei der Therapie des Mammakarzinoms mit Antiöstrogenen, eine Knochendichtemessung hilfreich, um den Knochenstatus bezüglich der Knochendichte zu erfassen, um ggf. rechtzeitig gegensteuern und therapieren zu können.

Bärbel : Was ist mit Diabetes? Beeinträchtigt die Krankheit auch den Knochenstoffwechsel? Es würde mich nicht wundern, weil Diabetes sich ja wohl überall negativ auswirkt. Meine Mutter muss spritzen. Das klappt bisher relativ gut. Aber ich merkte, dass sie nicht mehr so top drauf ist, wie früher und ich mache mir Gedanken, wie das dann weitergeht.

DR. MED. BEHLE: Ein erhöhtes Knochenbruchrisiko bzw. Osteoporoserisiko ist bei Diabetes Mellitus Typ 1 (insulinpflichtig) nachgewiesen. Es besteht ein ca. 7-fach erhöhtes Risiko für hüftnahe Frakturen und 2-3 fach erhöhtes Risiko für Wirbelfrakturen. Dieses erhöhte Risiko ist aber nur den Diabetes Mellitus Typ 1 nachgewiesen und nicht für den Diabetes Mellitus Typ 2 (tablettenpflichtig). Ich wünsche Ihrer Mutter gute Besserung!

Memel : Mein Vater hatte ein NHL-Rezidiv. Behandlung mit Chemo und Stammzelltransplantation. Das ist fast 5 Jahre her. Er hat damals zu mir gesagt, er hätte das Gefühl, dass sein Körper, besonders was die Knochen betrifft auseinander fallen würden. Hätte ich damals das Wissen gehabt, das ich heute habe, hätte ich darauf gedrungen, dass er eine Osteoporose-Vorbeugung erhält. Er hat nichts dergleichen bekommen. Seine Knochen sind stark angegriffen und kommen von allein offenbar nicht wieder auf einen guten Stand. Könnte eine intensive Therapie zur Stärkung der Knochen auch jetzt noch helfen?

DR. MED. BEHLE: Die von Ihnen beschriebenen Nebenwirkungen bei der Chemotherapie bei NHL sind nicht ungewöhnlich, das muss noch nichts mit einer beginnenden Osteoporose zu tun haben. Aber auch hier sei Ihnen die DXA-Messung ans Herz gelegt, ggf. mit Ergänzungen durch entsprechende Laboruntersuchungen. Dann kann man den Therapiebedarf und die Therapiemöglichkeiten mit Ihnen erörtern. Sicherlich ist es so, dass man so früh wie möglich mit der Behandlung einer verminderten Knochendichte anfangen sollte, auf der anderen Seite ist es aber - wie man so sagt - nie zu spät.

Fahrsteller : Irgendwie vereinen sich bei mir, Mann, 62J immer mehr Erkrankungen, die es eigentlich nur bei Frauen gibt. Ist das öfter so, dass eine Krankheit der nächsten folgt? Erst habe ich Brustkrebs bekommen mit 58 Jahren, was ja auch eher selten ist. Jetzt soll ich Osteoporose haben. Mir tun die Knochen so unfassbar weh, besonders im Hüftbereich. Zwar gibt es Tage, die besser sind, aber auch nachts sind die Schmerzen da. Ich finde mich nicht alt und habe noch viel vor. Jetzt hoffe ich sehr darauf, dass sich meine Knochen noch wieder verbessern lassen. Ist das möglich? Ein anderer Punkt ist dass ich es ausgesprochen peinlich finde, jetzt die zweite Frauenkrankheit zu haben und ich habe noch kein Rezept, wie ich damit umgehe im Freundeskreis. Übrigens ich bin kein Alkoholiker und rauche auch nicht.

DR. MED. BEHLE: Erst einmal muss ich dazu sagen, dass Sie sich die Erkrankungen ja nicht ausgesucht haben und es gibt keine Veranlassung, daran zu glauben, dass diese durch Ihre Lebensführung begünstigt wurden. Die Brustkrebsbehandlung sollte sicherlich in spezialisierten Zentren durchgeführt werden, da die Brustkrebserkrankung beim Mann eher selten ist und besondere Krankheitsverläufe aufweist. Wenn Sie eine Osteoporose haben, ist dies ebenso wenig auf einen Lebenswandel zurückzuführen, wie beim Brustkrebs. Für den Bereich der verminderten Knochenmasse, stehen Ihnen allerdings die gleichen Behandlungsoptionen wie anderen Patienten zur Verfügung, wobei das Medikamentenspektrum für die Osteoporose des Mannes etwas eingeschränkt ist.

Tranz : Gibt es einen Zeitpunkt an dem man mit besonderen Medikamenten oder zusätzlichen Sport beginnen sollte um Osteoporose im Alter zu verhindern?

DR. MED. BEHLE: So früh, wie möglich. Früher war man der Ansicht, dass man nur bis zu einem gewissen Alter etwas für Muskulatur und Knochenbau tun kann. Heute gilt die Devise "Turne bis zur Urne".

Angelika : Bisher kaufe ich bei Aldi oder Budni ganz normale Calciumpillen mit Vit. D. Bei meiner letzten Routineuntersuchung empfahl mein Gynäkologe, ich solle jetzt mal was richtiges nehmen. Besondere Untersuchungen sind dieser Aussage nicht vorangegangen. Bisher hatte dieser Arzt mein Vertrauen, bin da schon seit über 20 Jahren. Jetzt kommen mir allerdings Zweifel. Dabei ist es gar nicht so einfach, den Arzt zu wechseln. Viele haben Aufnahmestopp. Wie verhalte ich mich richtig?

DR. MED. BEHLE: Die Calciumpräparate, die bei den Discountern angeboten werden, gehören eigentlich zu den diätetischen Lebensmitteln, d. h. dass die Inhaltsstoffe in engen Grenzen auch wahrheitsgemäß auf der Verpackung aufgelistet sein müssen. Es ist völlig unbedeutend, bei welchem Discounter oder von welchem Hersteller Sie die Kombinationen bekommen, wichtig ist, dass man pro Tag ca. 1000 mg Calcium und 800 bis 2.000 iE (internationale Einheiten) Vitamin D zu sich nehmen sollte.

Mogli : Könnte Behle medizinisch erklären, warum sich ältere Menschen immer die Gelenke brechen? Ist das so, dass man im Alter meist seitlich auf die Hüftgelenke fällt?

DR. MED. BEHLE: Die eine Begründung für die Brüche im Alter ist tatsächlich in der reduzierten Knochenmasse und der verminderten Knochenbruchfestigkeit zu sehen. Ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt ist jedoch die nachlassende Muskelkraft und die Muskel-Koordination, die einfach zu häufigeren Stürzen führt.

Bading : Inzwischen gibt es wohl keine Krankheit, ohne dass man davon ausgeht, dass Rauchen entweder Mit-Auslöser war, oder sich sehr negativ auswirkt. Glücklicherweise ist das ja inzwischen einer gesellschaftlichen Ächtung unterworfen. Ändert aber nichts daran, dass es Rauchern schwer fällt, damit aufzuhören. So ist das bei meinen Eltern. Mein Vater, nicht meine Mutter, hat jetzt Osteoporose und sollt sofort das Rauchen einstellen. Was bringt das nach 30 Jahren 1-2 Packungen? Meine Mutter will aus Solidarität auch aufhören

DR. MED. BEHLE: Es ist grundsätzlich keine schlechte Idee, das Rauchen einzustellen. Ich selbst habe bis vor 30 Jahren 60 Zigaretten geraucht und damit aufgehört. Dies war sicherlich eine der besten Lebensentscheidungen. Das Rauchen ist in der Tat mit einem erhöhten Knochenbruchrisiko verbunden. Und deswegen ist es auch nicht zu spät, damit aufzuhören. Neben den ganzen anderen positiven Aspekten ist der Verzicht auf das Rauchen sicher für die Knochengesundheit nicht zu unterschätzen. Das relative Risiko nimmt um 1,2 bis 1,8 zu und die Abhängigkeit von der Anzahl der Zigaretten ist noch gar nicht richtig untersucht.

Kleinewerder : Was ist besser? Spritzen oder Tabletten? Worin liegt der Unterschied und warum muss ich mich pieksen lassen, statt einfach nur Tabletten zu schlucken?

DR. MED. BEHLE: Die Frage, ob Spritzen oder Tabletten besser sind, ist so einfach gar nicht zu beantworten. Es hängt im Wesentlichen davon ab, wie die so genannte Bioverfügbarkeit aussieht. Bei einigen Tabletten kommt nur ein kleiner Bruchteil am Knochen an. Der Anteil ist wiederum von verschiedenen Bedingungen beim Einnehmen abhängig. Bei Injektionen kann man in der Regel davon ausgehen, dass der gesamte Inhaltsstoff verfügbar ist. Hinzu kommt, dass bei einigen Tabletten relativ strenge Einnahmevorschriften zu berücksichtigen sind (morgens früh nüchtern, mit Leitungswasser, anschließend nicht mehr hinlegen, zwei Stunden Abstand zum Frühstück etc.).

Zahra : Besteht ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Osteoporose? Ich meine speziell die Energiemenge?

DR. MED. BEHLE: Es besteht sicherlich ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Osteoporose. Die Energiemenge ist kein entscheidender Faktor. Es gibt sicherlich eine knochengesunde Ernährung (Vitamin D-reich, calciumreich) und eine knochenungesunde Ernährung (phosphatreiche Wurstwaren, Colagetränke etc.). Wie gesagt, spielt die Energiemenge keine Rolle.

Beckmann : Meine Mutter ist im Seniorenheim aus dem Bett gefallen, trotz Teil-Sperrgitter. Wie das geht weiß ich nicht, aber so wurde es mir gesagt. Sie hat einen komplizierten Oberschenkelhalsbruch. Eigentlich sollte sie ein neues Hüftgelenk erhalten, aber es gab Komplikationen. Sie ist jetzt weitgehend ans Bett gebunden. Daraus entstehen jetzt weiterer Erkrankungen. Die Verdauung klappt nicht mehr und seit neuestem hat sie Probleme mit dem atmen. Es ist schrecklich, das mit anzusehen. Könnte man über eine Therapie der Knochenstabilisierung vielleicht die Knochensituation so verbessern, dass sie doch noch ein neues Hüftgelenk bekommen kann?

DR. MED. BEHLE: Es ist schwierig auf diese konkrete Frage eine spezifische Antwort zu geben. Beim Oberschenkelhalsbruch ist sicherlich im höheren Alter eine Hüftgelenksendoprothese indiziert. Eigentlich kommt es aber im sehr hohen Alter nicht so sehr zu Oberschenkelhalsbrüchen, sondern mehr zu so genannten pertrochantären Brüchen, die eigentlich einer Frakturbehandlung mit Hilfe von Nägeln gut zugänglich sind. Kurzfristig eine Knochensituation so zu verbessern, dass man grundsätzlich andere Operationsverfahren ermöglicht, scheint mir nicht aussichtsreich, da die meisten medikamentösen Verbesserungen der Knochensituation eher langfristig angelegt sind.

Barthel : Frage: Wenn eine Osteoporose vorliegt, ist der Grad der Instabilität der Knochen dann abhängig von der Menge der Hormone, die der Körper meiner Frau noch produziert? Was ich meine ist da eine Verbindung zwischen der Restmenge der Hormone und der Knochenentkalkung?

DR. MED. BEHLE: Die weiblichen Hormone, insbesondere Östrogen, haben einen erheblichen positiven Einfluss auf die Knochendichte. Grundsätzlich kann man sagen, dass für das gesamte Leben die so genannte Östrogenexposition (d. h. die Menge und die Zeit, die der weibliche Körper unter Östrogeneinfluss stand) ganz wichtig ist. Z. B. ist eine späte erste Regelblutung ungünstig, fehlende Stillzeit und früher Eintritt der Wechseljahre sind weitere Faktoren. Demzufolge sind günstige Einflussfaktoren frühe erste Regelblutung, viele Stillzeiten und später Eintritt der Wechseljahre.

Doris : Meine Mutter hat seit Jahren Osteoporose und kommt damit gut klar. Mal bekommt sie Tabletten, dann auch wieder Spritzen. Alles unproblematisch. Nun gibt es aber ein Problem mit der linken Niere und die Osteoporosebehandlung wurde ausgesetzt. Muss meine Mutter jetzt dauerhaft darauf verzichten? Das beunruhigt mich gerade sehr, denn dann hätte sie sicherlich bald ein erhebliches Risiko für Knochenbrüche. Ich weiß, die Niere ist erst einmal wichtiger, aber das andere darf man ja auch nicht aus dem Blick verlieren.

DR. MED. BEHLE: Eine sehr gute Frage ist die Frage nach einer spezifischen osteoporotischen Therapie bei Niereninsuffizienz. Hierbei muss man insbesondere auf die osteoporotischen Medikamente zurückgreifen, die die Nierenfunktion nicht oder nur wenig beeinflussen. Da die meisten Präparate eine Auswirkung haben, mag sie noch so gering sein, ist hier die Absprache mit dem behandelnden Nephrologen wichtig.

Suse : Ich habe den Eindruck es geht bei Diagnosen immer mehr um irgendwelche Marker. Bei meiner Mutter wurde im Bericht TNFSF2 Faktor erwähnt. Hat das etwas mit ihrer Osteoporose zu tun? Was sagt dieser Wert aus? Ist das eine Klassifizierung?

DR. MED. BEHLE: Das ist eigentlich eine Frage für Fachleute. Der Faktor, der bei Ihrer Mutter nachgewiesen wurde, ist ein s. g. Tumornekrosefaktor (was erst einmal nichts mit einem bösartigen Tumor zu tun hat). Es gibt verschiedene Tumornekrosefaktoren, die einen Einfluss auf den Signalweg von Knochenzellen haben. Hier spielen aber eine Vielzahl von Tumornekrosefaktoren. Ob der von Ihnen genannte Tumornekrosefaktor SF 2 hier einen wesentlichen Einfluss hat, hängt im Wesentlichen von der Größenordnung und anderen Laborergebnissen ab. Eine alleinige Erhöhung sagt noch nichts aus.

agathereemers : Mein Arzt hat mir eine Behandlung mit einem Mittel namens Denosumab verordnet. Was ist das genau und was macht das mit mir? Woran merke ich eine Wirkung?

DR. MED. BEHLE: Denosumab ist ein monoklonaler Antikörper, der direkt in den Signalweg für die Zelldifferenzierung der Knochenumbauzellen eingreift. Beim Knochenumbau sind grundsätzlich zwei Zelllinien beteiligt, einmal die so genannten Osteoblasten, die den Knochen aufbauen, zum zweiten die Osteoklasten, die den Knochen abbauen. Denosumab verhindert über verschiedene Mechanismen die Aktivierung der Osteoklasten und führt hiermit zu einer Reduktion des Knochenabbaus. Die ersten Auswirkungen kann man erst mit einer Knochendichtemessung erkennen.

Dora : Es ist ein Dilemma mit unserer Mutter. Sie hat starke Schmerzen durch Coarthrose und jetzt auch Osteoporose. Sie will nicht ständig Schmerzmittel nehmen. Als Folge bewegt sich meine Mutter zu wenig. Wie kommen wir aus dem Teufelskreis raus?

DR. MED. BEHLE: In der Tat ist das ein Teufelskreis, solange man nicht an einer der Stellschrauben in diesem Mechanismus dreht. Wichtig wäre zu wissen, welche Erkrankung die größte Bewegungseinschränkung und den größten Schmerz verursacht. Ist es die Arthrose der Hüfte, muss man nach aktueller Bildgebung entscheiden, ob eine Hüftgelenksendoprothese eine sinnvolle Variante ist oder nicht. Die zunehmende Bewegungseinschränkung fördert natürlich die Osteoporose und ist auch für die Entwicklung der Coxarthrose nicht günstig. Um aber dieses zu erreichen, kann auch die Gabe von Schmerzmitteln für eine gewisse Zeit die Mobilität durchaus verbessern.

Sponti : Ab wann führt eine Osteoporose zu Schmerzen? Wie weit fortgeschritten ist die Krankheit dann?

DR. MED. BEHLE: Wenn Osteoporose Schmerzen machen würde, könnte man eher mit einer Diagnostik und einer Therapie beginnen. In der Regel führen eigentlich erst osteoporotische Beschwerden zu Schmerzen, wenn es "zu spät" ist. In der Regel wird eine Osteoporose erst nach Brüchen erkannt. Deshalb kommt der Prävention auch eine wesentliche Rolle zu.

Cacic : Wenn durch einen Stoß an der Tischkante der Unterarm bricht und durch unglückliches Zutreten gegen einen Sesselfuß der große Zeh bricht, ist das doch ein Alarmsignal oder? Leider unternimmt mein Vater nichts. Ich kann ihn ja auch nicht bevormunden, er ist ein freier Mensch, aber indem es nicht wahrhaben will, wird es nicht besser. Wie verhalte ich mich richtig?

DR. MED. BEHLE: Bei den Brüchen kommt es sehr auf die Kraft an, die zu dem Bruch geführt hat. Wenn es durch einen banalen Stoß an die Tischkante zum Unterarmbruch kommt, dann ist das sicherlich ein Zeichen, wo man reagieren sollte. Ein Treten gegen einen Sesselfuß mit dem großen Zeh kann durchaus auch bei jungen Erwachsenen vorkommen. Man kann eventuell am Röntgenbild des Bruches schon gewisse Hinweise auf die Knochenstruktur finden. In der Regel kommt es ja zum Bruch der Speiche in der Nähe des Handgelenkes. Grundsätzlich sollten Sie Ihrem Vater vielleicht signalisieren, dass Sie sich über die Situation Ihres Vaters Sorgen machen und dass bei Vorliegen einer verminderten Knochendichte, die möglicherweise diese Brüche begünstigt hat, eine relativ schnelle und nebenwirkungsarme Therapie möglich ist.

Leo : Es kommen irgendwie immer neue Krankheiten dazu. Jetzt also soll es eine beginnende Osteoporose sein. Dabei habe ich extra auf eine Chemotherapie, weil mir der Schaden im Verhältnis zum Vorteil zu groß erschien. Aber ich habe jetzt ganz unabhängig davon eine beginnende Osteoporose. Sind dadurch meine Knochen empfänglicher für Knochenmetastasen? Grunderkrankung Brustkrebs, 0-LK, brusterhaltend operiert in 2009.

DR. MED. BEHLE: Die Empfänglichkeit für Knochenmetastasen hat nichts mit der Osteoporose zu tun. Wichtig wäre allerdings, zu wissen, ob Sie einen rezeptor-positiven oder rezeptor-negativen Brustkrebs hatten und ggf. eine antiöstrogene Therapie (z. B. mit Tamoxifen) erhalten haben. Sollten Sie Tamoxifen oder eine ähnliche Substanz erhalten haben, wäre das Risiko für eine Osteoporose erhöht Es kommt aber auf die exakte Diagnostik an. Im Wesentlichen ist der Befund der Knochendichtemessung mittel DXA-Methode hilfreich, um eine entsprechende Therapieempfehlung aussprechen zu können.

KL_Schneider : Meine Mutter geht sehr langsam, weil ihr jede Bewegung schwer fällt. Sie muss sich immer überwinden, oder es muss einer der Familie dafür sorgen, sie zu bewegen durch gezielte Forderungen wie: bring mir doch mal das, hol doch mal das, komm mich besuchen. Aber so geht das nicht, das halten wir nicht jahrelang durch und deshalb suche ich nach einer Lösung. Vielleicht kann mir Dr. Behle helfen mit Vorschlägen?

DR. MED. BEHLE: Wichtig wäre in jedem Falle, Ihre Mutter zu ermutigen, das was sie machen kann, selbst zu tun. Das mag mühselig sein, kann aber, wenn das soziale Umfeld an einem Strang zieht, durchaus gelingen. Auf medizinischer Seite wäre zu überprüfen, warum Ihre Mutter so langsam geht und ihr jede Bewegung schwer fällt. Sind es eher die Schmerzen, die sie zwingen so langsam zu gehen, oder sind es eher andere Erkrankungen? In manchen Fällen können solche Dinge auf einen beginnenden Morbus Parkinson hinweisen. Hier sollte also in jedem Fall der Hausarzt hinzugezogen werden.

Moni : Mein ganzes Leben habe ich sehr aktiv Sport getrieben. Aufgrund einer ausgeprägten Hüftproblematik und Coxarthrose kann ich das alles nicht mehr. Durch eine Span-Biopsie meines Hüftknochens (Diagnostik für gen. Veränderung des Blutes) weiß ich, dass ich trotz 68 Jahren für mein Alter eher untypisch starke Knochen habe. Trotzdem mache ich mir Sorgen, wie das weitergehen soll, weil mir allein schon das Gehen große Probleme bereitet. Wie lange bleiben die Knochen stark, wenn nur noch eingeschränkte Bewegung möglich ist? Bitte schlagen Sie mir nicht schwimmen vor. Diese Schwimmhallen-Atmosphäre und alles was damit zusammen hängt halte ich nicht aus.

DR. MED. BEHLE: Bei Vorliegen einer ausgeprägten Hüftproblematik mit Coxarthrose spielt ja offensichtlich, wie nach Beckenkammbiopsie diagnostiziert, eine Verminderung der Knochenmasse, im Sinne einer Osteoporose, keine Rolle. Nach Ihrer Beschreibung scheint das Hauptproblem die Coxarthrose zu sein, die sich in gewissem Maße auch konservativ behandeln lässt. Hierzu ist Schwimmen nicht zwingend erforderlich. Physiotherapeutische Maßnahmen, wie z. B. Schütteltraktion, können hier sehr hilfreich sein.

Grete : Als Kind und Jugendliche habe ich aufgrund von Asthma regelmäßig Cortison bekommen. Bei Notfällen besonders hohe Einheiten. Meine Knochen waren immer ziemlich dünn. Ist das ein Problem, wenn ich jetzt wenn ich in die Wechseljahre komme?

DR. MED. BEHLE: Sie beschreiben zwei zentrale Probleme der Knochenqualität. Cortison und die nachlassende Östrogenproduktion sind zwei Risikofaktoren für die Verminderung der Knochendichte und das verfrühte Auftreten einer Osteoporose. Insofern wäre es gerade vor dem Hintergrund Ihrer Anamnese hilfreich, rechtzeitig mit einer Knochendichtemessung festzustellen, wie weit die Knochendichte bereits zurückgegangen ist, um rechtzeitig Maßnahmen ergreifen zu können. Ich danke allen Teilnehmern dieser Sprechstunde für die rege Teilnahme und die vielen interessanten Fragen. Ihnen und Ihren Angehörigen wünsche ich nun einen angenehmen Abend!



Ende der Sprechstunde.


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