Virus-Grippe - ganz schnell handeln!

Arzt für Innere Medizin – Gastronterologie – Nephrologie
Stievestrasse 5
80638 München
E-Mail: profvogel@t-online.de
Apl. Prof. an der Technischen Universität München
Klinikum rechts der Isar
II. Medizinische Klinik
Schwerpunkte
• Akut respiratorische Erkrankungen
• Schnelltestsystem Quick Vue von Quidel
• Test auf RSV-Viren von Quidel, www.quidel.com
• Engmaschige Sofortbestimmung des Humoralen Inflammationsstatus
• Untersuchungen zur Endothelfunktion bei Influenza
Kardiologischer Konsiliarius Prof. Dr. Rudolf Blasini
• Kooperation mit Nuklearmedizinischer Klinik der TUM Klinikum rechts der Isar – Kardio-MRT zur Diagnostik von Influenza, Myokarditis und entzündlichen Veränderungen an den Koronarien
• Kooperation mit Dr. Thomas Back – Virologe und Bakteriologie am Labor Dr. Schottdorf-Augsburg
• Enger wissenschaftlicher Kontakt zur Griffith-UniversityAustralien – Prof. Mark von Itzstein

PROTOKOLL
Virus-Grippe - ganz schnell handeln!
anonym: Ich habe das Gefühl, die Impfbereitschaft gegen die Grippe nimmt eher ab, als zu, seit der Vogelgrippe, weil die Leute glauben, dass man sich da doch nicht schützen kann. Stimmt dieser Eindruck? Wer kann da gegensteuern, weil das ja langsam richtig gefährlich wird, wenn sich immer weniger impfen lassen.
PROF. VOGEL: Sie haben völlig Recht. Leider ist die Impfbereitschaft nicht so hoch, wie wir es gerne hätten. Allerdings in den Zahlen ist es so, dass ich die letzten Jahre eine leichte Zunahme der Impfbereitschaft erkenne. Es gibt eine sehr gute Untersuchung in Amerika, die sagt, dass Leute, die sich impfen lassen, viel weniger Erkältungen erleiden. Wir haben eine Studie auf dem Europäischen Kongress vorgelegt, wo wir sagen, dass die beste Vorbeugung gegen die Vogelgrippe Kenntnis über die Grippe sowohl beim Arzt wie auch beim Patienten notwendig ist.
anonym : Muss man immer noch Kulturen anlegen, um herauszufinden ob es sich um eine dicke Erkältung oder diese gefährliche Grippe handelt? Was ist, wenn man das weiß, wie kann die Grippe behandelt werden, oder ist das immer noch nach dem Motto: Ausschwitzen?
PROF. VOGEL : Kulturen werden eigentlich nur angelegt, um zu beweisen, welche Art des Virus den Wirt erlangt hat. Ich empfehle Ihnen das Vorgehen, wie wir in unserer Praxis verfahren. Es gibt etwas Neues und etwas, was wir schon seit 1999 hier machen: Es gibt einen Schnelltest mit einem Rachenabstrich, wo eine Assistentin mir nach 15 Minuten sagt, ob das Virus da ist oder nicht. Man kann sogar das Virus A und B unterscheiden. Mit diesem Ergebnis kann ich klar entscheiden, wie man behandeln muss. Aber: Der Test kostet 12 EURO und wird von den Kassen nicht übernommen. Letztendlich könnte man mit dem Test etwas ganz Notwendiges in dieser Zeit erreichen, nämlich unnötige Antibiotika einsparen. Die alte Fama „Ausschwitzen“, steht sogar in der Süddeutschen und die weitere Aussage dort: „Eine Grippe dauert ohne Arzt zwei Wochen und mit Arzt 14 Tage“ ist völlig falsch und längst überholt. Ich kann Ihnen über 225 schnelltestpositive Patienten berichten, die wir seit 1999, seit es die Neuraminidase-Hemmer gibt, behandelt haben. Und alle unsere Patienten sind ambulant und gesund nach Hause gegangen.
Maschmann : Gibt es eine Art Zyklus für eine Grippepandemie? Ich kann mich daran nicht erinnern, eigentlich wäre das ja wohl mal wieder „dran“, oder ist das alles nur Panikmache, was man so in den Medien liest?
PROF. VOGEL : Zum zweiten Teil der Frage: Meines Erachtens ist es keine Panikmache, wenn man die Geschichte über hunderte von Jahren zurückverfolgt, dann ist alle 30 bis 40 Jahre ein solches Ereignis in der Menschheitsgeschichte gewesen. Wenn man Böses sagen will, ein negativer Reiniger der Überbevölkerung. Nur weiß niemand, wann die Geschichte losgeht und da man jetzt sehr viel über das Virus und seine Verbreitung weiß, will jeder seinen Beitrag dazu leisten und ich kann Ihnen sagen, das Interesse der Journalisten ist riesig.
Moeller : Wie kann ich mich vor der Grippe schützen?
PROF. VOGEL : Als erstes versäumen Sie die rechtzeitige Impfung nicht. Dazu möchte ich sagen, wir haben den Endzeitpunkt bei unseren Patienten in den späten November gelegt, weil ein sicherer Schutz dann ab Januar des nächsten Jahres vorhanden ist, wo die Antikörper benötigt werden. Das zweite ist, suchen Sie sich einen Arzt, der sich wirklich mit dem oberen Luftwegsinfekt auskennt. Schauen Sie, ob er einen Schnelltest machen kann und ob er Ihnen mit den Neuraminidase-Hemmern helfen kann. Ich möchte Ihnen unsere zukünftige Arbeit für den Europäischen Kongress im Titel sagen, der heißen wird "Der Hausarzt alter Prägung ist kein Auslaufmodell, sondern mit der neuen Diagnostik und Therapie das Zukunftsmodell".
anonym : Ich bin gesund in Singapore eingestiegen und halb tot in Frankfurt aus dem Flieger gefallen. Glücklicherweise hat die Stewardess erkannt, dass ich mich nicht anstelle, sondern wirklich krank war und hat mich mit Rollstuhl herausfahren lassen. Dann bin ich gleich im Flughafen untersucht worden. Der Arzt tippte auf Grippe und gab mir Tamiflu, ein schnell wirkendes Medikament. Ich sag einfach mal „die Pille danach“. Dann bin ich mit Taxi nach Hause. Dieses Zeug war sensationell und hat mich binnen 48 Stunden wieder auf die Beine gebracht. Auf Langstrecke werde ich das jetzt immer mitnehmen. Macht das Sinn, oder nur im Winter?
PROF. VOGEL : Ich gratuliere Ihnen! Lob an die Stewardess, Lob an den Arzt. Sie beschreiben in klassischer Weise, wie eine klassische Influenza verläuft und was man tun müsste. Leider gibt es nicht nur solche Stewardessen und nicht nur solche Notfallärzte am Frankfurter Flughafen. Sie hatten ein riesiges Glück, diese beiden Menschen mit ihrem Können anzutreffen. Ich würde Sie bitten, mir Ihre Geschichte per Brief mitzuteilen, weil Sie im Grunde genommen, komprimiert sagt, wie es gehen könnte. Wenn noch die Stewardess einen Schnelltest gehabt hätte, hätte sie sogar über den Piloten an den Frankfurter Tower funken können, akute Influenza an Bord. Wenn man das Szenario anders auslegt, nicht die Stewardess, nicht der Arzt, könnten Sie schwerkrank auf einer Intensivstation mit Lungenentzündung und Herzinfarkt liegen, wobei man auch erst später erkennen würde, was der Auslöser war. Über Ihre Falldarstellung bin ich begeistert und werde sie in meine Vorträge mit aufnehmen. Vielen Dank für Ihre Information! Ihre Frage, macht das Sinn oder nur im Winter, möchte ich beantworten: Es macht immer Sinn. Sind Sie immer auf der Hut, weil dieses Geschehen nicht nur im Winter, sondern auch im Sommer auf der Südhalbkugel der Erde so geschehen kann!
Interner_Hinweis : Für Patienten, Angehörige und medizinisch interessierte Teilnehmer der Sprechstunde:
Praxishandbuch Influenza – verstehen, vorbeugen,: Zentrale Botschaft: Mit Schnelltest und antiviralen Medikamenten können lebensbedrohliche Krankheitsverläufe und Spätschäden vermieden werden. Georg E. Vogel, Thieme Verlag 2008, 120 Seiten, 4,95 Euro
anonym : Wie hoch ist die Fehlerquote bei dem Schnelltest?
PROF. VOGEL : Der Schnelltest hat eine Sensitivität von über 90 %. Dem Schnelltest, den wir verwenden, vertrauen wir maximal. Er stammt von einer amerikanischen Firma und wir verwenden ihn seit 1999. Wir hatten das große Glück in San Diego an der Stelle, wo diese High-Tech-Tests hergestellt werden, dabei zu sein und allein, wenn man gesehen hat, mit welcher Präzision der Test gefertigt wird, hat man kein Misstrauen mehr, sondern ist total sicher. Eingeschränkt dazu, leider wird er nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, was dringend notwendig wäre. Denken Sie an die Stewardess und den Flugpatienten.
Moeller : Wenn ich Tabletten nehme, baue ich dann keine Widerstandskraft auf?
PROF. VOGEL : Etwas Grundsätzliches zu Ihrer Frage: Das Virus benötigt zu seiner Vermehrung einen Wirt. Der Wirt ist der Mensch. Das Virus muss die Oberfläche der Lunge überwinden. Das ist die Inkubationszeit, etwa ein bis zwei Tage. Das Virus erreicht die Mucociliäre Clearance. Das Virus haftet sich an die reinigenden Härchen und dringt in die Zelle ein. Aus einem Virus werden innerhalb von sechs Stunden 5.000 Virenkopien und dann stirbt die Zelle. Das Medikament, die Neuraminidase-Hemmer, verhindert, dass diese explosionsartige Vermehrung der Viren stattfindet. Also, es hat nichts mit Widerstandskraft zu tun, sondern Sie verhindern, dass eine explosionsartige Vermehrung der Eindringlinge den Körper schädigt.
Robert_Eigner : Bin über Google auf diese Internetsprechstunde aufmerksam geworden. Wenn man da heute (18.03.2008) die Suchbegriffe Grippe und Sprechstunde eingibt, ist die heutige LIVE-Sprechstunde auf der ersten Seite der Suchergebnisse zu sehen, Platz 7 von über 49.000 Suchergebnissen. Herzlichen Glückwunsch! Und alles andere, was ich da gefunden habe, sind kommerzielle Internetseiten, wo man gar nicht live Fragen stellen kann und wo man vor allem überall Geld bezahlen oder etwas kaufen soll. Wieso gibt es so wenig seriöse Aufklärung zum Thema Grippe im Internet von richtigen Experten, die behandeln und wissenschaftlich forschen, so wie Herr Prof. Vogel?
PROF. VOGEL : Mein lieber Herr Robert_Eigner danke. Jetzt plaudere ich aus dem Nähkästchen. Wenn nicht die Mannschaft Harrington einschließlich meiner Mitarbeiter so ein engagiertes Team wären, hätte es auch heute unsere Sprechstunde nicht gegeben. Die Unkosten für die heutige Sprechstunde tragen die Internetanbieter und wir selbst. In letzter Minute muss ich einen Kollegen und Freund aus Holland nennen, der sich um den Schnelltest kümmert und der uns hilfreich zur Seite stand. Lassen Sie mich noch etwas sagen: Mein Motiv für die Influenza mich fanatisch einzusetzen stammt aus einem Erlebnis vor 12,5 Jahren, als ich meine kleine Tochter tot in Händen halten musste und sie wiederbeleben konnte ohne bleibende Folgen. Seit dieser Zeit bin ich fanatisch hinter dem Virus her und es gibt mir die Kraft, die Schwierigkeiten, die sich einem in den Weg stellen, zu überwinden. Ich habe mich für diese Internetsprechstunde selbst angemeldet, weil ich einfach möchte, dass diese neue Therapiemöglichkeit eines Australiers Mark von Itzstein ein Meilenstein in der Medizingeschichte ist. Die Medizin befindet sich zunehmend auf einem diskrepanten Weg, sowohl von der medizinisch-technischen Seite, als auch von der humanitär-ethischen.
anonym : Wieso werden die Kosten für diese Medikamente gegen Influenza nicht von der Kasse übernommen? Das sind doch genauso Medikamente, wie gegen Ohrenschmerzen oder Bronchitis? Was soll das? Kennt Prof. Vogel die Begründung?
PROF. VOGEL : Ich kenne die Begründung und ich zitiere „KBV Wirkstoff aktuell“, Ausgabe Januar 2007: "Die Neuraminidase-Inhibitoren Oseltamivir und Zanamivir bringen nach den derzeitigen epidemiologischen Erkenntnissen keinen zusätzlichen generellen Nutzen bei der Therapie der saisonalen Influenza, erhöhen aber die Kosten. Die Prophylaxe der Wahl ist neben infektionshygienischen Maßnahmen die Grippeschutzimpfung. Die Wirksamkeit von Neuraminidase-Inhibitoren zur Prophylaxe und Therapie der aviären Influenza (Vogelgrippe) beim Menschen ist nicht erwiesen." Gegen diese Maßnahme habe ich einen Schriftwechsel unternommen, der in dem Satz eskaliert ist: "Gorbatschow muss nicht immer Recht haben mit seinem Zitat, wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte". Viele meiner Berater wollten, dass ich diesen Satz streiche, ich wollte aber nicht.
ohlensen_sylt : Prof. Vogel zitierte einen behördlichen Text, der aussagt, dass es noch nicht erwiesen ist, dass die neuen Grippe-Medikamente auch gegen die Vogelgrippe helfen. Aber gegen die Grippe (Influenza) sind diese Medikamente doch hochwirksam, oder?
PROF. VOGEL : Es gibt eine Äußerung der WHO, dass diese Medikamente die Mittel der Wahl sind, sowohl bei der Vogel- wie auch der normalen Grippe. Deswegen haben sich die Vereinigten Staaten und die deutschen Bundesländer auf die Pandemiebevorratung eingestellt und Medikamente für den Notfall bereit gelegt.
fether : Wieso wird fälschlich behauptet, dass sei doch nicht das Richtige? Nur aus finanziellen Gründen, um die Bevölkerung im Alltag nicht teuer behandeln zu müssen? Das ist ja Wahnsinn.
PROF. VOGEL : Dazu kann ich wenig sagen. Die Fakten die da sind, habe ich pflichtgemäß zitiert und sie merken ja an meinen Worten, dass ich jedem Erkrankten die bestmögliche Therapie verabreichen möchte.
Moeller : Verstehe ich Sie recht? Da werden Million Euro für die Pandemiebevorratung ausgegeben und auf der anderen Seite wird gesagt, dass der Nutzen zweifelhaft ist?
PROF. VOGEL : Sowohl für die saisonale Grippe, wie für die Pandemie sind die Neuraminidase-Hemmer wirksam. Das Problem liegt in der rechtzeitigen richtigen Diagnose. Am besten können Sie die Geschichte verstehen am Verlauf der Erkrankung der Patientin, die im Flugzeug das Virus ereilt hat. Es passt zum Titel unserer Sprechstunde "Schnelle Diagnose, schnelle Hilfe". Aber man muss um die Dinge Bescheid wissen.
Cüneyt : Muss die echte Grippe erst ausgebrochen sein, damit man was dagegen tun kann, oder geht das auch schon, wenn in der Familie ein Krankheitsfall ist und die anderen das nicht auch noch haben wollen?
PROF. VOGEL : Also, es muss einfach die echte Grippe erkannt werden und dazu ist wieder der Arzt mit seiner Diagnose, sprich Schnelltest, notwendig. Wenn man einen Krankheitsfall nachgewiesen hat, ist es sicher sinnvoll, dass noch nicht infizierte Umfeld prophylaktisch zu behandeln. Aber nach wie vor ist dringend notwendig, zwischen echter Grippe / Influenza und den vielen anderen Erkältungsviren zu unterscheiden.
anonym : Ich habe gelesen, dass Influenza nicht nur die Atemwege betrifft, sondern auch für Herzinfarkte verantwortlich sein kann. Kann Prof. Vogel das bestätigen und, wenn ja, erklären, wie es dazu kommen kann?
PROF. VOGEL : Sie haben richtig gelesen und Sie haben Recht. Es gibt eine Studie aus Russland, aus St. Petersburg, wo 30.000! Herztote nachuntersucht wurden und wo man tatsächlich die enge Verbindung zu dem Influenzavirus herstellen konnte. Erklärbar ist das so, das Virus wird über die Atemluft in die Lungen aufgenommen. Die Lungenverzweigungen der Bronchien teilen sich 20 x auf, bis sie direkt an die so genannten Alveolen gelangen. Hier ist es ein ganz dünner Spalt, wo die Viren direkt auf die Gefäßinnenwand, das Endothel, gelangen können und sich in diesem vermehren können und dort Schaden anrichten können.
Schultze : Als Patient, der eine Influenza seit einigen Wochen hinter sich hat und glücklicherweise dann nach drei Krankheitstagen die richtige Behandlung (Tamiflu) mit tollen Resultaten erhalten hat, würde mich interessieren, ob eine Impfung jetzt auch noch sinnvoll ist bzw. wann man grundsätzlich Impfen sollte?
PROF. VOGEL : Ich würde noch etwa zwei Wochen warten. Es gibt eine so genannte postgrippale Asthenie und danach sollte man impfen, damit der Schutz für dieses Jahr noch gewährleistet ist. Oben habe ich schon einmal erwähnt, die Grippeimpfung für Sie, die Kinder und die ganze Familie sollte bis Mitte November erfolgen. Das gehört zu den hausärztlichen Begleitaufgaben. Was ich besonders finde an dem Forum, dass die Teilnehmer einzelne Schicksale einsehen können und bei diesen Patienten ist eindeutig widerlegt, was in der Süddeutschen gestanden hat, "die Grippe dauert 2 Wochen oder 14 Tage, mit oder ohne Arzt".
treuerpatient : Wer kann sich primär untersuchen / behandeln lassen? Gibt es Altersbeschränkungen oder generelle "Ausschlusskriterien"?
PROF. VOGEL : Wer krank ist, braucht Hilfe! Anmelden und zum Arzt kommen. Abstrich - Diagnose - Therapie - und wieder gehen. Unter sechs Monaten ist der Kinderarzt zuständig, nach oben gibt es keine Ausschlusskriterien.
Uwe : Wird Tamiflu in anderen EU-Ländern (z.B. Österreich) von der Kasse gezahlt?
PROF. VOGEL : Als in Österreich die große Grippewelle war und dieses Jahr drohte vor einigen Wochen, kam plötzlich die Meldung, dass Tamiflu auf Kassenrezept besorgt werden könne. Allerdings, als die Grippewelle wieder heruntergegangen ist, habe ich eine Widerrufung dieser großzügigen Geste gelesen. Zu anderen EU-Ländern kann ich leider nichts sagen, da bin ich nicht informiert, werde mich aber darum kümmern.
Interner_Hinweis : Für Patienten, Angehörige und medizinisch interessierte Teilnehmer der Sprechstunde: Praxishandbuch Influenza – verstehen, vorbeugen, erkennen und behandeln, Zentrale Botschaft: Mit Schnelltest und antiviralen Medikamenten können lebensbedrohliche Krankheitsverläufe und Spätschäden vermieden werden. Georg E. Vogel, Thieme Verlag 2008, 120 Seiten, 4,95 Euro
Grit_Kleinert : Wo ist die Grenze zwischen Erkältung und Grippe? Ab wann nennt man es Grippe?
Martina Neumann : Was ist der Unterschied zwischen Influenza und Grippe?
PROF. VOGEL : Ich darf Ihnen meinen Satz, der für meine Forschung entscheidend war aus den fünfziger Jahren aus England nennen, der heißt: Wer die Influenza kennt, kennt die gesamt Virologie. An diesem Satz habe ich meine ganzen Beobachtungen, Erkenntnisse und Forschungen aufgehängt. Eine echte Influenza beginnt mit den so genannten Sudden Onset (Plötzlicher Beginn), d. h. wir sitzen vor dem Computer und sehen eine Internetsprechstunde, wenn der Professor Vogel jetzt plötzlich den Hörer weglegt und einfach nur Ruhe haben will, dann hat das Virus seine kritische Vermehrungsgrenze überschritten. Ich kenne Fälle, wo die Putzfrau beim Bankdirektor in seinem Bett liegend aufgefunden wurde, weil sie so plötzlich erkrankte. Jemand, der einen Brief schreiben will, hört mitten im Wort auf. Die Patienten schildern später genau diesen Moment des plötzlichen Beginns. Gleichzeitig erlebt der Kranke plötzliches hohes Fieber, Kopfschmerzen und schwere Krankheitssymptome. All dieses ist bei der Erkältung langsamer und schleichender. Deswegen, wieder zurück zum Anfang, ist für den Arzt bei entsprechender Klinik der Schnelltest so hilfreich.
anonym : Mein Hausarzt lässt sich das Schnelltestergebnis von einem externen Labor bestätigen. Was ist, wenn der zweite Test negativ ist, ich aber schon das Grippemittel genommen habe, kann das schaden?
PROF. VOGEL : Nein. Das Grippemittel schadet nicht. Die Nebenwirkungen sind allenfalls einmal eine geringe Übelkeit. Das Schnelltestergebnis sich von einem externen Labor bestätigen zu lassen, wirft die Frage auf, wie viel Zeit dabei vergeht.
anonym : Werden diese Medikamente, die man einnehmen kann, wenn man schon Grippe hat, regelmäßig dem veränderten Virus angepasst, so wie das mit Impfungen geschieht?
PROF. VOGEL : Nein, eine sehr kluge Frage, die sich allerdings an der Spitze der Weltwissenschaft bewegt. Der Weltentdecker Mark von Itzstein hat uns vor kurzem mitgeteilt, wie die nächste Generation der Neuraminidase-Hemmer aussehen wird. Vergleichbar Ende der vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts, als neue Antibiotika nach dem Penicillin entwickelt worden sind.
anonym : Es gibt doch eine Zeitspanne, in der man andere anstecken kann. Die ist meist kürzer, als die gesamte Krankheitsdauer. Wie lange ist diese Ansteckungsphase?
PROF. VOGEL : In dem Moment, wo das Virus durch das Aerosol beim Husten verbreitet wird, ist eine Ansteckungsgefahr gegeben. Die Ansteckungsphase dauert ca. eine Woche. Diese ist aber auch an den Türklinken und überall anderswo, z. B. an der Haltestange in der U-Bahn oder Trambahn, wo sich die Tröpfchen niederlassen. Die Ansteckung kann vermindert werden durch eine ganz einfache Maßnahme und das ist das Händewaschen. Unbehandelt kann das Virus bei Kindern noch über eine Zeitspanne von einigen Tagen ansteckend sein. Man kann sagen, wenn das Virus in der Region ist, dann kann es jederzeit auf den Wirt überspringen. Denn das ist sein Ziel, sich zu vermehren. Vorsicht mit allen geschilderten Maßnahmen ist geboten.
anonym : Ich hatte mich im Herbst impfen lassen, da wusste ich noch nicht, dass ich schwanger bin. Die Impfung erfolgte also in den ersten vier Wochen. Das war dann für mich ein großer Schock, als die Schwangerschaft bestätigt wurde. Ich suche seither jede Gelegenheit zu Experten, die sich damit auskennen, ob meinem Baby das geschadet haben könnte. Bin jetzt im 7. Monat. Bitte Prof. Vogel kann die Impfung mein Baby geschädigt haben? Bisherige Sonographie okay, aber was ist mit den inneren Organen?
PROF. VOGEL : Ich kann Sie beruhigen, bei mir wären Sie auch geimpft worden. Sind Sie froh, dass Sie geimpft sind, weil es Studien und Empfehlungen gibt, dass jede Schwangere in der Frühphase sich impfen lassen sollte, damit es keine Schäden an der Frucht gibt. In Ruhe die Schwangerschaft ohne Sorgen zu Ende zu bringen, ist mein Ratschlag.
Benz : Ab welchem Alter kann ich meiner Tochter eines dieser starken Grippemittel geben?
PROF. VOGEL : Es gibt Untersuchungen und Empfehlungen auch bei Kindern, ab sechs Monaten. Ich werde aus Ihrer Frage gerne das Wort "starke Grippemittel" in Anführungszeichen setzen, weil es ein hilfreiches Mittel ist, auch bei Kleinkindern, die über keine Kompetenz ihres Immunsystems verfügen. Wir konnten schon kleine und kleinste Kinder, die schwerstkrank waren erfolgreich retten.
Verena_Platt : Ich mache mir Sorgen um meine alte Mutter (83 J.). Sie lebt im Seniorenheim. Als dort alle im Oktober geimpft wurden, hatte sie eine starke Erkältung und konnte nicht geimpft werden. Ich habe dann immer darauf gedrungen, dass das nachgeholt wird, aber nichts passierte. Irgendwann habe ich es aufgegeben. Ich lebe in Bremen, meine Mutter in Mönchen Gladbach, da kann ich sie auch nicht mal eben ins Auto packen. Jetzt ist meine Mutter zusammen mit drei anderen Mitbewohnern an einer echten Grippe erkrankt. Wie groß ist die Gefahr, dass dann dazu jetzt noch eine Bronchitis o.ä. kommt. Reicht es, dass sie Tamiflu bekommen hat oder muss sie zusätzlich noch ein Antibiotikum erhalten?
PROF. VOGEL : Zum ersten Teil der Frage: Ihr Engagement, die Mutter impfen zu lassen, war richtig. Es ist bedauerlich, dass es nicht erfolgt ist. Über die Situation jetzt kann man über das Internet wenig Bescheid geben, in welcher Phase der Erkrankung sich die Dame befindet. Dazu ist jetzt ein engagierter Arzt notwendig, der den Übergang der viralen Erkrankung in eine Bronchitis oder Lungenentzündung abschätzen kann. Mit einer Blutabnahme lässt sich der so genannte humorale Inflamationsstatus bestimmen. Zusätzlich ist ein bakterieller Abstrich für den Einsatz des Antibiotikums notwendig.
anonym : Wie lange dauert eine normale Virusgrippe, ich meine für den Patienten? Wie lange dauert eine Welle?
PROF. VOGEL : Eine Virusgrippe für den Patienten dauert normalerweise ein bis zwei Wochen, kann aber Wochen dauern, bis zu einem halben Jahr, sind die Nachwehen bekannt. Ich habe vorher schon erwähnt, es gibt die postgrippale Schwäche. Eine Welle dauert acht bis maximal zwölf Wochen.
ELI_WERLICH : Ist die echte Virusgrippe immer mit Fieber verbunden? Das habe ich nicht, aber sonst alle Anzeichen. Sehr starker Husten, extreme Körperempfindlichkeit, es ist eine Qual mich an und auszuziehen und eine körperliche Schwäche, dass ich gar nicht dachte, dass die innerhalb von 24 Stunden kommt. Ich schlurfe durch meine Wohnung in mein Bett und dort schwitze ich dann, aber Fieber habe ich nicht.
PROF. VOGEL : Um eine genaue Antwort geben zu können, müsste ich Ihr Alter kennen. Es gibt Situationen, wo bei der echten Virusgrippe beim älteren Patienten keine Fieberreaktion vorhanden ist. Dann muss man sehr aufpassen, dass man nicht die falschen Schlüsse zieht. Auch hier wieder Schnelltest und Blutabnahme. Es scheint, dass ich mich wiederhole, aber es ist so, die echte Virusgrippe ist die gefährlichste Infektionserkrankung in Deutschland, weswegen sie auch vom Robert-Koch-Institut an die erste Stelle der gefährlichen Krankheiten gestellt worden ist.
Schuhr : Ist die Influenza eine Erkrankung, die irgendwo gemeldet werden muss, wegen möglicher Entwicklung zur Pandemie?
PROF. VOGEL : Ja, Sie haben Recht. Ich erinnere mich noch an 1999, als plötzlich das Gesundheitsamt angerufen hat und gesagt hat, bei Ihnen ist die gefährliche Erkrankung. Seit dieser Zeit wird die Erkrankung ernst genommen, was vorher nicht der Fall war. Auch das mediale Interesse ist enorm gestiegen. Man würde sich ein gleiches Interesse bei Patienten und Kollegen wünschen. Hier meine ich die Impfaktivität und hier muss ich in meiner gewohnten Art wieder etwas nicht so Schönes sagen: In Bayern, wo ich bin, sind Ärzte und pflegendes Personal nur zu 30 % geimpft. Laut Aussage des Gesundheitsministers von Bayern, Otmar Bernhardt im Oktober 2007.
Mary : Kann man beliebig viel Impfstoff zügig nachproduzieren? Ich denke da an diese Schwierigkeiten, die Amerika hatte. So viel ich weiß, hatten die vor 2 oder 3 Jahren fast 50 Millionen Dosen zu wenig.
PROF. VOGEL : Sie haben recht. Ich kenne die Situation. Sie war vor einem Jahr und dort wurden die behandelnden Impfungen kontingentiert. Es geschah etwas ganz Besonderes für unsere Verhältnisse, man hat vor allem die Kleinen als erste geimpft. Denn in den USA bekommen die Kinder den so genannten Flue-Shot, undenkbar bei uns. Anmerkung: Professor Palese, Träger des Robert-Koch-Preises 2007, einer der renommiertesten Influenzaforscher der Welt, sagt mit Recht, alle sollten geimpft werden, Kinder, Erwachsene und Alte. Die Nachproduktion ist nicht so günstig, weil man ja immer noch für einen Teil der Impfstoffe Hühnereier benötigt. Es gibt nun neuere Herstellungsverfahren, wo in der Zukunft ein schnelleres Vorgehen möglich sein wird.
Lorry : Ich weiß, dass Ärzte behaupten, die Grippeimpfung hätte keine Reaktionen zur Folge und wenn es so sei, sei das Zufall. Ich schwöre, dass ich definit unter gravierenden Auswirkungen leide. Drei Jahre nacheinander habe ich binnen kürzester Zeit massive Reaktionen gehabt, die mich so krank gemacht und ans Bett gefesselt haben, dass ich damit bestens zwei Wochen und mehr beschäftigt war. Vergangenen Herbst habe ich beschlossen diesen Unsinn nicht mehr mit zu machen und siehe da, keine Grippe. Das kann kein Zufall sein. Was weiß Prof. Vogel darüber? Ich bin aus eigener Erfahrung der Meinung, dass es Menschen gibt, die durch eine Impfung genau so krank werden, wie durch eine direkte Infektion.
PROF. VOGEL : Lorry, Sie sprechen einen sehr interessanten Punkt an. Ich würde bei Ihnen vor einer Impfung einen bakteriellen Abstrich der Schleimhaut machen und schauen, ob Sie nicht erkrankte Bakterienträgerin sind. Bei solchen Menschen haben wir mit den so genannten Spaltimpfstoffen immer wieder leichte Immunschwächen gesehen, wo man dann dem Arzt die Schuld durch die Impfung zuteilt. Wir haben aus diesen Erfahrungen gelernt und impfen heute mit so genannten virusomalen Impfstoffen, wo wir keinerlei Nebenwirkungen haben.
ich : Wann ist eine Grippeimpfung sinnvoll?
PROF. VOGEL : Eine Grippeimpfung ist immer sinnvoll. Ich kann aus meiner Erfahrung und Überzeugung Ihnen sagen, als ich vor über 20 Jahren mit meiner ambulanten Tätigkeit begonnen habe, haben wir eine Impfrate von 15 % gehabt und wir sind heute bei über 80 % und alle, die nicht sich impfen lassen wollen, müssen persönlich bei mir unter Angabe ihrer Gründe vorsprechen, die ich dann zu Protokoll nehme.
anonym : Warum tritt Grippe immer in der kalten Jahreszeit auf und nicht im Sommer? An der Nähe der Menschen allein kann es eigentlich nicht liegen, die ist auch in sommerlichen Biergarten oder im Freibad sehr groß.
PROF. VOGEL : Eine sehr gute Frage! Dahinter muss ein Kenner der Materie sein. Man weiß erst heute ziemlich genau, dass das Virus bestimmte Bedingungen benötigt, um sich optimal ausbreiten zu können. Diese liegen zwischen 0 und 5 Grad Celsius und haben etwas mit der Luftfeuchtigkeit zu tun. Zudem sind die Menschen in der kalten Jahreszeit durch ihre Kleidung, durch das Licht und durch ihre Ernährung prädestiniert, Bedingungen herbeizuführen, die dem Virus und seiner Ausbreitung entgegenkommen.
Britt : Wie kann eine echte Grippe wirklich zuverlässig diagnostiziert werden? Wie lange dauert das?
PROF. VOGEL : Wie oben schon erwähnt, ist eine sichere Diagnose durch Kenntnis der klinischen Beschwerden des Patienten und dem danach gehegten Verdacht und Beweis durch einen Schnelltest notwendig. Die Eskalation, in welchem Stadium die Grippe sich befindet, zeigt die Zeitabfolge zwischen Infektion und möglicher Komplikation und wird durch die nötigen Blutuntersuchungen, von einem, der die Materie versteht, problemlos beurteilt werden können.
Interner_Hinweis : Für Patienten, Angehörige und medizinisch interessierte Teilnehmer der Sprechstunde: Praxishandbuch Influenza – verstehen, vorbeugen, erkennen und behandeln, Zentrale Botschaft: Mit Schnelltest und antiviralen Medikamenten können lebensbedrohliche Krankheitsverläufe und Spätschäden vermieden werden. Georg E. Vogel, Thieme Verlag 2008, 120 Seiten, 4,95 Euro
Ekki : Sind plötzliche und starke Muskel- und Gliederschmerzen wirklich immer ein Hinweis auf Grippe? Kann man die nicht auch in anderem Zusammenhang haben?
PROF. VOGEL : Die kann man auch in einem anderen Zusammenhang haben. Wenn ein Untrainierter einen Halbmarathon macht, kann ich mir das vorstellen. Aber für die Grippe gilt, aus heiterem Himmel, plötzlich und unerwartet, Muskel- und Gliederschmerzen sowie Frösteln und hohes Fieber (dieses im After gemessen).
werner 030/82309988 : Seit fast 10 Jahren besteht die Möglichkeit, die Vermehrung von Grippeviren im Körper mit einem Neuraminidase-Hemmer zu hemmen, wenn die Behandlung frühzeitig eingeleitet wird. Dennoch wird Patienten von ihren Ärzten mitgeteilt, dass es gegen die Grippe kein Mittel gebe oder sogar, dass die Behandlung mit Neuraminidase-Hemmern nicht erlaubt sei. Andererseits verschreiben Ärzte ihren Patienten schon zu Beginn der Grippe ein Antibiotikum, obwohl die Grippe und 90 % der grippalen Infekte von Viren verursacht sind und heute jeder Biologieschüler weiß, dass Antibiotika gegen Viren nicht wirksam sind. Wie ist das möglich? Gibt es keine ärztliche Fortbildung? Wird zu wenig getan, um die Ärzte weiter zu bilden?
PROF. VOGEL : Lieber Werner, ich kann nur dazu sagen, lesen Sie das Protokoll dessen, was wir hier in zwei Stunden erarbeitet haben und Sie werden genügend Antworten finden, einschließlich der sehr freundlichen Erwähnung meiner Monographie, die seit Kurzem veröffentlicht worden ist.
PROF. VOGEL : Ich danke Ihnen für die vielen interessanten Fragen und wünsche Ihnen noch einen schönen Abend!
Ende der Sprechstunde.