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Prostatakrebs: Perspektive für Patienten

PD Dr. Christian Thomas
Oberarzt
Facharzt für Urologie
Zusatzbezeichnung Medikamentöse Tumortherapie
Klinik und Poliklinik für Urologie
Universitätsmedizin Mainz
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
 
 
 
Schwerpunkte
 
Uroonkologie
 
Operative und systemische Therapie 
 
• Prostatakarzinom
• Blasenkarzinom
• Nierenzellkarzinom

PROTOKOLL

Prostatakrebs: Perspektive für Patienten

PD DR. MED. THOMAS: Wir beginnen um 19 Uhr.

Singalehn : Die Operation vor drei Jahren war nicht so schlimm, die Auswirkungen dafür umso mehr. Es wurden bei mir nicht nur die Prostata, sondern auch die Lymphknoten entfernt. Wie ich inzwischen weiß ist das bei den meisten so, dass der PSA erst runter, dann wieder rauf geht. Bin jetzt in der antihormonelle Behandlung, aber das ist bereits ein Auslaufmodell und es steht ein Therapiewechsel an. Ist das ein Zeitpunkt, wo man mit Bestrahlung noch mal was erreichen kann?

PD DR. MED. THOMAS: Das ist schwer zu sagen. Die Frage ist, ob es Hinweise dafür gibt, ob der Tumor lokalisiert ist oder ob es schon Hinweise gibt für eine Metastasierung. Handelt es sich um einen lokalisierten Tumor, kann man durchaus eine Bestrahlung in Erwägung ziehen. Hierfür sollte aber zuvor eine Abklärung durch den fachkundigen Urologen erfolgen.

Ivanov : Total-Operation 2011, Gleason 4+4=8, HB1, Chemo, dannTaxotere. Anstatt runter ging der PSA hoch. Inzwischen bin ich bei Prednisolon, Zometa, Zoladex. Wie lange kann eine solche Therapie erfolgreich sein?

PD DR. MED. THOMAS: Prinzipiell ist auch im metastasierten Stadium durch verschiedene Therapieansätze ein deutlicher Überlebensgewinn zu erzielen. In diesem Einzelfall kann man das nicht direkt beantworten. Hierfür müsste man sich noch einmal genau alle Vortherapien anschauen. Es ist aber durchaus möglich, nach einer Chemotherapie neuartige hormonelle Medikamente einzusetzen, die dann zum Großteil eine gute Wirkung auch zeigen. Wenn Sie unter Taxotere ein gutes Ansprechen hatten und sich momentan im therapiefreien Intervall befinden, kann eine erneute Gabe - auch Rechallenge genannt - erfolgen. Eine solche Rechallenge kann auch mehrere Male hintereinander funktionieren. Sollten Sie die Chemotherapie schlecht vertragen haben, stehen auch neuartige hormonelle Medikamente, wie z. B. Abirateron oder Enzalutamid, zur Verfügung.

Springnitz : Als ich mit der Antihormontherapie begann wurde ich gleich darauf aufmerksam gemacht, dass diese Therapie nicht ewig wirken würde, aber dann gäbe es die nächste Stufe, die mir auch helfen würde. Warum halte ich mit dann erst mit einer Antihorm.Behandlung auf? Was bringt mir das. Warum nicht gleich das nächste?

PD DR. MED. THOMAS: Der Goldstandard in der Therapie des metastasierten Prostatakarzinoms ist die primäre Androgen-Deprivation. Diese zeigt in über 90 % der Fälle ein Ansprechen. Leider kommt es im weiteren Verlauf, der allerdings nicht genau vorhersagbar ist, zu einem Wiederkehren des Tumors. Dann stehen neben der Chemotherapie neuartige hormonelle Medikamente zur Verfügung, allerdings gibt es bisher keine Studien, die zeigen, dass der primäre Einsatz ein besseres Ansprechen zeigt, als die klassische Androgen-Deprivation. Eine Idee ist es, über ein Stufenschema den Tumor möglichst lange unter Kontrolle zu halten.

Lompa : Wie lange wirkt eine Hormontherapie? Ist das immer unterschiedlich und hängt vom Patienten selbst ab? Bei der letzten PSA-Untersuchung hatte ich einen nicht unerheblichen Anstieg auf 8,05. Ab welchem Wert muss eine Folgebehandlung einsetzen? Noch nehme ich Casodex.

PD DR. MED. THOMAS: Die Ansprechdauer der Hormontherapie hängt sowohl von der Tumorausdehnung als auch von der Aggressivität des Tumors ab. Wichtig ist, dass der Testosteronwert im Kastrationsbereich liegt. Dies kann man mit einer einfachen Laboruntersuchung kontrollieren. Die Frage ist, wie hoch Ihre bisherigen PSA-Werte waren. Sollte sich ein deutlicher PSA-Anstieg zeigen, sollte man die Hormontherapie komplettieren. Wenn Sie bisher nur Casodex als Monotherapie nehmen, würde man dies z. B. durch ein LHRH-Analogon ergänzen.

Mensing : Die Marker sind ja die große Entwicklung in den Krebstherapie und mit viel Hoffnung auf allen Seiten verbunden. Nun stellt sich mir die Frage wie zuverlässig Marker sind. Was kann man damit feststellen, z.B. die Krebsart, ob der hormonresistent ist? Ist der Gleason Score dabei eine Unterstützung?

PD DR. MED. THOMAS: Hierbei muss man grundsätzlich Biomarker, wie z. B. das PSA, von dem Gleason-Score unterscheiden, der eine histologische Beurteilung der Prostatadrüsenarchitektur ist. Je höher der Gleason-Score ist, um so eher besteht die Gefahr, dass der Tumor früh hormonresistent werden kann. Die Hormonresistenz selbst wird klinisch definiert als ein PSA-Anstieg oder ein Tumorwachstum unter laufender Hormontherapie und Testosteronwerten im Kastrationsbereich. Möglicherweise werden aber schon bald neue Biomarker verfügbar sein, die beim kastrationsresistenten Prostatakarzinom in der Therapieentscheidung hilfreich sind.

asbrock : Bei mir fing die Krankheit ungewöhnlich früh an. Ich war erst Anfang 30 und hatte Hodenkrebs. Einseitig, das ist wohl auch normal, der Hoden wurde entfernt. Jetzt bin ich 62 und habe Prostatakrebs, bereits fortgeschritten mit Metastasen. Ich soll eine antihorm. Therapie bekommen. Ich verstehe nicht, wie die wirken soll, weil bei mir da ja durch die Semikastratio nur noch eine eingeschränkte Produktion stattfindet.

PD DR. MED. THOMAS: Auch mit einem Hoden kann der Testosteronwert im Normalbereich liegen. Ein Einzelhoden bedeutet nicht gleich, dass man einen Testosteronmangel hat. Es ist nicht bekannt, dass sich die Häufigkeit eines Prostatakrebses bei Hodenkrebs in der Vorgeschichte erhöht. Insofern sollte auch bei Ihnen eine Hormontherapie gut wirksam sein. Am besten lassen Sie sich vor Einleitung der Therapie den Testosteronwert einmal bestimmen.

Schubser : Wie können sich Metastasen im Körper ausbreiten, wenn man dauerhaft in Behandlung ist. Heißt doch im Umkehrschluss, dass die Medikament nicht wirken. Warum dann so weiter machen?

PD DR. MED. THOMAS: Das fortgeschrittene Prostatakarzinom wird als heterogener Tumor bezeichnet. Dies bedeutet, dass nicht alle Tumorzellen sich gleichen und es durchaus welche gibt, die besser oder schlechter auf eine Systemtherapie ansprechen können. So ist es möglich, auch wenn dieser Fall selten ist, dass z. B. der PSA-Wert fällt, aber der Tumor bzw. ein Teil von ihm wächst. Deshalb sollte man im kastrationsresistenten des metastasierten Prostatakarzinoms neben dem PSA-Wert in regelmäßigen Abständen oder bei Verdacht auf Tumorwachstum eine Bildgebung durchführen.

Fiebing : Ich habe gelesen, dass gegenwärtig noch bis zu 70% der Patienten eine Chemotherapie bekommen und in zehn Jahren sollen das nur noch die Hälfte sein. Womit wird dann die jetzige Chemo ersetzt?

PD DR. MED. THOMAS: Die Chemotherapie ist ein wichtiger Baustein in der Therapie des metastasierten Prostatakarzinoms, insofern ist es unwahrscheinlich, dass Sie in den nächsten 10 Jahren durch andere Medikamente ersetzt werden kann. Mit Enzalutamid und Abirateron stehen zwei gute antihormonelle Medikamente zur Verfügung. Allerdings können sie nicht in allen Fällen eine Chemotherapie ersetzen.

Pahlemann : Der PSA-Wert von meinem Vater war nie höher als 10, ich weiß das genau (Vorgeschichte Prostatakrebs). Dann wurde eine Lebermetastase gefunden und der Onkologe sagte, Prostatakrebs geht nicht in Leber, jedenfalls extrem selten. Ist das so? Wie kann man das genau feststellen? Hat er zusätzlich einen anderen Krebs?

PD DR. MED. THOMAS: Lebermetastasen werden bei etwa 10 % aller Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs gefunden. Die Frage ist, ob es die einzige Metastase ist. Liegt nur diese vor und nicht z. B. auch Knochenmetastasen, sollte man durch eine Punktion der Metastase histologisch die Tumorherkunft bestimmen. Man kann durchaus an einem Prostatakrebs und z. B. einem Leberkrebs erkrankt sein.

Engel : Was ist die Bedeutung von QUOT1hormonrefraktärQUOT2? Re muss ja irgendwas mit rückwärts sein, oder?

PD DR. MED. THOMAS: Hormonrefraktär bedeutet im ursprünglichen Sinne, dass der Tumor und - im Rahmen unserer heutigen Sprechstunde - das Prostatakarzinom nicht mehr auf eine Hormontherapie anspricht. Früher wurde dieser Begriff bei Versagen der klassischen Hormontherapie verwendet, allerdings weiß man heutzutage, dass das Prostatakarzinom auch in diesem Stadium noch durch neuartige hormonelle Medikamente beeinflussbar ist. Aus diesem Grund wurde vor ca. fünf Jahren im klinischen Alltag der Begriff hormonrefraktär durch den Begriff kastrationsresistent ersetzt.

Cargus : Wie ist es möglich, dass ich plötzlich einen steigenden PSA-Wert habe, obwohl alles wegoperiert ist. Bis vor 2 Monaten war meine Krankheit unter Kontrolle durch eine Hormontherapie. Offensichtlich funktioniert die nicht mehr richtig und deshalb soll es mit einer Chemotherapie weitergehen. Ich kann doch nicht ständig Chemotherapien machen? Da gehen doch alle Organe kaputt. Ich sollte noch erwähnen, dass zwei kleine Metastasen gefunden wurden in der Leber.

PD DR. MED. THOMAS: Auch wenn das Prostatakarzinom chirurgisch "komplett" entfernt wurde, kann es durch verschleppte Tumorzellen zu einem Rezidiv kommen. Wenn Sie jetzt, trotz laufender Hormontherapie, steigende PSA-Werte haben und in der Bildgebung neu aufgetretene Lebermetastasen, ist die Gabe einer Chemotherapie durchaus sinnvoll. Die Chemotherapie beim Prostatakarzinom ist in der Regel gut verträglich und kann ambulant durchgeführt werden. Somit ist es auch über einen langen Zeitraum möglich, durch mehrere Sequenzen einer Chemotherapie den Tumor unter Kontrolle zu bekommen.

Kuhrt : Mir steht eine vollständige Entfernung der Prostata-Drüse bevor. Ich versuche, mich darauf innerlich vorzubereiten, denn mein bester Freund ist dadurch schwer depressiv geworden und aus dem Tief auch nicht wieder rausgekommen. Ich will mir gleich Hilfe holen beim Therapeuten. Macht es Sinn, wenn meine Frau das auch macht?

PD DR. MED. THOMAS: Ich würde Ihnen empfehlen, sowohl für das Aufklärungsgespräch bei Ihrem behandelnden Urologen als auch bei Ihrem Treffen mit einem Therapeuten die Ehefrau mitzunehmen. Häufig ergeben sich hierbei Aspekte, die man als Betroffener nicht primär wahrnimmt. Zudem haben Sie durch Ihre Ehefrau als engsten Vertrauten eine feste Bezugsperson, mit der Sie die Themen oder Probleme einer Operation, die auf Sie zukommen können, direkt besprechen können.

Dagena : Was ist Jevtana? Wann ist dies nach aktueller Studienlage anderen Substanzen überlegen? Und was ist das eigentlich?

PD DR. MED. THOMAS: Jevtana ist ein Chemotherapeutikum, welches der Gruppe der Taxane angehört und metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinom angewendet wird. Es ist auch nach Versagen von Taxotere wirksam, da es länger in der Tumorzelle verweilt und somit wirken kann. Durch Jevtana können auch im kastrationsresistenten Stadium sehr gute antitumoröse Effekte erzielt werden. (PSA-Abfall und Rückgang der Tumorlast)

Timo : Als ich mit der Chemo anfing hatte ich nur das Ziel vor Augen, dass es irgendwann vorbei ist. Mein Arzt hat mir nun zu einer Pause geraten. Das möchte ich aus verschiedenen Gründen nicht. Einmal weil es alles verzögert und zum anderen, weil ich Angst habe, wenn mitten in der Behandlung eine Therapiedelle entsteht, sich die Krebszellen erholen. Trotzdem halten viele Experten daran fest. Das muss ja einen Sinn haben. Welcher ist das?

PD DR. MED. THOMAS: Erfreulicherweise sind auch im kastrationsresistenten Stadium lange Überlebensraten erzielbar. Einen wichtigen Stellenwert hat hierbei die Chemotherapie. Diese wird typischerweise bei guter Verträglichkeit solange angewendet, bis man einen guten Therapieeffekt erzielt hat (deutlicher PSA-Abfall und Rückgang der Tumorlast). Ist dies erreicht (z. B. nach sechs bis zehn Gaben), kann man eine Therapiepause einlegen. Hierdurch kann sich der Körper von der Chemotherapie erholen und durch engmaschige Kontrollen durch den behandelnden Urologen / Onkologen, ist dadurch auch nicht die Gefahr gegeben, dass man den richtigen Zeitpunkt für den Wiedereinstieg in die Chemotherapie verpasst.

Birte : Stimmt es, dass es eine Chemotherapie gibt, bei der man nicht impotent wird? Soll es in Essen geben. Ist das dann noch Schulmedizin und durch Studien abgesichert, oder sind wir da bei der alternativen Medizin?

PD DR. MED. THOMAS: Prinzipiell können Chemotherapien, wie z. B. beim Hodenkrebs, die Fertilität beeinflussen. Bezüglich des Prostatakarzinoms sorgt schon die Hormontherapie in den allermeisten Fällen für eine Impotenz. Insofern ist es bei dieser Erkrankung nicht die Chemotherapie, die die primäre Ursache für einen Potenzverlust ist.

Kunert : Bei kaum einer anderen Krebserkrankung gibt es so viele Behandlungsansätze, wie bei Prostatakrebs. Liegt das daran, dass die Krankheit so gut erforscht ist, oder weil man nicht weiß, was wirklich hilft?

PD DR. MED. THOMAS: Das Prostatakarzinom ist der häufigste Tumor des Mannes. Aus diesem Grund wird auf diesem Gebiet viel Grundlagen- und klinische Forschung betrieben. Aufgrund der Erkenntnisse in den letzten zehn Jahren ist es uns heutzutage möglich, das Überleben der Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs deutlich zu verlängern. Eine ganze Reihe weiterer Medikamente befinden sich aktuell in der Pipeline und es ist anzunehmen, dass sich dieser Lebenszeitgewinn noch verlängern lässt. Diese Situation trifft nicht unbedingt für alle anderen Tumorarten zu.

Zimpel : Bei diesen komplexen Forschungsansätzen, die notwendig sind, um überhaupt voranzukommen, stellt sich ja immer die Frage nach der Patientensicherheit. Ich habe lange in den USA gelebt und kenne die Diskussionen um Studienteilnehmer. Forschung ist heutzutage international. Nicht ohne Grund meiden große Pharmafirmen den amerikanischen Markt für Studien, wegen möglicher Regresse. Wie steht es mit der Patientensicherheit in Deutschland? Wie steht es mit der QUOT1StudientreueQUOT2 oder QUOT1StudienehrlichkeitQUOT2 in Ländern wie Indien o.ä. Ich mache mir da sehr viele Gedanken drüber. Wie QUOT1wertvollQUOT2 sind solche Ergebnisse?

PD DR. MED. THOMAS: Damit eine groß angelegte Pharmastudie laufen kann, müssen erst einmal viele Hürden genommen werden. Einen großen Bestandteil hat hierbei das Votum durch die Ethikkommission. Alle forschenden Pharmaunternehmen sind verpflichtet, sich an den Kodex der "guten medizinischen Praxis" zu halten und dementsprechend kann davon ausgegangen werden, dass die Studien, die hier in Deutschland angeboten werden, ein Maximum an Patientensicherheit bieten. Sollten Sie Interesse an eine bestimmten Studie in Ihrer Nähe haben, empfehle ich Ihnen, sich an das Prüfzentrum in Ihrer Nähe zu wenden, damit man dort Ihre Bedenken und Sorgen vor Ort klären kann.

Zinn : Vor knapp einem Jahren hatte ich eine Prostata-Operation. Seitdem geht nichts mehr, keine Erektion. Ich habe schon alles versucht, auch Spritzen und Medikamente haben nicht geholfen. Da ich erst 55 Jahre alt bin, ist das eine persönliche Katastrophe für mich. Bis wie lange nach der OP kann sich das noch wieder verbessern?

PD DR. MED. THOMAS: Nach einer operativen Entfernung der Prostata müssen sich die Nerven für die Potenz erst einmal wieder erholen. Hier können schon einige Monate vergehen. Allerdings sollten sich in diesem Zeitraum Zeichen einer wiederkehrenden Erektionsfähigkeit bemerkbar machen. Sind bei Ihnen Zeichen einer Erektion vorhanden, allerdings ohne die Fähigkeit für einen Geschlechtsverkehr, ist ggf. eine medikamentöse Therapie möglich, anderenfalls gibt es auch die Möglichkeit von Schwellkörperspritzen, die in der Regel eine gute Erektion ermöglichen. Ich empfehle Ihnen, sich diesbezüglich an den Urologen Ihres Vertrauens zu wenden. Ist selbst mit den Spritzen eine Erektion nicht auslösbar, muss ggf. eine operative Therapiemöglichkeit in Erwägung gezogen werden.

GeorgMertens : Weil bei meinem Vater der PSA-Wert wieder gestiegen ist nach der Krebsbehandlung, wurde ihm jetzt empfohlen ein CT und eine Szintigrafie machen zu lassen, um zu sehen, ob der Krebs gestreut hat. Geht der PSA denn auch durch Metastasen hoch?

PD DR. MED. THOMAS: Wenn ein Prostatakarzinom metastasiert, dann sind die Metastasen Ableger des Ursprungstumors. Aus diesem Grund können auch Prostatakarzinommetastasen PSA bilden. Wenn z. B. nach einer Operation oder Bestrahlung der PSA-Wert wieder steigt, ist es aus diesem Grund sinnvoll, eine Umfelddiagnostik mit z. B. CT und Szintigraphie zu machen.

Eckhard30 : bei mir wurde ein Prostatakarzinom ( C61G )T2c G1 IIa, Gleason 3+3=6ED/03 festgestellt. Der Tumor ist auf die Kapsel beschränkt. Ich habe keinerlei Beschwerden und bekomme alle 3 Monate eine Spritze Eligard 22,5 mg. Der PSA Wert ist konstant zwischen 0,3 - 0,5 ug/l Testosteron zwischen 0,10 - 0,22. Wäre eine Therapieunterbrechung verantwortbar oder gar sinnvoll? Was kann dann passieren? Bedroht der Tumor unmittelbar mein Leben? Herzlichen Dank für eine Antwort.

PD DR. MED. THOMAS: Wie ich Ihrer Auflistung entnehmen kann, handelt es sich bei Ihnen um einen lokal beschränkten Tumor, der nicht sehr aggressiv zu sein scheint. Neben den heilenden Therapieansätzen, wie der Bestrahlung oder der Operation, ist es auch möglich, eine Hormontherapie - wie in Ihrem Falle - einzuleiten. Hierdurch lässt sich das Tumorwachstum zum Stillstand bringen. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um einen heilenden Therapieansatz. Wenn - wie in Ihrem Fall - der PSA-Wert gut abgefallen ist, kann man eine intermittierende Therapie durchführen. Dies bedeutet, dass man die Therapie für ein bestimmtes Intervall aussetzt bis der PSA-Wert wieder steigt, um dann erneut mit der Hormontherapie zu beginnen.

Antipp : Bei mir war erst abwarten angesagt, fand ich nicht so gut, als das PSA anfing zu steigen Flutamid 250mg, PSA geht runter und wieder hoch, dann Finasetrid 5 mg. PSA geht runter auf 1,7. steigt jetzt wieder gegenwärtig 6,0.Was macht jetzt Sinn? Empfohlen wurde Degarelix und Bicatulamid (Casodex) MRT ist sauber ohne Lymphknotenbefall. Bedanke mich für eine Antwort!

PD DR. MED. THOMAS: Ist in der Bildgebung keine Metastasierung nachweisbar, so redet man - wie in Ihrem Fall - von einem biochemischen Progress. Durch verschiedene Ansätze der Hormonmanipulation ist es möglich, einen PSA-Abfall zu erzielen. Dies wurde in Ihrem Fall mit Flutamit als auch Finasetrid durchgeführt. Insofern ist es durchaus eine Möglichkeit, mittels Degarelix und Bicatulamid als komplette Hormonblockade zu versuchen, erneut einen PSA-Abfall zu erzielen.

Shoro : Bei mir geht es um eine Hormonresistenz und was jetzt noch möglich ist. Wo enden alle Therapien? Wie lange dauert es, bis die Forschung den gegenwärtigen Endpunkt wieder etwas nach hinten verschoben hat?

PD DR. MED. THOMAS: In den letzten vier Jahren wurden vier neue Medikamente zur Therapie des metastasierten kastrationsresistenten Prostatakarzinoms zugelassen. Durch ein hintereinander geschaltetes Einsätzen dieser Medikamente kann man jetzt schon den Endpunkt erheblich nach hinten schieben.

AndiGräfenstein : Ich soll nach einer ProstataCA-Operation den Schwellkörper trainieren, um ihn zu reaktivieren. Von so was habe ich noch nie gehört. Bei mir läuft gar nichts mehr. Was soll ich machen?

PD DR. MED. THOMAS: Es ist möglich, nach einer radikalen Prostataentfernung mit Nerverhalt, den Schwellkörper zu trainieren. Dies ist z. B. mit PDE-Hemmern oder einer Penispumpe möglich. Hierdurch soll erreicht werden, dass sich der Schwellkörper wieder leichter mit Blut füllt, um entsprechend die Regernation und auch mögliche Erektionsfähigkeit wieder herzustellen. Am besten wenden Sie sich an Ihren betreuenden Urologen.

Bott : Seit der Bestrahlung eines ProstataCA habe ich Schwierigkeiten beim Wasserlassen. Die Bestrahlung war im Feb. 2012. Gelegentlich habe ich auch Blut im Urin. Bisher konnte kein Rezidiv festgestellt werden. Letzte Untersuchung war Nov. 2013. Ist meine Unruhe begründet?

PD DR. MED. THOMAS: Nach einer Bestrahlung des Prostatakarzinoms kann es zu Narbenbildungen im Bereich der Harnröhre oder des Blasenhalses kommen. Dies erklärt z. B. eine Harnstrahlabschwächung. Blut im Urin sollte aber auf jeden Fall durch eine Blasenspiegelung abgeklärt werden. Ich empfehle Ihnen, sich kurzfristig bei Ihrem Urologen vorzustellen.

Gochermann : Gibt es auch Zentren für Hodenkrebs, so wie es spezielle Zentren für Prostataerkrankungen gibt? Bei meinem Bruder wurde der rechte Hoden entfernt im Rahmen einer Semikastratio. Zunächst sollte keine Chemotherapie folgen, jetzt doch. Wir sind irritiert. Ist das ein schlechtes Omen? Hinweis auf Metastasen? Wir möchten meinen Bruder dazu bewegen, sich eine zweite Meinung einzuholen. Wenn es bei der Chemotherapie bleibt, was gilt es zu berücksichtigen?

PD DR. MED. THOMAS: Natürlich gibt es auch Zweitmeinungszentren für Hodenkrebs. Diese lassen sich z. B. im Internet als auch auf Nachfrage bei Ihrem behandelnden Urologen finden. Prinzipiell bedeutet die Empfehlung für eine Chemotherapie bei Hodenkrebs nicht gleich, dass eine Metastasierung stattgefunden hat. Primär will man im Rahmen einer so genannten adjuvanten = unterstützenden Chemotherapie verhindern, dass sich Metastasen bilden können. Die Indikation für eine adjuvante Chemotherapie sollten Sie in Ruhe mit Ihrem behandelnden Urologen besprechen. Ist allerdings in der Bildgebung ein Metastasenhinweis oder geben die Tumormarker Hinweis für eine Metastasierung, so ist in den meisten Fällen eine Chemotherapie notwendig.

Rei-Burlage : Hängt ein Therapiewechsel von Verteilung oder Größe der Metastasen ab? Welche Rolle spielt das Alter? Mein Vater ist erst 64.

PD DR. MED. THOMAS: Sowohl die Verteilung der Metastasen (Lymphknoten, Knochen, Leber, Lunge), als auch die mit ihr vergesellschaftete Symptomatik (Schmerzen) beeinflussen die jeweilige Therapieempfehlung. Das Alter spielt dann eine Rolle, wenn es mit einem z. B. schlechten Allgemeinzustand vergesellschaftet ist. Bei einem alten Patienten in schlechtem Allgemeinzustand würde man von belastenden Systemtherapien absehen und eher eine gut verträgliche Alternative versuchen.

Böge : Was macht man, wenn die Hormontherapie nicht mehr wirkt, aber der Patient glücklicherweise nicht hinfällig, sondern in gutem körperlichen Zustand ist, so weit die Krankheit das zulässt. Mein Vater ist so ein Patient. Er hat so gut wie keine weiteren Beeinträchtigungen, die andere seines Alters haben. Wir suchen nach einer Perspektive für ihn.

PD DR. MED. THOMAS: Prinzipiell ist es von Vorteil, wenn ein Patient in einem guten körperlichen Zustand ist, da sich hierdurch das Therapiespektrum erweitert. Primäres Ziel beim metastasierten Prostatakarzinom ist es, neben der Lebensverlängerung den Patienten beschwerdefrei zu bekommen, bzw. den beschwerdefreien Zustand zu erhalten. Ich bin mir sicher, dass sich für Ihren Vater individuell eine entsprechende Therapie finden lässt. Am besten besprechen Sie dies mit dem Urologen / Onkologen Ihres Vertrauens.

Mackens : In 2009 hatte ich eine Operation mit Einstufung T3 ohne Metastasen. Weil mein PSA-Wert anstieg bekam ich zusätzlich Bestrahlung, der Anstieg ging aber weiter und kam innerhalb eines halben Jahres auf kurz über 8. Dann waren auch Metastasen im Becken da. Anders, als zu Beginn meiner Krankheit bin ich inzwischen gut informiert und frage mich, ob statt Casodex jetzt eine antihormolle Behandlung Sinn machen würde?

PD DR. MED. THOMAS: Casodex ist ein Antiandrogen und somit eine antihormonelle Behandlung. Nach Operation und Bestrahlung war es in Ihrem Fall, beim Auftreten von Metastasen, sicherlich die richtige Entscheidung, eine Hormontherapie mit z. B. Casodex einzuleiten.

Hilpert : Mein Vater gehört zu den fitten Alten. Umso schwerer war es für ihn, als er an Prostatakrebs erkrankte mit 77J. Er macht nordic walking und geht schwimmen. Leider hat er jetzt doch drei kleine Metastasen. Zeitgleich wirkt die Hormonthearapie nicht mehr. Ein sehr unglückliches Zusammentreffen. Natürlich überlegen wir alle, ob der Rückgang der Wirkung zu spät entdeckt wurde und er deshalb Metastasen hat. Kann dennoch eine angemessene Lebensqualität für ihn erreicht werden?

PD DR. MED. THOMAS: Auch wenn die Hormontherapie initial sehr gut anspricht, kommt es leider im Verlauf zu einem Therapieversagen. Nach wie vielen Jahren dieser eintritt, ist allerdings nicht vorherzusagen. Somit lässt sich auch das Auftreten von Metastasen, wie z. B. im Knochen, nicht aufhalten. Sofern die Metastasen keine Beschwerden machen und, falls sie im Knochen liegen, nicht mit einer Instabilität vergesellschaftet sind, kann ziemlich sicher eine angemessene Lebensqualität erhalten bleiben.

Lewis : Was ist ein PSMA-Scan. Was kann der bewirken für meinen Vater, der einen Prostatakrebs hat?

PD DR. MED. THOMAS: PSMA bedeutet prostataspezifisches Membran Antigen. Hierbei wird ein Strahler an das Oberflächenprotein PSMA gekoppelt, welches vom Prostatakarzinom gebildet wird. Der(Strahler) lagert sich somit überall dort im Körper ab, wo PSMA gebildet wird, d. h. im Prostatakarzinom. Somit kann mit einem sehr sensitiven Verfahren der Ursprungsort, z. B. einer unklaren PSA-Erhöhung, detektiert werden.

Zino : Bei kaum einer anderen Krankheit ist der Zeitfaktor so wichtig, wie bei Krebs. Um mich sicher zu fühlen bei meinem Arzt wüsste ich gern, woran er erkennt wann es Zeit ist die Hormontherapie abzusetzen und den nächsten Behandlungsschritt zu machen. Da gibt es doch sicherlich einen point of no return?

PD DR. MED. THOMAS: Einer der sensitivsten Marker zur Kontrolle des Prostatakarzinoms ist der Serum-PSA-Wert. Wurde bei Ihnen eine Hormontherapie eingeleitet und der PSA-Wert fällt ab, so ist dies ein gutes Zeichen. Durch regelmäßige Kontrolle des PSA-Wertes kann Ihr behandelnder Arzt nun sehen, ob die Aktivität des Tumors optimal unterdrückt wird. Sollte es wider Erwarten zu einem PSA-Anstieg kommen, so sollte man unbedingt den Testosteronwert bestimmten, um sicherzustellen, dass die Hormontherapie auch wirkt.

PD DR. MED. THOMAS: Ich danke allen Teilnehmern dieser Sprechstunde für die rege Teilnahme sowie die viel interessanten Fragen. Ihnen und Ihren Angehörigen wünsche ich nun noch einen angenehmen Abend.



Ende der Sprechstunde.


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