Achtung - bei Chemotherapie auf Knochen achten!

Dr. med. Jörg Klier
UPK (Urologische Partnerschaft Köln)
Facharzt für Urologie, Andrologie und med. Tumortherapie
Onkologisch verantwortlicher Arzt
Bernhardstr. 110
50968 Köln
 
Tel: 0221 362025
Fax: 0221 362026
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www.DrKlier.de

Ausgezeichnet mit dem Alexander von Lichtenberg-Preis 2008 von der DGU
für seine  Arbeit zur Verbesserung der ambulanten
onkologischen Betreuung von Krebspatienten


Schwerpunkte

• Medikamentöse Tumortherapie einschließlich der ambulanten Chemotherapie
• Palliativmedizin
• Erektile Dysfunktion
• Ambulante Operationen

 

Sprechzeiten:

Montag           08.00 – 17.00 Uhr
Di.-Fr.:            08.00 – 13.00 Uhr
Di. + Do.:       15.00 – 18.00 Uhr

PROTOKOLL

Achtung - bei Chemotherapie auf Knochen achten!

DR. KLIER: Wir beginnen um 19 Uhr.

Colt : Meine Mutter hat zunehmend Knochenschmerzen, angeblich durch die Chemotherapie (Brustkrebs). Es sind bisher keine Metastasen festgestellt worden. Warum tun die Knochen weh, warum immer mehr? Könnte der Experte einen Rat geben?

DR. KLIER: Knochenschmerzen unter einer Chemotherapie können einerseits verursacht sein durch die Substanzen selbst oder aber auch durch die Begleitmedikamente. Hier insbesondere so genannte Wachstumsfaktoren, die eingesetzt werden, um die Nebeneffekte der Chemotherapie abzumildern. Solange kein direkter Nachweis von Knochengeschwülsten (Metastasen) gefunden wurde, muss keine Angst bestehen, dass dieses ein Ausdruck für solche Geschwülste ist. Die bildgebenden Verfahren sind heute so sensibel, dass wir zu einer sehr frühen Zeitpunkt diesen Nachweis führen können.

Mergel : Ich trete jeden Morgen 15 Minuten in meinen Ergometer. Das hält mich ziemlich beweglich und den Kreislauf in Schuss. Was für Sport kann oder soll ich mit Knochenmetastasen machen? Gibt es Übungen, die meine Knochen stark machen? Was ist mit hochdosierten Kalzium-Tabletten?

DR. KLIER: Sportliche Aktivität, auch mit Knochenmetastasen, ist sehr vernünftig. Hier sollte nur auf eine erhöhte Sturzgefahr bei bestimmten sportlichen Aktivitäten geachtet werden. Ausdauersportarten, wie z. B. Schwimmen oder eben auch Fahrradergometer, bieten sich hierbei besonders an. Der Einsatz von hochdosierten Kalziumtabletten ist umstritten. Dieses macht nur dann Sinn, wenn zusätzlich auch ein Medikament gegen die eigentliche Knochenmetastase gegeben wird.

Buchholz : Könnte Dr. Klier erklären, was eine Metronomische Chemotherapie ist?

DR. KLIER: Dies eine sehr sehr spezielle Frage, die diesen Rahmen zur Beantwortung leider bei Weitem sprengen würde. Deshalb hoffe ich auf Ihr Verständnis, dass wir die Frage an dieser Stelle leider unbeantwortet lassen müssen.

Gatzen : Diagnose Prostatakrebs, keine Metastase. Wie kann der Urologe das mit Sicherheit behaupten? Als nächstes geht Bestrahlung los und danach soll ich operiert werden. Bei einem langjährigen Skatbruder, den ich schon 30 Jahre kenne war es andersherum. Ganz zuverlässiger Typ. Was der sagt, stimmt auch. Warum ist das bei mir anders und ich werde erst bestrahlt?

DR. KLIER: Diese Frage kann ich zunächst nur hypotethisch beanworten. Da mir hier zum Einen weder die Höhe Ihres PSA-Wertes noch die genaue histologische Beurteilung Ihres Prostatakrebses bekannt ist. Wenn wir davon ausgehen können, dass der Prostatakrebs noch auf die Prostata als solches lokalisiert ist, sollte es normalerweise ausreichen, Sie entweder nur zu bestrahlen oder eben nur zu operieren. Vielleicht hatte der Kollege etwas in der Richtung auch gemeint und den Zusatz in der Aufklärung gebracht, dass falls eine Bestrahlung alleine nicht reichen sollte, Sie danach immer noch operiert werden könnten, um von dieser Erkrankung geheilt zu werden. Ähnlich, wie bei Ihrem Skatbruder, wo es ganz offensichtlich anders herum gelaufen ist. Wenn durch die Operation der Heilungserfolg noch nicht erzielt wird, kann die Prostataloge später auch zusätzlich bestrahlt werden. Beide Vorgehensweisen entsprechen heute den Standardtherapiemöglichkeiten.

anonym : Die Chemotherapie hat meine Knochen angeblich entkalkt. So was hatte ich noch nie gehört. Das soll auch gar nicht so selten sein. Ich bin schockiert. Wenn das bekannt ist, warum wird man nicht gewarnt, oder bekommt was dagegen. Meine Chemo ist abgeschlossen und meine Knochen sollen sich nun regenerieren. Kann man das beschleunigen?

DR. KLIER: In der Tat können solche Nebeneffekte in Folge von Hormontherapien oder auch kombinierten Hormon-Chemo-Therapien entstehen. Wie so oft, ist das immer eine Frage der Risikoabschätzung, mit welcher Behandlung man Ihrer Krebserkrankung am besten beikommt einerseits und andererseits Ihre Lebensqualität nicht zu sehr beeinträchtigt. Als unterstützende Maßnahme für eine Regeneration des Knochens empfehlen wir die Kombination aus Vitamin D und Kalzium. Hierdurch bieten wir dem Knochen die entsprechende Nahrungsgrundlage, um sicher schneller wieder aufzubauen. Ausgedehnte Sonnenspaziergänge sind ebenso zuträglich. Auf eine allgemein gesunde Ernährung, mit viel Obst und Gemüse, weise ich nur am Rande hin.

DR. KLIER: Wenn dieser Effekt einzig durch eine Hormontherapie entstanden ist, besteht die Möglichkeit einer sechsmonatlichen Therapie mit RANK-3-Liganden als Subkutaninjektion. Dieser Wirkstoff beschleunigt den Knochenwiederaufbau erheblich.

Klops : Gibt es Studien darüber, ob Metastasen im Becken besser auf Bestrahlung oder auf Chemotherapie reagieren?

DR. KLIER: Das Ansprechen von Metastasen im Allgemeinen ist eher dadurch gekennzeichnet, welcher Primärkrebs der Verursacher ist. Hier gibt es Krebsarten, die entweder sensibler auf eine Strahlentherapie oder aber Chemotherapie reagieren. Konkret auf Ihre Frage bezogen sind mir keine Studien bekannt, die hier einen Vor- oder Nachteil für die eine oder andere Therapie belegen sollen. Grundsätzlich kann man aber vom Prinzip her zwei unterschiedliche Ansätze unterscheiden. Handelt es sich bei diesen Metastasen um eine einzelne schmerzhafte Metastase, würde man eine Bestrahlung favorisieren, weil hierdurch eine höhere Effektivität, auch im Hinblick auf die Schmerzfreiheit, erreicht werden kann. Bei multiplen Metastasen an verschiedenen Lokalisiationen im Becken, kann es sinnvoller sein, eine Chemotherapie durchzuführen, da hier ansonsten eine sehr hohe Strahlendosis gewählt werden müsste mit entsprechenden Kollateralschäden.

Rowdy : Kann es sein, dass bei meiner Frau durch die Chemotherapie und Bestrahlung von Knochenmetastasen an der Wirbelsäule Verengungen im Spinalkanal entstanden sind? Was macht man dagegen?

DR. KLIER: Eine Einengung des Spinalkanals kann möglicherweise in Folge einer solchen Behandlung entstehen. Dies ist eher verursacht durch den Gewebeumbau im Knochen (Fibrosierung), welcher seinerseits dann eventuell auch solch eine Einengung bedingen könnte. Leider sind solche Einengungen nicht umkehrbar. Die einzige Therapiealternative, wenn es sich hierbei um ein symptomatisches Beschwerdebild handelt, wäre eine operative Sanierung.

Fahmi : Ich habe Zahnimplantate und die große Sorge, dass sich durch die Chemotherapie (Prostatakrebs) mein Kieferknochen zurückbilden könnte. Was ist sinnvoll parallel zur Chemo, was sollte dringend unterbleiben?

DR. KLIER: Die beim Prostatakrebs eingesetzte Chemotherapie wirkt normalerweise nicht auf den Stoffwechsel des Kieferknochens ein. Allerdings können die hierbei häufig begleitend eingesetzten Medikamente zur Behandlung von Knochenmetastasen (Bisphosphonate oder RANK-3-Liganden) so genannte Nekroszonen im Kiefer hervorrufen. Dieses findet sich häufig bei Patienten, die unter Zahnfleischentzündungen leiden. Deshalb wäre es ratsam, zu Beginn oder während der Anfangsphase dieser Behandlung den Zahnarzt zu konsultieren, um hier ggf. eine Behandlung durchführen zu lassen. Dann ist das Risiko, dass es hier zu Schädigungen des Kieferknochens kommt, extrem gering.

Calle : Bin zur Vorsorge gegangen, aber nicht wirklich regelmäßig. Daher eher zufällig und unerwartet die Diagnose Prostatakrebs. Besonders schlimm ist, dass ich schon zwei Metastasen im Becken habe. Festgestellt wurde ferner, dass ich eine Behandlung zur Hormonunterdrückung mit Zoladex bekommen soll. Ist das jetzt das Richtige? Ist noch was wichtig? Dauermedikation, damit das alles unter Kontrolle bleibt und nicht in die Knochen geht?

DR. KLIER: Ja, die Hormonunterdrückung zur Behandlung des fortgeschrittenen Prostatakrebsleidens ist nach wie vor der Goldstandard. Hierzu stehen uns unterschiedliche Wirkstoffe zur Verfügung, die aber alle mehr oder weniger miteinander vergleichbar sind. Die Auswahl des Medikamentes hat Ihr behandelnder Therapeut nach seinen eigenen Erfahrungen getätigt. Mit Blick auf die Metastasen im Becken könnte man zusätzlich eine Bestrahlung der Knochenmetastasen anbieten oder - wenn diese symptomatisch wären - eben eine Unterstützung mit den oben genannten Medikamenten. Der Behandlungsansatz der Hormontherapie ist ein lebenszeitverlängernderer Behandlungsansatz. Eine definitive Heilung ist in diesem Erkrankungstadium leider nicht mehr möglich. Wir können Ihnen aber unter den uns heute zur Verfügung stehenden Medikamenten viele viele Jahre mit guter Lebensqualität ermöglichen.

Löffler : Alles hat mit Darmkrebs bei mir angefangen. Das ist jetzt aber angeblich unter Kontrolle und es geht in erster Linie darum Metastasen zu verhindern, oder rechtzeitig zu erkennen. Nach meinem Kenntnisstand sind kleinere Metastasen im Spinalkanal weder durch Röntgen, Szintigraphie noch durch Kernspintomographie zu erkennen. Heißt im Klartext man behandelt immer erst, wenn es zu spät ist. Das kann doch nicht sein. Es nimmt mir jeden Mut und ich werde zum Hypochonder, weil jeder kleinste Schmerz in dieser Ecke gedeutet wird. Kann ich irgendeine Sicherheit bekommen? Bitte dringend Dr. Klier die Frage vorlegen. Danke.

DR. KLIER: Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass Sie in Ihrer jetzigen Situation oft auch schweißgebadet nachts aufwachen und sich in Ihrer Verzweifelung nicht zu helfen wissen. Hier ist es aber von großer Bedeutung, dass Sie im engen Gespräch mit Ihren Therapeuten diese Ängste und Befürchtungen klar formulieren. Letztendlich ist es in der Tat auch heute noch für uns ein großes Problem, eben genau diese allerkleinsten Krebsabsiedlungen tatsächlich frühzeitig zu erkennen. Etwas, was in diesem Zusammenhang in der Medizin zur Zeit sehr stark diskutiert wird, sind die so genannten zirkulierenden Tumorzellen, an denen wir unsere Therapien versuchen auszurichten. Leider ist die Bestimmung dieser zirkulierenden Tumorzellen noch sehr kostenintensiv und keine Standardtherapie. Wenn aber grundsätzlich der Verdacht auf eine Streuung des Krebses in Ihrem Körper besteht, würde man normalerweise zu einer chemotherapeutischen Behandlung raten.

Wolske : Ab wann, ab welchem Stadium gibt ein Tumor in der Blase Krebszellen ab? Kann man die im Urin bestimmen? Bedeutet das dann schon Gefahr für Metastasen in Organen und Knochen? Vorbeugung?

DR. KLIER: Bei dem so genannten Blasenkrebs ist von großer Bedeutung, um welches feingewebliches Ergebnis es sich bei diesem Tumor handelt. Hierbei geht es um die Eindringtiefe in die Blasenwand. Vereinfacht kann man sich die Blasenwand wie eine ganz normale Hauswand vorstellen. Solange der Krebs auf der Tapete oder dem obersten Putz bleibt, besteht normalerweise nur ein minimalstes Risiko, dass dieser Krebs schon in den Körper streut. Sollte der Krebs aber in die tiefere Wandschicht vordringen (tieferer Putz oder Mauerwerk), ist das Krebsstreuungsrisiko deutlich erhöht. Ja, man kann im Urin sowohl direkt Krebszellen nachweisen (Zytologie) oder aber durch spezielle - sehr sensible - Antikörpertests diese Krebszellen nachweisen.

Tessmer : Bilde ich mir Knochenschmerzen ein oder ist da ein Zusammenhang zwischen Prostatakrebs und den Knochen. Angeblich habe ich keine Metastasen in den Knochen. Kann das kaum glauben, das kann man doch nur durch ein Ganzkörper-CT feststellen oder? So eine Untersuchung hatte ich aber nicht. Ich würde das auch aus eigener Tasche bezahlen, macht das Sinn?

DR. KLIER: Bei der Diagnose Prostatakrebs geht es verständlicherweise immer um die Frage, ob wir hier um ein lokalisierte oder bereits über einen in den Körper gestreuten Krebs sprechen. Als eine mögliche Orientierungshilfe kann der PSA-Wert dienen. Ist dieser noch unter 10 ng/ml so ist die Wahrscheinlichkeit, dass es zu einer Knochenabsiedelung gekommen ist, eher gering. Ganz ausschließen kann man dies aber natürlich zu 100 %. Laut der interdisziplinären Leitlinie der DGU (Deutsche Gesellschaft für Urologie) gehört eine Ganzkörperknochenuntersuchung nicht zur Standarddiagnostik, wenn dieser PSA-Wert kleiner 10 ist. Als bildgebendes Standardverfahren würde man hier zuerst eine so genannte Skelettszintigraphie empfehlen. Das von Ihnen angesprochene Ganzkörper-CT oder besser PET-CT ist keine zugelassene Standarddiagnostik in dieser Situation.

Kaukenins : Wodurch unterscheiden sich eine Knochenszintigrafie und ein Cholin Pet voneinander?

DR. KLIER: Bei der Knochenszintigraphie wird Ihnen ein Medikament verabreicht, ein so genanntes Nuklid, welches sich in den Zonen des vermehrten Knochenstoffwechsels anlagert. Dieses sind eben häufig Knochenmetastasen, könnten aber auch entzündlicher Natur sein. Bei dem von Ihnen beschriebenen Cholin-PET-CT handelt es sich um eine komplexere Untersuchungstechnik, bei der eben Schichtaufnahmen (CT) und eine Positionen Immisions Tomographie (PET) schichtmäßig übereinander gelegt werden und dadurch eine höhere Sensibilität aufweisen können. Das PET ist aber auch ein nuklear-medizinisches Diagnoseverfahren. Das Cholin-PET bietet aber auch in seiner Vorhersage Unsicherheiten, insbesondere, wenn es sich hierbei um kleine Tumormassen handelt. D. h. wir kennen eine untere Nachweisgrenze, unter der selbst ein solches Cholin-PET keine ausreichende Aussagefähigkeit hat.

Regner : Was ist das Neue an der Substanz Denosumab, der in den Medikamenten Xgeva und Prolia enthalten ist? Worin sind diese neuen Medikamente älteren Medikamenten überlegen?

DR. KLIER: Bei Denosumab handelt es sich um einen so genannten menschlichen Antikörper, welcher den Abbauvorgang im Knochen, der durch die Knochenmetastase verursacht wird, unterbindet. Hierdurch haben wir einen besseren Schutz für den Knochen. Es konnte in verschiedensten Studien belegt werden, dass diese Substanz gegenüber den älteren Bisphosphonaten eine höhere Effektivität aufweist. Das so genannte Risiko, beispielsweise für einen Knochenbruch, konnte hierdurch deutlich gesenkt werden.

Guk : Gehört es für einen Onkologen zur Ausbildung und auch Weiterbildung, sich auf den letzten Stand zu bringen, was modern Chemotherapien leisten können, wie sie sich auf Schädigung anderer Organe oder Metastasenbildung auswirken? Wie erfährt ein Onkologe von den Neuheiten? Ich kann mir nicht vorstellen, dass bei der enormen Arbeitsbelastung regelmäßige Kongressbesuche überhaupt noch möglich sind. Woran erkenne ich einen fortgebildeten Onkologen?

DR. KLIER: Die regelmäßige Fortbildung - sei es über Kongressbesuche oder Fachzeitschriften oder Internetrecherche - gehört bei einem onkologisch tätigen Arzt zum Standardwerkzeug, genauso wie der Umgang mit Patienten. Natürlich gebe ich Ihnen Recht, dass die enormen Arbeitsbelastungen, denen wir Ärzte uns heute ausgesetzt sehen, das Ganze nicht immer leicht machen. Aber aus unserer hohen Verantwortung dem Patienten gegenüber, ist es für uns von großem Interesse, immer auf dem neuesten Bildungsstand zu sein. Letztendlich sollte die Entscheidung, ob ich mich bei einem guten Therapeuten befinde oder nicht, eher über ein "Bauchgefühl" gehen. Denn dies ist für Sie als Patient das allerwichtigste. Denn nur so können Sie Ihrem Therapeuten auch vertrauen. Ohnehin ist ja doch so, dass das, was der Arzt Ihnen sagt, im Internet problemlos überprüfbar ist. Und dann erkennen Sie sehr schnell, ob Ihr Arzt sich auf dem modernen Wissensstand befindet.

Klaus : 2010 prostatektomie zuerst bicalutamid, seit Sommer 2012 rezidiv zwischen Blase und Enddarm. Gleason Score 5+5=10 Lebermetastasen und knochenmetastasen. Behandlung seit Dezember mit taxotere und trenantone. Jetzt Hirnblutung und Thrombose . Ich bin sehr geschwächt und mußte Taxotere Nach 9 Wochen unterbrechen. Auf Grund der Hirnblutung weitere 2 Monate Behandlungspause. Wie schnell wird das Rezidiv jetzt wieder explodieren, hat um ca. 1/3 abgenommen. Danke für eine Antwort.

DR. KLIER: Die Ansprechrate auf Docetaxel erkennt man an dem PSA-Abfall. Ein 50 %iger PSA-Abfall ist mit einem deutlichen Überlebensvorteil in Studien bestätigt. Eine Vorhersage, wie schnell der Tumor jetzt wieder aktiv wird, kann man nicht generell tätigen. Dieses kann man anhand der weiteren PSA-Kontrollen aber erkennen. Aufgrund des komplizierenden Verlaufes, ist es aber sicherlich in der Tat nicht ratsam, erneut diese Art der Chemotherapie bei Ihnen fortzuführen. Alternativ könnte man hier mit Ihnen die Möglichkeit einer so genannten Second-Line-Hormontherapie diskutieren. Hier gibt es den Wirkstoff Abirateron, welcher ähnlich gute Effekte in Ihrem Erkrankungsstadium aufweist, wie beispielsweise Docetaxel. Noch im Laufe diesen Jahres wird ein weiteres neues Hormonmedikament in dieser Behandlungsindikation zugelassen werden, welches ebenso einen Überlebensvorteil für Sie bieten wird. Diese Hormontherapien zeichnen sich durch eine bessere Lebensqualität als unter Chemotherapie aus.

Stralsund : Bin 56 und habe kein Problem mit der Prostata. Ich gehe auch regelmäßig zur Vorsorge, aber eigentlich mehr, weil meine Frau das will. Obwohl es mir bestens geht ist die Angst immer häufiger da, weil um mich herum 3 Freunde und meine Cousin erkrankt sind. Deshalb würde mir eine klare Formulierung von Anzeichen entscheidend helfen.

DR. KLIER: Ein klares Prostatakrebsanzeichen gibt es nicht. In der Tat stimme ich Ihrer Frau voll und ganz zu, dass es das Beste ist, einmal jährlich zur Vorsorgeuntersuchung zu gehen. In diesem Zusammenhang würde man Ihnen auch die Bestimmung eines Prostatakrebs-Tumor-Markers (PSA) empfehlen. Dieser kann die frühzeitige Diagnose und damit verbundene Heilung des Prostatakrebses ermöglichen. Krebs im Frühstadium macht niemals Symptome. Das sollte man nie vergessen.

Elli : Ich war bei einer Routineuntersuchung bei meiner Frauenärztin. Da bekam ich alle möglichen Tests angeboten, die ich selbst bezahlen muss. Einige habe ich genommen. Dabei war auch ein Test für Blasenkrebs. Nicht im Traum dachte ich, dass der positiv sein könnte. Ist er aber. Bin sofort zum Urologen mit Blasenspiegelung. Es war schockierend, der Test wurde bestätigt. Gibt es auch einen verlässlichen Test für Metastasen? Wohin wandern die aus der Blase? Als erstes in die Nieren, dann in die Leber und danach in die Knochen?

DR. KLIER: Zunächst haben Sie eigentlich alles richtig gemacht. Denn, wenn ich Sie richtig verstanden habe, waren Sie völlig beschwerdefrei zu dem Zeitpunkt der Krebsdiagnose. Dies kann darauf hindeuten, dass dieser Krebs nur oberflächlich in der Blase wächst. Durch einen kleinen endoskopischen minimalinvasien operativen Eingriff könnte dieser Tumor problemlos beseitigt werden. Einen verlässlichen Test zur Klärung der Ausbreitung innerhalb Ihres Körpers gibt es nicht. Hierzu nutzt man bildgebende Verfahren, wie beispielsweise die Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (MRT) oder aber auch den Ultraschall. Wenn ein Blasenkrebs sich im Körper ausbreitet, geschieht das in aller Regel zunächst über die Lymphbahnen. Der Nachweis vergrößerter Lymphknoten kann ein Hinweis auf eine Verbreitung in Ihrem Körper sein. Daher die oben genannte Diagnostik. Von entscheidender Prognosebedeutung wird aber letztendlich die feingewebliche Untersuchung des Tumorgewebes sein. Dies wird Ihnen Ihr Urologe aber ganz genau erklären.

Reinecke : Gibt es Statistiken darüber wie hoch der Prozentsatz ist durch Prostatakrebs Metastasen im Skelettsystem zu bekommen? 20%, 30%, 50% oder sogar noch mehr?

DR. KLIER: Die Frage nach der Knochenmetastasierungswahrscheinlichkeit ist enorm davon abhängig, ob wir über ein noch auf die Prostata lokalisiertes Karzinom sprechen oder aber über ein bereits zum Diagnosezeitpunkt fortgeschrittenes. Beim fortgeschrittenen Prostatakarzinom kommt es in über 50 % im weiteren Krankheitsverlauf früher oder später zu Knochenmetastasen. Dieses kann aber durchaus erst Jahre nach Primärdiagnose entstehen.

Nicoljczik : Warum beschleunigen Knochenmetastasen die Entkalkung einzelner Knochen. Bleibt das konkret auf einzelne Knochen beschränkt, oder findet dieser Prozess dann überall statt?

DR. KLIER: Knochenmetastasen führen aufgrund ihrer sehr raffinierten Stoffwechselaktivität dazu, dass der Knochen anfängt sich selbst abzubauen. Weil bei diesem Abbauungsvorgang Stoffe frei werden, von denen sich die Krebszelle ernähren kann. Dieser so genannte Teufelskreis ist nur durch den Einsatz bestimmter Medikamente, z. B. RANK-3-Liganden, zu stoppen. Grundsätzlich finden sich diese Abbauprozesse sowohl in den Wirbelkörpern, den Beckenknochen als auch den Röhrenknochen.

Sattarini : Meine Frau braucht dringend rechts einen Hüftgelenk-Ersatz. Das geht aber nicht, weil sie momentan eine Chemotherapie bekommt. Wo ist da der Zusammenhang und wann geht das wieder?

DR. KLIER: Unter einer laufenden Chemotherapie besteht das Problem, dass die Immunabwehr des Körpers massivst geschwächt werden kann. Das bedeutet, gerade mit Blick auf eine sehr große Operation, wie die von Ihrer Frau, das dieses mit einem unverhältnismäßig hohen Infektionsrisiko einhergehen kann. Daher wird man, wenn irgendmöglich, die geplante Hüftgelenks-Operation auf die Zeit nach Beendigung der Chemotherapie legen wollen.

Flo_Banco : Mein Bruder hatte Knochenkrebs im Bein mit 12 Jahren. Der Unterschenkel wurde ihm amputiert, aber er kommt da ganz mit zurecht. Ich bin jetzt 28 Jahre und frage mich seither, wie viel Risiko für mich besteht. Ist das familiar bedingt oder kann ich da im Vorwege was machen?

DR. KLIER: In der Tat war das sicherlich ein großer Schreck für Sie, zu erfahren, dass der Bruder durch so eine bösartige Erkrankung sein Bein verlieren musste. Der Therapieansatz sollte aber zu einer Heilung führen. Diese Knochenerkrankungen treten gehäuft im Kindesalter auf, daher ist normalerweise nicht davon auszugehen, dass Sie ein erhöhtes Risiko mit 28 Jahren tragen. Es wäre aber sicherlich nicht verkehrt, sich die Originalbefundes des Bruders zu besorgen und dann mit dieser Fragestellung nochmals einen Orthopäden zu konsultieren.

Kübra : Mein Vater hat Prostatakrebs, bekommt eine Homrontherapie. Gilt die als Chemotherapie? Er interessiert sich für alternative begleitende Behandlungen, die natürlich nicht mit den Empfehlungen und Behandlung des Onkologen kollidieren sollten. Wo kann ich mich da informieren? Es sollte sich nur um etwas zusätzliches handeln, dass auf keinen Fall die eigentliche Behandlung beeinträchtigt.

DR. KLIER: Die Hormontherapie beim Prostatakrebs ist keine Chemotherapie. Das Prostatakarzinom benötigt das männliche Sexualhormon Testosteron, um optimal wachsen zu können. Durch eine Blockierung dieses Hormones, der so genannten Hormontherapie, können wir für viele Jahre das weitere Fortschreiten des Prostatakrebses unterbinden. Für diesen Therapieansatz gab 1974 und 1977 jeweils den Nobelpreis. Als eine der negativen Folgen einer Hormonentzugsbehandlung droht dem Patienten eine frühzeitige Knochenaufweichung, der so genannten Osteoporose. Um dem vorzubeugen empfiehlt sich die regelmäßige Einnahme von Vitamin D und Kalzium. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit, wie schon weiter oben beschrieben, mit einer Subkutaninjektion des RANK-3-Liganden (Prolia) in sechsmonatlichen Abständen dem vorzubeugen. Um das Risiko einer drohenden Osteoporose einschätzen zu können, empfiehlt man aber zunächst die Durchführung einer so genannten Knochenmineraldichtemessung (DXA-Scan). Hiervon könnte man die Indikation zur Behandlung mit dem RANK-3-Liganden abhängig machen.

DR. KLIER: Ich bedanke mich recht herzlich für die Vielzahl der sehr sehr unterschiedlichen Fragestellungen. Hieran erkennt man aber, wie wichtig das Thema Knochengesundheit in der Behandlung von Krebserkrankungen ist. Ich wünsche Ihnen allen einen möglichst guten Krankheitsverlauf und hoffe, dass Sie im Einzelnen mit diesen Schicksalsschlägen gut umgehen können. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und einen erholsamen Abend.



Ende der Sprechstunde.