ITP: Die Angst vor inneren Blutungen
PROTOKOLL
ITP: Die Angst vor inneren Blutungen
MODERATOR: Wir beginnen um 19 Uhr.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Gern können Sie Ihre Fragen auch live während der heutigen Text-Sprechstunde (ohne Video/Audio-Verbindung) eingeben. Wir werden diese Fragen gern berücksichtigen.
Horst_Reuters: Was für Möglichkeiten gibt es, die Anzahl der Thrombozyten und auch eine Verbesserung der Leukozyten zu erreichen?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Da kommt natürlich auf die Erkrankung an, warum eine erniedrigte Anzahl der Leukozyten vorliegt. Zumeist muss man die Grundkrankheit behandeln. Es gibt aber auch spezifische Medikamente, die zum einen nur die Thrombozyten oder zum anderen nur die Leukozyten verbessern.
FrankMarquardt: Findet sich bei der Werlhofkrankheit immer okkultes Blut im Darm? Oder anders herum, wenn das nicht da ist, ist es auch keine ITP?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Beides, okkultes Blut im Darm und eine ITP sind völlig verschiedene Dinge. Okkultes Blut im Darm ist häufiger ein Kennzeichen für eine Darmerkrankung. Eine ITP äußert sich häufig durch Hautblutungen (Pitechien), oder Zahnfleischbluten, oder Nasenbluten. Natürlich gibt es auch das Zusammentreffen von okkultem Blut einer ITP. Also okkultes Blut im Darm kann man auch haben, wenn keine ITP vorliegt. Okkultes Blut im Darm MUSS immer abgeklärt werden.
Norma_Kay: Ist es schwierig eine ITP zu diagnostizieren? Ich habe gelesen, das geht über eine Ausschlussdiagnose. Warum so kompliziert? Ich dachte die Blutwerte und Zusammensetzung sind das sicherste Zeichen.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Sie haben richtig gelesen, die Diagnose einer ITP ist eine Ausschlußdiagnose. Man muss erst alle anderen möglichen Ursachen für niedrige Thrombozytenwerte abklären. Es gibt keine beweisende Untersuchung für das Vorliegen einer ITP. Am ehesten als Beweis kann man den Nachweis von Autoantikörpern gegen Thrombozyten annehmen.
Björn Trüper: Corona Impfung trotz ITP Auch bei der Impfung mit mRNA Impfstoff weist das Paul Ehrlich Institut als Nebenwirkung eine ITP aus. (Weniger häufig als mit Astra - aber eben auch) Ist es denkbar, dass die Impfung die ITP verschlimmert? Wie soll man sich nach Impfung verhalten? Blutkontrollen? In welchen Abständen? Habe große Sorge, dass dies bisher nicht aufgefallen sein könnte, da ITP so selten und möglicherweise bisher nur wenige damit geeimpft wurden. Meine Impfung war diesen Sa mit Moderna.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Zu allererst, alle Patienten sollten sich gegen Corona impfen lassen. Wenn man eine ITP hat und momentan die Thrombozytenwerte extrem niedrig sind, dann muss man das natürlich dem impfenden Arzt sagen, sonst gäbe es eine intramuskuläre Blutung bei der Injektion in den Oberarm. Darüberhinaus gibt es keine Gründe als ITP-Patient, sich gegen eine Impfung auszusprechen. Ja, ganz vereinzelte und seltene Fälle sind beschrieben, wo die Thrombozytenwerte in Zusammenhang mit einer Impfung vorübergehend niedrig werden. Aber das ist allgemeiner Meinung nach kein Grund, eine Impfung gegen Corona hinauszuzögern, denn dies ist ein sehr, sehr seltenes Ereignis.
Jasmin_Schalke: Ich weiß, dass die Krankheit in sogen. Scores eingeteilt wird. Ab welchem Score besteht die Gefahr von inneren Blutungen, die möglicherweise unbemerkt bleiben?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: In solche "Scores", wie Sie das schreiben, teilen wir die ITP nicht ein. Es gibt eine akute, persistierende, oder chronische ITP. Je niedriger die Thrombozyten, desto höher die Gefahr von inneren Blutungen. Damit meine ich aber sehr, sehr niedrige Werte unter 10. Insgesamt sind spontane innere Blutungen ein seltenes Ereignis.
Meli_Sahin: Es geht um meine alleinlebende Mutter. Was ist eine Schockblutung in Zusammenhang mit dem Werlhofsyndrom? Meldet sich das vorher an, so dass man diese Vorboten erkennen und noch handeln kann?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Eine "Schockblutung" ist eine Blutung von großen Mengen Blut, die mit einem Schock, bzw. Kreislaufversagen einhergeht. So etwas kündigt sich leider nicht vorher an. Ist allerdings auch sehr selten und passiert eher z.B. nach einem Unfall, oder einem Trauma, oder bei einer Magenblutung von einem vorher unerkannten Magengeschwür.
Woderich: Nimmt die Gefahr innerer Blutung mit höherem Lebensalter zu?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Ja, davon kann man ausgehen. Trotzdem ist und bleibt das ein sehr seltenes Ereignis, dass eine innere Blutung auftritt. Die höchste Gefahr einer inneren Blutung ist die Magenblutung bei einem Magengeschwür. Die Vorstellung, dass einfach mal ein großes Blutgefäß im Körper platzt und man so innerlich verblutet ist extrem unwahrscheinlich und habe ich so noch nie gesehen.
Riek: Ich habe kleine Blutpunkte zwischen Rippen und Schamhaaren, aber nicht an den Beinen. Ist das trotzdem ein Hinweis auf eine ITP?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: So etwaqs, was Sie schildern könnten kleine Hautblutungen sein, die man Petechienen nennt. So etwas könnte ein Hinweis auf eine ITP sein. Aber Sie haben Recht, solche kleinen Blutpunkte auf der Haut sieht man häufiger und typischererweise an den Beinen.
Wolff.ST: Wann spricht man von einer akuten ITP? Heißt ja im Umkehrschluss, es gibt auch eine stille oder ruhende Erkrankungsphase.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Eine akute ITP ist eine ganz neue entdeckte oder neudiagnostizierte ITP. Das bedeutet nicht, wie Sie sagen, dass es im Umkehrschluss eine stille oder ruhende ITP gibt, sondern die Fortführung des Begriffes ITP ist die persistierende oder die chronische ITP.
Akut: Neu und erstmalig aufgetreten.
Persistierend: Die Erscheinungen der ITP bleiben bestehen.
Chronisch: Die ITP bleibt länger als ein Jahr bestehen.
Aryan: Meine Mutter hat mit Anfang 60! eine Morbus Werlhof Erkrankung entwickelt. Zwei Dinge frage ich mich. Kann das stimmen, oder wurde den Symptomen früher nicht nachgegangen und die Erkrankung wurde nicht erkannt? Seit der Diagnose beobachte ich, dass sie öfter erkältet ist, auch mal eine Bronchitis oder Mittelohrentzündung hat. Besteht da ein Zusammenhang?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Doch es kann sein, dass Ihre Mutter mit Anfang 60 eine Morburs Werlhof-Erkrankung entwickelt hat. Also die Erkrankung wird mit dem 60. Lebensjahr erstmalig diagnostiziert und war vorher nicht da. Vielleicht hängt Ihre Beobachtung, dass Ihre Mutter manchmal eine Bronchitis oder Mittelohrentzündung hat mit einer speziellen Therapie der ITP zusammen. Wenn z.B. Ihre Mutter länger oder häufiger mit Cortison (Steroide, Prednison, Dexamethason) behandelt wurde oder wird, dann folgt daraus manchmal ein erhöhtes Risiko von Infekten.
Kai Schauer: Seit 15 Jahren Werlhof, bisher gut im Griff, plötzliche Eskalation. Was kann der Auslöser sein? Es besteht akute Gefahr innerer Blutungen.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Ein Auslöser könnte eine vorübergehende Infektion gewesen sein, die Sie vielleicht noch nicht einmal selbst bemerkt haben. Ganz häufig ist und bleibt es aber ein Rätsel, warum eine über Jahre chronische und stabile ITP sich plötzlich akut verschlechtert.
Grechler: Ist die Lebenserwartung für ITP-Patienten eingeschränkt???
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: In der Regel nicht, wenn Sie bei einem Facharzt in Betreuung sind und die Erkrankung gut unter Kontrolle ist. In ganz vereinzelten Fällen lässt sich die ITP nicht gut steuern und nicht gut kontrollieren, und dann ist die ITP natürlich auch eine gefährliche Erkrankung bei der im konkreten Einzelfall die Lebenserwartung kürzer ist, als wenn man keine ITP hat.
Baumgärtner64J: Kann mich eine wöchentliche Spritze von der täglichen Tabletteneinnahme befreien?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Ja genau, diese Möglichkeit gibt es. Es gibt Medikamente, die die Thrombozytenzahl erhöhen, indem sie die Produktion von Thrombozyten im Knochenmark ankurbeln. Solche Medikamente nennt man in abekürzter Form: TPO-RA. Im Prinzip gibt es zwei Alternativen: Täglich Tabletten oder einmal pro Woche eine Spirtze subkutan (unter die Bauchhaut). Für manche Patienten ist in ihrem Alltag mal das eine mal das andere eine bevorzugte Therapieform. Abgesehen davon, dass sich solche Medikamente natürlich auch hinsichtlich Wirksamkeit und Nebenwirkungen etwas unterscheiden. Aber ja, um auf Ihre Frage zurückzukommen, eine einmal wöchentliche Spritze kontinuierlich gegeben, kann einen von der täglichen Tabletteneinnahme befreien.
Walker: Ich informiere mich immer weiter, wo die Gelegenheit dazu ist und freue mich, dass ich hier eine Frage stellen kann. Bin noch Neubetroffener. Ich weiß inzwischen, Blut besteht aus einer ganzen Reihe unterschiedlicher Einzelsubstanzen, die alle ihre Aufgabe haben. Thrombozyten sorgen dafür, dass kleine Wunden sich wieder verschließen und was machen die noch? Warum bin ich erschöpft, je weniger ich davon habe?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Sehr richtige und wichtige Frage! Denn eigentlich haben die Thrombozyten mit Leistungsfähigkeit und Fitness nichts zu tun. Ihre Aufgabe ist es, so wie Sie gesagt haben, dass sich Wunden wieder verschließen und Blutungen wieder gestoppt werden. Aber trotzdem ist es so, das Patienten mit einer ITP und niedrigen Thrombozyten ganz häufig über eine Müdigkeit und Erschöpfung klagen. Das ist ein ganz bekanntes Phänomen von ganz vielen ITP-Patienten. Sie sind damit bei weitem nicht allein. Leider hat jedoch die Medizin noch keine gute Therapie gegen diese Müdigkeit und Erschöpfung gefunden. Diese Müdigkeit und Erschöpfung nennt man übrigens "Fatigue" und man will damit sagen, dass es den Betroffenen gar nicht hilft, viel zu schlafen, denn trotzdem bleibt die Müdigkeit und Erschöpfung bestehen. In der Regel behandelt der Arzt die ITP und zumeist kann das erfolgreich geschehen, nämlich dass die Thrombozyten wieder ansteigen. Leider ist es so, dass mit ansteigenden Thrombozyten die Müdigkeit und die Erschöpfung nicht besser werden. In meiner großen ITP-Sprechstunde habe ich sogar den Eindruck, dass die Müdigkeit und die Erschöpfung das am allermeisten beklagte Symptom ist und die Patienten sogar viel mehr beeinträchtig, als eine Blutungsneigung, die man ja mit höheren Thrombozyten in den Griff bekommt.
Rakete: Das Thema spricht mir aus der Seele. Stimmt es, dass jedes Jahr nur wenige Patienten dazukommen? Aber wenn man selbst betroffen ist und darüber spricht, hört man plötzlich, dass jemand jemanden kennt, der das auch hat. Das beruhigt etwas, aber ich bin noch am Anfang und habe ganz große Angst davor, dass etwas passiert, was ich nicht gleich merke, z.B. eine innere Blutung. Entstehen daraus möglicherweise weitere Komplikationen. Wie verliere ich diese Angst?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Ja, es wäre gut, wenn Sie mit anderen ITP-Patienten sprechen könnten. Es gibt einige, wenige Möglichkeiten, wo sich ITP-Patienten zum Austausch treffen; das sind sogen. ITP-Selbsthilfegruppen. Dazu bin ich aber nicht im einzelnen informiert, wann, wo und wie häufig sich solche Patientengruppen treffen. In früheren Zeiten war ich selbst bei solchen Treffen Gast und stand bei solchen Gelegenheiten den Patienten mit Rat und Erklärungen zur Verfügung. Wichtiger dabei aber war, dass sich die ITP-Patienten austauschen und sich gegenseitig ihren Krankheitsverlauf erzählen. Bei solchen Gelegenheiten kann es gut dazu kommen, dass man diese Angst verliert. Zu Ihren Fragen: Ja, es stimmt, die ITP ist eine seltene Erkrankung. Es kommen jedes Jahr nur wenige neue Patienten dazu. Meistens begegnen sich die Patienten im Wartezimmer bei den Fachärzten und auch so kann man ins Gespräch kommen und über seine Ängste reden und diese dann hoffentlich auch verlieren. Angst ist natürlich eine ganz normale Reaktion des Körpers. Wenn Sie dann erleben, dass Ihre ITP durch eine Therapie besser wird und die Thrombozytenwerte steigen und Sie dann weniger blaue Flecken oder Petechien haben, dann wird auch die Angst abnehmen.
Lesser: Werden die Thrombozyten im Labor wirklich ausgezählt, oder macht das eine Maschine? Wie geht das und wie errechnet sich daraus dann der Wert?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Üblicherweise macht das eine Maschine. Das ist vollkommene Routine. Nur wenn die Thrombozytenwerte sehr niedrig sind schaut jemand mit dem Mikroskop den Blutausstrich an und zählt die Thrombozyten wirklich selbst.
Peter-Reinecke: Ich habe gehört, dass eine reduzierte Thrombozytenbildung heilbar sein kann. Wovon hängt das ab? Es wäre sehr schön, dieses Problem grundsätzlich los zu werden. Es ist immer im Hinterkopf und schlimmer noch, da ist eine gewisse Angst, dass die Krankheit sich verselbständigt und durch Blutungen innere Organe schädigt.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Leider kann man bei einer chronischen ITP keine Heilung durch Medikamente planen. Es kommt aber vor, dass sich die ITP wieder verflüchtigt, oder durch eine Therapie so gut unter Kontrolle ist, dass man die ITP gar nicht mehr erkennen kann. Also, dass es quasi wie eine Heilung aussieht. Vielleicht also gibt es Patienten, die dann gar nicht mehr eine ITP haben. Bleiben Sie hoffnungsvoll gestimmt. So eine "Spontanheilung" kann vorkommen.
Mascha: Stimmt es wirklich, dass sich das Blut umfassend verändert in der Zusammensetzung, wenn man eine Hauptmahlzeit eingenommen hat? Wirkt sich das auch auf Thrombozyten aus, oder nur auf den Zuckerspiegel? Das ist ja bekannt. Was bedeutet das für die Fließfähigkeit, ggf. Blutungen?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Nein, die Zusammensetzung einer Hauptmahlzeit hat gar keinen Einfluss auf die Thrombozyten. Aber natürlich auf den Blutzuckerspiegel, wie Sie ja sagen und wie es bekannt ist. Niedrige Thrombozyten haben mit der Fliessfähigkeit des Blutes nichts zu tun. Dafür aber mit der Fähigkeit des Blutes, Blutungen wieder zum Stillstand zu bringen (wenn die Thrombozytenwerte gut genug sind).
Anna.Winkler: Ich weiß, dass Blutplättchen eine wichtige Rolle bei der Blutgerinnung spielen. Was ist die unterste Grenze bei einer ITP, dass diese Funktion lahm legt? Und was passiert dann? Wunden schließen sich nicht und gibt es auch Blutungen die nach „innen“ gehen?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Blutplättchen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Blutgerinnung. Ein anderer wichtiger Teil ist die plasmatische Blutgerinnung. Die Fähigkeit der Thrombozyten bei der Blutgerinnung hat etwas mit der Anzahl der Thrombozyten zu tun. Wenn diese sehr viel niedriger als der Normalwert sind, ist die Blutgerinnung gestört. Und wenn diese extrem niedrig sind, so z.B: unter 10.000 oder sogar 2.000 oder 3.000, dann ist dieser Teil der Blutgerinnung so gut wie lahmgelegt.
Insa: Mein Bruder leidet seit 10 Jahren unter erheblichem Mangel an Thrombos und ist auf einer Erhaltungsbehandlung. Er hat schwankende Werte zwischen 15.000 und 150.000.Aber ich frage mich, ob nicht doch noch mehr geht. Die Wissenschaft entwickelt ja immer neue Möglichkeiten.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Es kommt in erster Linie darauf an, dass Ihr Bruder mehr oder weniger ein normales Leben führen kann, ohne bei einem geringen Anlass Blutungsanzeichen zu bekommen. Schwankende Werte sind an sich nichts ungewöhnliches bei einer ITP. Werte von 150.000 sind super, Werte von 15.000 sind beobachtungs- und behandlungsbedürftig. Eine solche Schwankung zwischen sehr niedrigen und sehr hohen Werten ist ungewöhnlich. Ja, die Wissenschaft entwickelt immer neue Möglichkeiten. Deswegen ist es gut, wenn Ihr Bruder bei einem Facharzt für Bluterkrankungen (Hämatologe) in Betreuung ist. Diese kennen die neuen Entwicklungen der Wissenschaft. In seltenen Fällen kann man sich auch an ein Spezialzentrum wenden.
Landahl: Ich neige zu Einblutungen und vermeide fliegen. Manchmal lässt sich das beruflich nicht vermeiden. Macht es einen Unterschied, ob ich Kurz, Mittel oder Langstrecke fliege?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Nein, meiner Meinung nach macht das keinen Unterschied.
Reinhard: Meine Mutter hat einen Stent in der Kniekehle (eine ungewöhnliche Stelle). Zusätzlich nimmt sie Blutverdünner ein. Kann ein solcher Stent Blutungen auslösen, ohne dass man das zunächst merkt?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Nein, ein Stent löst keine Blutung aus. Aber dass Ihre Mutter zusätzlich einen Blutverdünner einnimt, kann natürlich bei einer bestehenden ITP das Blutungsrisiko erhöhen.
Hille: Bei mir wurde die Krankheit Werlhof diagnostiziert und eine vergrößerte Milz festgestellt. Was bedeutet das für mich, kann man die Krankheit heilen? Ich bin männlich und 59 Jahre.
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Es kommt darauf an, um wie viel Ihre Milz vergrößert ist. Wenn es eine "riesige" Milz ist, dann liegt wahrscheinlich eine andere Erkrankung vor. Aber eine leicht vergrößerte Milz gibt es bei der Krankheit Werlhof. Was Sie wahrscheinlich wissen wollen ist, ob eine Entfernung der Milz die ITP-Erkrankung heilt. Ja, das ist möglich; durch eine Entfernung der Milz kann die ITP sogar verschwinden. Aber leider kann man das nicht voraussagen, ob das so sein wird. Ganz grob gesagt können die Hälfte geheilt sein, die andere Hälfte nicht. Wenn man sich nun vorstellt, dass man das erst nach einer großen Operation weiß, nämlich, wenn einem die ganze Milz herausoperiert wurde, dann ist das für viele (für die betroffenen Patienten und für die behandelnden Ärzte) eine vollkommen furchteinflößende Aussicht, dass man sich ein ganzes Organ umsonst hat herausnehmen lassen. Das wäre ja fast so, entschuldigen Sie den Ausdruck, als ob man eine Münze wirft. Deswegen ist diese Therapieform der Milzentfernung heutzutage vollkommen aus der Mode gekommen, bzw. es macht kaum einer mehr, auch weil man heutzutage sehr viele wirksame Medikamente hat. Wichtig ist auch zu sagen, dass die Milz natürlich eine gute Funktion im Körper hat und wenn die weg ist, fehlt einem ein gewisser Teil des eigenen Immunsystems.
Suse: Wir wollen mit der Familienplanung beginnen und ich frage mich, ob ich trotz einer chronischen ITP mit Werten zwischen 45.000 und 15.000 schwanger werden kann?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Ja, Sie müssen dann mit einem Hämatologen und einem Gynäkologen zusammen die Schwangerschaft betreuen lassen. In der Regel wird während der Schwangerschaft mit Immunglobulinen und / oder mit Cortison dafür gesorgt, dass die Thrombozyten hoch genug sind. 15.000 ist sicherlich ein etwas kritischer Wert für die ganze Schwangerschaft.
Grit-Kreiner: Einmal im Jahr komme ich um eine Mandelentzündung nicht herum. Ist aber nicht häufig genug, um die Mandeln entfernen zu lassen. Dann bekomme ich ein Antibiotikum. Interessanterweise nicht immer das Gleiche. Trotzdem habe ich folgendes Phänomen festgestellt, dass nämlich die Thrombozyten merklich mehr werden? Besteht da ein Zusammen und Antibiotika regen die Produktion an?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Ja, es besteht ein Zusammenhang, aber nicht der, dass Antibiotika die Produktion von Thrombozyten anregen, sondern der Zusammenhang besteht darin, dass Sie eine Infektion haben (Mandelentzündung) und Ihr Immunsystem somit aktiviert ist. Das führt bei einigen Patienten zu höheren Thrombozytenwerten, bei anderen interessanterweise zu niedrigeren Thrombozytenwerten.
Lazar: Kann sich die Tendenz zu einem Thrombozytenmangel vererben?
Prof. Dr. med. Mathias Rummel: Nein in der Regel ist das nicht vererbbar.
Mit freundlicher Unterstützung von AMGEN GmbH, München
Ende der Sprechstunde.