Keiler : Oft lese ich, dass Menschen eine Schizophrenie entwickeln, um belastende oder dramatische Lebensereignisse zu kompensieren? Aber die Krankheit ist doch mindestens genauso schlimm, wie diese Lebensereignisse, oder? Wie kann so eine schwere Krankheit etwas kompensieren?
PROF. VOLZ : Es ist schon richtig, dass auch belastende Lebensereignisse am Beginn einer schizophrenen Episode stehen können, allerdings eher als Auslöser, denn als Ursache. Die Ursache einer Schizophrenie ist nicht vollständig geklärt, allerdings spielen Veränderungen bestimmter Botenstoffe im Gehirn, hier in erster Linie das Dopamin, die Hauptrolle.
Kore : Möchte dringend meine Lehre beenden. Noch hat mein Lehrherr Geduld, aber ich darf nicht so viel fehlen hat er gesagt. Bin im letzten Lehrjahr. Wie kann ich möglichst lange schubfrei bleiben?
PROF. VOLZ : Die Hauptursache für einen Rückfall besteht im Weglassen der antipsychotischen Medikation. Es ist von zentraler Bedeutung, dass Sie gemeinsam mit Ihrem Psychiater eine ausreichend hohe Dosis Ihrer antipsychotischen Medikation finden, unter der Sie aber möglichst beeinträchtigungsfrei Ihren Tätigkeiten nachgehen können. Daneben ist die Einnahme von illegalen Drogen, z. B. Cannabis, oder Alkohol zu vermeiden. Wenn Sie diese beiden Regeln beherzigen, haben Sie eine Wahrscheinlichkeit von ca. 80 %, rückfallfrei zu bleiben.
Dunkelheit : Ich habe bei meinem Nervenarzt, zu dem ich wegen Depressionen gegangen bin, im Wartezimmer mehrere schizophrene Patienten kennen gelernt und mich mit ihnen unterhalten. Die wirken alle total sediert und verlangsamt. Ist das die Krankheit, oder sind das die Medikamente?
PROF. VOLZ : Das ist zunächst schwierig zu beantworten, ohne mit den einzelnen Patienten gesprochen zu haben. Allerdings gibt es heute Medikamente, die wenig sedieren oder verlangsamen. Diese Medikamente sind in der Regel für die Dauerbehandlung zu bevorzugen. Allerdings kann insbesondere bei einem längeren Verlauf auch die so genannte kognitive Leistungsfähigkeit durch die Erkrankung selbst beeinträchtigt sein; allerdings sind solche Störungen nicht auf den ersten Blick, beispielsweise im Wartezimmer, erkennbar.
Athol : Nehme gegenwärtig Zyprexa und mein Arzt empfiehlt mir Zeldox, weil man mit Zeldox nicht so viel zunimmt. Stimmt das? Ich habe von anderen Patienten gehört, dass sie nach dem Umstieg verstärkt deprimiert waren bis depressiv. Davor habe ich Angst. Macht eine Umstellung Sinn? Ich bin 27 Jahre alt, studiere Mathematik (gegenwärtig unterbrochen). Möchte dringend weitermachen, aber ich kann mich nicht ausreichend konzentrieren.
PROF. VOLZ : In der Tat ist es so, dass unter Zeldox im Durchschnitt keine Gewichtszunahme beobachtet wird. Eine Umstellung von einem antipsychotischen Medikament zu einem anderen ist immer mit einem gewissen Risiko verbunden, weil man nicht genau vorher sagen kann, dass das neue Medikament ebenso gut wirkt wie das "alte" Medikament. Allerdings kann unter Zeldox nicht regelhaft eine depressive Stimmungslage beobachtet werden, ganz im Gegenteil, dieses Medikament gilt unter den Antipsychotika als eines der Medikamente, die ganz besonders günstig auf eine depressive Stimmungslage wirken. Wenn Ihre Konzentrationsschwierigkeit unter Zyprexa aufgrund einer Müdigkeit unter diesem Medikament zustande gekommen sein sollte, wäre eine Umstellung auf Zeldox, das nicht müde macht, ebenfalls günstig. Bei Zeldox müssen bestimmte EKG-Werte bei Dosiserhöhungen kontrolliert werden.
Gehleid1 : Kann die Schizophrenie sich aus einer anderen psychischen Erkrankung, z. B. Depressionen, entwickeln? Gibt es das, dass man als Schizophrener auch noch depressiv ist?
PROF. VOLZ : Sowohl als auch. Mitunter sind Patienten, die später eindeutig eine schizophrene Psychose entwickeln zu Beginn ihrer Erkrankung in erster Linie depressiv. Erst im weiteren Verlauf treten dann eindeutig schizophrene Symptome hinzu und eine Schizophrenie kann erst dann diagnostiziert werden. Zum zweiten Punkt ist zu sagen, dass zahlreiche schwere psychische Erkrankungen auch mit einer depressiven Stimmungslage einhergehen können, so auch die Schizophrenie. Mitunter wird diese depressive Stimmungslage auch durch die antipsychotischen Medikamente ausgelöst, hier sind in erster Linie die klassischen Antipsychotika zu nennen, als Leitsubstanz Haloperidol genannt. Zu bevorzugen sind, um eine depressive Entwicklung im Rahmen einer Schizophrenie zu vermeiden, so genannte atypische Psychotika.
offers : Wir haben für unseren Sohn die Hoffnung nicht aufgegeben, dass seine Erkrankung irgendwann geheilt werden kann. Oder geht es nur darum, ihn zu stabilisieren, damit er später ein unbetreutes Leben wagen kann?
PROF. VOLZ : Eine Heilung im engeren Sinne ist bei einer Schizophrenie nur äußerst schwer zu erreichen. Es geht vielmehr darum, die Symptome effektiv zu unterdrücken. Dies ist bei einer guten psychiatrischen / psychotherapeutischen Behandlung in der Regel auch möglich. So kann ein selbständiges Leben für die Erkrankten häufig erreicht werden. Eine enge therapeutische Beziehung und ein zuverlässiger Patient sind hierfür notwendig.
anonym : Wie wird die Sicherheit eines Medikamentes getestet nach welchen Kriterien? Wie werden Wirksamkeit und Sicherheit in Relation gesetzt?
PROF. VOLZ : Dies ist eine sehr komplexe Frage. Im Wesentlichen werden vier so genannte Phasen der Arzneimittelwirkungsprüfung am Menschen unterschieden: Phase I: Gabe an Gesunden. Phase II und III: Prüfung unterschiedlicher Dosen an Erkrankten vor der Zulassung des entsprechenden Medikamentes. Phase IV: Gabe des Medikamentes unter routineähnlichen Bedingungen an einer großen Zahl von Erkrankten. Da vor der Zulassung relativ wenige Patienten, bei der Schizophrenie ca. 10.000, das Medikament erhalten, sind bestimmte Restrisiken (seltene Nebenwirkungen insbesondere) zum Zulassungszeitpunkt nicht immer vollständig bekannt. Die Kriterien für die Wirksamkeit sind im Wesentlichen Fragebögen, bei der Schizophrenie der so genannte PANSS, dessen Zusammensetzung Sie durch eine Eingabe in Google unschwer abrufen können. Die Sicherheit wird in zwei Bereichen erfasst: a) Nebenwirkungserfassung, b) Überwachung von wichtigen Laborwerten und so genannten Vitalparametern, in erster Linie Herzfrequenz, Blutdruck, EKG und andere.
BEN : Mein Sohn wurde anfänglich mit Zyprexa behandelt und jetzt auf Zeldox umgestellt. Macht das weniger abhängig? Die genannten Medikamente, wie alle Antipsychotika, machen nicht abhängig.
PROF. VOLZ : Insofern macht Zeldox auch nicht weniger abhängig als Zyprexa. Vielmehr dienen diese Medikamente dazu, dass schizophrene Symptome mit möglichst wenigen Nebenwirkungen wirkungsvoll unterdrückt werden können, so dass der Kranke, in diesem Fall Ihr Sohn, möglichst gut seinen gewohnten Lebensaktivitäten nachgehen kann. Nur ganz wenige Psychopharmaka überhaupt können abhängig machen, als größte Gruppe sind hier die so genannten Benzodiazepine zu nennen.
Oberlauf : Meine Schwester leidet seit 4 Jahren unter dieser Krankheit und die Familie leidet mit. Wenn sie gute Phasen hat, beschreibt sie ihre Erkrankung mit einem Gefühl, wie ferngesteuert zu sein. Wir glauben, sie bringt sich damit selbst in Gefahr. Der behandelnde Arzt sieht das anders. Aber die Sorge bleibt. Woran kann man festmachen, ob sie sich selbst gefährdet?
PROF. VOLZ : Das ist eine schwer zu beantwortende Frage. Ich weiß im Moment nicht ganz genau, was Sie unter "gute Phase" verstehen. Ich nehme an, dass Sie damit Krankheitsphasen verstehen. Wenn dies so ist, sollte alles daran gesetzt werden, dass solche Phasen in Zukunft unterdrückt werden, wie vorhin schon einmal angeführt ist die wichtigste Voraussetzung hierfür, dass Ihr Schwester ein möglichst bei ihr nebenwirkungsarmes Psychotikum in ausreichender Dosis einnimmt und dass andere Faktoren, wie Aufnahme illegaler Drogen oder / und Alkohol unterbleiben. Ich glaube, dass Sie als Angehörige überfordert sein könnten, zu erkennen, ob eine akute Suizid-Gefährdung oder eine Gefährdung, sich selbst zu verletzen, bei Ihrer Schwester vorliegt. Sie sollten, selbst wenn Sie nur einen vagen Eindruck haben, dass Ihr Schwester wieder psychotischer wird, dringlich einen erfahrenen Psychiater aufsuchen.
Kermit : Es wäre sehr schön, wenn ich gelegentlich in der Lage wäre, fernzusehen. Es wäre eine gelungene Abwechslung. Geht aber nur selten. Kann ich die Medikation verändern? (Klar, mit Arzt besprechen)
PROF. VOLZ : Diese Frage kann ich beim besten Willen so nicht beantworten. Wenn es so ist, dass Sie nicht fernsehen können, weil sie Konzentrationsschwierigkeiten haben, kann in der Tat darüber nachgedacht werden, die Medikation zu verbessern. Es gibt Medikamente, hiermit sollten Sie in der Tat mit Ihrem Psychiater sprechen, die Konzentrationsstörungen deutlicher verbessern können als andere. Eventuell macht, wenn es so ist, wie ich es indiziert habe, eine Umstellung eventuell Sinn, eventuell auch eine kombinierte Einnahme unterschiedlicher Medikamente.
anonym : Welche Reizpunkte muss man bei Schizophrenen vermeiden? Streitigkeiten, Zeitdruck, emotionale Momente, Leistungsdruck? Ziehen sich Menschen in diese Krankheit zurück, die eine Mauer zwischen sich selbst und dem Leben selbst errichten möchten?
PROF. VOLZ : Durch gewisse Regeln kann ein schizophrener Patient die so genannte Reizüberflutung vermindern. Insbesondere zu nennen sind hier emotional stark belastende Situationen, beispielsweise Streitigkeiten mit Familienmitgliedern oder dem Partner, aber auch, wie Sie richtigerweise andeuten, deutlicher Leistungsdruck. Mitunter ziehen sich die Betroffenen dann tatsächlich zurück, um die Reizüberflutung zu vermeiden. Allerdings kann durch eine optimale Therapie diese Bezugstendenz begrenzt werden, was auch angestrebt werden sollte, da ein Rückzug in der Regel mit einer deutlichen Verminderung der Lebensqualität des Betroffenen verbunden ist.
anonym : Ich nehmen Zeldox 20, würde aber lieber wieder auf die flüssige Form zurückgehen. Geht das, wenn ich entsprechend mehr Tropfen nehme?
PROF. VOLZ : Ich muss Ihnen im Moment sagen, dass ich nicht genau weiß, ob es Zeldox auch in flüssiger Form gibt, nehme aber an, dass Sie das wissen. Es ist kein Problem von einer galenischen Zubereitungsform, z. B. Dragees oder Tabletten, auf eine andere, z. B. Tropfen, zu wechseln, solange die eingenommene Tagesdosis in mg gleich bleibt.
regald : Ich bin Mitglied der Selbsthilfegruppe BÜNDNIS GEGEN DIE ANGST und wir versuchen dort, durch Gespräche uns gegenseitig in den starken Angstphasen, die eine schizophrene Erkrankung ebenfalls mit sich bringt, uns zu unterstützen. Halten Sie das für sinnvoll, dass sich Schizophrenie-Patienten untereinander über ihre Ängste austauschen?
PROF. VOLZ : Das ist eine gute Sache. Wichtig ist dabei, dass in Gruppentreffen eine Entlastung des Einzelnen erfolgt, die jedoch keinesfalls eine Belastung der anderen Teilnehmer nach sich zieht. Bei Erkrankungen des schizophrenen Formenkreises steht natürlich zunächst die psychiatrisch-medikamentöse Therapie im Vordergrund. Aber eine nachgeordnete Selbsthilfegruppe, die gut und richtig geführt ist, kann den Teilnehmern nutzen. Ich würde als Gruppenleiter die Schwerpunkte auf verhaltenstherapeutische Aspekte lenken.
Lotte : Möchte gern schwanger werden und Amisulprid 400 mg/Tag ausschleichen. Ist offenbar nicht so einfach, danach schwanger zu werden. Wie stehen meine Chancen?
PROF. VOLZ : Ich kann Ihre Chancen, schwanger zu werden, nach Absetzen von Amisulprid nur auf das Weglassen der Medikation beurteilen. Es gibt zahlreiche andere Faktoren, die die Empfängniswahrscheinlichkeit beeinflussen, und die ich im Internet nicht beurteilen kann und auch teilweise von anderen Fachkollegen, hier sind natürlich Gynäkologen zu nennen, gewertet werden müssen. Unter Antipsychotika, unter Amisulprid, kann es zu Unregelmäßigkeiten des Zyklus kommen. Falls dies bei Ihnen der Fall gewesen sein sollte, kann dadurch die Empfängniswahrscheinlichkeit vermindert sein. Eine Normalisierung sollte innerhalb von drei Monaten einsetzen. Falls dies nicht so ist, sollten Sie in enger Absprache mit Ihrem behandelnden Psychiater und Ihrem Gynäkologen nach Ursachen forschen. Wenn unter Amisulprid keine Zyklusunregelmäßigkeiten eingetreten sein sollten, ist Ihre Empfängniswahrscheinlichkeit nicht wesentlich beeinträchtigt. Eine Reduktion oder Absetzen von Amisulprid ist, wenn Sie an einer schizophrenen Psychose leiden, häufig mit einem Ansteigen des Rückfallrisikos verbunden. Hier müssten Sie eine Abwägung der beiden Gesichtspunkte Schwangerschaft - Rückfallrisiko gemeinsam mit den Ärzten Ihres Vertrauens durchführen.
EUlenbracht : Wie lange dauert das alles, wann hören die Halluzinationen endlich auf?
PROF. VOLZ : In der Regel ist es möglich, durch eine wirkungsvolle Pharmako-Therapie Halluzinationen zu behandeln. Ich glaube in Ihrer Frage zu erkennen, dass Sie diese Halluzinationen schon längere Zeit trotz Einnahme verschiedener Medikamente haben. Wenn das so sein sollte, sollten Sie einen in der Behandlung der Schizophrenie erfahrenen Psychiater aufsuchen, da es bei solchen therapieresistenten Halluzinationen (d. h. Halluzinationen, die auf die üblichen Medikamente nicht ansprechen) ganz besondere Behandlungsmöglichkeiten gibt. Beispielsweise kann die Gabe von Clozapin oder die Kombination verschiedener Antipsychotika erwogen werden.
anonym : Seit ich Zeldox einnehme, kann ich wieder ein ziemlich gutes Leben führen. Ich lese jeden Tag die Münchner Abendzeitung. Dadurch bin ich wieder informiert und kann mich besser mit meinen Freunden unterhalten, die das auch gut finden. Manchmal fühle ich mich so normal, dass ich vergesse, meine Tabletten einzunehmen. Wie kann ich daran regelmäßig denken, ohne Wecker etc.?
PROF. VOLZ : Ich freue mich sehr, dass Sie offensichtlich eine gute Besserung erfahren haben. Für Ihre Frage habe ich auch kein Patentrezept. Manchmal hilft ein so genannter Wochenblister. Das ist eine Schachtel, wo vier Kästchen für die vier Einnahmezeitpunkte pro Tag für alle sieben Tage die Woche angelegt sind. Wenn Sie diesen Blister beispielsweise am Sonntagmorgen für die gesamte Woche füllen und ihn gut sichtbar, beispielsweise neben der Kaffeemaschine, platzieren, können Sie sofort erkenne, dass Sie eine Tablette einnehmen müssen, oder dass Sie vergessen haben, morgens eine Tablette einzunehmen, in der Regel können Sie das zu einem anderen Tageszeitpunkt nachholen.
anonym : Geht eine Schizophrenie auf eine Anomalie des Gehirns zurück, oder woher kommt das?
PROF. VOLZ : Wir gehen heute von einer so genannten multifaktoriellen Ursache der Schizophrenie aus. Das heißt, es gibt viele einzelne Ursachen, die in Ihrem Zusammenwirken dann eine Schizophrenie auslösen können. Ich nenne nun einige der wichtigen Faktoren: Anlage, Reizüberflutung, minimale Gehirnveränderungen, Auffälligkeiten in bestimmten Botenstoffen des Gehirns, Einnahme bestimmter Drogen. Nur im Einzelfall nach sorgfältiger Analyse kann abgewogen werden, welche dieser Faktoren bei dem Erkrankten ganz besonders an dem Ausbruch der Erkrankung beteiligt sind.
LittleDebil : Alles dreht sich um meine Krankheit, bei der Familie, bei mir und Freunden. Habe aber nur noch wenige. Wie bekomme ich das raus aus meinem täglichen Leben? Will nicht ständig daran erinnert werden?
PROF. VOLZ : Ich kann es gut verstehen, dass Sie wieder so leben wollen, dass Sie nicht ständig an Ihre Erkrankung erinnert werden. Hierfür ist es meiner Auffassung nach notwendig, dass die Symptome Ihrer Erkrankung, die Sie eventuelle noch verspüren, noch besser behandelt werden. Je weniger Symptome Sie haben, desto weniger werden Sie und Ihre Freunde und Bekannte an die Erkrankung erinnert. Vielleicht können Sie auch Ihre Freunde bitten, nicht immer nur über die Erkrankung mit Ihnen zu sprechen, da diese Erkrankung ja allenfalls einen Teil Ihrer Selbst ausmacht, der größere Teil hat ja mit der Erkrankung eigentlich gar nicht so viel zu tun. Vielleicht brauchen Ihre Freunde nur eine gewisse Ermutigung und Aufmunterung in diese Richtung, weil sie auch eine gewisse Unsicherheit im Kontakt mit Ihnen verspüren, die Sie ihnen vielleicht ein Stück weit zu Ihrem eigenen Nutzen nehmen können.
anonym : Ist Zeldox gut geprüft?
PROF. VOLZ : Zeldox ist eines der atypischen Antipsychotika, die gut geprüft sind.
Gluck : Wie stark ist der Einfluss einer familiären Disposition?
PROF. VOLZ : Eine familiäre Disposition spielt eine große Rolle, erklärt aber bei Weitem nicht die Ursache einer Schizophrenie vollständig. Ich möchte dies an einem einfachen Beispiel verdeutlichen: Eineiige Zwillinge, die ein identisches Erbgut aufweisen, erkranken mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % gemeinsam. Das zeigt, dass die Erbanlage eine große Rolle spielt, aber auch, dass 50 % Wahrscheinlichkeit selbst bei identischem Erbgut durch andere Ursachen als genetische hervorgerufen wird. Ich möchte an dieser Stelle an meine Antwort auf die Frage, welche Ursachen der Schizophrenie wir kennen vor ca. 15 Minuten verweisen, in diesem Zusammenhang sprach ich von einem multifaktoriellen Ursachenbündel.
Echo : Ist Zeldox eine Alternative zu jetzt Zyprexa 5mg und Trevilor 150 mg? Habe Angst vor der Umstellung, geht mir hauptsächlich darum, mein Gewicht wieder in Griff zu bekommen.
PROF. VOLZ : Aus der von Ihnen eingenommenen Kombination Zyprexa / Trevilor kann ich schließen, dass bei Ihnen eine schizophrene Psychose mit einer depressiven Stimmungslage kombiniert vorliegt. Zu dem scheinen Sie Gewicht zugenommen zu haben. Letzteres ist eine gut bekannte Nebenwirkung unter Zyprexa. Zeldox wirkt zum einen antipsychotisch, zum anderen auch antidepressiv, es führt im Mittel zu keiner Gewichtszunahme. Insofern kann eine Umstellung auf Zeldox sinnvoll sein. Leider ist es aber so, dass jede Umstellung auch ein gewisses Risiko in Bezug auf die bereits erreichte Besserung aufweist. Ob daher eine Umstellung angestrebt werden sollte, kann nur im Einzelfall, wenn alle relevanten Informationen gewertet werden können, getroffen werden.
Katze : Ist Schizophrenie denn überhaupt nicht heilbar? Wie kann die bestmöglichste Lebensqualität für den Betroffenen und seine Angehörigen erreicht werden?
PROF. VOLZ : Die Schizophrenie kann, wie ich oben schon erwähnt habe, häufig nicht in dem Sinne geheilt werden, dass nie mehr Symptome auftreten. Allerdings ist es in der überwiegenden Zahl der Fälle gut möglich, die Symptome soweit zu unterdrücken, dass der Patient ein Leben ohne nennenswerte Beeinträchtigung führen kann. Hierzu ist allerdings eine wirkungsvolle Pharmako- und Psychotherapie, die erhebliche Anstrengungen mitunter vom Patienten und seinem behandelnden Psychiater mitunter verlangt, unbedingte Voraussetzung. Ich möchte diese Frage aber auch zum Anlass nehmen darauf hinzuweisen, dass es auch schizophrene Episoden gibt, die nur ein- oder zweimal auftreten, dann bleibt der betroffene Patient auch ohne dauerhafte Einnahme von Antipsychotika symptomfrei. Welche unterschiedliche Verlaufsform vorliegt, kann nur im Einzelfall entschieden werden.
Würfel : In letzter Zeit bin ich immer sehr wütend auf alles und jeden. Ich will aber gar nicht wütend sein. Bin am meisten wütend auf meine Krankheit. Gibt es Medikamente, die mir die Wut nehmen?
PROF. VOLZ : Was Sie beschreiben, fassen wir Psychiater unter dem Begriff Reizbarkeit zusammen. Auf der einen Seite kann ich Ihre Wut auf Ihre Erkrankung gut verstehen, auch wenn Sie diese Wut, wie Sie ja selbst nur zu gut wissen, nicht weiterbringt. Manchmal kann allerdings eine neu aufgetretene Reizbarkeit auch ein Vorläufersymptom einer erneuten akuten schizophrenen Episode sein. Insofern möchte ich Sie bitten, sich möglichst rasch mit Ihrem behandelnden Psychiater kurz zu schließen, um sicher zu sein, dass es sich bei Ihrer Reizbarkeit nicht um den Vorboten einer drohenden akuten schizophrenen Episode handelt. Ein Medikament, das spezifisch gegen Reizbarkeit hilft, ist mir leider nicht bekannt.
Ellen : Spielt bei der Entwicklung der Schizophrenie Gift eine ursächliche Rolle? Wir haben davon ja genügend. Pestizide im Wollteppich, Formaldehyd in Möbeln und Tapeten, aktiv und passiv rauchen, Schwermetalle (Quecksilber, Kupfer, Arsen, Blei - Autoabgase). Danke für eine Antwort.
PROF. VOLZ : Das ist mir nicht bekannt.
anonym : Bin total müde seit meiner Umstellung auf Zeldox, ist das normal und wann geht das weg? Wenn das bleibt, muss ich noch mal wechseln.
PROF. VOLZ : Dies ist eine eher ungewöhnliche Nebenwirkung unter Zeldox. Allerdings nicht ausgeschlossen. Wenn die Müdigkeit nach ca. drei bis vier Wochen tatsächlich noch so ausgeprägt sein sollte, sollte über die Dosierung oder über eine Umstellung nachgedacht werden.
anonym : Gibt es spezielle Fälle, wo kein Medikament hilft – dem Menschen also durch nichts zu helfen ist? Ist das dann seelisch bedingt so eine Therapie-Resistenz, dass der eigentlich seine Krankheit behalten will? Wir Geschwister haben das Gefühl, meine Schwester (18) fühlt sich auch gut wohl mit der Aufmerksamkeit und Zuwendung, die sie durch ihre Krankheit bekommt seit 2 Jahren.
PROF. VOLZ : Ich kann gut verstehen, dass Sie den Eindruck haben, dass sich Ihre Schwester durch die ihr im Rahmen der Erkrankung geschenkte Aufmerksamkeit und Zuwendung bestätigt fühlt. In der Regel ist es allerdings so, dass eine Therapieresistenz ganz andere Ursachen hat. In erster Linie sind bisher nicht die richtigen Medikamente zur Behandlung dieser schwerwiegenden Erkrankung eingesetzt worden und / oder die soziale Wiedereingliederung eines Patienten war nicht erfolgreich genug. Ich glaube, es könnte für Sie sehr hilfreich sein, wenn Sie eine Angehörigengruppe aufsuchen würden, um sich mit anderen Angehörigen besprechen zu können. In der Regel kann Ihnen das in Ihrer Nähe befindliche psychiatrische Krankenhaus entsprechende Adressen nennen. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dass Sie herausfinden, welcher Verein Angehöriger psychisch Erkrankter bei Ihnen aktiv ist. Hier empfehle ich der Einfachheit halber eine kurze Internet-Recherche, beispielsweise mit Google.
Eimse : Mir ist die Umstellung auf Zeldox nicht bekommen ich hatte wieder ganz wirre Gedanken, konnte sie nicht unter Kontrolle bekommen. Angst und Panik war auch da. Warum wirkt Zeldox so gut bei anderen und bei mir nicht? Nehme keine Tranquilizer oder Angstlöser.
PROF. VOLZ : Ich weiß es leider nicht, von welchem Medikament Sie auf Zeldox umgestellt worden sind, auch ist mir die Dosis von Zeldox nicht bekannt. Entweder ist die Dosis von Zeldox zu niedrig oder dieses Medikament, das in der Regel eine gute Wirksamkeit zeigt, wirkt bei Ihnen speziell nicht. Was genau bei Ihnen vorliegt, können Sie am besten mit Ihrem behandelnden Psychiater klären. Allerdings sollten Sie eine abschließende Bewertung der Wirkung von Zeldox bei Ihnen erst dann anstellen, wenn Sie das Medikament ca. drei bis vier Wochen eingenommen haben, da in der ersten Zeit einer Umstellung die Wirksamkeitsbeurteilung schwierig ist.
Franzi : Für wen ist Leponex geeignet?
PROF. VOLZ : Leponex hat seine Hauptindikation bei der therapieresistenten Schizophrenie, d. h. bei solchen schizophrenen Psychosen, die auf andere Antipsychotika nicht ausreichend ansprechen. Insbesondere die so genannte überdauernde Positivsymptomatik, Halluzinationen und Wahn, sind mit Leponex besonders gut behandelbar. Leponex hat aber zum Teil gravierende Nebenwirkungen, hierüber sollten Sie sich gründlich informieren. Wenn Therapieresistenz vorliegt, sollten aber diese Nebenwirkungen nicht dazu führen, dass der Patient dieses besonders wirkungsvolle Medikament nicht erhält.
Wahn : Kann man eine Schizophrenie entwickeln durch schwierige Lebensumstände? Ich will das jetzt nicht alles aufführen, aber meine Freundin hatte wirklich ein besonders schweres Leben und ich habe erst gar nicht begriffen, was mit ihr los ist. Als das dann anfing, habe ich gedacht, die ist verrückt. Ist sie aber nicht. Ist das eine psychische Dispositionssache?
PROF. VOLZ : Es ist äußerst selten, dass schwierige Lebensumstände alleine eine Schizophrenie auslösen. In der Regel gibt es auch eine Disposition, wie Sie richtigerweise anführen, die vor den schwierigen Lebensumständen bereits vorhanden war, und die dann beim Auftreten solcher Lebensumstände zum Ausbruch dieser Erkrankung führt. Ich finde es sehr schön, wie Sie formulieren, dass Sie anfangs dachten, Ihre Freundin sei verrückt, dies dann aber selbst wieder verworfen haben. Ich finde es ganz wichtig, dass wir alle erkennen, dass eine Schizophrenie zwar in vielen Lebensbereichen Einfluss nehmen kann, dass daneben aber der größte Teil der Persönlichkeit eines Betroffenen in seiner Gesamtheit bestehen bleibt. Es handelt sich immer nur um eine Erkrankung, die Teile des Menschen betrifft, nicht den ganzen Menschen. Es ist für uns alle und insbesondere für die Erkrankten wichtig, dass wir dies immer wieder deutlich in den Vordergrund unseres Verständnisses dieser Erkrankung rücken.
anonym : Die Umstellung auf Abilify hat es nicht gebracht. War fürchterlich, aber ich will diesen Heißhunger loswerden und jetzt Zeldox probieren. Soll ja sehr gut sein, kann aber sicherlich auch keine Wunder bewirken. Welche Nebenwirkungen hat Zeldox?
PROF. VOLZ : Zunächst sind Heißhungerattacken Abilify eher ungewöhnlich, aber es können natürlich auch ungewöhnliche Nebenwirkungen mitunter auftreten. Unter Zeldox ist dies auch eher eine seltene Nebenwirkung. Insofern könnte ein Versuch mit diesem Medikament lohnen, wie Sie richtig bemerken, sind aber Wunder auch unter Zeldox nicht erwarten. Die Nebenwirkungen sind in der Regel eher milde, zum Teil wird eine Unruhe, manchmal auch eine Benommenheit berichtet. Regelmäßige EKG-Kontrollen sind durch den behandelnden Arzt durchzuführen.
Patras : Kann man durch eine stereotaktische Operation die Schizophrenie am Gehirn ausschalten?
PROF. VOLZ : Nein.
Caro : Ich arbeite als Sozialarbeiterin. Meine Diagnose: Schizophrenie. Schwer zu glauben, bin voll berufstätig. Kann da auch ein Irrtum vorliegen?
PROF. VOLZ : Es kann natürlich immer ein Irrtum vorliegen, aber allein, dass Sie voll berufstätig als Sozialarbeiterin sind, spricht nicht gegen das Vorliegen einer Schizophrenie, vielmehr dafür, dass wenn eine Schizophrenie vorliegen sollte, Sie mit Ihrer Erkrankung gut leben können, wahrscheinlich auch gut behandelt sind. Wenn Sie Zweifel an der Diagnose haben sollten, empfiehlt es sich entweder diese mit Ihrem behandelnden Psychiater zu besprechen, oder aber, wenn Sie hier ein Vertrauensproblem haben, einen anderen möglichst kompetenten Psychiater und / oder eine psychiatrische Abteilung / Klinik zu Rate zu ziehen.
Söhler : Gibt es vernünftige Nachsorge-Anlaufstellen in Berlin? Wo kann ich mich informieren?
PROF. VOLZ : Ich fürchte, da bin ich im Moment überfragt. Vielleicht könnten Sie sich mit dieser Frage an die psychiatrische Polyklinik der Charite wenden.
Johlers : Was sind die Auslöser schizophrener Erkrankungen? Können so schwere Psychosen durch belastende Sozialstrukturen hervorgerufen werden? Warum gab es nach dem Krieg nicht ein Heer von psychisch Kranken, bei den traumatischen Erfahrungen? Ist es so, dass der starke Anstieg psychischer Erkrankungen in unserer Gesellschaft auch ein Zeichen dafür ist, dass es heutzutage überhaupt möglich ist, sich fallen zu lassen? Früher wäre man verhungert und unter diesem Druck konnte es sich keiner erlauben, psychisch zu erkranken. Oder ist das eine zu einfache Sichtweise?
PROF. VOLZ : Schizophrene Psychosen zeichnen im Gegensatz zu manchen anderen psychischen Erkrankungen dadurch aus, dass sie über die verschiedenen Epochen in ihrer Auftretenshäufigkeit konstant sind und dass sie über verschiedene Gesellschaftsformen hinweg ebenfalls mit der gleichen Häufigkeit auftreten. Dies wird im Allgemeinen interpretiert als ein Zeichen dafür, dass die Erkrankung nicht in erster Linie von traumatischen Erfahrungen oder unterschiedlichen sozialen Umgebungsfaktoren hervorgerufen wird. Bei anderen Erkrankungen meines Fachgebietes, beispielsweise bei posttraumatischen Belastungsstörungen oder anderen Angsterkrankungen, ist dies anders zu sehen.
Rabeling : Was ist Beeinträchtigungswahn? Kann man was dagegen tun?
PROF. VOLZ : Ein Beeinträchtigungswahn liegt vor, wenn der Erkrankte davon überzeugt ist, dass er von anderen gedemütigt wird, dass ihm andere Schlechtes antun, dass sie ihn eben "beeinträchtigen" wollen. Hiergegen hilft in der Regel eine effektive antipsychotische Therapie, deren wesentliches Element die Gabe eines individuell auszuwählenden Antipsychotikums ist.
Rialto : Hilft Lithium auch als Rückfallprophylaxe bei Schizophrenie?
PROF. VOLZ : Als Monotherapie, d. h. als einzelnes Medikament, ohne die gleichzeitige Gabe eines Antipsychotikums im engeren Sinne, nein.
nina : Wie unterscheidet sich eine "paranoiden Psychose" von einer paranoiden Schizophrenie?
PROF. VOLZ : In der Regel werden diese beiden Begriffe synonym, d. h. gleichbedeutend, verwendet. Bei scharfer Betrachtungsweise zeigt die paranoide Schizophrenie auch über paranoide Symptome hinausgehende Krankheitszeichen, wie beispielsweise so genannte formale Denkstörungen (Vorbeireden, Zerfahrenheit), die bei einer reinen paranoiden Psychose nicht vorhanden sein müssen.
Horst : Wir sind Eltern eines schizophrenen Sohnes und wollen das Beste für ihn. Soll er in eine Wohngemeinschaft ziehen, betreut, oder ist er besser bei uns aufgehoben. Das ist alles noch ziemlich neu für uns und wir möchten alles richtig machen. Er ist 25 Jahre und hatte ein Studium angefangen.
PROF. VOLZ : Lieber Horst, das ist schwer zu beantworten, da ich weder Sie als Eltern noch Ihren erkrankten Sohn kenne. Ich finde es wirklich toll, dass Sie sich so versuchen zu informieren und sich so viele Gedanken machen. Ich möchte Sie herzlich bitten, sich weiter so für Ihren Sohn einzusetzen, eine enge Verbindung zu ihm zu halten und ihn in seiner Entwicklung zu unterstützen. Nun aber konkret: Wenn Ihr Sohn einigermaßen selbständig leben kann, ist eine gewisse Distanz zu den Eltern, ich betone gewisse, häufig günstig. Insofern wird eine Wohngemeinschaft, ob nun betreut oder nicht betreut, eine gute Wohnform darstellen. Ich würde, um diese Frage zu entscheiden, die Ansicht Ihres Sohnes als hauptsächliche Entscheidungsgrundlage werten. Es ist schließlich Ihr Sohn, der dann so oder so leben muss. Ziehen Sie, falls Sie es nicht schon längst getan haben, unbedingt die Meinung Ihres behandelnden Arztes zu Rate.
Hidde : Unsere Tochter, 21, hat seit 3 Jahren immer wieder Schübe. Die Medikamente nimmt sie zuverlässig und kommt auch damit zurecht. Seit ein paar Monaten nimmt sie Zeldox. Sie kann eine regelmäßige Einnahme nachweisen, bekommt aber trotzdem keinen Vorrat für eine Reise. Wir finden das diskriminierend. Da muss es doch eine Lösung geben.
PROF. VOLZ : Ich weiß im Moment nicht, warum sie keinen Vorrat für eine Reise, wichtig wäre natürlich zu wissen, wie lang die Reise sein soll, bekommt. Eigentlich ist es üblich, schizophren erkrankten Patienten die Medikamente auszuhändigen, auch für eine Reise. Bitte fragen Sie nach, was der Grund ist für diese Zurückhaltung.
anonym : Gibt es sichere Anzeichen dafür, wenn ein Rückfall droht? Ich bin an der unteren Kante der Medikation auf eigenen Wunsch und nehme gelegentliche Unruhe in Kauf. Muss ich mir jedes Mal Sorgen machen oder ist das dann bei mir wie bei gesunden Menschen. Manchmal ist eben Unruhe da. Ich möchte so gern so normal, wie möglich leben.
PROF. VOLZ : Das ist eine sehr wichtige Frage, die Sie mir stellen. Ich möchte Sie nachdrücklich ermutigen, weiter so differenziert und kritisch mit Ihrer Erkrankung und mit Ihrer Medikation umzugehen. Es gibt kein einzelnes einigermaßen sicheres Symptom für einen drohenden Rückfall. Häufig hilft es, mit dem Psychiater, der Sie am besten kennt, eine für Sie individuelle Liste von Frühsymptomen, die einen drohenden Rückfall vorhersagen können, aufzustellen. Hierbei kann Unruhe ein Faktor sein, aber auch andere eher unspezifische Symptome. Es geht einfach darum, dass Sie sich versuchen so präzise wie möglich zu erinnern, welche Symptome in der Zeit vor Ihrem letzten Rückfall Ihnen auffielen oder Ihrer Umgebung aufgefallen sind, diese Symptome aufzulisten, so dass Sie sehen können, ob jetzt neben der von Ihnen beklagten Unruhe auch andere solcher möglicher Frühsymptome bei Ihnen vorhanden sind. Sollte dies der Fall sein, ist eine frühzeitige Erhöhung der Medikation in der Regel angezeigt.
anonym : Was kann ich als Bruder tun, damit meine Schwester vielleicht wieder etwas Lebensfreude zurückbekommt? Sie gilt seit 4 Jahren als schizophren. Ganz schwer für die ganze Familie. Nicht alle, aber speziell unsere Eltern möchten sie gern unterstützen, sind dabei aber wenig erfolgreich. Meine Schwester hat immer wieder sehr aggressive Phasen.
PROF. VOLZ : Das Wichtigste für Angehörige ist, trotz aller Verhaltensauffälligkeiten und mitunter die Angehörigen verletzenden Einstellungen der Erkrankten die Zuwendung aufrecht zu erhalten. Es zeigt sich immer wieder, dass, wenn es den Kranken besser geht, sie von der großen Hilfe dieser stabilen Zuwendung für ihre Genesung und für die Ausrichtung ihres weiteren Lebens berichten. Wenn ihre Schwester immer wieder aggressive Phasen hat, deutet dies auf eine unbefriedigende Therapie hin. Sie sollten intensiv mit Ihrer Schwester und dem Psychiater Lösungswege für eine wirkungsvollere Therapie diskutieren.
Kowalsky : Wenn gelegentlich, etwa einmal im Monat, z.B. unter Stress, wieder Symptome auftauchen, die aber nach ein, zwei Tagen abklingen, heißt das, das Medikament wirkt nicht?
PROF. VOLZ : Das Medikament scheint gut zu wirken, allerdings nicht vollständig ausreichend. Eindeutige Symptome sollten bei optimaler medikamentöser Einstellung nicht mehr in Erscheinung treten. Allerdings kann ein solches Wiederauftreten der Symptome für kürzere Zeit, wenn alle anderen Bereiche des Lebens zufrieden stellend sind, in Einzelfällen in Kauf genommen werden.
Sabine : Ich würde gern auch mal allein mit dem Arzt meines Sohnes sprechen, aber das lehnt der ab. Ich finde das nicht gut. Es gibt einfach Dinge, da würde ich mich lieber ohne ihn beraten lassen. Was bezweckt der Arzt damit?
PROF. VOLZ : Es ist eine häufige Klage von Angehörigen, dass sie nicht alleine mit dem Arzt ihres Angehörigen sprechen können. Dies kann der Arzt allerdings nur dann tun, wenn der Patient mit einem solchen Gespräch einverstanden ist. Manche meiner Kollegen sind der klaren Auffassung, dass allein schon die Tatsache eines Gesprächs ohne Anwesenheit des Patienten bei diesem falsche Vorstellungen über den Inhalt des Gespräches und die Rolle des Arztes auslösen könnten.
Kathrin : Ist Schizophrenie eine Krankheit die zum Tod führt?
PROF. VOLZ : Die Schizophrenie zeichnet sich durch eine erhöhte Mortalität, d. h. Sterblichkeit, im Vergleich zur Normalbevölkerung aus. Diese erhöhte Mortalität hat im Wesentlichen zwei Ursachen: 1. Erhöhte Selbstmordrate unter schizophren Erkrankten. 2. Vermehrtes Auftreten von körperlichen Erkrankungen, in erster Linie Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wesentlich ist es, dass schizophren Erkrankte möglichst keine Rückfälle erleiden und in Ihrer Lebensführung familiär total integriert sein sollten. Sind diese beiden Voraussetzungen erfüllt, so zeigt sich eine Annäherung der Mortalität an die Durchschnittswerte.
Kathrin : Hat 2. mit den Medikamenten zu tun?
PROF. VOLZ : Liebe Katrin, ich hatte eben noch erwogen, ob ich diesen Gesichtspunkt aufnehmen sollte. In der Tat können Medikamente auch die Herz-Kreislauf-Erkrankungen wieder auslösen. Allerdings sind andere Faktoren wesentlicher, in erster Linie das häufig exzessiv betriebene Rauchen, der Bewegungsmangel und die Übergewichtigkeit. Allerdings gibt es, Sie sehen wie kompliziert das Problem ist, auch wieder Medikamente, die in der Behandlung der Schizophrenie eingesetzt werden, mit der Möglichkeit der Erhöhung des Körpergewichts. Auch hier hilft nur die individuelle Betrachtungsweise, d. h. welche Faktoren bei einem einzelnen Patienten am ehesten wesentlich sind, weiter.
anonym : Ist das wirklich so, dass man bei den allerersten Anzeichen von einem Rückfallverdacht ausgehen kann?
PROF. VOLZ : Man kann nicht bei den allerersten Anzeichen in jedem Falle von einem drohenden Rückfall ausgehen, allerdings sollten solche Anzeichen sehr ernst genommen werden, der Betroffene sollte sofort seinen behandelnden Psychiater aufsuchen und spätestens bei einer Zunahme dieser ersten Anzeichen eine Intensivierung der Therapie anstreben.
PROF. VOLZ : Wir sind nun am Ende von zwei Stunden, die sehr interessant für mich waren, in erster Linie weil die Fragen sehr spezifisch waren. Was mich freut, ist die große Anteilnahme der Angehörigen, noch mehr die kritische Auseinandersetzung der Erkrankten mit Ihrer Erkrankung. Ich weiß, wie schwer es für beide Gruppen sein kann, mit dieser Erkrankung zu leben. Ich möchte Sie aber nachdrücklich ermutigen, trotz aller Schwierigkeiten, entschlossen bei der Bekämpfung der Krankheitssymptome mit Ihrem Psychiater und anderen Institutionen zusammen zu arbeiten und sich keinesfalls von Widerständen unserer Gesellschaft hiervon abbringen zu lassen. Wenn Sie dies beherzigen können, werden Sie diese Erkrankung viel besser bewältigen können.
Ende der Sprechstunde.