Medizinische LIVE-Sprechstunde mit Patientenfragen und Expertenantworten zu den unterschiedlichsten medizinischen Themen, Symptomen, Krankheiten Bitte besuchen Sie auch unsere Hauptseite www.experten-sprechstunde.de


Parkinson - die richtige Therapie zur richtigen Zeit

Priv.-Doz. Dr. med. Carsten Buhmann
Ärztlicher Leiter 
Ambulanzzentrum des Universitätsklinikum Eppendorf
Bereich Neurologie
Martinistr. 52
20246 Hamburg

Tel.: 040 / 7410 - 52771
Fax: 040 / 7410 - 46783

Email: buhmann@uke.de

www.uke.de/kliniken/neurologie/index_16122.php
DIN ISO 9001 zertifizierte Spezialsprechstunde für Bewegungsstörungen
 
 
Klinische Schwerpunkte

• Sämtliche Bewegungsstörungen, Parkinson-Syndrome
• Tremor
• Restless legs Syndrom
• Dystonie  (inkl. muskularer Schiefhals)
• Spasmus hemifacialis
• Botulinumtoxin-Behandlungen
 
Spezielle Therapieverfahren bei M. Parkinson
• Tiefe Hirnstimulation
• Apomorphin Pumpe
• Duodopa Pumpe

Wissenschaftliche Schwerpunkte
• Funktionelles MRT bei M. Parkinson
 
Assoziationen
Deutsche Parkinson Gesellschaft (DPG)
Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN)
Deutsche Gesellschaft für Klinische Neurophysiologie (DGKN)
Arbeitsgemeinschaft Tiefe Hirnstimulation e.V.
Arbeitskreis Botulinumtoxin der deutschen Gesellschaft für Neurologie

Prof. Dr. med. Alexander Münchau
Stellv. Klinikdirektor und Leitender Oberarzt
Universitätsklinikum Hamburg Eppendorf
Klinik für Neurologie
Martinistrasse 52
20246 Hamburg

Tel.: 040 / 7410 59367
Fax: 040 / 7410 55086
Email: muenchau@uke.uni-hamburg.de
http://www.uke.uni-hamburg.de/kliniken/neurologie
 
 
 Schwerpunkte
 
• Bewegungsstörungen bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen
• Neurodegenerative Erkrankungen     
• Neuropsychiatrische Erkrankungen     
 
 Spezialsprechstunden für

• M. Parkinson und Parkinson-Plus Syndrome
• M. Huntington und andere Choreas
• Dystonien

Spastik

• Botulinumtoxin-Sprechstunde
• Tourette-Sprechstunde
 

 Anmeldung

 Tel.: 040 7410 59367

PROTOKOLL

Parkinson - die richtige Therapie zur richtigen Zeit

MODERATOR: Wir beginnen um 19 Uhr.

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Bitte senden Sie uns Ihre Fragen zu. Alle eingehenden Fragen werden gesammelt, sortiert und dann wird eine repräsentative Auswahl von uns hier live ab 19 Uhr beantwortet.

Okka : Ich bin noch in der Anfangsphase und meine Medikamente verändern sich immer mal, die ich nehmen muss. Möchte natürlich so lange s geht ohne L-Dopa auskommen um die Wirkung nicht zu früh, wegen geringer Symptome zu verheizen. Kann ich von einem als L-Dopa eingestuften Medikamnet auf einen Dopaminagonisten wechseln.

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Therapie sollte immer altersabhängig gestaltet werden und stadienabhängig. Wenn Sie eine jüngere Patientin - jünger als 70 Jahre - sind, sollte man versuchen zunächst auf L-Dopa zu verzichten. Wenn Sie älter als 70 Jahre sind, wäre bereits der Beginn mit L-Dopa häufig sinnvoll. Man kann auch nach Beginn mit L-Dopa auf einen Dopaminagonisten wechseln, häufig ist die akute Verträglichkeit und Wirksamkeit des Agonisten aber nicht so gut, wie von L-Dopa. Dafür ist das Risiko, in späteren Jahren Wirkungsschwankungen in der Motorik zu bekommen, beim Agonisten geringer.

E. Krüger : Unter 3 Tabletten Sifrol leide ich unter Ödemen. Kann man da etwas tun? Oder liegt das an den L-Dopa-Tabletten?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Wahrscheinlichkeit, dass die Ödeme vom Sifrol und nicht vom L-Dopa kommen ist sehr groß. Entweder Sie kommen mit einer reduzierten Sifrol-Dosis aus oder es ist eine Umstellung auf z. B. einen anderen Dopaminagonisten zu empfehlen.

Adi 06 : Gibt es Anfangssymtome die auf einen Parkinson hinweisen können? Und können bestimmte Vorerkrankungen eine Parkinsonerkrankung häufiger entstehen lassen?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Frühsymptome eine Parkinson-Erkrankung können vielgestaltig sein. Oft empfinden Patienten, bevor eine Verlangsamung auftritt, Schmerzen in bestimmten Körperregionen. Häufig geht den motorischen Symptomen auch eine Depression voraus. Ansonsten sind Frühsymptome eine Beeinträchtigung der Feinmotorik, Schwierigkeiten beim Schreiben und auch eine Beeinträchtigung der Riechfunktion. Es gibt bestimmte Erkrankungen, die zu einem Parkinson-Syndrom führen können, hierzu zählen auch bestimmte Medikamente, z. B. kann es nach der Einnahme von Neuroleptika zu Parkinson-Symptomen kommen. Auch stellen manche Gefäßerkrankungen ein Risiko für die Entwicklung von Parkinson-Symptomen dar.

Klara : Was ist der Unterschied zwischen einem Agonisten und Antagonisten?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Ein Agonist ist eine Substanz, die zu einer Aktivierung eines Rezeptors führt. Sie wirkt wie L-Dopa. Ein Antagonist hemmt einen Rezeptor und wirkt somit dem L-Dopa entgegen, z. B. Neuroleptika.

E. Krüger : Vielen Dank für Ihre schnelle Antwort. Wie heißt denn dieses andere Mittel, damit ich das meinem Neurologen sagen kann.

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es gibt sechs weitere Dopaminagonisten, momentan wird aus bestimmten Gründen, den so genannten Non-Ergot Derivaten der Vorzug gegeben. Hier wären Wirkstoffe z. B. Ropinirol, Piribedil oder Rotigotin. Prinzipiell können aber alle diese Medikamente Ödeme verursachen.

Uta : Ich bin 43 Jahre und habe Parkinson. Das ist alles ganz neu für mich und ich bekomme noch keine Medikamente. Nächste Woche muss ich wieder zum Neurologen und wir wollen überlegen welche Medikamnete für mich sinnvoll sind. Was muss ich beachten? Wird es Nebenwirkungen geben? Was habe ich zu erwarten. Am schlimmsten ist die Steifheit bei mir. Fühle mich in der Früh manchmal wie 100. Da ich auch voll berufstätig bin als Sachbearbeiterin muss ich volle Leistung bringen. Geht das mit Medikamenten überhaupt? Wie ist meine Prognose. Ciao Uta

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Bei Ihnen ist wegen der vielen Jahre, die Sie mit der Erkrankung verbringen müssen, die Erstauswahl der Medikamente besonders wichtig. Die Auswahl dieser Medikamente muss auch darauf abzielen, dass auch in 10 Jahren keine deutlichen Nebenwirkungen vorhanden sind. Ich würde Ihnen den Beginn mit dem Präparat Azilect empfehlen. Hier hat kürzlich eine Studie gezeigt, dass möglicherweise dieses Präparat den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen könnte. Da dieses Medikament aber allenfalls in den ersten Monaten bis Jahren ausreichend stark wirksam ist, wäre der nächste Schritt dann ein Dopaminagonist. Wichtig ist aber auch, da Sie berufstätig sind, nicht zu zögerlich zu behandeln, um ausreichend leistungsfähig zu sein. Gegebenenfalls kann man, bis die genannten Medikamente in der Aufdosierungsphase ausreichend wirken, für einen Überbrückungszeitraum auch L-Dopa einsetzen.

Baden : meine Mutter leidet unter sehr starken Rückenbeschwerden. Außerdem hat sie morgens Anlaufprobleme und ist steif. Sie leidet auch an Arthrose. Ihr Hausarzt meinte sie solle mal zum Neurologen gehen, dahinter könne sich auch ein Parkinson verbergen. Kann das sein? Sollte sie zum Neurologen gehen?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Beschwerden Ihrer Mutter könnten auf eine beginnende Parkinsonerkrankung hindeuten, allerdings könnte es sich auch um eine rheumatologische Erkrankung handeln. Der Besuch bei einem Neurologen ist sicherlich sinnvoll. Hier kann die Diagnose einer Parkinsonerkrankung gestellt werden.

Depressionen : Ich leide seit Jahren an leichten Depressionen und Angststörungen und bin jetzt endlich symptomfrei durch eine durchschnittliche Dosis Trevilor (150 mg/Tag), vorher Cipralex (10 mg/Tag). Es geht mir gut und ich bin dankbar und glücklich, dass die quälenden Depressionen nach fünf Jahren Herumprobiererei und erfolglosen Ansätzen jetzt endlich gut beherrschbar ist. Natürlich habe ich Angst, dass ich bei einer langfristigen Einnahme von Trevilor später möglicherweise an Parkinson oder einer ähnlichen Krankheit erkranken könnte. Ist da ein besonderes Risiko bekannt?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es gibt keinen bewiesenen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Trevilor und dem Ausbruch einer Parkinsonerkrankung.

Uta : Danke für Ihre Antwort. Macht Acilect Nebenwirkungen?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: In der Regel ist das Präparat sehr gut verträglich. Es kann in einigen Fällen zu Kopfschmerzen kommen, weniger häufige mögliche Nebenwirkungen können vielfältig sein, so dass dann im Einzelfall mit dem Arzt gesprochen werden muss, ob ein Zusammenhang mit dem Präparat besteht. Hierzu gehören z. B. Schwindel, Magen-Darm-Probleme oder andere.

LLB : Wie weit erforscht ist die Krankheit? Was ist der Auslöser? Kann Parkinson auch in einem ruhen, dass die Anlage da ist, die Krankheit aber nicht zum Ausbruch kommt?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Bis vor etwa 15 Jahren nahm man an, dass die Erkrankung ganz überwiegend durch Umweltfaktoren bedingt ist. Seitdem ist sehr viel über die genetischen Grundlagen der Erkrankung bekannt geworden. Eine Reihe von Genen wurde entdeckt, diese können, müssen aber nicht, zum Ausbruch der Erkrankung führen. Wahrscheinlich ist die Wechselwirkung zwischen einer bestimmten genetischen Veranlagung und Umweltfaktoren, die unzureichend bekannt sind, von großer Bedeutung. Hieran wird gegenwärtig sehr intensiv geforscht, so dass in den nächsten Jahren sicher noch mehr über die Ursachen der Erkrankung bekannt werden wird.

Grete : Onkel schwer betroffen. Beginn der Krankheit mit 61 Jahren. Weiß man schon, ob es einen Erbgang gibt bei Parkinson?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es gibt bei der Parkinsonerkrankung in einigen Fällen eine erbliche Belastung. Hieraus lässt sich aber nicht ableiten, dass ein Angehöriger, wenn der Vorfahre eine Parkinsonerkrankung hatte, unweigerlich auch einen Parkinson bekommen wird. Es gibt verschiedene Ergänge, sowohl dominante Erbererkrankungen, bei denen die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung bis zu 50 % betragen kann und den so genannten rezessiven Erbgängen, bei denen das Risiko geringer ist. Genetische Faktoren sind vor allem bei Patienten von Bedeutung, bei denen die Erkrankung früh beginnt (vor dem 40. Lebensjahr).

REICHARDT : Wer bekommt Parkinson? Unsportliche? Übergewichtige? Erblich Vorbelastete? Oder ist es einfach nur Schicksal?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Wie gesagt, sind entscheidende Faktoren bislang nicht im Einzelnen bekannte Umwelteinflüsse und erbliche / genetische Veranlagung. Unsportlichkeit oder Übergewicht sind nach jetzigem Erkenntnisstand kein Risiko für das Auslösen eines Parkinson, allerdings natürlich ein Risiko, andere schwerwiegende Erkrankungen zu bekommen.

Anne Wirt : Sehr geehrter Herr PD Dr. med. Buhmann, sehr geehrter Herr Prof. Dr. med. Münchau, bei meiner Mutter (66 Jahre)wurde letztes Jahr leider Parkinson festgestellt. Sie bekommt seitdem ein Medikament namens Sifrol. Nach anfänglichen Problemen mit Übelkeit geht es ihr jetzt ganz gut. Die Steifigkeit und Unbeweglichkeit ist fast weg. Aber sie hat sich verändert, hat zu nichts mehr wirklich Lust, ist ständig müde und schläft häufig selbst morgens ganz leicht wieder ein. Die Tbl. nimmt sie regelmäßig 3 x tgl. Im Beipackzettel habe ich nun gelesen, dass die Müdigkeit als Nebenwirkung auftreten kann. Ihr Arzt hat aber gesagt, das die Müdigkeit vom Parkinson kommt (leider war ich nicht dabei) und sie froh sein solle, dass es ihr ohne Madopar so gut ginge. Was stimmt dann nun? Kann man da was machen? Eigentlich ging es ihr zumindest psychisch vorher besser. Sie fährt seitdem auch nicht mehr Auto. Gibt es nicht andere Medikamente, die sie nehmen kann? Gerne würden wir zu Ihnen kommen, aber nach Hamburg sind es über 100 km. Ich hoffe Sie haben eine Idee. Viele Grüße Anne Wirt

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: In der Tat ist insbesondere Tagesmüdigkeit eine mögliche Nebenwirkung aller Dopaminagonisten, so auch des Sifrol. Wenn die Müdigkeit, die bis hin zu Einschlafattacken gehen kann, anhält, muss das Präparat gewechselt werden.

Köstner : Gibt es Medikamente die als neurologischer Schutz wirken? Sind die identisch mit Dopamin-Expandern?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Leider ist bis heute keine Substanz bekannt, die nachweislich vor dem Ausbruch der Erkrankung schützt. Diese so genannte Neuroprotektion ist Gegenstand intensiver Forschung weltweit.

Böttger : Für wen ist die tiefe Hirnstimmulation geeignet? Lieber früher, oder erst später? Was sind die Grundvoraussetzungen dafür?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Prinzipiell kann die tiefe Hirnstimulation zum Einsatz kommen, wenn medikamentös keine zufriedenstellende Symptomunterdrückung mehr zu erreichen ist und die Lebensqualität entscheidend negativ beeinflusst wird. Geeignet sind Patienten, die biologisch jünger als 70 Jahre sind, keine Demenz haben und keine schweren Begleiterkrankungen. Es mehren sich die Hinweise, dass eine früher im Krankheitsverlauf durchgeführte Operation Vorteile haben könnte. Der Beweis hierfür steht aus, eine entsprechende Studie läuft.

Ockelmann : In Amerika werden Parkinsonpatienten schon seit vielen Jahren mit adulten Stammzellen behandelt. Warum gilt das in Deutschland als ungesicherte Methode?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Therapie mit Stammzellen in Amerika ist nur im Rahmen von Studien möglich und gilt für den einzelnen Patienten als so genannter individueller Heilversuch.

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Therapie gilt keinesfalls als etabliert, im Gegenteil, bei den wenigen hiermit behandelten Patienten ist es zum Teil zu schweren Nebenwirkungen gekommen.

MODERATOR: Die beiden Experten machen eine kurze Pause. Wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.

MODERATOR: Aufgrund eines technischen Problems im DSL-Knotenpunkt hat sich die Fortsetzung der Sprechstunde etwas verzögert. Da diese technischen Probleme bei der Telekom und nicht bei uns liegen, können wir hierauf keinen Einfluss nehmen. Wir bitten um Entschuldigung und Ihr Verständnis. Die Sprechstunde wird jetzt fortgesetzt.

Telehnt Mirja : Was wird bei der Hirnstimulation eigentlich gemacht? Eine Operation am Gehirn klingt ja immer so beängstigend. Hilft das wirklich?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es handelt sich dabei um eine so genannte stereotaktische Operation, d. h. vereinfacht eine minimalinvasive Operation. Durch eine Hochfrequenzstimulation wird im Gehirn das Gebiet ausgeschaltet, was krankheitsbedingt überstimuliert wird. Der Vorteil dieser Operation ist, dass durch An- und Abstellen dieser Stimulation der Vorgang reversibel ist, d. h. auch mögliche Nebenwirkungen durch Ausstellen ganz überwiegend rückläufig sind. Das Risiko eines solchen Eingriffes ist relativ gering verglichen mit anderen Hirnoperationen. Die Operation hilft nachweislich häufig sehr dramatisch gut. Etwa 50.000 Patienten weltweit wurden bereits mit dieser Technik operiert.

Herta Geiert : Ich habe gerade die Diagnose bekommen. Was ist L-Dopa? Warum soll man möglichst lange warten, bis man damit anfängt? Es soll doch in vilen Fällen sehr gut wirken?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: L-Dopa ist ein von Gehirnzellen hergestellter Botenstoff, der bei der Feineinstellung der Motorik eine große Rolle spielt. Bei der Parkinsonerkrankung gehen die Zellen, die diesen Botenstoff herstellen, zugrunde. Der Ersatz des im Gehirn fehlenden Dopamins erfolgt durch Tabletten, die L-Dopa enthalten. Diese Behandlung ist sehr wirksam. Das Hauptproblem ist aber, dass es bei der Einnahme von L-Dopa längerfristig zu starken Wirkschwankungen kommen kann. Außerdem können auch Extrabewegungen auftreten, weil bestimmte Hirnzellen übermäßig aktiviert werden.

Ebinghaus : Wenn man einmal mit L-Dopa angefangen hat, muss man dann immer dabei bleiben?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Nein, das muss man nicht. Man kann dann die Erkrankung auch z. B. mit den oben bereits genannten Dopaminagonisten fortführen.

Taheri : Ab wann sind Bisphosphonate angesagt? Wechselwirkung mit Dopamin?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Sie meinen wahrscheinlich, dass beschrieben ist, dass unter Parkinson-Medikamenten und bei älteren Patienten mit Parkinson häufiger Osteoporose vorkommt. Diese wird dann ggf. mit Bisphosphonaten behandelt. Die zeitgleiche Einnahme von Bisphosphonaten und Antiparkinson-Medikamenten ist mit dem behandelnden Arzt abzusprechen, da Resorptionsprobleme auftreten können.

Annika_Löhndorf : Wann beginnt das Freezing nach welcher Krankheitsdauer? Wie kann man es verzögern?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Das Auftreten von Freezing (plötzliches Einfrieren der Bewegung) ist individuell sehr unterschiedlich. Bei manchen Patienten kann es schon zwei Jahre nach Krankheitsbeginn auftreten, andere bekommen es nie. Wichtig ist, bereits zu Beginn der Therapie auf eine möglichst konstante Versorgung des Gehirns mit Dopamin zu achten, was durch die richtige Auswahl der Medikation unterstützt wird.

Palo : Gibt es darüber Aufzeichnungen, ob jemals eine einmal diagnostizierte Parkinson-Erkrankung wieder zum Stillstand gekommen ist? Ich habe seit Jahren Ruhe und hoffe, dass es so bleibt!!

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es gibt manche Parkinsonerkrankungen, die über Jahrzehnte sehr gutartig verlaufen und nur zu einer sehr geringen Beeinträchtigung der motorischen Funktionen führen. Wenn sich Zeichen einer Parkinson-Erkrankung eingestellt haben, ist allerdings nicht davon auszugehen, dass diese sich ohne Therapie wieder völlig zurückbilden. Bislang ist keine Heilung der Erkrankung möglich.

Samberger : Wovon hängt ab, ob man zuerst eine Monotherapie erhält und später die Kombi, oder gleich mit einer KombiBehandlung loslegt, wie einige Mitglieder unserer SH?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Dies ist eine sehr gute und zugleich schwierige Frage. Zunächst einmal würde man anstreben, mit einer Monotherapie die Symptome adäquat zu behandeln. Es kann jedoch bereits früh in der Behandlung sinnvoll sein, eine Kombinationstherapie zu wählen, wenn z. B. unter eine notwendigen höheren Dosierung eines einzelnen Medikamentes Nebenwirkungen auftreten, so dass man bei zwei oder mehr Medikamenten die Wirkungen addiert und mögliche Nebenwirkungen verteilt. Auch haben Medikamente unterschiedliche Ansatzpunkte, z. B. gibt es so genannte MAO-B-Hemmer oder Glutamat-Antagonisten, die ebenfalls eine Rolle in der Parkinson-Therapie spielen und dann dopaminerge Medikamente wie L-Dopa oder Dopaminagonisten in der Wirkung unterstützen.

Sengpiel : Ist Parkinson eine Krankheit des Gehirns oder eine Nervenkrankheit?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Parkinsonerkrankung ist eine Erkrankung des Gehirns. Grundlage ist ein frühzeitiges Sterben der Hirnzellen, die für die Herstellung von Dopamin zuständig sind. Die Erkrankung wirkt sich auf die Beweglichkeit aus, allerdings ist der Bewegungsapparat als solcher und auch die peripheren Nerven nicht betroffen.

Nony : Wie sinnvoll ist eine Stammzellübertragung, wo man sich selbst das Rückenmark spendet?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es ist nicht möglich, durch eine Eigenspende - woher auch immer (Knochenmark) - die Erkrankung zu behandeln.

B. Ahrens : Wie wichtig sind physiotherapuetische Übungen? Können diese überhaupt was bewirken. Mir sind die Termine in der Praxis lästig. Kann ich auch was zu Hause tun? Oder wäre das alternativ möglich?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Im Gegensatz zu Medikamenten sind physiotherapeutische Verfahren in Studien nicht derart untersucht worden, dass meine Aussage treffen kann, welches physiotherapeutische Verfahren dem anderen überlegen ist. Sicher ist aus der praktischen Erfahrung jedoch, dass Physiotherapie, gezielt auf die Defizite des Patienten abgestimmt, sehr hilfreich sein kann. Natürlich reichen einige wenige Übungen unter Anleitung nicht aus, um dauerhaft einen Effekt zu haben. Sie sollen dazu dienen, zu erlernen, welche Übungen man zu Hause regelmäßig selbst machen kann. Je nach Schwere der Symptome kann es notwendig sein, in Abständen unter Anleitung beim Therapeuten die Übungen zu wiederholen oder andere Übungen zu erlernen.

Schellhaas : Ich surfe gern bei den Unternehmen auf deren Websites und verfolge neue Entwicklungsansätze. Es gibt eine Substanz, die heißt Safinamid, die ist in der Testung und die soll die ?On-Zeit? bei mit Levodopa behandelten Parkinson-Patienten verlängern. Was ist ?On Zeit?. Meine Frau hat seit 7 Jahren Parkinson und wir kommen damit erstaunlich gut zurecht. Hängt sicherlich auch damit zusammen, dass Familie und Freunde ganz selbstverständlich damit umgehen, wenn der Tee aus der Tasse rüttelt, oder einfach die Milch gleich in die Kaffetasse geben, um ihr die Peinlichkeit zu ersparen, sie zu verschütten. Es handelt sich dabei um eine Phase III Studie. Wie lange dauert es bis dann ein Medikament auf den Markt kommt von dem meine Frau was hat?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Ganz aktuell wurde bekannt gegeben, dass eine Phase III-Studie mit Safinamid als Begleittherapie zu dopaminergen Medikamenten bei Patienten im fortgeschrittenen Zustand der Erkrankung die On-Zeit verlängert. On-Zeit ist die Zeit am Tag mit guter Beweglichkeit. Die vollständigen Ergebnisse der Studie sind noch nicht veröffentlicht und es ist zu erwarten, dass die noch laufenden Auswertungen demnächst auf einem wissenschaftlichen Kongress präsentiert werden. Abhängig hiervon ist dann möglicherweise in naher Zukunft von einer Zulassung des Präparats auszugehen. Zu Ihrem zweiten Teil der Frage, ist anzumerken, dass der selbstverständliche familiäre Umgang mit Krankheitssymptomen den Stress beim Patienten vermindert, was wiederum zur Folge hat, dass die Symptome dann weniger stark ausgeprägt sind. Der Umgang bei Ihnen in der Familie ist offenbar deshalb mit dem Betroffenen sehr gut.

Lowsky : Wieso baut sich bei Parkinson die Muskulatur ab, damit hat das doch eigentlich gar nichts zu tun?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Die Hauptsymptome einer Parkinson-Erkrankung kommen in der Tat durch eine Fehlsteuerung des Gehirns zustande und sind nicht Folge einer Muskelerkrankung. Die verminderte Beweglichkeit und der geringere Gebrauch der Muskulatur kann allerdings zu einer zumeist leichten Abnahme der Muskelsubstanz führen. Dem wirkt regelmäßige körperliche Aktivität und eine, u. a. durch Medikamente herbeigeführte, verbesserte Beweglichkeit entgegen.

Koura : Stimmt es, dassL-Dopa-Medikamente zwar helfen, aber auch zusätzlich Schäden anrichten in den Zellen?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es gibt bislang keinen Beleg dafür, dass eine Behandlung mit L-Dopa bei Menschen zu einer Zellschädigung führt. Eine Reihe von Experimenten bei unterschiedlichen Tieren hat in der Vergangenheit eine zellschädigende Wirkung von L-Dopa nahegelegt. Was den Menschen angeht, ist dies allerdings nicht bewiesen. Im Gegenteil gibt es Studien, die dafür sprechen, dass eine frühzeitige Behandlung mit L-Dopa auch günstige Effekt für den Patienten haben kann.

Melli : Eine sehr gute Freundin hat seit 4 Jahren Parkinson. Sie macht das ganz toll. Ich erkenne aber sofort, wenn sie in eine Stresssituation gerät, weil sie dann sehr viel stärker zittert. Dabei sorge ich einerseits für ein entspanntes Umfeld, allerdings ermutige ich sie immer wieder, sich trotz allem sich unter Leute zu wagen. Tut sie auch, hat aber Probleme mit größeren Menschenansammlungen. Das will sie nicht. Mir tut das so leit, denn das ist doch heute alles anders, besonders in einer geschlossenen Gesellschaft, keiner guckt besonders lange hin, oder verhält sich so, dass es sie verletzten würde. Wie kann ich sie noch besser unterstützen?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Beim Auftreten von körperlichen Symptomen im Rahmen der Parkinsonerkrankung ist es, wie auch bei anderen Erkrankungen, zumeist sinnvoll, dies anderen Menschen (Freunden, Verwandten, Bekannten etc.) zu erklären. Es besteht kein Grund, sich für die Symptome zu schämen oder zu verstecken, vielmehr ist ein offener Umgang mit der Erkrankung häufig sehr hilfreich. Hierbei kommt der Familie eine stützende Funktion zu. Auch können Selbsthilfegruppen hilfreich sein, Maßnahmen zur Verringerung von Anspannung und Stress sind ebenfalls anzuraten.

Hidzic : Erbitte Aufklärung zur Nutzen und auch Risiko-Abgleichung der verschiedenen Operationsmöglichkeiten. Vielen Dank!

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Eine Aufklärung hinsichtlich des Nutzen und des Risikos einer tiefen Hirnstimulation bei Parkinson kann nur individuell in einem Zentrum geschehen, dass diese Operation anbietet. Neben der tiefen Hirnstimulation gibt es noch andere invasive Verfahren, wie die Versorgung mit einer Apomorphin- oder Duodopa-Pumpe. Dies ist bei der Duodopa-Pumpe auch mit einem kleinen operativen Eingriff verbunden, allerdings nicht am Gehirn. Die Pumpen-Therapien kommen in der Regel dann in Frage, wenn medikamentöse Verfahren mit Tabletten oder dem Pflaster ausgeschöpft sind.

ime : Mein Vater hat Parkinson, meine Mutter umsorgt ihn sehr liebevoll. Trotzdem mache ich mir sorgen, weil er manchmal Kopfschmerztabletten einnimmt, die nicht abgestimmt sind mit seinem Arzt. Meine Mutter kann das nicht verhindern. Er wechselt auch die Tabletten. Das ist wie bei einem kleinen Kind, das schnell was macht, wenn keiner hinguckt. Gibt es eine Wechselwirkung zuwischen L-Dopa und Paracetamol?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Eine Wechselwirkung zwischen L-Dopa und Paracetamol ist uns nicht bekannt. Problematisch ist allerdings, wenn Ihr Vater die Parkinson-Medikamente nicht regelmäßig und in der vom Arzt vorgesehenen Form einnimmt, da sich dies dann negativ auf die Krankheitssymptome auswirkt.

Podschwadek : Meine Frau hat seit 6 Jahren Parkinson und wir kommen damit ganz gut zurecht. Aber irgendwie wird sie vergesslicher. Ob das was mit der Krankheit zu tun hat habe ich nie überlegt. Aber jetzt hat unser Hausarzt mich bestellt und mir gesagt, dass meine Frau eine beginnende Demenz hat. Sie bekommt schon so viele Medikamente, kann sie trotzdem noch mehr gegen die Demenz verkraften? Gibt es einen Punkt wo man sagen sollte, jetzt ist genug therapiert, um meine Frau zu schützen?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Jahre nach Beginn der Parkinsonerkrankung kann es zu Einschränkungen der Gedächtnisleistung und Merkfähigkeit kommen. Dies kann in Einzelfällen auch in eine ausgeprägte Demenz münden. Es ist möglich, durch Medikamente, die auch bei anderen Demenzerkrankungen zum Einsatz kommen, die geistige Leistungsfähigkeit bei Parkinsonpatienten dann zu bessern. Häufig hat dies dann auch einen positiven Einfluss auf gleichzeitig bestehende Halluzinationen. Es ist ganz wichtig, dass Sie diese Problematik mit Ihrem behandelnden Neurologen besprechen.

Sonja Siemon : Bei meinem 63 jährigem Vater wurde vor einem knappen Jahr Parkinson festgestellt. Er bekommt Sifrol und Madopar. Eigentlich geht es ihm , bis auf ein wenig Müdigkeit,ganz gut. Nun habe ich einige Fragen: 1. Ich habe gelesen, dass man L-Dopa nicht bei Patienten unter 70 geben soll, da es nicht auf Dauer wirkt. Stimmt das? Und falls ja, sollte man das dann nicht lieber wieder absetzen? Und 2. Die Müdigkeit ist für meinen Vater sehr belastend, da er eigentlich vorher immer so fit war. Kommt das nun von den Medikamenten oder vom Parkinson? Kann man was dagegen tun? Mein Vater ist Frührentner und lebt alleine. Für eine Antwort wäre ich dankbar. Sonja Siemon

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Zu Ihrer ersten Frage, die Altersgrenze von 70 Jahren ist nicht absolut. Gerade, wenn das Sifrol bei Ihrem Vater zu Müdigkeit führt, kann eine zusätzliche Behandlung mit L-Dopa sehr sinnvoll sein. Auch, wenn L-Dopa im Laufe der Zeit zu einigen Problemen führen kann, verliert es nicht seine Wirksamkeit.

Marc : gibt es ein Buch über Parkinson, dass Sie einem relativ jungem Betroffenem empfehlen können?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich über Parkinson zu informieren. Dies kann geschehen durch Bücher von selbst Betroffenen, wie z. B. Michael J. Fox. Alle Pharmafirmen, die Parkinson-Medikamente herstellen, bieten auch häufig produktneutrale Informationen über die Parkinsonerkrankung (Ursache, Symptome, Behandlung) an. Das Kompetenznetz Parkinson Deutschland hat eine sehr informative Internetseite für Patienten (www.kompetenznetz-parkinson.de). Auch der Buchhandel hat mehr oder weniger wissenschaftlich ausgerichtete Patienteninformation für Parkinsonerkrankte zu bieten.

Bender, B. : Meine Mutter bekommt Madopar, Stalevo und Clarium (3 x 1). Jetzt hat der Arzt die Dosierung von Clarium auf 4 Tabletten erhöht und meint man könne sogar auf 5 Tabletten steigern, falls das nicht reicht. Ich habe aber im Waschzettel gelesen, dass in der Kombinationstherapie nur 3 Tabletten dosiert werden sollen. Soll sie auf ihren Arzt hören und trotzdem steigern?

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Sie haben recht, der Beipackzettel gibt an, dass für die Kombinationstherapie drei Tabletten vorgesehen sind. Die liegt daran, dass die Zulassung des Medikaments auf einer Studie beruht, die nur drei Tabletten eingesetzt hat. Das heißt nicht, dass bei Verträglichkeit nicht auch mehr als drei Tabletten sinnvoll sein können. Genau diese Frage wird momentan in einer so genannten Phase-IV-Studie untersucht. Die Tatsache, dass Ihre Mutter oben genannte Kombination bekommt, spricht für eine differenzierte Parkinsontherapie, so dass ich hier auf Ihren Arzt hören würde.

PROF. MUENCHAU / PD DR. BUHMANN: Wir bedanken uns für die zahlreichen interessanten Fragen und wünschen Ihnen noch einen angenehmen Abend.



Ende der Sprechstunde.


Bitte besuchen Sie auch unsere Hauptseite www.experten-sprechstunde.de