anonym : Was machen eigentlich diese Immunsuppressiva-Medikamente und warum sind die wichtig nach einer Organtransplantation?
DR. ARNS : Immunsuppressive Medikamente unterdrücken die eigene Abwehr, damit ein transplantiertes Organ nicht abgestoßen wird. Ohne eine solche Medikation käme es früher oder später zum Organverlust, so dass nicht nur in der frühen Phase nach der Operation immunsuppressive Medikamente erforderlich sind, sondern auch in der Langzeittherapie, d. h. Jahre nach der Transplantation. Man kann also durch die Immunsuppressiva eine gewisse Immuntoleranz erzielen, was jedoch nicht immer gelingt, so dass die Lebensdauer der meisten Organe begrenzt ist, trotz Einnahme dieser Medikamente.
K_Trömmel : Wovon hängt eine lange Überlebenszeit letztlich ab? Sicherlich nicht von nur einem Punkt. Welches sind die wichtigsten Punkte?
DR. ARNS : Man kann heute bei der Nierentransplantation von einer durchschnittlichen Transplantationsüberlebenszeit von ca. 10 Jahren ausgehen, bei einer Lebendspende von ca. 15 Jahren. Hierbei handelt es sich um durchschnittliche Angaben, die so zu deuten sind, dass nach 10 bzw. 15 Jahren die Hälfte der Organe funktionslos geworden sind. Ursächlich ist ein beschleunigter Alterungsprozess festzustellen, der durch viele Ursachen bedingt. An erster Stelle ist die chronische Abstoßungsreaktion zu nennen, die trotz konsequenter Immunsuppressiva-Erhaltungstherapie nicht immer vermieden werden kann. An zweiter Stelle stehen aber auch die nierenschädlichen Eigenschaften eben dieser Medikamente, die ja eigentlich die Niere vor einer Abstoßungsreaktion schützen sollen. Zusätzlich sind viele andere Faktoren, wie Bluthochdruck, Stoffwechselerkrankungen, Übergewicht und Wiederkehr der Nierenerkrankung, die zum Verlust der eigenen Nierenfunktion geführt hat, zu nennen.
Heinsi : Möchte durch Spenderorgan auch wieder arbeitsfähig werden und meine Familie wirtschaftlich versorgen. Kann man davon ausgehen, dass das geht? Bin 42 J. Sonst gesund.
DR. ARNS : Prinzipielles Ziel einer Nierentransplantation ist nicht nur die medizinische Rehabilitation, sondern auch die soziale, insbesondere berufliche Rehabilitation. Wenn wir von einer erfolgreichen Nierentransplantation ausgehen, was in über 90 % der Fälle vorliegt, kann auch die berufliche Perspektive gesichert werden.
Nisi : Gibt es ein Pharmaunternehmen, das sich spezialisiert hat auf Medikamente für Transplantierte? Gibt es da Konkurrenz auf dem Markt?
DR. ARNS : Es gibt mehrere Pharmaunternehmen, die sich auf dem deutschen Markt mit speziellen immunsuppressiven Medikamenten beschäftigen. Erfreulicherweise gibt es nur in wenigen Fällen Überschneidungen durch ähnliche Präparate. Da wir bei der immunsuppressiven Therapie immer eine Mehrfachkombination aus verschiedenen Medikamenten anwenden, ist die Vielfalt der zur Zeit verfügbaren Medikamente für den zu transplantierenden Patienten vorteilhaft.
carina : Welche Medikamente bezeichnen Sie als neue Medikamente?
DR. ARNS : Historisch gesehen kann man bis Anfang der 80er Jahre als Standardtherapie die Kombination aus Azathiopren (z. B. Imurek) in Kombination mit Cortison bezeichnen. Nach der Entwicklung von Sandimmun war danach die Standardtherapie bestehend aus Sandimmun, Azathioprin und Cortison üblich. Mit der Einführung von Mycophenolat (Cellcept) in der zweiten Hälfte der 90er Jahre galt die Therapie in der Kombination von Sandimmun, Cellcept und Cortison als Standard. In manchen Zentren wurde das Sandimmun durch Prograf ersetzt. Als Innovation im Bereich der Immunsuppression kann jedoch die Entwicklung der sog. mTOR-Inhibitoren gelten, wozu die Medikamente Sirolimus und Everolimus gelten, die eine hohe immunsuppressive Wirkung haben, ohne gleichzeitig nierenschädlich zu sein.
anonym : Ich warte bereits seit 4 Jahren auf eine Niere. Wie kann ich feststellen, ob ich überhaupt auf der Transplantationsliste bin?
DR. ARNS : Leider ist durch den zunehmenden Organmangel die durchschnittliche Wartezeit steigend und liegt zur Zeit zwischen vier und fünf Jahren für eine Verstorbenentransplantation. Natürlich gibt es auch Patienten, die kürzer, aber auch Patienten, die wesentlich länger auf zu transplantierendes Organ warten. Wer sich nicht sicher ist, ob er überhaupt auf einer Transplantationsliste steht, sollte mit seinem zuständigen Dialysearzt oder dem Transplantationszentrum Kontakt aufnehmen und sich bei sehr langer Wartezeit über die Ursachen informieren lassen.
Fabre : Sind die nachsorgenden Transplantations-Spezialisten sich eigentlich sicher, dass meine Schwester zwar ihre neue Niere behält durch die vielen Medikamente, die sie einnimmt, aber vielleicht dadurch ihre Leber so schädigt, dass sie als nächstes eine neue Leber braucht?
DR. ARNS : Leider sind immunsuppressive Medikamente nach einer Nierentransplantation unbedingt erforderlich, da nur durch die Immunsuppression eine lange Lebensdauer eines Organs garantiert werden kann. Im Hinblick auf die Nebenwirkungen ist es erforderlich, den Patienten vor Aufnahme auf eine Warteliste gründlich zu untersuchen. Hierzu gehört auch die Untersuchung der Leber, wobei insbesondere die Leberfunktion und eventuelle chronische Leberinfektionen erkannt werden müssen.
Doris : Bin umgeben von desillusionierten Mitpatienten bei der Dialyse. Kein Biss, keine Perspektive. Ich kämpfe dagegen und glaube, dass dadurch meine Kondition auch besser ist. Aber deshalb bekomme ich trotzdem nicht eher ein Spenderorgan. Irgendwie ungerecht. Da gibt es Leute die sind völlig apathisch und man trägt ihnen das Spenderorgan förmlich hinterher, „weil sei dran“ sind. Nach welchen Kriterien werden die Nieren vergeben?
DR. ARNS : Im Sinne der Verteilungsgerechtigkeit wurde im Jahre 1989 das Transplantationsgesetz verabschiedet, in dem auch die Kriterien für die Organvergabe festgesetzt worden ist. Diese orientiert sich im Wesentlichen nach medizinischen Gesichtspunkten, u. a. durch die Gewebemusterübereinstimmung. Allerdings werden auch nichtmedizinische Kriterien berücksichtigt, wovon insbesondere Kinder durch einen Bonus profitieren. Insbesondere für die ältere Patientengruppe über 65 existiert zusätzlich das sog. Old-for-Old-Programm, wobei 65 Jahre alte Spenderprogramme auf über 65 Jahre alte Empfänger übertragen werden. Bei besonderer medizinischer Dringlichkeit kann der Dialysearzt zusammen mit dem Transplantationszentrum eine bevorzugte Transplantation bei Euro-Transplant beantragen, was jedoch im Wesentlichen auf besondere medizinische Notfälle begrenzt ist. Hierunter wird im Wesentlichen eine Situation verstanden, in der eine Dialysebehandlung kaum mehr möglich ist.
Inka : Man hat mir vor 4 Jahren beigebracht, dass meine tägliche Sandimmun-Einnahme in Verbindung mit Apfelsaft vorteilhaft für mich ist. Ich habe gehört, dass es aber ausgesprochen gefährlich sein kann, wenn man ein Nachahmer-Medikament mit Apfelsaft einnimmt. Was ist gefährlich daran. Wie kann ich verhindern, dass ich jetzt aus Kostengründen auf ein preiswerteres Medikament umsteigen soll?
DR. ARNS : Die Problematik der Medikamenteneinnahme, insbesondere von kritischen Medikamenten wie Sandimmun, ist jedem Arzt, der in die Transplantationsnachsorge eingebunden ist, bekannt. Die Wirkung und Aufnahme der Medikamente aus dem Darm kann bei sog. Nachahmer-Medikamenten durchaus anders sein, was jedoch durch eine konsequente Bestimmung der Medikamentenspiegel erfasst werden kann. Eine solche Medikamentenspiegel-Bestimmung ist fester Bestandteil einer Sandimmun-Behandlung und wird auch bei anderen immunsuppressiven Medikamenten angewandt.
schwerade : Welches Medikament ist das nierenschonendste?
DR. ARNS : Die primäre Frage ist nicht die nierenschonendste Therapie, sondern welche Therapie benötigt der jeweilige Patient unter gleichzeitiger Berücksichtigung der Nierenschädlichkeit. Für die erste Phase nach der Transplantation sind Sandimmun- oder ähnliche Medikamente erforderlich, auch wenn von ihnen eine mögliche Nierenschädigung ausgeht. Da diese jedoch meistens erst nach mehreren Monaten zum Tragen kommt, wird in vielen Fällen nach einer gewissen Gewöhnungsphase von ca. drei bis sechs Monaten ein Umsetzen der Therapie auf weniger nierenschädliche Medikamente vorgenommen.
anonym : Was bedeutet eigentlich Generika, alle sagen, dass das nachgemachte Medikamente sind, die aber nicht schlechter wirken. Warum höre ich dann aber von vielen Leidensgenossen, dass die Wirkung doch manchmal schlechter ist?
DR. ARNS : Grundsätzlich hat ein Pharmaunternehmen, das ein neues Medikament entwickelt einen Patentschutz von mindestens 10 Jahren, wobei nach Ablauf dieser Zeit auch andere Pharmaunternehmen dieses Präparat unter anderem Namen auf den Markt bringen können, was allgemein als Generika bezeichnet wird. Die Darreichungsform dieser Medikamente kann durchaus anders sein, wodurch sich die Aufnahme aus dem Darm in das Blut verändern kann, was jedoch nicht immer mit einer Verschlechterung der Blutspiegel einhergehen muss.
Abaci : Kann ich Ciclosporin auch über eine Online-Apotheke beziehen, um Geld zu sparen? Ist das sicher?
DR. ARNS : Da Ciclosporin ein sog. kritisches Medikament ist, rate ich von einem Bezug durch eine Online-Apotheke ab, sofern nicht die genauen Bezugsquellen bekannt. Unter einem kritischen Medikament versteht man die Erfordernis, die Dosierung sicher wählen zu können, um einerseits eine Unterdosierung mit den Konsequenzen einer möglichen Abstoßungsreaktion zu vermeiden und andererseits eine Überdosierung mit den Konsequenzen der Nebenwirkungen, insbesondere der Nierenschädlichkeit zu vermeiden. Insofern wäre es zu kurz gegriffen Ciclosporin aus unsicheren Quellen zu beziehen, nur um Geld zu sparen.
anonym : Stimmt es, dass Kinder, die lange Immunsuppressiva einnehmen müssen, nach 10 Jahren alle Krebs bekommen und dann daran sterben?
DR. ARNS : Grundsätzlich ist das Krebsrisiko unter immsuppressiver Therapie gegenüber der Normalbevölkerung deutlich erhöht und nimmt auch mit zunehmender Lebenserwartung zu. Insofern sind insbesondere junge Patienten mit einer langen Lebenserwartung einem besonders erhöhten Krebsrisiko ausgesetzt. Erfreulicherweise gibt es Hinweise darauf, dass die neuen Immunsuppressiva Sirolimus und Everolimus eine Antitumorwirkung haben, die auch in gewisser Weise der Mycophenolsäure nachgesagt wird.
Serhat : Ich hab seit 6 Jahren ein neues Herz, meine Nieren und meine Leber haben durch die Medikamente schlimmen Schaden genommen. daher möchte ich fragen, ob es nicht noch ein anderes Medikament außer Sandimmun gibt, das mein Immunsystem herabsetzt.
DR. ARNS : Gerade im Rahmen der Herztransplantation ist bei vielen Patienten eine Nierenschädigung bekannt, die sich durch die immunsuppressive Therapie, wie z. B. mit Sandimmun, verstärken kann. Insgesamt gehen wir davon aus, dass bis zu 10 % aller herztransplantierten Patienten im Laufe der Jahre eine fortgeschrittene Nierenschwäche entwickeln, die bis zur Dialysepflichtigkeit reichen kann. Daher ist es besonders wichtig, gerade bei eingeschränkter Nierenfunktion nach einer gewissen Zeit das Umsetzen der immunsuppressiven Therapie zu überlegen. Hierfür bieten sich mittlerweile eine Reihe neuerer Medikamente an.
team : Gibt es Studien darüber, ob die Lebensdauer einer transplantierten Niere geringer ist, wenn man keine Original-Medikamente nimmt?
DR. ARNS : Das Umsetzen der sog. Originalmedikamente auf Generika ist prinzipiell möglich, sofern die Vorsichtsmaßnahmen, wie Blutspiegelmessungen und engmaschige Funktionskontrollen nach dem Umsetzen durchgeführt werden. Nach meiner persönlichen Erfahrung ist jedoch die Ersparnis relativ gering, da häufig bei Generika eine höhere Dosierung erfolgen muss, um eine gleichwertige Verfügbarkeit von z. B. Ciclosporin A (Sandimmun) zu erzielen.
Dias : Welche Auswirkung hat FTY720 auf die Ciclosporin-Dosis?
DR. ARNS : Die sog. Substanz FTY720 ist als Studienmedikament in den zurückliegenden Jahren zur Anwendung gekommen, jedoch wird die Therapiemöglichkeit im Rahmen der Nierentransplantation zur Zeit nicht weiter verfolgt, so dass sich die Frage im Wesentlichen erübrigt. Allerdings verfüge ich über persönliche Erfahrung im Umgang mit FTY720; in den von mir behandelten Fällen ist eine Beeinflussung von Ciclosporin nicht nachweisbar gewesen.
Ronda : Warum ist es wichtig, gleichzeitig zu Ciclosporin auch noch entzündungshemmende Mittel zu nehmen?
DR. ARNS : Eine Monotherapie mit Ciclosporin ist grundsätzlich möglich, wird jedoch nur selten durchgeführt. Viel mehr ist es üblich, eine Kombinationstherapie aus Ciclosporin und Cortison zu verwenden, wobei das Cortison auch entzündungshemmende Wirkung hat. Eine weitere Kombination mit weiteren entzündungshemmenden Mitteln ist nicht erforderlich und wird auch in der Regel nicht durchgeführt. Die Wirkung der Kombinationstherapie liegt in der Wirkungssteigerung des Ciclosporins. Insbesondere beim älteren Empfänger werden Versuche unternommen, auf Cortison zu verzichten, um die Nebenwirkungen zu vermeiden.
anonym : Arbeiten die Labore alle gleich? Ich weiß, das es in anderen Bereichen Unterschiede gibt. Wie aussagekräftig sind meine Immunwerte, wie sicher die Höhe meines Blutspiegels. Sehr wichtig für mich, weil ich mir da schon seit längerem Gedanken drüber mache, wegen der Abstoßung.
DR. ARNS : Alle Labore unterliegen einer Qualitätskontrolle, die insbesondere für immunsuppressive Medikamentenspiegel zentral durchgeführt werden. Prinzipiell kann nicht von einem allgemeingültigen Blutspiegelbereich für jeden Patienten ausgegangen werden, vielmehr ist es wichtig, Dosierung und Spiegel auf die individuelle Patientensituation abzustimmen.
Cirit : Gibt es nebenwirkungsarme Medikamente nach einer Nierentransplantation. Bei der Menge, die ich nehmen muss, wäre eine Reduzierung der Nebenwirkung bei jedem einzelnen Präparat von großem Nutzen für mich, wegen der Länge der Zeit, die ich das alles - hoffentlich – nehmen muss.
DR. ARNS : Leider sind alle Medikamente, die eine starke Wirksamkeit haben, immer mit einem gewissen Nebenwirkungspotential verbunden. Durch die Möglichkeit zwischen verschiedenen abwehrschwächenden Medikamenten wählen zu können, lässt sich mittlerweile eine günstige Kombination finden. Jedoch nehmen die meisten transplantierten Patienten neben den Immunsuppressiva eine Reihe anderer Medikamente ein, wobei hier im Vordergrund die blutdrucksenkenden Medikamente stehen. Auch hier sind einige Nebenwirkungen bekannt, die durch eine geschickte Kombination verringert werden können.
anonym : Gibt es eine Möglichkeit, meine Gewichtszunahme in irgendeiner Form unter Kontrolle zu bekommen. Habe seit 3 Jahren meine neue Niere und seit dieser Zeit (vorher normal schlank, nicht dürr, kein Übergewicht) habe ich 15 kg zugenommen. Wie wirkt sich dieses Übergewicht auf den Erhalt meiner Niere und der anderen Organe aus. Ich esse ganz normal.
DR. ARNS : Eine Gewichtszunahme nach Nierentransplantation ist ein häufiges Phänomen, was jedoch durch eine übermäßige Kalorienzufuhr bedingt sein muss. Die allgemein angeschuldigte Cortison-Therapie führt nicht per se zu einem Übergewicht, sondern höchstens zu einer Umverteilung des Körperfettgewebes. Meine Erfahrung ist jedoch, unter immunsuppressiver Therapie häufig eine Appetitanregung zu beobachten. Auch scheint die Ausnutzung der zugeführten Nahrung erhöht zu sein. Insofern ist nur eine konsequente Kalorienreduktion sinnvoll. Dies ist insbesondere auch der Fall, da sich ein erhöhtes Gewicht negativ auf die Stoffwechselfunktion und den Blutdruck auswirken kann, wobei diese Faktoren auch negativen Einfluss auf die Nierentransplantatfunktion haben können.
Carmen : Welche Medikamente bezeichnen Sie als neu, um die Basisimmunsuppresion gering zu halten?
DR. ARNS : Als Basis zur Immunsupression kann die initiale Immunsuppression unmittelbar nach Transplantation gelten. Hierbei wird in den meisten Transplantationszentren entweder Ciclosporin A oder Tacrolimus verwendet, meistens in der Kombination mit Mycophenolat und Cortison. Nach einer gewissen Gewöhnungsphase kann diese auf eine neuere immunsuppressive Therapie, die z. B. auf Sirolimus oder Everolimus basiert, erfolgen.
Yolande : Geht es nach all den möglichen aufgelisteten Nebenwirkungen, könnte ich eigentlich gar nicht mehr auf dieser Welt weilen. Aber: Meine Niere funktioniert! Ich nehme zwar Tabletten ein in einer Menge die eine Mahlzeit "ersetzen" könnten, aber es geht mir gut. Das ist die Hauptsache, nur das allein zählt. Es geht mir gut und danke den Ärzten und den Pharmaunternehmen und dem Hersteller von Ciclosporin. Das wollte ich mal sagen.
DR. ARNS : Für alle Medikamente ist das Aufzählen von Nebenwirkungen vorgeschrieben, was auch in den entsprechenden sog. "Waschzetteln" aufgelistet wird. Auch jene Nebenwirkungen, die nur in wenigen Fällen beobachtet werden, müssen genannt werden. Erfreulicherweise werden die von uns verordneten abwehrschwächenden Medikamente sowie die Begleitmedikation (z. B. Blutdrucksenker) nebenwirkungsarm vertragen und können damit die gewünschte Wirkung voll entfalten.
Böhme : Gibt es Nachweise über die Wirkstoffaufnahme bei Generika von Immunsuppressiva?
: DR. ARNS
Heuvels : Schadet die Durchleuchtungskontrolle am Flughafen meinen Medikamenten in der Tasche?
DR. ARNS : Die Durchleuchtungskontrolle am Flughafen hat sicherlich keinen negativen Einfluss auf die Medikation, insbesondere keinen Wirkungsverlust.
Marnier : Stimmt es, dass weniger Diabetes mellitus unter Ciclosporin auftritt?
DR. ARNS : Die Frage ist insofern relativ zu bewerten, da unter allen immunsuppressiven Medikamenten ein Diabetes mellitus beobachtet werden kann. An erster Stelle ist dies die Nebenwirkung von Cortison, das wir aus diesen Gründen auch vermeiden, sofern sich eine Zuckerstoffwechselstörung entwickelt hat. Allerdings ist bekannt, dass der ähnlich wie Ciclosporin wirkende Stoff Tacolimus eine gering erhöhte Häufigkeit von Zuckerstoffwechselstörungen aufweist. In aller Regel ist dies jedoch dosisabhängig, wobei der Medikamentenspiegelmessung eine besondere Bedeutung zukommt. Eine Zuckerstoffwechselstörung kann leider nicht in allen Fällen hierdurch vermieden werden, so dass eine insulinpflichtige Situation entstehen kann.
anonym : Stimmt es, dass das Alter von Organempfängern begrenzt werden soll wie in England, weil zu wenig Organe da sind?
DR. ARNS : Die Richtlinie für die Organverteilung wird im Transplantationsgesetz geregelt, wobei die Richtlinienkompetenz der Bundesärztekammer zufällt. Die in Zusammenarbeit mit der Organisation Euro-Transplant erarbeiteten Kriterien sehen keine Altersbegrenzung vor. Vielmehr ist für den älteren Empfänger ein zusätzliches Programm ins Leben gerufen worden. Hierbei handelt es sich um das sog. Old-for-Old-Programm, bei dem ältere Empfängerorgane (älter als 65) auf ältere Empfänger übertragen werden.
LuHelmholtz : Was tun bei steigendem Krea-Wert? Gibt es eine Obergrenze? Wann muss gehandelt werden? Ich bekomme unterschiedliche Rückmeldung und bin verunsichert.
DR. ARNS : Das steigende Kreatinin nach Nierentransplantation ist insbesondere im chronischen Verlauf häufig zu beobachten. Hierbei gibt es insbesondere einen sog. kreatinin-blinden Bereich, womit zum Ausdruck kommt, dass dem Kreatininanstieg insbesondere bei Werten unter 1,5 eine besondere Bedeutung zukommt, da hier der größte Funktionsverlust des Organs stattfindet. Auf jeden Fall gibt es in jeder Phase des Kreatininanstiegs einen Handlungsbedarf. Durch eine moderne immunsuppressive Kombinationstherapie lässt sich in über 50 % der Fälle ein weiterer Organverlust verhindern. Eine Betreuung durch einen fachlich versierten Nephrologen ist daher unbedingt erforderlich!
Minni : Was sind optimale C2-Zielwerte?
DR. ARNS : Die Einstellung des Ciclosporinspiegels erfolgt in der Regel als sog. Talspiegel, worunter der niedrigste Spiegel des Tages vor Einnahme der Medikation verstanden wird. Da sich gezeigt hat, dass die Wirkstoffaufnahme vom Darm ins Blut sehr unterschiedlich sein kann, hat man den sog. C2-Wert für besondere Situationen als Richtwert eingeführt. Dieser C2-Wert repräsentiert die höchste Konzentration im Blut, die in der Regel zwei Stunden nach Einnahme erreicht ist, deshalb die Bezeichnung C2-Wert. Als Faustregel kann gelten, dass das Verhältnis zwischen dem Talspiegel, dem sog. C0-Wert und dem C2-Wert 1:5 betragen soll, womit eine normale Resorption von Ciclosporin nachgewiesen wird. Je nach Phase nach Transplantation, kann dieser Wert zwischen 500 und 1.500 betragen.
Carmen : Ich bin 7 Jahre nierentransplantiert und nehme täglich 4mg Rapamune, der Spiegel liegt bei 3-4. Haben Sie eine Idee warum er so niedrig ist?
DR. ARNS : Eine sog. Rapamune-Monotherapie, also eine Therapie ausschließlich mit einem Medikament, gelingt immer häufiger. Der relativ niedrige Spiegel von drei bis vier ist zwar ungewöhnlich, entspricht aber offensichtlich dem klinischen Erfolg, da bisher keine Transplantatstörungen beobachtet worden sind. Relativ hohe Spiegel von Rapamune von über 10 werden außerdem heute möglichst vermieden, da hierunter keine Wirkungsverstärkung, wohl aber erhöhte Nebenwirkungen beobachtet werden.
2herz : Ab welchem Krea-Wert sollte denn über eine Medikamenten-Umstellung nachgedacht werden?
DR. ARNS : Grundsätzlich ist nicht ein absoluter Kreatininwert, der die Nierenfunktion repräsentiert, entscheidend für eine Medikamentenumstellung, sondern die Geschwindigkeit, mit der sich dieser Kreatininwert ändert. Trägt man alle Kreatininwerte über die Zeit in einem Diagramm auf, so ergibt sich meistens eine optisch erkennbare Verschlechterung, die unabhängig vom absoluten Kreatininwert betrachtet werden muss. Insofern ist eine Medikamentenumstellung bei jeder Funktionsverschlechterung sinnvoll. Allerdings sollte bei jeder Funktionsverschlechterung eine Transplantat-Nierenbiopsie erfolgen, um die richtige Therapie einleiten zu können.
Wiemann : Wie stabil ist der Blutspiegel nach Einnahme von Cicloral? Wie sicher ist so ein Nachahmerprodukt?
DR. ARNS : Mit der Einnahme von Cicloral ist ein anderes Absorptionsverhalten im Vergleich zum Sandimmun zu beobachten, worauf sich der behandelnde Nephrologe einstellen muss. Um dies zu erkennen, sind nach Umstellung häufige Nachkontrollen erforderlich, um die Therapie im weiteren Verlauf sicher zu gestalten. Ich persönlich verfüge über wenig Erfahrung mit Cicloral, so dass ich nur die Ergebnisse aus der Literatur zitieren kann, die im Endergebnis ein sicheres Ergebnis gezeigt haben. Jedoch ist die Dosierung in vielen Fällen im Vergleich zum Sandimmun höher gewesen, wodurch der zu erzielende Spareffekt relativ gering ausfällt.
2herz : Stimmt es, dass Transplantationszentren jetzt eine Mindesttransplantationszahl nachweisen müssen, und Ihnen sonst die Erlaubnis zur Transplantation entzogen wird? Wie hoch sind die Mindestzahlen bei den verschiedenen Organen?
DR. ARNS : In Deutschland werden ca. 2.000 Transplantationen pro Jahr durchgeführt, die sich auf über 40 Transplantationszentren verteilen. Um die Qualität in der operativen Behandlung sowie in der medikamentösen Nachsorge zu gewährleisten, sind sog. Mindestzahlen eingeführt worden, die im Einzelnen noch nicht definitiv festgelegt worden sind, aber sicherlich eine Zahl von 20 bis 25 überschreiten sollten.
Harare : Habe seit Nierentransplantation 15 Kilo zugenommen. Weiß keinen Rat mehr, was bietet der Experte an?
DR. ARNS : Eine Gewichtszunahme nach Organtransplantation ist häufig zu beobachten, hängt aber nicht unmittelbar mit immunsuppressiven Therapie zusammen, sondern ist eindeutig durch die Kalorienzufuhr bedingt. Sofern eine Eigenbeschränkung nicht gelingt und eine Diät nicht konsequent durchgeführt werden kann, empfehle ich eine entsprechende stationäre Therapie in speziell hierfür geschulten Rehabilitationseinrichtungen, die sich auch mit der Transplantation auskennen.
joe : Gibt es Generika von Cisclosporin?
DR. ARNS : In Deutschland gibt es nur ein zugelassenes Generikum, das wie alle Generika allgemein hinsichtlich der Wirkstoffaufnahme getestet werden muss. Eine solche Prüfung ist auch für das Generikum von Ciclosporin erfolgt. Allerdings sind die entsprechenden Beeinflussungen durch andere Medikamente im Vergleich zu Ciclosporin schwieriger einzuschätzen, da die meisten Erfahrungen mit dem Originalpräparat vorliegen.
Schniel : Wie weit darf ich mich von meiner Basis (Transplant-Zentrum Essen) entfernen. Wie lange und wie weit darf die Reise sein?
DR. ARNS : Grundsätzlich ist nach Transplantation eine hohe Mobilität erreicht, ganz anders als zu Dialysezeiten. Ich empfehle allen Patienten, die Zeit der erfolgreichen Transplantation für ausgedehnte Reisen zu nutzen, wobei auch Reisen in ferne Länder möglich sind. Auch eine Impfprophylaxe ist möglich.
anonym : Ist unter Immunsupressiva eine Malariaprophylaxe möglich?
DR. ARNS : Grundsätzlich ist nach Transplantation die Reisetätigkeit aller Transplantierten erhöht und wird auch ausdrücklich empfohlen, damit das allgemeine Wohlbefinden gesteigert werden kann. Bei Fernreisen ist natürlich auch an eine Malariaprophylaxe zu denken, die auch möglich ist, aber in einzelnen Fällen unbedingt abgestimmt werden muss, um eine mögliche Beeinflussung der abwehrschwächenden Medikamente mit einzukalkulieren.
Funda : Was ist teuerer in der Transplantation: Leichenspende oder Familienspende?
DR. ARNS : Grundsätzlich wurde im Rahmen der stationären Versorgung vor einiger Zeit ein neues Vergütungssystem eingeführt, das nicht nach Schwerefall oder Liegedauer berechnet wird, sondern sich nach der Diagnose richtet. Die Verstorbenenspende und die damit verbundene Transplantation wird mit einer Pauschale bezahlt, die im Rahmen der sog. Verwandtenspende bzw. Verwandtentransplantation nur geringfügig erhöht wird. Allerdings darf nicht außer Achte gelassen werden, dass die Vorhaltekosten für die Organisation der Verstorbenenspende relativ hoch sind. Bekanntlich wird diese ja durch die deutsche Stiftung Organtransplantation vorgenommen. Insgesamt ist die Kosten-Nutzen-Analyse vergleichend zwischen Leichenspende und Familienspende eindeutig zugunsten der Familienspende zu sehen, da mit der Familienspende eine längere Lebensdauer des Transplantates erzielt werden kann.
Anja_Leisering : Gibt es Einschränkungen für Transplantierte durch das Medikamenten-Begrenzungs-Gesetz? Muss ich jetzt auf irgendwelche Billigprodukte umsteigen?
DR. ARNS : Natürlich hat auch uns Ärzte das Medikamenten-Begrenzungs-Gesetz, wie Sie es nennen, beunruhigt, zumal eine Überschreitung zu Lasten des Arzthonorars gehen soll. Die genaue Durchführung des Gesetzes ist noch ungewiss und es mehren sich Zeichen eines erhöhten Widerstandes seitens der Ärzteschaft. Ärztlicherseits werden wir alles unternehmen, damit die dringliche Medikation, insbesondere nach Transplantation, nicht reduziert werden muss. Das betrifft auch andere Bereiche der Medizin.
Alfred J. Truger : Ist das Medikament auch für Leber- oder andere transplantierte Patienten interessant?
DR. ARNS : Grundsätzlich ist die abwehrschwächende Medikation für alle Formen der Organtransplantation gleich. Das betrifft sowohl Ciclosporin wie auch Mycophenolat und Cortison sowie auch die neueren Medikamente wie Sirolimus und Everolimus. Auch für die Lebertransplantation gilt, eine immunsuppressive Therapie ist immer erforderlich. Bei der Lebertransplantation sind erfreulicherweise geringere Dosierungen in der Erhaltungsphase nötig.
Morie : Habe große Sorge wegen der Beschränkungen bei den Medikamenten. Es ist doch der totale Wahnsinn, wenn ich jetzt wegen Billigmedikamenten meine neue Niere früher verliere. Bin total verunsichert und auch ziemlich verzweifelt bei dem Gedanken. Wütend bin ich auch.
: DR. ARNS
anonym : Ich habe vor 2 Jahren eine neue Niere bekommen. Früher war ich Motorradfahrer. Vor der NTX konnte ich dann gar nichts mehr machen. Danach hab ich wieder angefangen Fahrrad zu fahren. Eigentlich wäre ich jetzt fit genug für ein Motorrad, aber irgendwie trau ich mich nicht richtig. Was meint der Experte, wovon sollte ich diese Entscheidung abhängig machen?
DR. ARNS : Sie sollten nach der erfolgreichen Transplantation ein Leben führen, das wirklich der Normalität entspricht. Sicherlich sollten Sie keine Extremsportarten praktizieren, aber das Motorradfahren ist sicherlich für einen geübten Motorradfahrer kein Problem.
goldschmidt : In meiner Familie gibt es über drei Generationen Schwierigkeiten mit den Nieren. Letztlich sind sie alle an Nierenversagen oder Folgeerkrankungen gestorben. Ich bin die erste, die vielleicht die Möglichkeit hat, noch einmal ein normales Leben zu führen. Gegenwärtig werde ich 3 x pro Woche dialysiert und warte auf eine Niere. Bis zu welchem Alter kann ich eine Transplantation bekommen? Gegenwärtig bin ich 52 Jahre alt.
DR. ARNS : Eine Altersbeschränkung im Rahmen der Nierentransplantation ist nicht vorgesehen. Da Sie bereits seit einiger Zeit auf ein transplantationsfähiges Organ warten und zur Zeit erst 52 Jahre jung sind, ist sicherlich mit einer Nierentransplantation zu rechnen. Allerdings ist bei Ihrer familiären Erkrankung leider niemand in der Lage, ein Organ zu spenden, was allerdings von nicht Blutsverwandten auch möglich ist und ausdrücklich im Transplantationsgesetz erwähnt wird. Sollte also die Wartezeit für Sie auch aus medizinischer Sicht zu einem Problem werden, findet sich möglicherweise in Ihrem Freundes- oder weiteren Verwandtenkreis doch eine Möglichkeit zur Lebendspende. Die meisten der von uns durchgeführten Lebendspenden finden zwischen nicht Blutsverwandten statt!
Anika_Träutmann : Wir wollen extra nicht in eine heiße Region fahren, weil ich das kreislaufmäßig nicht so gut kann. Deshalb möchten wir gern nach Griechenland. Da ist es zwar nicht so heiß jetzt, aber die Hygiene ist nicht so wie zu Hause. Meine Transplantation ist jetzt 18 Monate her. Kann ich das verantworten?
DR. ARNS : 18 Monate nach Nierentransplantation sollte eine stabile Funktion vorliegen, so dass die Kontrollintervalle relativ weit auseinander liegen. Reisen ist also möglich, sollte aber in Länder erfolgen, die einen bestimmten Hygienestandard bieten. Es gibt sicherlich auch in Griechenland viele Regionen, die dieser Anforderung gerecht werden, so dass ich Ihnen eine gute Reise nach Griechenland wünsche!
DR. ARNS : Ich bedanke mich für das rege Interesse an den Problemen nach Nierentransplantation und kann Sie nur ermutigen, mit Ihren behandelnden Ärzten alle Probleme konkret anzusprechen. Sollte dies nicht immer möglich sein, so empfehle ich, auch in einem anderen Transplantationszentrum für eine Zweitmeinung vorstellig zu werden. Meiner Erfahrung nach erlangt der transplantierte Patient hierdurch mehr Sicherheit. Ich verabschiede mich nun von Ihnen und wünsche Ihnen noch einen angenehmen Abend!
Ende der Sprechstunde.