Brustkrebsbehandlung und Knochenschutz – wie Knochen während Chemotherapie schützen?

 

CGG Klinik Mannheim
Prof. Dr. med. Ingo J. Diel
(Mitinhaber und Gesellschafter)
Gynäkologischer Onkologe
Quadrat P7, 16-18
68161 Mannheim
 
Tel.: 0621/ 12 50 64 20
Fax: 0621/ 12 50 64 29
 
E-Mail: diel@cgg-mannheim.de
 
 
 
Schwerpunkte
 
Knochenmetastasen
Systemische Therapie
Bisphosphonate
Multimodale Therapie
 
Primäre Therapie des Brustkrebses
Chemotherapie
Endokrine Therapie
Antikörpertherapie
Prognosefaktoren
Neoadjuvante Therapie
 
Osteoporoseprophylaxe 
Beim Mammakarzinom
Postmenopausal
 
 
Anmeldung Sprechstunde
Tel.: 0621/ 12 50 64 20
Fax.: 0621/ 12 50 64 29
 
Anmeldung Brustzentrum
Tel.: 0621/ 12 50 64 30
Fax: 0621/ 12 50 64 39

PROTOKOLL

Brustkrebsbehandlung und Knochenschutz – wie Knochen während Chemotherapie schützen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Wir beginnen um 19 Uhr.

Rose-Marie: Patientin 67Jahre, 69 kg, beschwerdefrei Diagnose: ossäre Metastasen bei met. Mamma-Ca bisherige Therapie u. Verlauf: 2006 nodal pos, rezeptorpos. Mamma Ca, brusterh. OP, keine Nachbehandlg. 2008 Lokalrezidiv, Mastektomie rechts, adjuvant Letrozol (Femara) bis Ende 2012 05/15multiple ossäre Metastasen, palliative Radiotherapie von symptomatischen Läsionen in LWK5 u.Osilium/pubis links (42GY), Wiederaufnahme der Therapie mit Femara u. neu" Xgeva"(monatl. Spritze) 07/15 palliative Radiotherapie BWK 9-12, LWK1-2mit 6x4 Gy bis 24 Gy 04/16 Verlaufskontrolle: Progress der polytopen Knochenmetastasen, Zunahme der Intensität der Metastasen in Schädelkalotte und Stammskelett, aktuell multiple kleinfokale Knochenmetastasen in Humeri u. Femora u. der linken Fibula, hochgradiger Verdacht auf neu aufgetretene Skelettmetastasen,mäßiggradiger Perikarderguss, Verdacht auf Leberfiliae . Zu welcher weiteren Behandlung raten Sie?

Prof. Dr. med. Ingo Diel:
Liebe Patientin, Ihr Fall ist relativ kompliziert, so dass es schwierig ist, allein nur aufgrund der gemachten Angaben eine weitere Therapieempfehlung zu geben. In jedem Fall würde ich dem Verdacht auf Lebermetastasen nachgehen. Sollten Lebermetastasen vorhanden sein, empfehle ich eine Chemotherapie. Diese hat auch einen positiven Effekt auf die multiplen Knochemetastasen. Im Anschluss daran kann eine antihormonelle Therapie weitergeführt werden, z. B. Faslodex. Die osteoprotektive Therapie mit Xgeva muss beibehalten werden. Ich empfehle dringend, jede schmerzhafte Knochenmetastase zu bestrahlen und vorsorglich auch nicht schmerzhafte Knochenmetastasen, sofern  das unter Erhaltung eines normalen Knochenmarks möglich ist.

Fiedler: Es wird viel geredet, wie man Knochenmetastasen verhindern kann. Aber wie zuverlässig ist das wirklich? Ich möchte meine Frau nicht unnötig mit weiteren Medikamenten belasten. Gibt es etwas, was wirklich hilft?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Auf diese Frage gibt es eine eindeutige Antwort: Frauen jenseits der Wechseljahre haben durch die Hinzunahme eines so genannten Bisphosphonats einen signifikanten Vorteil im Hinblick auf das Auftreten von Knochenmetastasen und auch des Gesamtüberlebens. Ich empfehle derzeit eine Behandlung mit Clodronat-Tabletten (z. B. 1 x zwei Tabletten Ostac 520, nüchtern für 45 Minuten). Der Vorteil für das Clodronat liegt in seiner sehr guten Verträglichkeit. D. h. keine Kieferosteonekrosen , keine Nierenschäden und keine Akutphase-Reaktion (Fieber, Gelenkschmerzen etc.). Ausschließlich als einzige unerwünschte Wirkung treten häufige Durchfälle auf.

Rottweil: Gibt es ein sinnvolles Mittel gegen Metastasen in den Knochen das wirkt, aber nicht rundum den ganzen Körper belastet?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich möchte auf die Antwort der vorhergehenden Frage hinweisen. Signifikante Vorteile durch Bisphosphonate (z. B. Clodronat, siehe oben, oder Zoledronat). Die Belastung für den Körper ist gering.

Susanne: Wie gut ist ein Durchflusszytometer um Krebszellen im Blut herauszufischen? Wie fein wird das Blut gescannt? Kann man auf einem solchen Ergebnis eine Krebstherapie aufbauen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Man kann mit unterschiedlichen Methoden versuchen, Krebszellen im Blut nachzuweisen. Derzeit ist die wissenschaftliche Diskussion zur Nützlichkeit einer solchen Untersuchung im Gange und noch nicht endgültig abgeschlossen. Es gibt keinerlei Hinweise, dass eine bestimmte Medikation im Zustand des frühen Mammakarzinoms einen positiven Nutzen erbringt. Allerdings können durch den Nachweis einer größeren Zahl von Tumorzellen im Verlauf einer metastasierten Erkrankung frühzeitig eine Progression nachgewiesen werden. Aber auch in dieser Situation gibt es keine eindeutige therapeutische Empfehlung.

Mela-Luna: Meine Brustkrebserkrankung liegt 3 Jahre zurück. Es war keine Lymphknotenbeteiligung. Trotzdem bin ich übersensibel, wenn es irgendwo ziept. Ich hatte plötzlich am Handgelenk Verhärtungen und dachte, jetzt bist Du dran. Aber die Diagnose ist Schmorlsche Knorpelknötchen. Was immer das ist. Anders als mein Handgelenk sehe ich meine Knochen nicht. Woher weiß ich, dass da kein Krebs ist?

Prof. Dr. med. Ingo Diel:

Wissen können Sie das natürlich nicht. Zunächst sei auch heute vorausgeschickt, dass die meisten Patientinnen mit Brustkrebs (ca. 85 %) geheilt werden, d. h., das Risiko für Knochenmetastasen liegt zwischen 10 und 15 %. Knochenmetastasen treten typischerweise in der Wirbelsäule, in den Beckenknochen, in den Rippen und in den körpernahen Anteilen der Oberarm- und Oberschenkelknochen auf. In den Unterarm- und Handknochen sowie Unterschenkel- und Fußknochen sind Metastasen extrem selten. Sollten Sie andauernde Schmerzen in einem der zuvor genannten Anteile haben, ist eine Abklärung mit radiologischen Techniken sinnvoll.

Corinna: Ich stehe vor der schweren Entscheidung, ob ich eine Chemotherapie oder eine Antihormontherapie machen soll. Meine Tumordaten in Kürze: T2 (mult), G2, N1a, ER und PR pos., HER neg., KI 67 2 Prozent, Oncotypescore 21. Das Oncotype-Ergebnis hat mich über den Nutzen einer Chemotherapie sehr verunsichert. Könnte Prof. Diel eine Aussage darüber machen, was weniger Knochen- und Organmetastasen nach sich zieht?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die Beantwortung dieser Frage ist nicht einfach. Zwar spricht  die Biologie des Tumors nicht für eine hohe Aggressivität, allerdings die multiplen Herde in der Brust und der oder die befallenen Lymphknoten. Auch den Onkotype kann man nur beurteilen, wenn man angibt, um wieviel Prozent man das Sterberisiko durch Antihormontherapie oder Chemotherapie senken kann. Leider habe ich diese Informationen nicht. Sollten Sie in einem Alter sein, im dem die Wechseljahre vorüber sind, wäre wahrscheinlich eine antihormonelle Therapie ausreichend. Aber, wie gesagt, dazu fehlen Ihre Angaben.

Dorle: Guten Tag, zur Einnahme von Acara 35 mg habe ich die Frage, ob es schlimm ist, wenn ich das Medikament gegen Mitternacht (ich gehe immer sehr spät schlafen!) schlucke. Dann habe ich cá 6 Std. nichts mehr gegessen! Hoffentlich habe ich nichts falsch gemacht? Danke im Voraus, Dorle

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich weiß zwar nicht, warum Sie das Bisphosphonat einnehmen. Vermutlich wegen einer Osteoporose oder zur Vermeidung von Knochenmetastasen. Die Einnahme gegen Mitternacht halte ich nicht für so sinnvoll, ich würde empfehlen, die Tablette einmal pro Woche morgens nüchtern einzunehmen und 45 bis 60 Minuten nüchtern zu bleiben. Das ist wichtig, damit die Aufnahme des Medikaments nicht durch calciumhaltige Speisen oder Getränke (z. B. Milch) gestört wird. Nach dieser Stunde können Sie essen und trinken, was Sie wollen. Ich empfehle die Einnahme vor dem Schlafengehen nicht, weil in seltenen Fällen aus dem Magen die Substanz in die Speiseröhre zurückgelangen kann (so genannte Refluxerkrankung). Dieses Problem haben Sie morgens nach dem Aufstehen nicht.

Dany: Man hört sehr unterschiedliche Einzelheiten. Meine Mutter hat nach einer Brustkrebsop. 25 Bestrahlungen, ihre Freundin nur 8. Das verunsichert natürlich. Wie kommt das zustande? Was für ein Risiko lässt sich daraus ableiten für mögliche Metastasen z.B. in den Knochen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ein Metastasierungsrisiko, z. B. in den Knochen, hat nicht unbedingt etwas mit der Bestrahlung der Restbrust zu tun. Diese postoperative Bestrahlung dient hauptsächlich der Reduzierung des Risikos eines Rezidivs in der Brustdrüse. Es gibt unterschiedliche Bestrahlungsschemata. Z. B. wissen wir aus den Untersuchungen der letzten Jahre, dass es in einigen Fällen, z. B. bei kleinen Tumoren, durchaus sinnvoll sein kann, die Bestrahlungszahl zu reduzieren. Ich denke, dass ist eine Erklärung für die unterschiedliche Häufigkeit bei Ihrer Mutter und ihrer Freundin. Um in Ihrem speziellen Fall eine definitive Antwort zu erhalten, empfehle ich eine Zweitmeinung bei einem Strahlentherapeuten.

Lucky: Bei Krebs und gerade bei Brustkrebs mit einem sehr differenzierten Ansatz versucht man ja immer mehr Kombinationspräparate für eine individuelle, zielgerichtete Therapie einzusetzen. Gibt es da eine medizinische oder ethische Grenze?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Der Sinn einer zielgerichteten Therapie besteht darin, dass man mit spezifischen Medikamenten ganz bestimmte Tumortypen behandeln kann und andere nicht. Alleine das kann die Patientin schon vor einer Übertherapie bewahren. Oft, aber nicht in jedem Fall, ist auch eine Chemotherapie sinnvoll. Der Einsatz von Medikamenten wird durch wissenschaftliche Leitlinien geregelt, die sich aus der Analyse klinischer Studien ergeben. Die ethischen Grenzen sind erreicht, wenn man Medikamente einsetzt, von denen man sich keinen Nutzen verspricht oder deren unerwünschte Wirkungen und Komplikationen einem minimalen Nutzen gegenüberstehen. Dies gilt insbesondere für die fortgeschrittene Situation der Erkrankung, bei der der Erhalt der Lebensqualität im Vordergrund stehen sollte.

U.P.: Vor 5 Jahren wurde mir im Rahmen der Krebstherapie das Medikament Tamoxifen verschrieben. Aus einer amerikanischen Studie geht hervor, dass nach 5jähriger Therapie mit Tamoxifen das Präparat Letrozole verschrieben werden soll. Wird diese Therapie auch in Deutschland angeboten bzw. wird dieses Medikament in Deutschland verschrieben? Vielen Dank für eine Antwort.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Selbstverständlich wird in Deutschland auch das Medikament Letrozol (Aromatasehemmer) verschrieben. Die so genannte verlängerte endokrine Therapie (für zehn Jahre) ist insbesondere bei Frauen mit mittlerem und erhöhtem Rezidivrisiko sinnvoll. Auch die Behandlung mit Tamoxifen über zehn Jahre gehört zu diesen Langzeit-Therapien. Ich wende sowohl die Wechselbehandlung Tamoxifen / Letrozol als auch die 10-Jahres-Behandlung mit Tamoxifen an. Für welche Therapie ich mich dabei entscheide, mache ich auch von der Verträglichkeit der Substanzen abhängig.

London: Meine Frau hatte vor knapp 20 Jahren Brustkrebs. Der Tumor wurde operativ entfernt. Die ganze Zeit war Ruhe. 2014 war die Ruhe vorbei. Es hatte sich an gleicher Stelle wieder ein Tumor gebildet und der streute. In die Knochen und Leber. Meine Frau bekam eine Chemo. Sie hat wahnsinnige Schmerzen und ist auf einer Palliativstation. Mich treibt die Frage um, ob wir etwas falsch gemacht haben? Wir haben uns gern in der trügerischen Sicherheit gewiegt, alles sei in Ordnung. Hätten man auch nach 10 und 15 Jahren Kontrolluntersuchungen machen müssen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich kann gut verstehen, dass man nach zwanzig Jahren nicht mehr mit der Krankheit konfrontiert werden möchte. Dass nach einem so langen Zeitraum tatsächlich die Krankheit nochmal wiederkehrt, ist selten. Eine jährliche Ultraschalluntersuchung oder Mammographie ist aber auch nach längeren Zeiträumen noch sinnvoll. Das ist aber nicht das Problem, das Ihre Frau derzeit hat. Ich vermute, dass die Schmerzen von den Knochenmetastasen stammen. Die beste Behandlung gegen Knochenschmerzen ist die Strahlentherapie der betroffenen Skelettanteile. Die Schmerzreduktion tritt aber oft erst nach wenigen Wochen ein. Bis dahin muss eine sinnvolle Schmerztherapie erfolgen. Die Basistherapie ist die Anwendung einer osteoprotektiven Substanz (Denosumab / Xgeva oder ein Bisphosphonat), des Weiteren ein Opioid und weitere Schmerzmedikamente (z. B. Diclofenac oder Gabapentin oder andere). Schmerzmediziner und Palliativmediziner sollten sich mit dieser Behandlung auskennen.

Meta: Meine Schwester (46) hatte Brustkrebs. Chemo hat nichts geholfen (sie war in einer Studie) Die Brust war rot (lt. Arzt kein inflammatorischer Brustkrebs) und wurde abgenommen. Bestrahlung erfolgte nicht. Lymphknoten waren nicht befallen. Dann sollte sie Tamoxifen nehmen, hat sie nach ein paar Wochen abgesetzt, weil es ihr damit schrecklich ging. Ein MRT von Wirbelsäule und BEcken zeigte, dass sie einen zerfressenen Wirbel hat und insgesamt hat sie sehr starken Leistungsabfall. Von dem Wirbel weiß ich nicht, ob es Osteoporose oder eine Metastase ist. Wäre es nicht sinnvoll mal ein Ganzkörper MRT zu machen?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Typischerweise erkennt man Knochenmetastasen in einem so genannten Knochenszintigramm. Sollte ein Zweifel bestehen, ob der positive Befund im Szintigramm eine Metastase ist oder nicht, muss von der betroffenen Region eine MRT erfolgen. Vielleicht wissen Sie nicht, ob der betroffene Wirbel von einer Osteoporose oder einer Metastase betroffen ist, Ihr behandelnder Arzt sollte es allerdings wissen. Ansonsten empfehle ich das zuvor erwähnte Vorgehen.

Lu_Prange: Meine Mutter leidet zum zweiten Mal unter Brustkrebs. Beim ersten mal hatte sie Glück keine befallenen Lymphknoten. Das ist jetzt anders. Die rechte Brust wurde abgenommen. Unsere große Sorge gilt den Knochen. Wie kann meine Mutter die Knochen gesund erhalten. Man kann da doch sicherlich was tun. Meine Mutter ist 61 Jahre alt.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Die wichtigste Voraussetzung für einen gesunden Knochen ist eine knochengesunde Lebensweise (d. h. Sport - insbesondere Gewichtstraining - und ausreichend Calcium und Vitamin D). Des Weiteren empfehle ich Ihnen, meine Antworten zur Frage zwei und drei der heutigen Sprechstunde durchzulesen. Dort können Sie sehen, dass Bisphosphonate hilfreich sind, das Risiko für Knochenmetastasen zu senken.

MODERATOR:
Wir unterbrechen unsere Sprechstunde für  eine kurze Pause. Die Beantwortung Ihrer Fragen setzen wir in wenigen Minuten fort.

Lübbener: Was ist mit diesen zielgerichteten Therapien? Wie individuell sind die? Wie vereinbar ist das mit den Leitlinien?

Prof. Dr. med. Ingo Diel:

Zu dieser wichtigen Frage habe ich bereits eine ausführliche Antwort gegeben. Ich bitte Sie, in der heutigen Experten-Sprechstunde nach der Frage von Lucky zu suchen. Die dort gegebene Antwort kann auch Ihnen weiterhelfen.

Klopsch: Das mit dem Kontrastmittel ist ja so eine Sache. Man weiß, dass sich das ablagert u.a. im Gehirn. Man weiss aber offenbar noch nicht, wie schnell und was das dann bedeutet. Kümmert sich jemand wissenschaftlich um eine Alternative?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Bedauerlicherweise kann ich mit Ihrer Frage wenig anfangen. Kontrastmittel gibt man insbesondere in der Röntgendiagnostik, wenn man Hohlräume sichtbar machen möchte (Nieren, Gefäße und andere). Das sich Kontrastmittel im Körper ablagern, insbesondere im Gehirn, ist mir neu. Typischerweise werden Kontrastmittel zügig wieder aus dem Körper ausgeschieden. Deswegen ist eine gesunde Nierenfunktion wichtig und das Fehlen von Kontrastmittelallergien.

Langeloh: Immer wieder gibt es Meldungen, dass Wissenschaftler den genetischen Code einer Krankheit entschlüsselt hätten. Da stellt sich mir die Frage, ist der denn bei jeder Krankheit anders?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Dass man den genetischen Code einer Erkrankung entschlüsselt hat, halte ich für eine unklare Aussage. Man hat herausgefunden, dass es bei manchen Erkrankungen Fehler oder Änderungen im genetischen Code gibt. Das kann durchaus hilfreich sein, um Risikopatienten herauszufiltern und entprechende prophylaktische Maßnahmen zu ergreifen. Die meisten derzeit bekannten Tumorerkrankungen sind nach heutigem Wissen nicht genetisch bedingt. Das beste Beispiel ist das Auftreten von Lungenkrebs nach jahrelangem Zigarettenkonsum. Da liegt es auf der Hand, dass der genetische Code damit nichts zu tun hat.

Hanni_K: Finde die Therapiealternativen kommen zu kurz. Ich wurde mit der „optimalen Therapie“ konfrontiert und ich erfuhr nichts über andere. Wie habe ich als Patientin eine Wahl, um die damit verbundenen Risiken einzuschätzen? Ich möchte beteiligt sein an dem Findungsprozess auch wenn die Kompetenz bei den Ärzten liegt und es mühsamer ist für die behandelnden Ärzte. Wo finde einen solchen Arzt südlich-westlich der Mainlinie, der mir unterschiedliche Möglichkeiten aufzeigt und mich einbezieht?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Da haben Sie einen extrem wichtigen Punkt angeschnitten. Auch ich bin der Ansicht, dass sich die Ärzte kaum mehr die Zeit nehmen, mit ihren Patienten die Therapiealternativen zu besprechen. Nicht zuletzt aus menschlichen und ethischen Gesichtspunkten gehört dies zur Basisarbeit eines jeden Mediziners. Wenn Sie unsicher über die Entscheidungen Ihrer Ärzte sind, empfehle ich, eine Zweitmeinung einzuholen. Südwestlich der Mainlinie kann ich natürlich mich und meine Praxis empfehlen (Mannheim).

Ariane: Meine Schwester ist die „Tankstelle“ unserer krebskranken Mutter. Sie gibt sich völlig auf, will keine Auszeit nehmen und unsere Mutter klammert sich an sie und saugt ihr die Kraft raus. Meine Mutter erkennt nicht, dass es ein großes Risiko auch für sie selbst ist, wenn meine Schwester zusammenklappt. Was kann ich tun, damit meine Schwester nicht auch schwer krank wird in dieser Situation?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Das ist leider eine klassische Auswirkung bei Tumorerkrankungen, dass der oder die Kranke sich an eine Bezugsperson klammert. Ich kann verstehen, dass dies Ihre Schwester sehr belastet. Wenn eine Situation erreicht ist, bei der es allen schlechter geht als zuvor, empfehle ich ein beratendes Gespräch zu dritt bei Ihrem Onkologen oder noch besser, bei einem dafür ausgebildeten Psychoonkologen oder Coach.

Wurster: Womit haut man den Tumorzellen im Knochen am erfolgreichsten auf den Kopf? Ich finde dieses Bild hilfreich, denn das möchte ich den ganzen Tag machen und habe dieses Bild fest in meinem inneren verankert. Immer wenn diese Miststückzellen am Knochen wieder den Kopf recken, kriegen sie unglaublich was auf den Kopf. Aber warum kommen da immer wieder neue, obwohl alles gemacht wird, um die Metastasen am Becken und Oberschenkelknochen zu eliminieren?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Wie schon bei vielen Fragen am heutigen Abend erwähnt, ist die Therapie von Knochenmetastasen manchmal kompliziert. Die beste Behandlungsmethode ist und bleibt die Strahlentherapie, insbesondere bei schmerzhaften Knochenmetastasen. Parallel dazu sollte auch eine antihormonelle Therapie oder eine Chemotherapie durchgeführt werden. Was davon eingesetzt werden soll, kann nur Ihr Onkologe beurteilen. Eines ist aber von größter Wichtigkeit, am besten "haut man den Zellen auf den Kopf", in dem man eine Basistherapie mit osteoprotektiven Substanzen (Denosumab / Bisphosphonaten) durchführt.

Gabby: Ich habe in einem Seminar gelernt, dass viele heilende Substanzen in unseren täglichen Lebensmitteln sind wie z.B. Lykopin in Tomaten, Resveratrol in Wein, Sulfide in Knoblauch und Zwiebeln, dass diese bioaktiven Substanzen eine Chemotherapie erleichtern kann. Wer sagt mir aber jetzt ab welcher Menge, das Ganze wirksam wir? In der Regel kann man so viel gar nicht essen, wie notwendig wäre. Gehe ich es kaufen in Tablettenform oder ähnlich, weiß ich nicht, ob es sich um künstliche Nachbildungen handelt. Befinde mich in einem Dilemma, weil ich viele Informationen gesammelt habe, ohne verlässliche Anwendungshilfe. Geht es nur ums Verdienen? Was sagt Prof. Diel dazu?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich kann Ihre Fragen und Unsicherheiten gut verstehen. Sie müssten leider sehr viel Rotwein trinken, um einen ausreichenden Effekt auf die Tumorzellen zu erreichen. Ob diese Substanzen auch hilfreich sind, um die Auswirkungen einer Chemotherapie einzudämmen, ist unklar. Wenn ich Ihnen einen Rat geben kann, dann empfehle ich Ihnen, regelmäßig Sport zu treiben (hilft gegen Fatigue-Syndrom) und sich gesund zu ernähren. Darunter verstehe ich auch, eine Reduktion von Kohlenhydraten in Form von Zucker. Alle pflanzlichen Inhaltsstoffe, von denen wir wissen, dass sie einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben, können empfohlen werden. Ein echter Wirksamkeitsnachweis steht aber noch aus.

Lisa: Was ist besser bei Knochenmetastasen Bestrahlung oder medikamentös?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Diese Frage kann man nicht alternativ beantworten. Die Strahlentherapie ist von großer Bedeutung, insbesondere bei schmerzhaften Metastasen. Zusätzlich sollte eine Basistherapie mit Osteoprotektiva (Denosumab / Bisphosphonat) erfolgen. Die Anwendung anderer Medikamente hängt vom spezifischen Erkrankungsbild ab, zumeist werden antihormonelle Medikamente eingesetzt.

Liebe_3: Am 28.09.2014 wurde mir die linke Brust abgenommen. Diagnose: Multifikales mäßiggrad. diff. invasiv-lobuläres Mammacarzinom. Stadium pT2(m)G2, pNO(o/13)RO, MO, ER(70%), score6/PR(2o%) score 4, c-neu/HER-2neg. Ich bekam Tamoxafin. Meine Freundin hatte fast zeitgleich Brustkrebs und wurde auf Aromatasehemmer umgestellt, weil dann auch noch die Knochen besser vor Metastasen geschützt sein sollen. Stimmt das, oder bringe ich was durcheinander? Das ist wichtig für mich, weil ich dann auch so eine Umstellung für mich ins Gespräch bringen möchte.

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Grundsätzlich wissen wir,  dass die Aromatasehemmer den Knochen mehr angreifen, als Tamoxifen (im Hinblick auf eine mögliche Osteoporose). Wenn Sie Tamoxifen nehmen und Sie vertragen es gut, dann können Sie es getrost weiter nehmen. Sollten Sie aber die Wechseljahre bereits hinter sich haben, dann können Sie auch Aromatasehemmer nehmen, die geringfügig wirksamer sind als Tamoxifen. Sollten Sie Aromatasehemmer nicht vertragen, können Sie auch wieder auf Tamoxifen zurückgehen. Eine Knochendichtemessung zur Abschätzung des persönlichen Osteoporoserisikos ist in beiden Fällen sinnvoll. Des Gleichen eine knochengesunde Lebensweise zur Prophylaxe (siehe oben, Antwort Gabby).

Softy: Ist da ein Unterschied zwischen Wirbelkörpermetastasen und Skelettmetastasen, außer, dass das Skelett den ganzen Körper umfasst?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Selbstverständlich sind Wirbelkörpermetastasen auch Skelettmetastasen (nämlich in der Wirbelsäule). Skelettmetastasen können aber auch in anderen Knochen auftreten (z. B. Beckenknochen oder Oberschenkel).

Chr_Wagner-1: Grunderkrankung ist Brustkrebs. Kriegt man leichter Metastasen im Knochen, wenn schon eine Osteoporose besteht?

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Dafür gibt es keine Hinweise. Trotzdem würde ich dringend empfehlen, die Osteoporose zu behandeln. D. h. knochengesunde Lebensweise (siehe oben) und Osteoprotektiva (Denosumab / Bisphosphonate).

Prof. Dr. med. Ingo Diel: Ich bedanke mich für die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde und die vielen interessanten Fragen. Zum Abschluss wünsche ich Ihnen allen einen angenehmen Abend.



Ende der Sprechstunde.