Darmkrebs: Welche Diagnostik – Welche Therapie

Dr. med. Albrecht Kretzschmar          
Oberarzt
Klinikum St. Georg in Leipzig   
und MVZ Mitte in Leipzig
Internistische Onkologie und Hämatologie im  Klinikum St. Georg    
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04129 Leipzig
 
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MVZ Mitte; Onkologie und Palliativmedizin
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Schwerpunkte
 
Behandlung von soliden Tumoren
Darmkrebs andere gastrointestinale Tumoren

PROTOKOLL

Darmkrebs: Welche Diagnostik – Welche Therapie

Ella-Herrmann: Ich habe Freunde, da hatte erst er Darmkrebs und zwei Jahre später sie auch. Irgendwie liegt es für mich nahe, dass das vielleicht was mit der Lebensführung zu tun hat, oder ist das reiner Zufall? Beide sind Anfang/Mitte Fünfzig.

DR. MED. KRETZSCHMAR: Wenn zwei in einem Haushalt lebende Menschen innerhalb kurzer Zeit die gleiche Krebserkrankung bekommen, so könnte man natürlich die Ursache in der Lebensführung oder gar in Risikofaktoren, die in deren Wohnung zu finden sind, suchen. Naheliegend ist jedoch, dass es sich tatsächlich um Zufall handelt. Allgemeine anerkannte Risikofaktoren für die Entwicklung von Darmkrebs sind: Mangelnde körperliche Bewegung, Übergewicht, Rauchen, Konsum von sogen. rotem Fleisch (Rind, Lamm, Schwein). All diese Risikofaktoren haben jedoch nur einen relativ kleinen Einfluss. Anders verhält es sich mit erblicher Belastung (erbliche Darmkrebssyndrome HNPCC und FAP). Der Verdacht hierauf besteht natürlich nicht bei Partnern, sondern wenn zwei miteinander verwandte Menschen an Darmkrebs erkranken.

Vollmond: Was sind typische Beschwerden von Darmkrebs?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Es gibt keine typischen Frühsymptome von Darmkrebs, weshalb man ja auch dringend die Vorsorgeuntersuchungen empfiehlt, so dass man Patienten identifiziert, die noch keine Symptome haben. Einige Symptome können einen an Darmkrebs denken lassen, wenngleich sie immer auch andere Ursachen haben können. Hierzu zählt Blut im Stuhl, Verstopfung abwechselnd mit Durchfall, sogen. Bleistiftstuhl, d.h. dass nur noch relativ dünne Würste ausgeschieden werden. Häufig findet man auch Symptome der Blutarmut, d.h. Schwäche, Müdigkeit, Abgeschlagenheit, mangelnde körperliche Belastbarkeit.

DeltevB.: Vor 4 Jahren Diagnose Darmkrebs mit der klassischen Behandlung Operation und Chemotherapie. Jetzt ein Rückfall und es wird befürchtet, dass sich bei mir die Tumorzellen verändert haben und deshalb die Chemotherapie nicht mehr wirkt. Darum wird die Behandlung verändert. Kann es sein, dass sich der Krebs noch weiter verändert? Da kommt man ja gar nicht mehr hinterher mit den Medikamenten. Habe ich überhaupt noch eine Chance?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Wenn es zu einem Rückfall nach vier Jahren gekommen ist, so könnte man durchaus auch noch einmal die gleichen Medikamente wie bei der adjuvanten Chemotherapie einsetzen. Normalerweise geht man nicht davon aus, dass sich die Tumorzellen stark verändert haben. Vermutlich wird man nun andere Medikamente vorschlagen, da diese auch ein anderes Profil an unerwünschten Wirkungen haben. Für die Behandlung eines Rückfalls von Darmkrebs stehen deutlich mehr Medikamente einschließlich auch sogen. Monoklonaler Antikörper zur Verfügung. Wenn man Ihnen nun andere Medikamente als damals gibt und diese eines Tages nicht mehr helfen, könnte man wieder auf die Medikamente von vor vier Jahren zurückgreifen. Auf jeden Fall haben Sie eine gute Chance, dass die Krebserkrankung auf die Therapie anspricht, d.h. dass man sie zumindest zurückdrängen und in Schach halten kann.

Rakowski: Vor neun Monaten hatte ich eine große Darmkrebsoperation, die aber mit der Schlüsselloch-Methode gemacht wurde. Die Operation war gut verlaufen, aber ich habe große Probleme mit dem Stuhlgang. Mehr als 10 Mal am Tag und ziemlich dünn. Mein Operateur sagt immer, das wird noch besser, aber geht das überhaupt nach so langer Zeit?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Diese Frage ist für einen Aussenstehenden nur schwer zu beantworten. Es kommt stark darauf an, welcher Teil des Darmes und wie viel entfernt wurde. Es besteht eine Chance, dass auch noch nach so langer Zeit eine Besserung eintritt. M. E. sollten Sie evtl. eine zweite Meinung z.B. bei einem Gastroenterologen einholen, ob man möglicherweise durch eine bestimmte Diät oder zusätzliche Medikamente Ihre Lebensqualität verbessern kann und Sie nur noch seltener Stuhlgang haben.

Kincade: Wie gefährlich sind Divertikel im Darm? Führen die zu Darmkrebs?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Divertikel im Darm sind häufig und stark verbreitet und im Allgemeinen relativ harmlos. Insbesondere sind sie keine Vorstufe von Darmkrebs. Gelegentlich kommt es zu einer Entzündung von Nahrungsresten in den Divertikeln (kleine Ausstülpungen der Darmwand). Man nennt dies eine Divertikulitis und dieses Krankheitsbild kann dann auch gefährlich sein und muss behandelt werden.

Range: Die von den gesetzlichen Kassen bezahlte vorsorgliche Darmspiegelung ist ja eine gute Sache. Deshalb werde nie verstehen, warum diese Gelegenheit nicht jeder nutzt, der in die Alterskategorie fällt. Es gibt diese Untersuchen auf Kassenkosten ja jetzt schon 10 Jahre oder länger. Sind daraus Statistiken entstanden, die die Sinnhaftigkeit belegen im Gegensatz zu früher?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Ja, ich kann mich Ihrer Einschätzung anschließen, dass die Vorsorgekoloskopie ein tolles Angebot ist, welches jedem Bürger vom Hausarzt, von Fachärzten oder auch von Freunden unbedingt empfohlen werden sollte. Tatsächlich wird diese Untersuchung bereits seit fast 20 Jahren angeboten. Es ist klar belegt, dass bei Wahrnehmung der Vorsorgekoloskopie die Sterblichkeit an Darmkrebs gesenkt werden kann. Es werden dann Vorstufen von Darmkrebs oder sehr frühe Stadien erkannt und behandelt und somit sinkt der Anteil von Fällen mit fortgeschrittenen oder gar metastasierten Tumoren. Inzwischen ist klar dokumentiert, dass innerhalb der Darmkrebsdiagnosen die frühen Stadien zugenommen haben. Außerdem gibt es relativ gesehen mehr jüngere Patienten, da diese ja nicht an der Vorsorgeuntersuchung teilnehmen (Kostenübernahme und Empfehlung ab dem 55. Lebensjahr). Außerdem sehen wir aber auch mehr ältere Patienten, da leider versäumt wird, einen 65jährigen, 70jährigen oder 75jährigen zu dieser Untersuchung zu schicken, wenn er sie noch nicht wahrgenommen hat. Bezgl. der jüngeren Patienten ist anzumerken, dass eine Vorsorgekoloskopie bei Menschen ohne familiäre Belastung im Alter unter 50 Jahren nicht sinnvoll ist. Bei Personen unter 45 Jahren ist die Wahrscheinlichkeit, Darmkrebs zu entdecken derartig gering, dass es nicht gerechtfertigt ist, die Vorsorgeuntersuchung durchzuführen. Man müsste dann so viele Menschen untersuchen, dass die unerwünschten Wirkungen und Komplikationen den Nutzen überwiegen. Anders sieht es aus, wenn in der Familie Darmkrebs vorkommt. Dann muss eine individuelle Beratung stattfinden und eine Entscheidung getroffen werden.

Mavoris: Mein Papa hat während der Chemotherapie erhebliche Hautprobleme. Was könnte er dagegen tun? Der Onkologe sagt, das ist halt so. Das glaube ich nicht. Ich bin sicher es gibt irgendetwas zur Erleichterung. Oder eine andere Medikation insgesamt??

DR. MED. KRETZSCHMAR: Aufgrund der Schilderung kann man davon ausgehen, dass die Therapie Ihres Vaters neben Chemotherapie einen Monoklonalen Antikörper gegen den EGF-Rezeptor enthält. Hier gibt es zwei Medikamente (Cetuximab oder Erbitux und Panitumomab oder Vectibix). Die vor allem subjektiv belastende unerwünschte Wirkung beider Medikamente ist ein Hautausschlag, wie bei pubertärer Akne. Eigentlich werden alle Patienten bereits vom ersten Tag der Therapie an vorbeugend mit einem Tetracyklin (z.B. Minocyklin 50mg) einmal täglich und auch verschiedenen Hautpflegeprodukten versorgt. Meistens kann man diese unerwünschte Wirkung an der Haut nicht komplett vermeiden, aber sie muss natürlich in ein subjektiv verträgliches Ausmaß gebracht werden. Helfen diese vorbeugenden Medikamente nicht genügend, so muss man ein bis zwei Dosen der Antikörper weglassen, oder die Dosis reduzieren. Ich würde die Medikamente jedoch nicht weglassen oder austauschen, da sie bei den hierfür geeigneten Patienten (RAS-Wildtyp, BRAF-Wildtyp und Primärtumor im linken Teil des Darmes) ausgesprochen potent sind und unbedingt eingesetzt werden sollten.

Kreis: Was ist mit den sogen. zielgerichteten Medikamenten? Kommen die in Betracht, wenn man schon mal die ganze Runde gemacht hat mit OP und Chemo?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Bei Darmkrebs sind insgesamt fünf zielgerichtete Medikamente - konkret sogen. Monoklonale Antikörper - für die Behandlung zugelassen und kommen zum Einsatz. Allerdings betrifft das nur Patienten, bei denen Metastasen vorliegen und eine sogen. palliative Therapie durchgeführt wird. Für die Behandlung nach Operation (sogen. adjuvante Chemotherapie) sind diese Medikamente nicht wirksam und werden nicht eingesetzt.

Annette: Vor 5 Jahren hatte meine Mutter Darmkrebs und galt nach OP und Chemotherapie als geheilt. Jetzt der Rückfall mit diversen Metastasen. Deshalb nutze ich diese Sprechstunde, um in Erfahrung zu bringen, was sich seither therapeutisch getan hat und was jetzt sinnvoll sein könnte für meine Mutter. Oder ist das jetzt ihr Todesurteil?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Wenn es nach fünf Jahren zu einem Rückfall gekommen ist, so ist meist die Prognose eher besser, als wenn es schnell zu einem Rückfall kommt. Für das Behandlungsziel ist es wichtig, ob Metastasen in nur einem Organ z.B. Leber oder Lunge vorliegen und wie viele. Meistens ist das Behandlungsziel bei einem Rückfall der Erkrankung wie wir sagen - palliativ. Dies bedeutet, dass es nicht realistisch ist, dass durch die Therapie alle Metastasen verschwinden und auch wegbleiben, d.h. dass der Patient geheilt wird. Erfreulicherweise können wir aber auch bei palliativem Behandlungsziel viele Darmkrebspatienten über einige Jahre bei guter Lebensqualität behandeln. Anders als bei der Chemotherapie nach der Operation stehen nun viele Medikamente, auch sogen. Monoklonale Antikörper für zwei, drei oder gar vier Behandlungslinien, zur Verfügung. Lediglich ein Medikament ist tatsächlich in den letzten fünf Jahren hinzugekommen (alle anderen sind schon seit vielen Jahren im Einsatz und wir verfügen über umfangreiche Erfahrungen hiermit).

Nietmann: Ist es normal dass während einer Darmspiegelung Gewebe entnommen wird? Muss ich mir Sorgen machen? Hatte vor 4 Tagen so eine Untersuchung und warte auf das Ergebnis.

DR. MED. KRETZSCHMAR: Während einer Vorsorgekoloskopie oder einer Kontrollkoloskopie wird lediglich dann Gewebe entnommen, wenn es einen auffälligen Befund gibt. Meistens handelt es sich um Polypen (diese können Vorstufen von Krebs sein). Wenn ein höhergradig verdächtiger Befund bei der Darmspiegelung entdeckt wurde, so teilt der Untersucher dies normalerweise seinem Patienten mit. Allein aus der Tatsache, dass eine Gewebeprobe entnommen wurde, sollte man eigentlich eher nicht besorgt sein.

Zahle: Welche Form der Diagnostik ist komplett und total sicher und zuverlässig in der Aussage, wenn Blut im Stuhl war, aber Darmspiegelung und Stuhluntersuchung keinen Hinweis auf Krebs ergeben haben?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Die Begriffe komplett und total sicher stellen eine hohe Anforderung an die Antwort auf diese Frage. Wenn bei einer Darmspiegelung kein Hinweis auf eine Krebserkrankung gefunden wurde, so wird mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit auch kein Dickdarmkrebs vorliegen. Warum trotzdem Blut im Stuhl war, ist für mich schwer einzuschätzen. Sie sollten dies mit dem Arzt besprechen, der Sie behandelt bzw. die Darmspiegelung durchgeführt hat. Manchmal kann auch Blut aus dem Dünndarm kommend bis in den Stuhl gelangen und der Dünndarm wird bei der Koloskopie eben nicht untersucht. Ich würde aber ungern mit diesem nur sehr begrenzten Informationen jetzt eine Empfehlung zur weiteren Diagnostik abgeben.

Balu_Nocker: Was ist eine Wedge-Resektion? Geht das mit der sogen. Schlüsselloch-Technik zu operieren?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Eine Wedge-Resektion spielt eigentlich eher bei Lungenoperationen eine Rolle. Ich bin kein Chirurg. In Zusammenhang mit Darmkrebs fällt mir jedoch keine Wedge-Resektion ein. Schlüssellochtechnik heißt, dass kein großer Bauchschnitt gemacht wird, sondern durch zwei bis drei etwa 10-15mm große Löcher Instrumente in die Bauchhöhle eingeführt werden, über die dann eine Operation stattfindet. Man nennt es auch laparaskopisches Operieren. Die Technik ist in den Händen eines versierten Operateurs, welcher sie schon seit Jahren beherrscht, auch für die meisten Krebsoperationen geeignet. Viele Darmkrebsoperationen werden heute als laparoskopische Operationen durchgeführt. Dies ist auch wissenschaftlich belegt, da es mehrere vergleichende Studien gab, die alle zeigten, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Krebsrückfall nach laparaskopischer OP nicht größer ist, als nach offener Operation. Die Krankenhausverweildauer ist kürzer und die Erholung nach der Operation ist schneller, wenn man sich für den laparaskopischen Eingriff entscheidet.

Kaspers: Haben bei Darmkrebs zusätzliche alternative, homöopathische Mittel wie Mistel, spezielle Pilzen etc. überhaupt einen Stellenwert, oder macht man damit alles schlimmer?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Dies ist eine für viele Patienten und deren Angehörige sicherlich wichtige Frage. Für die meisten alternativen oder komplementärmedizinischen Behandlungen liegen keine Studien vor, die den Ansprüchen genügen, die die wissenschaftlich orientierte Medizin stellt. Zunächst einmal muss bemerkt werden, dass Mistel und homöopathische Behandlungen zwei unterschiedliche Dinge sind. Klassische Homöopathie wird in der Krebsbehandlung sehr selten eingesetzt. Die Misteltherapie ist eine Form der Erfahrungsmedizin, die insbesondere in Deutschland eine sehr lange Tradition von etwa 100 Jahren hat und aus der anthroposophischen Medizin kommt. Die meisten Ärzte, die Mistel verschreiben, unterstellen der Behandlung nicht, dass der Verlauf der Krebserkrankung positiv beeinflusst wird, sondern glauben, dass die Verträglichkeit der Behandlung besser wird. Ich persönlich kann damit leben, wenn meine Patienten eine Misteltherapie durchführen lassen, verordne sie jedoch nicht selbst. Auf dem Gebiet der komplementärmedizinischen Behandlungen gibt es leider auch Beispiele, die eher in den Bereich der Scharlatanerie fallen. Teilweise müssen Patienten hohe Summen für Medikamente aus der eigenen Tasche zahlen, die keinerlei Nutzen haben, oder sogar schaden können. Der einzelne Patient sollte es jeweils mit seinem behandelnden Onkologen besprechen. Ich würde davon abraten, Behandlungen, z.B. durch einen Heilpraktiker durchführen zu lassen, von denen der behandelnde Onkologe nichts weiß. Auch vom Ankauf von Nahrungsergänzungsmitteln, das Abwehrsystem positiv beinflussenden Medikamenten oder Vitaminen aus der Apotheke oder dem Internet würde ich abraten.

R.Mogri: Ich hatte das übliche Programm mit teilweiser Darmentfernung (ca. 20cm relativ weit unten im kleinen Becken), danach Chemotherapie. Liegt 4 Jahre zurück. Durch Zufall wurde eine Knochenmetastase im Nacken entdeckt. Und jetzt?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Wenn es bei einer Darmkrebserkrankung zu einem Rückfall in Form von Metastasen kommt, so liegen hier häufig Lebermetastasen oder auch Lungenmetastasen oder Absiedelungen am Bauchfell vor. Das Auftreten von Knochenmetastasen ohne die eben genannten ist ausgesprochen selten. Deshalb sollte man bei einer isolierten Knochenmetastase durchaus daran denken, dass sie nicht vom Darmkrebs herrührt. Möglicherweise liegt eine andere Erkankung (Plasmozytom oder Multiples Myelom) oder gar die Metastase einer anderen Krebserkrankung vor. Sie sollten diese Möglichkeiten auf jeden Fall mit Ihrem behandelnden Arzt besprechen. Unter Umständen ist auch eine Gewebeprobe zur Sicherung nötig.

Offenbach: Leider hatte sich der Krebs schon bei meinem Bruder ausgebreitet. Trotzdem wurde er operiert mit Chemotherapie danach, aber es konnte bei der OP nicht alles entfernt werden. Gibt es auch eine Art Erhaltungstherapie, die seine Lebensqualität erhöhen würde?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Aus dieser Beschreibung ist für mich nicht abzuleiten, was jetzt nach der Operation und nach der Chemotherapie von der Erkrankung noch übrig ist. Insofern kann ich auch keine Aussage zu einer geeigneten weiteren Therapie machen. Sie müssten das bitte mit den behandelnden Ärzten besprechen.

Fanny: Kann man Metastasen im Blut nachweisen durch irgendwelche Werte die abweichen von der Norm?

DR. MED. KRETZSCHMAR: Man kann im Blut sogen. Tumormarker bestimmen. Wenn die Tumormarker erhöht sind, so können sie ein Hinweis auf das Vorliegen von Metastasen sein. Manchmal jedoch sind Tumormarker erhöht, ohne dass Metastasen vorliegen. Heutzutage gibt es auch sehr empfindliche Methoden, bei denen man im Blut direkt Teile des Erbguts der Krebszelle nachweisen kann und die noch wesentlich empfindlicher sind, als die Bestimmung von Tumormarkern. Diese Verfahren werden aber nur einigen Spezialzentren angewendet und sind eigentlich noch kein etabliertes Standardvorgehen.

Jonas: Mein Vater hatte vor 7 Jahren eine Darmkrebsoperation und keine weitere Behandlung. Nun geht offenbar alles von vorn los. Ist nach wie vor die Operation der erste Schritt und wie geht es dann weiter, wenn schon Metastasen in der Leber sind und im Becken vermutet werden? Auf das Ergebnis warten wir noch.

DR. MED. KRETZSCHMAR: Wenn Ihr Vater vor sieben Jahren an Darmkrebs operiert wurde und nun wieder von Darmkrebs die Rede ist, so handelt es sich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit um Zweitkarzinom. Normalerweise werden bei Patienten nach Darmkrebsoperationen Vorsorge-/Nachsorgekoloskopien im Abstand von einigen Jahren durchgeführt, um solche Zweitkarzinome möglichst früh zu erkennen. Da, wie Sie selber sagen, die Ergebnisse der jetzt durchgeführten Untersuchungen noch ausstehen, ist es für einen Aussenstehenden unmöglich, die nächsten sinnvollen Behandlungsschritte zu benennen.

Karinkeller: Dass fast schwarzer Stuhl ein Alarmzeichen ist weiß ich. Aber wofür, für Darmkrebs? Was könnte es sonst sein? Trau mich nicht zum Arzt.

DR. MED. KRETZSCHMAR: Fast schwarzer Stuhl, sogen. Teerstuhl, deutet darauf hin, dass es zu einer Blutung im Magen- Darmtrakt kam und die Blutungsquelle eher weiter oben liegt, so dass das Blut schon weitgehend verdaut ist. Die häufigste Ursache für Teerstuhl ist eine Blutung aus dem Magen, aus dem Zwölffingerdarm oder aus der Speiseröhre (z.B. gutartige Geschwüre). Darmkrebs könnte natürlich auch eine Ursache sein, ist aber keineswegs die Wahrscheinlichste. In jedem Falle ist Ihnen dringend zu empfehlen, zum Arzt zu gehen, da u.U. auch ein lebensbedrohliches Krankheitsbild vorliegen kann, welches sich gut behandeln lässt und welches - wie ausgeführt - gar nicht bösartig sein muss.

Moschiba: Wie verteilen sich die Gene von Vater und Mutter in mir, wenn in der Vaterlinie 5x Darmkrebs aufgetreten ist bei nur 7 Familienmitgliedern? Macht mich ziemlich nervös.

DR. MED. KRETZSCHMAR: Wenn in der Familie Ihres Vaters die Veranlagung für Darmkrebs vorliegt, so haben Sie eine 50prozentige Chance, diese Veranlagung geerbt zu haben. Die geschilderte Häufung von Darmkrebs in der Familie Ihres Vater sollte auf jeden Fall Anlass sein, dass jedes Familienmitglied - also auch Sie - eine genetische Beratung wahrnimmt. Man kann durch entsprechende Untersuchungen feststellen, ob eine Form von erblichem Darmkrebs tatsächlich vorliegt. Es gibt zwei wesentliche Erkrankungen: HNPCC (macht ca. 10% der Darmkrebsfälle in Deutschland aus) und FAP (ungefähr 1%). Bei der FAP treten die Erkrankungen schon häufig bei jungen Erwachsenen auf. Wenn man eine Familie mit HNPCC (auch Lynch-Syndrom identitfiziert hat), so kann man bei einem bisher nicht erkrankten Mitglied wie bei Ihnen mit einer Blutuntersuchung nachweisen, ob der- oder diejenige die Veranlagung geerbt hat. Kommt heraus, dass man die Veranlagung nicht geerbt hat: Entwarnung. Kommt heraus, dass man die Veranlagung geerbt hat (die Chance ist 50%), so bedeutet dies, dass man sehr gewissenhaft und engmaschig, u.U. ein Mal pro Jahr ein Koloskopie durchführen lassen sollte. Bei der sehr viel selteneren FAP wird sogar zu einer vorbeugenden kompletten Entfernung des Dickdarms geraten.

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Ende der Sprechstunde.