Blasenkrebs - Mehr Aufmerksamkeit dem vergessenen Krebs

Dr. Gerson Lüdecke
Arzt für Urologie
- medikamentöse Tumortherapie -
Oberarzt der Klinik am Universitätsklinikum Giessen und Marburg GmbH
Standort Giessen
Klinik und Poliklinik für Urologie, Kinderurologie und Andrologie
Rudolf-Buchheim-Str. 7
35392 Giessen

Tel.:  0641-99-44536
         0641-99-44200
Fax:  0641-99-44519

 gerson.luedecke@chiru.med.uni-giessen.de
 
 
Schwerpunkte

URO-Onkologie
• Chemotherapie aller urologischen Malignome
• Immunchemotherapie beim Nierenzellkarzinom
• Target-Therapie beim metastasierten Nierenzellkarzinom
• Realisation aller Therapien in ambulanter Führung

Photodynamische Therapie beim Harnblasenkarzinom
• Ausbildungszentrum zur Operateursschulung
• 
Urodynamik
• Diagnostik und Therapie von Inkontinenz und Blasen-
• Entleerungsstörungen
• Konservativ und operativ (Botox-Therapie,TOT, Netze)

Minimalinvasive endoskopische OP-Techniken

Leiter des Prostatazentrums Mittelhessen
• Koordination interdisziplinärer Therapie beim Prostatakarzinom
• Interne Qualitätskontrolle
• Berichtswesen
• Fortbildung: Ärzte & Patienten

Chemotherapie des Prostatakarzinoms
• Optimierte multimodale Therapie unter Einschluss von Chemotherapie
• Entwicklung von Therapiemodalitäten für alte und sehr alte Männer mit Prostatakarzinom (optimierte Palliation)
 
Operative Therapie
• Offen chirurgische Prostatachirurgie
• Endoskopische Prostatachirurgie
• Klassische transurethrale Resektion
• Laserresektion mit Revolix-Laser
• Laserablation der Prostata mit Revolix-Laser
• Photodynamische Harnblasentumorchirurgie
• Endourologische Steintherapie mit Laser
 Blase
 Harnleiter
 Nierenbecken
  Inklusive flexibler Instrumente bis in die Niere
 
 
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Onkologische Sprechstunde und Urodynamik Sprechstunde
 
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PROTOKOLL

Blasenkrebs - Mehr Aufmerksamkeit dem vergessenen Krebs

DR. LÜDECKE: Wir beginnen um 19 Uhr.

Werner R. : Guten Tag, nach einer Blasenkrebserkrankung und Einsatz einer Neoblase (vor 10 Jahren) gibt es Probleme beim Wasserlassen. Es ist eine Art "Hyper-Kontinenz", dh. ich muß mit größten (Press-)Anstrengungen die Neoblase entleeren. Dadurch haben sich sehr stak Hämorhoiden (Stufe 3) und Tinnitus eingestellt. Gibt es eine Möglichkeit zum Wasserlassen ohne "Druckpressen"? Operativ durch eine Art Dauer-Katheder(gelegentl. Kathedereinsatz scheitert), "Einbau" einer Membranpumpe - oder eine Beckenboden-Therapie (mehrfache Versuche blieben ergebnislos)? Die Neoblase fasst ca. 1.2 L (scheint also ausgeleiert). Bisher konnte ich weder beim Facharzt noch bei alternativen Methoden das "Pressproblem" lösen. Andererseits muss ich dringend die Hämmorhiden-OP und eine Behandlung des Tinnitus vornehmen. Besten Dank für Ihre Hinweise. Frdl. Gruss Werner R.

DR. LÜDECKE: Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, dass an der Verbindungsstelle zwischen Neoblase und Harnröhre eine Verengung eingetreten ist. Dies müsste endoskopisch überprüft werden und könnte auch grundsätzlich operativ behandelt werden. Sollt eeine solche Verengung nicht vorliegen, so kann es durchaus sein, dass Sie zu den 30 % der Betroffenen gehören, die über eine chronische Bauchpressenentleerung verfügen (also die Schwierigkeit besitzen, dass die Blase nicht leer werden kann). In den meisten Fällen ist hierbei die effektivste Behandlungsart der so genannte sterile wiederkehrende Einmalkatheterismus. Dabei müssen Sie selbst durch Harnröhre einen mit Gleitmittel vorbereiteten Katheter über den Penis bis in die Neoblase vorschieben, um nachfolgend die Neoblase unproblematisch entleeren zu können. Unter entsprechender Fachanleitung ist so etwas für jemanden, der keine Behinderung an den Händen hat, innerhalb von einem Tag zu erlernen. Operative Revisionen dieses Zustandes sind in der Regel wenig zielführend und bergen in sich eine große Anzahl von Komplatikationen.

Kubim : Hatte gestautes Urin, was sehr weh tat. Ursache war verklumptes Blut in der Harnröhre. Erste Vermutung Wucherung in der Blase. Habe Angst vor der Gewebeentnahme, was genau passiert da?

DR. LÜDECKE: Mit Hilfe eines Endoskopes (starres Stahlinstrument) wird unter Betäubungsbedingungen die Blase kontrolliert, vorhandenes Gerinnselmaterial entfernt und dann nachgeschaut, ob ein bösartiges Geschwür für diese Blutung verantwortlich ist. Sollte dies sein, so wird in gleicher Sitzung das Gewebe entfernt und zur histopathologischen Untersuchung eingeschickt. In manchen Fällen ist es aber auch so, dass die Blutungen aus dem Bereich der Prostata stammen und dann eine nicht krebsbezogene Therapie der Prostata, meistens auch endoskopisch, durchgeführt werden. In beiden Fällen tragen Sie nach dem endoskopischen Eingriff für eine kurze Zeit einen Spülkatheter, der nach Aufklaren des Urins weggelassen werden und das Lassen des Urins wieder funktioniert.

Joshi : Risikofaktoren für Blasenkrebs?

DR. LÜDECKE: Man kann grundsätzlich die Risikofaktoren in vier Gruppen einteilen: 1. Lebensbedingungen: Hierunter zählen Alter, Geschlecht und familiäre Belastung für Blasenkrebs, 2. Rauchgewohnheiten: Unter Berücksichtigung der konsumierten Zigaretten, der Konsumzeit und der Zeit, wie lange eventuell das Rauchen auch wieder eingestellt wurde, 3. das Berufsrisiko, welches durch die Exposition der Risikostoffe durch die Arbeitsumwelt verursacht werden kann. Was dazu führt, dass das Blasenkarzinom auch Berufskrankheit anerkannt werden kann. 4. medizinische Gründe: Hierbei sind zu benennen die Bestrahlung im kleinen Becken und die chemotherapeutische Behandlung mit Cyclophosphamid und chronische Harnwegsinfekte, besonders bei langfristigen Katheterträgern.

Seld : Wir haben in den letzten 25 Jahren Asbest aus Geb. rausgeholt. Bin jetzt 59J. Habe meistens mit mundtschutz gearb. Aber reicht das?Wer untersucht mich? Bitte Anlaufstelle.

DR. LÜDECKE: Asbest ist kein Risikofaktor für die Auslösung von Blasenkrebs. Bei chronischer Asbestbelastung ist am besten ein Lungenfacharzt aufzusuchen, um hier die notwendigen Vorsorgeuntersuchungen zu koordinieren.

Schmoll : Kann nicht mal was zur einfachen Früherkennung entwickelt werden, so ähnlich wie ein Diabetes Pinkelstreifen?

DR. LÜDECKE: Um Früherkennung beim Blasenkarzinom umzusetzen, bedarf es eines Diagnostikums, das eine höchstmögliche Tumorspezifität hat und dabei durch Begleiterkrankungen anderer Art mit Kopplung zum Harntrakt nicht beeinflusst wird. Das Messen von Zuckermolekülen auf einem Teststreifen ist extrem einfach, die Bestimmung von tumorassoziierten Molekülen im Urin ist hier aber durch eine Vielzahl von Wechselwirkungen mit anderen Faktoren wesentlich schwieriger. Nach dem heutigen Stand wird die größter Aussagesicherheit durch die Kombination einer zellgebundenen Untersuchung (Zytologie) und einem urinlöslichen Tumormarker erreicht. Als Ausschlusskriterien muss aber die Biologie berücksichtigt werden und daher sind bestehende Harnwegsinfektionen, bestehendes Steinleiden und liegende Katheter im Harntrakt immer als Ausschlusskriterien für diese diagnostischen Verfahren zu sehen.

Epüka : Wenn ich das richtig recherchiert habe ist Rauchen das zentrale Risiko Blasenkrebs zu bekommen. Wenn man nicht raucht, keinen Alkohol trinkt (kann meine Leber nicht ausreichend abbauen) und auch sonst gesund lebt, was Ernährung und Bewegung anbelangt, wie hoch ist dann das Risiko, oder besser noch um wie viel reduziert sich das Risiko dann?

DR. LÜDECKE: Nicht zu Rauchen schützt Sie nicht zwangsläufig davor, eine bösartige Erkrankung, die durch Rauchen begünstigt wird zu entwickeln. So sind in etwas 40 bis 50 % der Blasenkarzinome ohne Bezug zum Rauchen und haben andere Ursachen. Alkoholkonsum hat keinen Einfluss auf die Entwicklung eines Blasenkarzinoms. Sollten Sie also jemand, der ohne jedwede Risikofaktoren für das Blasenkarzinom lebt, so sind Sie nicht absolut davor gefeit, diese Erkrankung nicht trotzdem zu erleben. In diesem Fall reicht es aber aus, allein auf der Grundlage von möglichen Symptomen (sichtbares Blut im Urin, mikroskopisches Blut anhaltend im Urin oder chronisch anhaltender Harndrang) einen Urologen aufzusuchen, um eine Ursachenforschung betreiben zu lassen.

T_Janneck : Ich habe überhaupt keine Probleme beim Wasserlassen und trotzdem vesucht mein Hausarzt mich zu überreden einen Test wegen Blasenkrebs zu machen nur weil ich demnächst 60Jahre werde. Mir erscheint das unnötig. Ist das wichtig oder Geldschneiderei? Ich muss den Test nämlich selbst bezahlen.

DR. LÜDECKE: Vorsorgemaßnahmen, allein basierend auf dem Alter, sind ein optionales Angebot, das jeder Betroffene nach eigener Einschätzung annehmen kann oder auch unterlassen kann. Welche Antriebsgründe beim Angebot durch den Kollegen dahinterstehen, kann ich nicht beurteilen. Da Vorsorge aber vollständig in die Hand und die Verantwortung unserer Bevölkerung gelegt ist (bis auf auf eine rudimentäre Kassenleistung im Bereich der Vorsorge), ist es meines Erachtens nach immer auch eine Abwägung zwischen Sicherheitsbedürfnis der Betroffenen und fundierter Beratung beim Blasenkarzinom auf dem Boden von Risikoexposition (siehe weiter oben). Um hier zu einer guten Konsensusentscheidung zu kommen, sollten Symptome, die ebenfalls weiter oben bereits dargelegt wurden vorhanden sein, besteht immer eine Untersuchungspflicht. Ich möchte hier aber auf jeden Fall für den Kollegen die Lanze brechen und darauf hinweisen, dass die Aufnahme von Vorsorgeaktivitäten in der Praxis als Dienstleistung am Patienten eine positive grunsätzliche Entwicklung darstellt und den Patienten als aktiven Partner hierbei immer berücksichtigen sollte.

alish : Kann Blasenkrebs auch im Blut nachgewiesen werden?

DR. LÜDECKE: Spezifisch für Blasenkrebs gibt es keine Blutdiagnostik. Metastasierte Erkrankungen (also schon weit fortgeschrittener Erkrankungsstatus) können durch einige Tumormarker mit angezeigt werden. Die Spezifität dieser Tests ist aber eingeschränkt. Eine grundsätzliche Anwendung einer solchen Diagnostik im Bereich Vorsorge ist nicht angezeigt. Bei Zustand nach großen Operationen mit Blasenentfernung kann dies im Einzelfall vom behandelnden Urologen als Verlaufskontrolle eingesetzt werden (TPS oder Cyfra21).

emergency : Wie hoch ist die Fehlerquote von dem Schnelltest NMP, wie sicher ist das ergebnis?

DR. LÜDECKE: Die Fehlerquote bei einem Testverfahren wird durch mehrere Größen beurteilbar. An erster Stelle die Sensitivität, d. h. der Anteil von Tumorerkrankten mit erhöhten Markerwerten und einer tatsächlich vorliegenden Erkrankung. An zweiter Stelle folgt die Spezifität. Hierbei wird die Anzahl der nicht tumortragenden Patienten, die trotzdem einen erhöhten Wert aufweisen gemessen. In der Konsequenz von beidem sind die Risiken, dass einerseits ein vorhandener Tumor eventuell durch das Diagnostikum nicht erkannt wird und andererseits Personen als krank eingestuft werden, die keine Erkrankung haben. Gerade der letzte Gesichtspunkt ist bei NMP22 (Nukleäres-Matrix-Protein 22) durch Begleiterkrankungen, die einen so genannten "Falsch-Positiven-Wert" aufweisen können, gegeben. Unter Berücksichtigung der biologischen Ausschlusskriterien, die bereits weiter oben genannt worden sind und grundsätzlich für alle urinbasierten Testverfahren gelten, liegt die Spezifität bei über 90 %. Bei Anwendung des Testverfahrens unter Nichtberücksichtigung von biologischen Indifferenzen sinkt die Spezifität auf 60 % ab. Sie müssen also das Diagnostikum immer im biologischen Kontext betrachten und können durch einen Zahlenwert aus dem Labor oder Messstreifen in der Kassette keine Diagnose erwarten. Dies gilt auch für alle anderen Tumormarker, die im klinischen Einsatz sind. Die Sensitivität wird nach internationaler Datenlage in einem Bereich zwischen 55 und 78 % angegeben. Hierbei muss man auch die Anwendung des Testsystems berücksichtigen. (Diagnostik bei symptomatischen Personen), höhere Sensitivität , Screening-Untersuchungen niedrigere Sensitivität)

Hinweis : Testen Sie Ihr persönliches Risiko www.risikocheck-blasenkrebs.info Ihre Antworten auf die Test-Fragen gehen in ein Berechnunssystem mit Risikopunkten ein. Dieser Test ist validiert.

Lucky Arp : Ab wie viel Zellen Krebsgewebe schlägt der Schnelltest Alarm?

DR. LÜDECKE: Auf eine Zellzahl ist die Positivität des diagnostischen Tests nicht berechenbar. Außerdem ist nicht nur die Zellzahl für die Positivität von Bedeutung, sondern auch noch die Aggressivität der Gewebeform, was beim pathologischen Befund durch das Grading ausgedrückt wird.

Shyloc : Vor meiner Darmkrebsoperation ist der Tumor bestrahlt worden, damit er kleiner wird. Es geht mir gut! Aber ich mache mir doch Gedanken, wie lange eine solche Strahlenbehandlung in meinem Körper noch arbeitet, evtl. auch andere Organe gefährdet. Ist das möglich? Was ist mit Krebs durch Strahlen bei Leber, Niere, Blase?

DR. LÜDECKE: Die Strahlenbehandlung im kleinen Becken, auch bei Darmkrebs, kann leider die Harnblase nicht vollständig aus dem Strahlenfeld heraushalten. Aufgrund dessen ist eine Auslösung von Harnblasenkrebs bei Menschen mit Bestrahlungen im kleinen Becken mit einer Verzögerungszeit von 5 bis 10 Jahre gegeben. Aufgrund dessen würde es bei Ihnen Sinn machen, dass ein Urologe mit Ihnen ein Vorsorgekonzept zur Berücksichtigung des Risikos "Harnblasenkrebs nach Bestrahlung im kleinen Becken" bespricht und plant. Die Nieren- und Lebererkrankungen durch bösartige Veränderung, ausgelöst durch die Bestrahlung können als ausgeschlossen angesehen werden. Bösartige Absiedlungen in der Leber, wenn sie denn aufträten, sind am ehesten die Folge der Darmkrebserkrankung im Sinne einer möglichen Metastasierung.

molli : Ich schicke m. Mann jedes Jahr zur Krebsvorsorge und es ist bis jetzt noch nie etwas auffälliges gewesen. Seit 1 Jahr hat er nach d. Verkehr immer wieder leichte Schmerzen im Unterbauch gehabt. Und nachdem er jetzt seit einigen Wochen einen milchigen und blutigen Urin hatte ist er zum Arzt. Der hat durch eine Zystoskopie einen wallnussgroßen tumor festgestellt. Er wird nächste Woche operiert, da wir aber drei kleine Kinder haben, sind wir sehr besorgt, dass es schon fast zu spät ist. Er hat einiges an Gewicht verloren und hat eine blasse Gesichtsfarbe. Er ist 50 Jahre alt und raucht seit s. 15 Lj. ca. 1,5 Packungen Zigaretten am Tag. Können sie uns sagen, wie die Prognose aussieht???

DR. LÜDECKE: Die prognostische Beurteilung dieser Erkrankung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab und kann nur auf dem Boden der tatsächlichen Befunde vom behandelnden Urologen verantwortlich mit Ihnen diskutiert werden. Die von Ihnen beschriebenen Zeichen, Gewichtsabnahme und Blässe können alleine noch keine Prognosebeurteilung ermöglichen. Die wichtigen Fragen, die der Urologe Ihnen beantworten muss sind: Tumorklassifikation (so genannte T-Stadium), Anzahl von Tumoren in der Blase insgesamt, Nachweis oder nicht Nachweis von Carcinoma Insitu und auch eventuell schon frühzeitig einer Durchführung einer CT-Diagnostik, um das mögliche Ausmaß einer Erkrankung über die Blase hinaus zu beurteilen. An dieser Stelle kann ich Ihnen auf Ihre verständlich sehr besorgte Frage keine verbindlichen Antworten geben.

Beuleke : Gibt es bei Blasenkrebs schon eine biologisch-onkologische Therapie? Ich meine damit die zielgerichteten Therapien, die es für Darm-Krebs etc. gibt.

DR. LÜDECKE: Die biologisch-onkologisch zielgerichtete Therapie befindet sich beim Blasenkrebs noch im Stadium von Phase I und Phase II-Studien und bislang ist leider noch kein vielversprechender Therapieansatz dabei gefunden worden. Aufgrund dessen ist gerade das metastasierte Harnblasenkarzinom auch heute noch ein "Killer". Die Lebensbedrohung in diesem Zustand ist extrem hoch, etwa 90 % aller davon betroffenen Erkrankten versterben innerhalb einer Zeit von 3 bis 5 Jahren. Egal, welche aktuell durchgeführten Therapien ergriffen wurden.

Bechert : Gibt es eine Blasenkrebs-Chemotherapie mit Tabletten?

DR. LÜDECKE: Für das Blasenkarzinom liegt keine Chemotherapiemöglichkeit mit Tabletten. Alle Behandlungen werden aktuell über Infusionstherapien durchgeführt.

Eliett : Funktioniert ein Sonographiegerät auch durch die Bauchdecke? Erkennt man einen Tumor in der Blase?

DR. LÜDECKE: Gute Sonographie bei gefüllter Harnblase (unbedingt notwendige Voraussetzung) funktioniert sowohl durch die Bauchdecke als auch bei der Frau beim transvaginalen Schall zum Nachweis von Tumoren, die bereits als Gewächse in das Innere der Blase vorgewachsen sind. Zur eigentlichen Früherkennung ist dies in der Regel keine geeignete Diagnostik aber trotzdem werden manchmal asymptomatische Personen nur über die Ultraschalldiagnostik, bevor sie Symptome zeigen konnten, erkannt. Aufgrund dieser leicht durchzuführenden Untersuchungstechnik macht es also durchaus Sinn, diese nicht belastende Untersuchung entweder beim Hausarzt oder Gynäkologen oder Urologen als Vorsorgemaßnahme mit vornehmen zu lassen.

Kolabär : Bei der Autoversicherung wird man im Falle eines Unfalls bei schuldhaftem Verhalten sofort zur Kasse gebeten. Medizinisch bräuchten wir nur ein paar wenige Richtwerte: Nichtraucher, kaum Alkohol, nicht mehr als 15% ÜBergewicht. Aber das ist dann schon wieder ein Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Einzelnen, oder? Wofür werden so viele gute neue medizinische Möglichkeiten auch bei der Vorsorge entwickelt, wenn die nicht genug zur Anwendung kommen?

DR. LÜDECKE: Politisieren kurz vor der "Halbzeit" ist zwar immer ganz schön, aber von meiner Seite ist zu dieser Thematik keine öffentliche Stellungnahme zu bekommen. Sie ist auch für diejenigen, die in diesem Informationsportal bedrängende Fragen beantwortet bekommen wollen, wenig zielführend. Es tut mir leid.

Casadevall : Blasenkrebs ohne Lymphknotenbefall, kann man auf Chemotherapie verzichten? Wäre zu schön um wahr zu sein!

DR. LÜDECKE: Wenn Sie damit meinen, dass ein Blasenkrebs mit Zystektomie (Radikalentfernung der Harnblase) ohne Lymphknotenbefall festgestellt wurde, dann ist nach den aktuellen Leitlinien eine Chemotherapie in Form von Infusionsbehandlungen nicht angezeigt. Sollten Sie aber einen oberflächlichen Blasenkrebs meinen, der allein mittels endoskopischer Operationstechnik behandelt wurde, dann kommt eventuell eine chemotherapeutische Behandlung der Harnblase über einen Applikationskatheter in Frage. Diese kann je nach Risikoklasse des Tumors absolut sinnvoll sein und stellt für den gesamten Körper kaum eine Gefährdung dar. Näher kann ich auf diese Probleme so nicht eingehen, da Ihre Fragestellung zu offen formuliert war und ich deshalb die Fälle nicht unterscheiden kann.

Kieldyk : Was bedeuten diese Bezeichnungen in Verbindung mit einem Blasentumor T1 N1 M?

DR. LÜDECKE: T1 meint, dass aufgrund des pathologischen Befundes der Tumor nur in die oberflächliche Muskulaturschicht der Blase vorgedrungen ist. Bedrohlich ist die Beurteilung N1. Hiernach wird festgelegt, dass ein Lymphknotenbefall durch Blasenkrebs gegeben ist. M? bedeutet, das aufgrund der vorliegenden Diagnostik kein Hinweis für eine Absiedlung des Blasenkrebses in Organen fern der Harnblase eingetreten ist, beziehungsweise man dies nicht weiß.

Hinweis : Testen Sie Ihr persönliches Risiko www.risikocheck-blasenkrebs.info Ihre Antworten auf die Test-Fragen gehen in ein Berechnunssystem mit Risikopunkten ein. Dieser Test ist validiert.

MODERATOR: Der Experte macht eine kurze Pause, wir setzen die Beantwortung Ihrer Fragen in wenigen Minuten fort.

Kath_Elson : Sollen nahe gelegene Lymphknoten bei Verdacht auf Blasenkrebs vor einer Operation entfernt und begutachtet werden für weiterführende Diagnostik? Oder lieber gleich Gesamt-OP und dann während der OP Lymphknoten-Beurteilung?

DR. LÜDECKE: Ich gehe davon aus, dass Ihre Frage sich auf den Sachstand bezieht, dass eine Radikalentfernung als operative Versorgung geplant ist. Eine vorzeitige Lymphknotendiagnostik durch separate Operation ist hierbei in keinem Fall indiziert. Die Thematik der Lymphknotenentfernung bei Zystektomie wird vielmehr dahingehend diskutiert, ob eine ausgedehnte Lymphknotenentfernung im gesamten Becken bis hinauf an die Aufzweigung der Hauptschlagader durchgeführt werden soll oder nicht. Die dazu vorliegenden Ergebnisse zeigen in der internationalen Literatur, dass gerade bei ausgedehnter Lymphknotenentfernung die Patienten davon profitieren, auch dann, wenn einzelne entfernte Lymphknoten isoliert Metastasenbefall zeigen. Dies beruht wahrscheinlich darauf, dass die minimale Tumorlast in Lymphknoten in diesen besonderen Fällen in einem nennenswerten Anteil auch chirurgisch positiv beeinflusst werden können und damit längere Zeiten von Remissionsfreiheit bzw. auch langfristiger Überlebenszeit erreicht werden können.

Angerer : Gibt es sichere Anzeichen für Blasenkrebs? Was sind sichere und was vage, allgemeine Anzeichen, die auch für andere Erkrankungen gelten können?

DR. LÜDECKE: Die drei Kardinalsymptome für Blasenkrebs sind: Makrohämaturie (sichtbares Blut im Urin, rote Farbe), chronisch nachweisbare Mikrohämaturie (Urinnachweis über Mikroskopie oder Streifentest) und chronisch gehäufter Harndrang mit oder ohne Missempfindungen unter dem Wasserlassen. Alle anderen Anzeichen, die sich als Missempfindungen im Unterbauch darstellen, können auch von allen anderen Organen des Unterbauchs ausgehen.

Nachtmoser : Macht es Sinn oder ist es überhaupt möglich die Blase zu trainieren, damit man nicht so häufig auf Toilette muss? Sein einer Reihe von Jahren muss ich nachts einmal raus. Letzthin schlafe ich immer öfters wieder durch. Ich führe das darauf zurück, dass ich tagsüber nicht jedes Mal renne, wenn sich die Blase meldet. Kann das sein, oder bilde ich mir das ein?

DR. LÜDECKE: Grundsätzlich ist es möglich, dass bei frühzeitigem Harndranggefühl auch eine psychische Komponente dahinterstecken kann, die durch ein Toilettentraining, wie Sie es beschrieben haben, positiv beeinflusst werden kann. In der Folge ist dadurch natürlich auch die Reduzierung der nächtlichen Toilettengänge möglich. Wenn diese Symptomatik jedoch langfristig anhaltend ist, so sollte ein Urologe eine nähere Ursachenforschung betreiben, um gravierende Erkrankungen sicher auszuschließen.

Julie : Die Operation hat mein Vater gut überstanden. Wir wären jetzt sehr in Sorge wegen der Chemo, aber plötzlich hieß es ist doch nicht erforderlich. Ist das ein gutes oder schlechtes Zeichen nach dem Motto braucht nicht, weil weniger schlimm, oder lohnt nicht mehr?

DR. LÜDECKE: Die von Ihnen hier angedeutete Risikoabwägung aber Nutzenabwägung, die in Ihrer Frage steckt, kann nur verantwortlich in einer Diskussion zwischen Ihnen und dem behandelnden urologischen Team geklärt werden. Die Perspektive "lohnt nicht mehr" ist eine Sichtweise, die ein Mediziner niemals treffen sollte. Und ich bin auch sicher, dass Ihr Behandlungsteam eine solche Mentalität nicht an den Tag legt. Die bei Ihnen aber sich andeutende Verunsicherung können Sie für sich selbst am besten bearbeiten, indem Sie Ihre Sorgen durch eine offene Fragestellung mit Ihrem behandelnden Urologen kurz diskutieren. Dadurch werden solche Ängste vernünftig bearbeitbar und in der Regel ausgeräumt.

anonym : Wie ist die Verteilung bei Blasenkrebs auf Männer Frauen? Gibt es eine geschlechterspezifische Belastung?

DR. LÜDECKE: Die Geschlechtsverteilung für Blasenkrebs Männer zu Frauen ist etwa 3 zu 1 in Deutschland. Geschlechtsbezogen sind Männer also häufiger belastet. Das Bedrohungspotential für Frauen bei der Diagnose Harnblasenkrebs ist aber durch nationale und internationale Daten eindeutig belegt eindeutig höher als bei Männern. Die 5-Jahres-Überlebensrate bei Frauen liegt um etwa 10 % niedriger als bei Männern und dies hat nichts zu tun mit einem höheren mittleren Alter bei Frauen bei Diagnosestellung, sondern hat tatsächlich etwas mit dem Blasenkrebs an sich zu tun. D. h. also, Frauen mit Blasenkrebs leben unter einer höheren Bedrohung durch den Blasenkrebs als Männer und sollten deshalb besonders kritisch verlaufskontrolliert werden.

La_Thaden : Der beste Freund meines Mannes hat im vergangenen Jahr eine sogen. Neo-Blase aus Darmstücken bekommen. Er lebt damit ganz gut und es ist toll, was medizinisch möglich ist. Trotzdem frage ich mich als Laie, ob nicht auch die Erhaltung der eigenen Blase möglich gewesen wäre. Wonach wird entschieden, ob die ganze Blase raus muss?

DR. LÜDECKE: Grundsätzlich wird eine Radikalentfernung der Blase immer dann angestrebt, wenn eine muskelinvasives Karzinom vorliegt (T-Stadium größer oder gleich T2). Außerdem wird bei nicht muskelinvasiven Karzinomen mit einer hohen Aggressivität, kurzfristiger Neigung zu Rezidiven und gleichzeitigem Vorhandensein von Carcinoma Insitu und Versagen einer BCG-Therapie die frühzeitige Zystektomie dem Patienten aus Sicherheitsgründen angeboten. Hier ist es eine Ermessensentscheidung der Betroffenen nach Beratung durch die behandelnden Ärzte. Alternativ zur operativen Therapie kann aber auch eine Radio-Chemo-Therapie diskutiert werden, um eine organerhaltende Behandlung durchzuführen. Diese Therapieart macht es nötig, dass die Chemotherapie über Infusionsgabe als belastende Chemotherapie eingesetzt wird und die Strahlentherapie die gesamte Blase sowie das Lymphabflussgebiet im kleinen Becken einschließt. Die international publizierten Daten dazu zeigen eine nur geringgradige Unterlegenheit gegenüber der Operation mit der Perspektive auf das Fünf-Jahres-Überleben. Die Nebenwirkungen sind gänzlich anders und die Option einer Radikaloperation (aber mit deutlich schwierigeren Ausgangsbedingungen) besteht für den Fall des Wiederauftretens des Tumors in der Harnblase.

wittrock : Zeigt so eine Schnelltestuntersuchung nur eine Ersterkrankung an, oder kann man damit auch schnell Gewissheit bekommen, ob ein Rückfall stattgefunden hat oder nicht?

DR. LÜDECKE: Urindiagnostik ist sowohl für die Primärdiagnose als auch die Verlaufskontrolle nach erfolgter Erkrankung geeignet. Wichtig ist dabei aber, dass man berücksichtigt, eine solche Diagnostik z. B. erst drei Monate nach der letzten BCG-Gabe bzw. Mitomycininstillation einzusetzen. Anderenfalls sind sonst die Testergebnisse durch die durchgeführten Therapien in der Harnblase fälschlich erhöht.

Lu : Bin 56 und in den letzten 2 Jahren merke ich manchmal, dass ich bei starkem Husten einen Tropfen Urin verliere. Das ist ganz schrecklich, weil ich Angst habe inkontinent zu werden. Mein Beckenboden war bisher immer gut, weil ich meine Zwillinge per Kaiserschnitt entbunden habe. Mein Hausarzt sagt, dass das auch andere Ursachen haben kann und eine Krankheit dahinter steckt. Auf Nachfrage erwähnte er dann Blasenkrebs. Das hat mich natürlich sehr erschreckt. Ich kann mir das kaum vorstellen. Reicht ein bisschen Urintröpfeln für eine solche Annahme aus??

DR. LÜDECKE: Inkontinenz ist in der Regel kein Symptom für Blasenkrebs. Ihre Konstellation: Frau, 56, zwei Entbindungen und ein Urinverlust unter erhöhtem Bauchdruck (z. B. beim Husten), hat in der Regel andere Ursachen, die aber einer urologischen Abklärung bedürfen. Dies ist unproblematisch bei einem niedergelassenen Kollegen zu erarbeiten und das Bedrohungspotential für Blasenkrebs ist ausgesprochen klein. Die therapeutischen Möglichkeiten, um diese Symptomatik zu beenden, sind gestaffelt nach den zu erhebenden Befunden durch Medikamente, physikalische Maßnahmen und auch operative Verfahren, sie sind gut zu behandeln und können in der Regel wieder beseitigt werden. An dieser Stelle der Rat, machen Sie sich nicht zu viele Sorgen und fragen Ihren Urologen.

Hinweis : Testen Sie Ihr persönliches Risiko www.risikocheck-blasenkrebs.info Ihre Antworten auf die Test-Fragen gehen in ein Berechnunssystem mit Risikopunkten ein. Dieser Test ist validiert.

Major : In welchem Stadium bereitet Blasenkrebs Schmerzen?

DR. LÜDECKE: Schmerzen verursacht durch Blasenkrebs ist nicht zwingend mit dem Stadium verbunden. Schmerzen können auch bei oberflächlichen Tumoren, die im Bereich des Blasendreiecks (Auslasbereich der Blase) lokalisiert sind, verursacht werden. Starke Schmerzen, die in die Beckenregion, Hüftgelenke oder den unteren Teil der Wirbelsäule ausstrahlen, sind bei Blasenkrebs aber in der Regel an fortgeschrittene Tumorerkrankungen gebunden.

Gerwien : Ich leite ein Bau-Unternehmen das ich von meinem Vater übernommen habe. Das ist ehrliche harte Arbeit, denn wir reparieren und bauen Straßen. Dabei handelt es sich um Aufträge von Gemeinden o.ä. Natürlich arbeiten wir nach den Richtlinien, die arbeitsschutzrechtlich vorgegeben sind. Aber ich sehe auch, dass ehemalige inzwischen verrentete Mitarbeiter meines Vaters zum Teil Krankheiten haben, die vorsichtig formuliert in die Nähe der Berufskrankheiten kommen, die durch den Umgang mit Teer und anderen Baustoffen gerade im Straßenbau zusammenhängen können. Es ist bisher nur noch keiner auf die Idee gekommen, das mal prüfen zu lassen. Deshalb denke ich immer öfter darüber nach, wie ich meine Mitarbeiter schützen kann und nutze gern diese anonyme Sprechstunde. Wie kann ich mich medizinisch informieren ohne gleich Namen und Firma hinterlegen zu müssen. Möchte keine schlafenden Hunde wecke, aber was für die Männer tun.

DR. LÜDECKE: Grundsätzlich ist bekannt, dass in Teer Betanaphtylamin als krebsauslösende Substanz vorhanden ist und sowohl über Körperkontakt als auch Inhalation in den Körper aufgenommen werden kann. Diese Substand gilt als so genannte K1-Substanz, die bei mindestens zweijähriger berufsbedingter Exposition zur Anerkennung des Blasenkrebses, sofern er eintritt, von den Berufsgenossenschaften anerkannt werden muss. Neben Atemschutz ist also auch direkter Kontakt mit dem Teer bzw. häufiges Wechseln von Bekleidungen mit Teerverschmutzungen, bzw. Auswechseln von Arbeitsschutzmitteln hilfreich, um die Arbeitnehmer vor solchen Erkrankungsfällen zu bewahren. Gerade die Tatsache, dass berentete Mitarbeiter Ihres Vaters jetzt mit einer Latenz von 20 oder mehr Jahren auch als Rentner an Blasenkrebs erkrankt sind, belegt gerade dieses Phänomen. Wenn Sie Ihre Mitarbeiter also Vorsorgebetreuen lassen wollen, so wäre darüber nachzudenken, mit einem Arbeitsmedizinier ein Vorsorgekonzept für Blasenkrebs für Ihre Mitarbeiter, eventuell in Zusammenarbeit mit einem niedergelassenen Urologen in Ihrer Region aufzusetzen. Die Kosten sind gering und werden sogar von den Berufsgenossenschaften übernommen. Das Bedrohungspotential für Ihrer Firma (wirtschaftlich existenziell) ist gleich Null, da dieses Risiko für Ihre Mitarbeiter durch Ihre Beiträge zur Berufsgenossenschaft auf adäquate Weise abgedeckt sind. Kleine und mittelständische Unternehmen haben aber in der Regel keine eigenständige arbeitsmedizinische Betreuung. Ich würde daher empfehlen, dass Sie aufgrund der beobachteten Ereignisse und Ihrem hier glaubhaft dargestellten Verantwortungsgefühl sich an Ihre zuständige Berufsgenossenschaft wenden, um ein Vorsorgekonzept für Ihre Mitarbeiter aufzusetzen.

Wentzien : Meine Frau geht nicht gern zu Ärzten, weil sie als Kind viele Operationen an den Beinen hatte. Sie ist jetzt 43 und seit ich sie kenne hat sie im Winter mindestens einmal eine Blasenentzündung. Sie weiß, was zu machen ist und ihr Hausarzt verschreibt ihr da was. Ich habe den Eindruck geht alles ganz routinemäßig. Jetzt hat sie aber manchmal Blut im Urin, habe ich entdeckt, als ich neulich die Waschmaschine bestückt habe. Das hat sie erst auf meine Nachfrage bestätigt. Sie meint das sei nicht ungewöhnlich, aber ich bin beunruhigt. Kann das auch was schlimmeres sein? Blasenkrebs traue ich mich kaum auszusprechen geschweige denn zu ende zu denken.

DR. LÜDECKE: Blut in der Wäsche bei Frauen hat ja durchaus mehrere mögliche Gründe. Neben einer gynäkologischen Kontrolluntersuchung ist auch eine urologische Kontrolluntersuchung angezeigt. Sollte es also tatsächlich blutiger Urin sein, so muss eine Spiegelung der Harnblase durch einen Urologen erfolgen, um das Thema Blasenkrebs sicher ausschließen zu können, bzw. therapeutische Konsequenzen zu ziehen.

grove : Ich verstehe, dass die Krankheitshäufigkeit mit höherem Alter sich verstärkt, weil das System einfach "ausgelatscht" ist. Aber warum treten manche Krebserkrankungen in einer Altersspanne von 20 Jahren besonders häufig auf, aber wenn man dann älter wieder weniger?

DR. LÜDECKE: Dieses Phänomen, was Sie beschreiben, hat mit Blasenkrebs nichts zu tun. Es gibt jedoch einige tumoröse Veränderungen (urologisch z. B. Hodenkrebs), die ihre Altersgipfel in jungen Jahren haben. Dies hat nichts mit einer altersassoziierten "Verbrauchserkrankung" zu tun, sondern liegt an den genetischen bzw. organspezifischen Gegebenheiten. Beim Blasenkrebs, der am häufigsten durch giftassoziierte Risikoexposition verursacht wird, gibt es aber einen Altersgipfel, der bei größer 65 Jahren liegt und in der Zukunft aufgrund unserer Bevölkerungspyramide u. U. noch weiter ansteigt.

Schwamborn : Gibt es besondere Positionen in der Blase, wo ein Tumor entsteht? Ist der Punkt gut einsehbar bei einer Lampendiagnostik??

DR. LÜDECKE: Eine bevorzugte Lokalisation für Blasenkrebs innerhalb der Blase gibt es nicht. Zur sicheren Beurteilung einer Harnblase im Rahmen der Blasenkrebsdiagnostik muss der Urologe alle Regionen der Harnblase sicher eingesehen haben. Aufgrund von Größe der Prostata, Reizempfindlichkeit innerhalb der Blase und Wahl des diagnostischen Instrumentariums kann es aber durchaus Schwierigkeiten machen, ohne Narkosebedingungen alle Regionen der Harnblase sicher zu erreichen. Die am wenigsten belastende und in erfahrenen Händen sicherste zystoskopische Technik zum Aufsuchen sämtlicher Regionen in der Harnblase ist die so genannte flexible Zystoskopie.

Julle_Röh : Bei meinem Vater soll eine fraktionierte Tumorentfernung stattfinden. Ich kenne mich mit den Begriffen nur bedingt aus, aber fraktioniert heißt für mich ?begrenzt? oder ?scheibchenweise?. Heißt das, der Tumor kann nicht komplett entfernt werden?

DR. LÜDECKE: Eine fraktionierte endoskopische Refraktion heißt, dass in einzelne Probengefäße der Haupttumor, alle vier Tumorrandgebiete und der Tumorgrund separat entnommen und durch den Pathologen beurteilt wird. Diese Art der Tumorentfernung bietet die größte Sicherheit, um die Eindringtiefe eines Tumors und die Vollständigkeit der Entfernung sicher zu beurteilen. Sie können beruhigt sein, es hat sicher nichts mit "scheibchenweiser" Tumorentfernung zu tun. Auch die vollständige Entfernung ist dabei auf jeden Fall sichergestellt.

J_Burdorf : Bei Frauen kann man ja besser tasten durch die Scheide. Das geht beim Mann nich. Wie kommt man da zu einer sicheren Diagnose, ob es sich um Blasenkrebs handelt oder nicht?

DR. LÜDECKE: Die Diagnose Blasenkrebs wird nicht durch körperliche Untersuchung gestellt, sondern kann nur endoskopische Untersuchung der Harnblase mit zusätzlicher Gewebeentfernung erreicht werden. Der Pathologe bestätigt dann, ob es sich um Krebs handelt und klassifiziert das Ausmaß der Erkrankung.

Bornstrohm : Wann gilt ein Blasentumor als inoperabel? Wenn eine neue Blase gebaut werden müsste?

DR. LÜDECKE: Eine so genannte Neoblase wird dann in der Regel nicht operationstechnisch umgesetzt, wenn die Erkrankung weit über die Organgrenze der Nachbarorgane hinausgegangen ist, bzw. ein ausgedehnter Lymphknotenbefall im kleinen Becken vorliegt. Die besten Tumorstadien, um eine Neoblase als Ersatz der tumortragenden Blase zu konstruieren sind T2b und T2b und mit Einschränkungen T3-Tumore.

Dr. House : Wie häufig ist Blasenkrebs. Ich würde mich über konkrete Zahlen freuen ohne, dass ich eine Hochrechnung starten muss. Mit Dank an Dr. Lüdecke.

DR. LÜDECKE: Die Neuerkrankungsrate in der Bundesrepublik Deutschland liegt nach Zahlen des Robert-Koch-Institutes bei etwas 28.500 Menschen im Jahr. Dies entspricht einer Inzidenz (Anzahl neu erkrankter Menschen pro hunderttausend Einwohner) von etwa 35. Die Prävalenz (Anzahl der Menschen, die unter der Erkrankung in Deutschland leben) muss aktuell auf die zurückliegenden 10 Jahre auf etwa 140.000 bis 150.000 Menschen kalkuliert werden. Besonders problematisch ist hierbei, dass all die Menschen, die unter der Diagnose leben mit einem Risiko von 16 bis 70 % für eine Wiedererkrankung innerhalb von zwei Jahren leben. D. h. in der Konsequenz, dass sehr sehr viele Behandlungsfälle durch diese etwa 150.000 Menschen jährlich für das Blasenkarzinom innerhalb unseres Gesundheitssystems eine enorme Kostenbelastung darstellen und für die Menschen eine hohe psychologe Bürde darstellt, da sehr viele unter der anhaltenden Angst der Wiedererkrankung leben müssen.

DR. LÜDECKE: Meine Damen und Herren, ich möchte mich an dieser Stelle ganz herzlich bei Ihnen bedanken für die breit gefächerte Fragenpalette zum Thema Blasenkrebs. Ich hoffe, Ihnen auf Ihre Fragen eine verständliche und informative Antwort gegeben zu haben und wünsche Ihnen allen, dass Blasenkrebs für Sie eine Behandlung mit einem guten Ende finden wird. Einen schönen Abend Ihr Dr. Lüdecke



Ende der Sprechstunde.