Osteoporose – Eine ernsthafte Erkrankung

OrthopädieZentrum Maschen
Dr. med. Knut Behle
 
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PROTOKOLL

Osteoporose – Eine ernsthafte Erkrankung

Heiner_Klingenberg: Meine Mutter ging früher ganz gerade. Dann hatte sie eine leichte Vorlage mit dem Oberkörper. Als ich sie darauf ansprach meinte sie, sie sei immer in Eile. Ich merke jetzt, wie das schlimmer wird. Wenn ich es erwähne, richtet sie sich auf, aber offenbar wird ihre unbewusste Haltung immer schlechter. Woran liegt das? Was kann sie dagegen tun?

Dr. med. Knut Behle: Grundsätzlich kann natürlich eine Haltungsveränderung verschiedene Ursachen haben. Eine mögliche Ursache kann eine vermehrte Vorbeugung (Kyphose) der Brustwirbelsäule sein. Hierfür kann eine Osteoporose die Ursache sein, da häufig die Vorderkante der Wirbelkörper an Höhe verliert. Hier würde nur eine klinische Untersuchung und ggfs. eine Röntgenaufnahme zur Ursachenermittlung helfen.

Jan-Kruse: Meine Mutter hat schwere Osteoporose und brüchige Knochen. Ist Teriparatid die Endstufe der Behandlungsmöglichkeit, oder kommt da noch was danach?

Dr. med. Knut Behle: Teriparatid ist ein osteoanaboles Medikament, welches, wie Sie richtig schreiben, eigentlich nicht am Anfang einer Therapie steht. Andere medikamentöse Behandlungsformen stehen zur Verfügung. Hier ist aber die Stoffwechsellage des Knochens entscheidend. Grundsätzlich muss in jedem Falle eine Basistherapie mit ausreichender Calcium- und Vitamin-D-Substitution erfolgen. Welche Medikamente sinnvoll sind hängt von vielen verschiedenen Begleitumständen ab. In jedem Fall ist aber die medikamentöse Behandlung allein in der Regel nicht ausreichend. Ein Muskelaufbautraining sollte in jedem Fall hinzutreten.

Gesine: Bin 59. Wie kommt es, dass meine Knochendichte an den Schenkelhälsen deutlich schlechter ist, als in der unteren Wirbelsäule, also der Lendenwirbelsäule. Transportiert oder bildet der Körper die wichtigen Stoffe nicht gleichmäßig? Was helfen dann Medikamente, die Kommen ja vielleicht auch nicht die Stellen, wo der Mangel besteht? Oder ist das bei einer Spritzentherapie anders?

Dr. med. Knut Behle: Es gibt unterschiedliche Formen der Osteoporose. Bei der primären Osteoporose sind für gewöhnlich Lendenwirbelsäule und Schenkelhälse ähnlich stark betroffen. Bei einigen sekundären Osteoporosen, wie z.B. steroidinduzierten Osteoporosen, ist in der Regel die Wirbelsäule stärker betroffen. Da alle zugelassenen Medikamente über den Blutweg transportiert werden, ist eine richtige Verteilung im Knochen gewährleistet. Dieses ist sowohl bei der Spritzen- als auch bei der Tablettentherapie gewährleistet.

Helli_Streit: Für die dunkle Jahreszeit mit wenig Sonne wird immer wieder eine VitaminD Vorsorge empfohlen. Auch Kalzium? Andererseits liest man, dass man auch zu viel davon aufnehmen kann und das ist wiederum auch nicht gut. Gibt es konkrete Hinweise oder Signale des Körpers, dass ich im Winter vorbeugen muss?

Dr. med. Knut Behle: Sie sprechen eine ganz wichtige Einzelheit bei der Vorsorge der Osteoporose an. Die Versorgung mit ausreichend Calcium und Vitamin-D ist in Deutschland nach der nationalen Verzehrstudie nicht ausreichend. Das Vitamin-D ist dringend erforderlich, um das Calcium in den Knochen einzubauen und ihm so zu der nötigen Stabilität zu verhelfen. Bei einer ausgewogenen knochengesunden Ernährung stellt die Calcium-Versorgung nicht das ganz große Problem dar. Vitamin-D wird aber nur durch Sonnenlicht in der Haut aktiviert. Wenn man also zu wenig Vitamin-D zu sich nimmt und die Sonneneinstrahlung nicht intensiv genug ist (schauen Sie aus dem Fenster), steht zu wenig Vitamin-D zur Verfügung. Hier stehen aber Medikamente zur Verfügung, welche das Vitamin-D ausreichend ergänzen.

Gause: Osteoporose ist ja nicht unbedingt mehr eine Frage des Alters. Dennoch verstehe ich nicht, wie so eine Erkrankung unter normalen Bedingungen entstehen kann. Wir leben in einem Land, in dem es den Menschen mehrheitlich so gut geht, wie nie zuvor. Trotzdem muss es an etwas fehlen.

Dr. med. Knut Behle: Sie stellen eine berechtigte und gute Frage. Von allen Erkrankungen, deren Ursache man in den letzten 100 Jahren erforscht hat, zählt die Osteoporose zu den sehr jungen Erkrankungen. Erst Mitte der 90er-Jahre hat man sich international auf Diagnosen verständigt. So gesehen sind noch nicht alle Facetten dieser Erkrankung ausreichend untersucht. Die knochengesunde Ernährung, die gerade in den ersten 30 Lebensjahren von entscheidender Bedeutung ist, wird vielfach unterschätzt. Zusätzlich spielt die dürftige Versorgung mit Vitamin-D eine erhebliche Rolle bei der Entstehung der Osteoporose. Trotzdem nimmt die Knochendichte mit zunehmendem Alter ständig ab.

ThunMartin: Meine Mutter, 74 Jahre, hat mehrere Erkrankungen. Sie leidet seit 5 Jahren an einer Alters-Depression, Probleme mit den Venen, (wiederkehrende Thrombosen) und ist wegen Osteoporose gehbehindert. Sie ist in letzter Zeit öfter gestürzt und ich habe sie in betreutem Wohnen untergebracht. Habe aber die Sorge, dass dort auf die vielfältigen Beeinträchtigungen nicht genug eingegangen wird und sie bettlägerig wird. Wie kann ich helfen, das zu verhindern. Ein zentraler Punkt scheint mir die Osteoporose zu sein.

Dr. med. Knut Behle: Sie sprechen ein häufig vorkommendes Phänomen an. Im Wesentlichen hängt die weitere Gesundung davon ab, ob und wie intensiv Ihre Mutter behandelt wird. Es gibt z.B. in Selbsthilfegruppen sehr hilfreiche Übungen zur Stoßprophylaxe, oder auch Übungen, die das tägliche Leben erleichtern. Hier sollten Sie offen auf die Leitung der Einrichtung zugehen und nachfragen, ob es ein Angebot in dieser Richtung gibt.

Beate_Olbrich: Ich finde es toll, dass ich hier die Gelegenheit habe selbst Fragen zu stellen. Ich nehme da auch viel von den Antworten auf Fragen mit, die andere gestellt haben. Dadurch beantworten sich bereits mehrere Fragen, die ich hatte. Mir geht es nämlich genauso wie Patienten oder Familienmitglieder, die hier Fragen stellen. Ich komme nicht dazu, sie meinem behandelnden Arzt zu stellen. Schreibe ich die Fragen auf, verändert sich sein Gesichtsausdruck, wenn ich den Zettel heraushole. Soll ich den Arzt wechseln?

Dr. med. Knut Behle: Was Sie beschreiben ist wirklich ein häufig vorkommendes Phänomen. Aus diesem Grunde führen wir ja die Experten-Sprechstunden durch. Wir geben Ihnen so gut es geht Hinweise und Tipps. Diese Beratung ersetzt aber nicht ein vertrauenvolles Arzt- Patientenverhältnis. Ich persönlich finde es sehr hilfreich, wenn Patienten mit einem Zettel mit Fragen kommen. Häufig zeigt es sich, dass die Patienten sich bereits intensive Gedanken gemacht haben und es spart häufig sogar Zeit. Sicher ist es wichtig, dass Sie einen Arzt Ihres Vertrauens haben, der Ihre Fragen beantwortet.

Maren: Seit einem Jahre erhalte ich zwei Mal im Jahr Prolia-Spritzen. Ich habe das Gefühl, sie tun mir gut. Was ist der richtige Abstand für Kontrolluntersuchungen zwecks Knochendichte? Ist das auch altersabhängig? Bin 63J.

Dr. med. Knut Behle: Ein wichtiges Kontrollinstrument für die Wirksamkeit der Osteoporosetherapie ist die Knochendichtemessung mit DXA. Eine erste Therapiekontrolle nach Beginn einer Osteoporosetherapie sollte nach zwei Jahren erfolgen. Die ersten vernünftigen Aussagen zur Wirksamkeit kann man nach zwei Jahren gut treffen. Früher würde es keinen Sinn machen.

Clärchen: Ich bin seit 25 Jahren Tennistrainerin und trainiere die Jugend unseres Clubs. Bin also aktiv und weiß, wie man sich richtig bewegt. Trotzdem soll ich jetzt Anfänge einer Osteoporose haben. Das passt alles nicht. Wie bekomme ich eine Zweitmeinung?

Dr. med. Knut Behle: Es stellt sich die Frage, was Sie an der Erstmeinung stört, bzw. was Sie verunsichert. In jedem Falle ist eine Knochendichtemessung mittels DXA wichtig, um Ihre aktuelle Knochendichte zu bestimmen. Sollten Sie das durchgeführt haben, ist sicherlich eine Laboruntersuchung sinnvoll, um andere Ursachen einer Osteoporose - wie z.B. eine Überfunktion der Schilddrüse - auszuschließen. Aufgrund dieser beiden Messergebnisse wird man dann in Abhängigkeit etwaiger Risikofaktoren Ihnen eine Therapieempfehlung aussprechen. Sie können sich sonst auch an einen niedergelassenen Osteologen wenden, der mit Ihnen die verschiedenen Therapieoptionen bespricht.

Wedemayer: Osteoporose betrifft doch den ganzen Körper. Da frage ich mich, was bei meiner Frau besser wirkt, wenn sie Tabletten einnimmt, oder Spritzen bekommt. Beides verteilt sich im Körper. Aber was ist der Unterschied daran?

Dr. med. Knut Behle: Sie beschreiben richtig, dass es sich bei der Osteoporose um eine generalisierte Skeletterkrankung handelt. Die verschiedenen Knochen sind nur ganz unterschiedlich von der Verminderung der Knochenmasse betroffen. Insbesondere führen verminderte Knochendichtewerte zu einer vermehrten Brüchigkeit der tragenden Knochen, wie z.B. Wirbelkörper und Schenkelhals. Da Tabletten und Spritzen beide über den Blutweg ihre Wirkorte erreichen, spielt die Einnahmeform nur bei bestimmen Osteoporoseformen eine Rolle. Ansonsten sind sie gleich wirksam.

Angi: Kann man im MRT erkennen wie alt, oder wie frisch Wirbelbrüche sind? Bin auf der Suche nach einer Zuordnung, wann und wie das passiert sein könnte. Aber das kann mir keiner sagen. Hängt es evtl. mit gelegentlichen hohen Cortisonspritzen zusammen? Die bekomme ich vom Notarzt wegen Asthmaanfällen. Aber wie schnell wirkt sich sowas aus?

Dr. med. Knut Behle: Ihre Frage betrifft zwei unterschiedliche Bereiche. In der Tat kann man im MRT in bestimmten Sequenzen erkennen, wie alt, oder wie frisch ein Wirbelbruch ist. Dies spielt insbesondere bei der Therapieplanung eine Rolle. Z.B. ist es bei der Kyphoplastie wichtig, dass der Bruch noch nicht komplett ausgeheilt ist. Die hohen Cortisondosen spielen bei der Entstehung der steroidinduzierten Osteoporose eine große Rolle. Da die corticoidinduzierte Osteoporose hauptsächlich die Wirbelsäule betrifft, besteht hier ein enger Zusammenhang. Inwiefern die Cortisonspritzen bei Ihnen eine entscheidende Rolle spielen, hängt von der Häufigkeit und der Dosierung ab.

Nicki: Besteht ein Zusammenhang zwischen Schilddrüsen-Unterfunktion und abnehmender Knochensubstanz?

Dr. med. Knut Behle: Eigentlich ist die Schilddrüsenüberfunktion ein wichtiger Risikofaktor für Osteoporose. Die Erhöhung der Stoffwechselaktivität durch das vermehrt anfallende Schilddrüsenhormon fördert den Knochenabbau. Bei der Laboruntersuchung wird das schilddrüsenstimulierende Hormon mit getestet.

Lara: Gibt es einen Grenzwert der Knochendicht, ab dem man sagt, jetzt muss man mit Vitamin D und ggf. Medikamenten behandeln, damit man nicht in eine Osteoporose gerät?

Dr. med. Knut Behle: In der Tat gibt es altersabhängige Knochendichten, bei denen man mit einer medikamentösen Osteoporosetherapie beginnen sollte. Hier spielen neben dem Ergebnis der Knochendichtemessung auch vorhandene Risikofaktoren eine entscheidende Rolle. Die Versorgung mit Vitamin-D gehört zur sogen. Basistherapie und gehört somit immer zur Therapie der Osteoporose und eigentlich auch zur Prophylaxe.

Zessen: Mein Partner lebt vegan und ich würde das auch gern machen, wäre auch praktischer im Täglichen. Ich traue mich aber nicht, wegen möglicher Ernährungsmängel. Kann man mit entsprechendem Mineralwasser das Kalzium ausreichend ersetzen?

Dr. med. Knut Behle: Ich finde es grundsätzlich gut, dass Sie sich wegen der veganen Ernährung Gedanken über die Mangelversorgung machen. Die Versorgung mit calziumreichem Mineralwasser ist sicherlich hilfreich, um das Calcium zu ersetzen, was Sie möglicherweise durch die fehlende Milchzufuhr nicht zu sich nehmen. Die wesentlich wichtigere Frage ist, woher Sie den Vitamin-D-Spiegel ausreichend stabil halten. Da Vitamin-D ein fettlösliches Vitamin ist, was hauptsächlich im Seefisch vorhanden ist, wäre es wichtig, ausreichend Vitamin-D über andere pflanzliche Lebensmittel zu generieren. Hier spielen einige Gemüse und auch Pilze, sowie Avocado eine große Rolle.

Pots: Gibt es wirklich einen Zusammenhang von Bisphosphonaten und Kieferbrüchen? Wie kann das sein, weil das doch die Knochen stabil macht und damit auch den Kieferknochen. Bin verunsichert. Ist es besser eine Spritzentherapie (ganz andere Substanz) zu machen? Steht auch zur Diskussion.

Dr. med. Knut Behle: In der Tat gibt es einen Zusammenhang von Bisphosphonaten und Kiefernekrosen. Letztendlich ist der genaue Mechanismus nicht 100%ig geklärt. Es besteht aber ein eindeutiger Zusammenhang mit der Dosis. Werden Bisphosphonate als Infusionen z.B. bei Knochenmetastasen eingesetzt, beträgt die Häufigkeit von Kiefernekrosen ca. 1%. Werden Bisphosphonate allerdings in anderer Dosierung, wie bei der Therapie der Osteoporose eingesetzt, reduziert sich das Risiko einer Kiefernekrose auf 0,1%. In jedem Falle wird empfohlen, vor der Bisphosphonattherapie eine Zahnsanierung durchführen zu lassen. In Verbindung mit einer guten Mundhygiene wird das Risiko einer Kiefernekrose nochmals gesenkt.

Ruth_Mommsen: Ich soll meinen Klazium- undVitamin-D-Haushalt optimieren durch richtige Medikamente. Habe dazu auch Vorschläge bekommen. Im Wesentlichen geht es um die Entscheidung Tabletten oder Injektionen. Worin besteht mein Mangel, was konkret bessert sich? Für eine genauere Erklärung war leider keine Zeit mehr.

Dr. med. Knut Behle: Grundsätzlich muss man zwei Dinge auseinanderhalten. Bestehen Zweifel daran, ob ausreichend Calcium und Vitamin-d zugeführt werden, kann man dies völlig problemlos z.B. als Kombinationstabletten in Brauseform ausgleichen. Bei einer weiterführenden Therapieentscheidung bzgl. einer spezifischen Osteoporosebehandlung muss man entscheiden, ob Tabletten oder Injektionen in Frage kommen. Hier spielen insbesondere vorhandene andere Erkrankungen wie Magen- Darmerkrankkungen eine erhebliche Rolle. Welche Therapieform für Sie maßgeschneidert ist, muss der Osteologe mit Ihnen erörtern.

Irmi: Ich bin eine junge Omi von 47 Jahren. Wir wohnen in zwei Häusern auf dem gleichen Grundstück. Meine Enkel haben seit einiger Zeit im Garten ein schönes, großes Trampolin. Weil bei mir vor kurzem die Wechseljahre eingesetzt haben, ist mir klar, dass ich eher mehr, als weniger tun muss. Allein die Zeit… was bringt mir Trampolinspringen in diesem Zusammenhang, um meine Knochen stabil zu halten?

Dr. med. Knut Behle: Ein Trampolin ist ein Sporgerät und kein Spielgerät. Sicherlich können Sie damit viel Spaß mit den Enkeln haben. Ein gezieltes Muskelaufbautraining wäre aber sinnvoller.

Johrend: Auf der einen Seite soll ich Kalzium und VitaminD nehmen, aber nicht zu viel, weil es sonst auf die Nieren geht. Ist das individuell, oder gibt es da Richtlinien? Wer bestimmt, wann was zu viel ist?

Dr. med. Knut Behle: Es gibt in der Tat eine Empfehlung gemäß der DVO-Leitlinie 2014. Hier werden 1.000mg Calcium pro Tag empfohlen. Zusätzlich sollte eine Versorgung mit Vitamin-D von 1.000IE erfolgen.

Ina-ST: Kann daraus eine Osteoporose entstehen, wenn man 9 Monate im Jahr pro Tag 5 mg Prednison einnimmt? Im Winter pausiere ich. Bin 54 Jahre alt.

Dr. med. Knut Behle: Die Dauereinnahme von Cortison ist ein wesentlicher Risikofaktor für die Entstehung einer Osteoporose. Man muss von einer erhöhten Risikosituation ausgehen, wenn man mehr als 2,5mg täglich für mehr als 3 Monate zu sich nimmt. Häufig kann man bei bestimmten Erkrankungen auf eine Cortisoneinnahme nicht gänzlich verzichten. Eine Knochendichtemessung ist in jedem Fall wichtig, um eine vorzeitige Reduktion der Knochenmasse zu erkennen.

Marina: Welche Rolle spielt Parathormon bei Osteoporose?

Dr. med. Knut Behle: Parathormon spielt eine wesentliche Rolle beim Knochenstoffwechsel. Es handelt sich um ein Hormon der Nebenschilddrüse. Bei einer Überproduktion bei Parathormon (primärer Hyperparathyreodismus) wird vermehrt Calcium aus den Knochen ausgeschwemmt. Bei bestimmten Nierenerkrankungen kommt es reaktiv ebenfalls zu einer Erhöhung des Parathormons im Blut, mit dem gleichen Effekt. In der Therapie der Osteoporose hat Parathormon eine andere Bedeutung. Die fraktionierte Gabe von bestimmten Parathormonen wirkt osteoanabol, d.h. es baut den Knochen auf.

Müller-Mutig: Je älter ich werde, desto schlechter halte ich Sonne und Hitze aus. Trage im Sommer deshalb regelmäßig eine Kopfbedeckung. Aber es zieht mich immer weniger nach draußen, in den Sonnenmonaten. Gibt es eine Faustregel, wie viel Sonne der Mensch braucht?

Dr. med. Knut Behle: Es gibt eine Faustregel. Man sollte um die Mittagszeit ca. 30 Minuten Gesicht, Dekolleté und Arme der Sonne aussetzen. Dies gilt allerdings aufgrund der Strahlungsphysik der UV-Bestrahlung eigentlich nur für geografische Gebiete bis zum 37. Breitengrad. Deutschland liegt aber sehr weit außerhalb dieses Bereiches, so dass diese Faustformel für uns hier nicht gitl und eigentlich auch nicht ausreichend ist. Hier sollte eine längere UV-Bestrahlung gewählt werden.

Kischka: Gestern hat meine Freundin gesagt, Osteoporose sei eine Durchblutungsstörung der Knochen. Ich musste laut lachen, denn Blut fließt ja nun mal nicht durch die Knochen, aber in irgendeiner Weise ernährt der Körper die Knochen. Wie funktioniert das und welcher Bereich ist letztlich gestört wenn man die Diagnose Osteoporose erhält?

Dr. med. Knut Behle: Der Knochen gehört mit zu den am besten durchbluteten Organsystemen. In den Plattenknochen wie Beckenkamm und Brustbein wird das Blut ja hauptsächlich gebildet. Die Durchblutung spielt bei der Osteoporose keine Rolle. Auf den Knochenstoffwechsel bezogen findet ein ständiger Knochenan- und Knochenabbau statt. Dieser wird auf molekularer Ebene gesteuert. Bei der Osteoporose ist das Gleichgewicht zugunsten des Knochenabbaus verschoben. Hierdurch kommt es in der Bilanz zu einer Reduktion der Knochenmasse.

Marie57: Kann mich bestens Bücken und sowas, aber nicht stehen. Ist das ein Hinweis auf Osteoporose?

Dr. med. Knut Behle: Häufig ist die Unfähigkeit längere Zeit stehen zu können eher ein Zeichen für ein muskuläres Ungleichgewicht. Dies muss nicht zwingend mit einer Osteoporose einhergehen. Vielmehr tritt diese muskuläre Schwäche auch ohne Verringerung der Knochenmasse auf.

Meinung: Ich lehne eine Hormontherapie für mich ab. Andererseits hat mein Orthopäde Raloxifen sehr empfohlen, weil der Wirkstoff direkt am Knochen wirken soll. Was immer das heißt. Bei mir wurde eine beginnende Osteop. diagnostiziert. Könnte mir Dr. Behle einen Rat geben? Vielen Dank.

Dr. med. Knut Behle: Raloxifen ist ein ausgezeichnetes Medikament zur Verhinderung vor allem von Wirbelkörperfrakturen. Raloxifen ist ein sogen. selektiver Östrogenrezeptormodulator (SERM). Im Gegensatz zu der Hormontherapie wirkt Raloxifen am Knochen ähnlich, wie ein Östrogen, nämlich knochenschützend. Es hat allerdings keinerlei Hormonwirkung an der Brustdrüse oder an der Gebärmutter. Deshalb besteht nicht wie bei einer Hormontherapie die Gefahr, dass Wachstum hormonabhängiger Tumore zu fördern. Insofern ist Raloxifen ein guter Therapieansatz.

Grodkowski: Gibt es momentan eine Studie in Deutschland, in die ich einsteigen könnte wegen fortgeschrittener Osteoporose? Was muss ich tun?

Dr. med. Knut Behle: Es gibt ständig Studien mit unterschiedlichen Fragestellungen und unterschiedlichem Design, sowie verschiedener Ein- oder Ausschlußkriterien. In welchem Umfang und an welchem Ort gerade solche Studien durchgeführt werden, kann Ihnen die Deutsche Gesellschaft für Osteologie in Essen nennen: info@dv-osteologie.de.



Ende der Sprechstunde.