Osteoporose - Was kann ich selbst tun, was mein Arzt?

Dr. med. Knut Behle

OrthopädieZentrum Maschen
Facharzt für Orthopädie
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PROTOKOLL

Osteoporose - Was kann ich selbst tun, was mein Arzt?

Stanow: Mir war nicht klar, dass es viele verschiedene Arten von Osteoporose gibt. Deshalb meine Frage, was ist eine senile Osteop.? Gibt es dafür eine andere Behandlung, oder was bedeutet der Zusatz „senil“?

DR. BEHLE: Der Ausdruck senil ist in dem Falle etwas missverständlich. Er beschreibt im Wesentlichen eine altersassoziierte Verminderung der Knochenmasse. Da die Knochenmasse im Alter kontinuierlich abnimmt, hat man hier etwas unglückerweise diesen Begriff geprägt.

Hanna: Aufgrund einer Chemotherapie wegen Brustkrebs habe ich jetzt poröse Knochen. Allein der Gedanke, dass meine Knochen nicht mehr fest sind macht mich verrückt, weil es meinen inneren Blick darauf lenkt, wie instabil ich insgesamt bin. Andererseits soll das so schlimm das alles nicht sein. Nun habe ich im nachhinein erfahren, dass man schon während der Chemo was hätte tun können. Das macht mich wütend. Deshalb habe ich das Vertrauen verloren. Könnte mir Dr. Behle sagen, was ich tun soll?

DR. BEHLE: Ich kann gut verstehen, dass Sie der Gedanke an poröse oder instabile Knochen umtreibt. Unterschiedliche Chemotherapien haben ganz unterschiedliche Auswirkungen auf die Knochensubstanz. Bei der Medikation richtet sich deren Zielrichtung hauptsächlich danach, ob es sich um einen hormonpositiven oder -negativen Tumor handelt und, ob es Skelettmetastasen gibt. In jedem Falle muss man ermitteln, welchen Einfluss die Chemotherapie auf Ihren Knochen bis jetzt gehabt hat. Hier ist in jedem Falle eine Dexa-Knochendichtemessung sinnvoll.

Fernando: Meine Mutter hat nachhaltige Kniebeschwerden. Das Ganze über einen längeren Zeitraum und weil die Schmerzen nicht weggingen ist sie endlich zu einem Orthopäden gegangen. Nach einem umfangreichen Ausschlussverfahren (Sehnen- oder Schleimbeutelentzündung usw.) steht jetzt die Diagnose Osteoporose. Das klingt ja zunächst mal nicht so aufregend, bis wir uns damit befasst haben und nun begriffen haben, was für eine zerstörerische Kraft diese Krankheit entfaltet. Ich muss noch einmal nachfragen in welchem Stadium die Erkrankung ist, möchte aber diese Fragemöglichkeit hier nutzen: bis zu welchem Stadium kann man noch Heilung erzielen? Was für Medikamente sind optimal? Wie viel Bewegung oder weniger?

DR. BEHLE: In jedem Falle ist es erstmal unbedingt erforderlich, dass man sich über die knöchernen Verhältnisse einen Überblick verschafft. Hierzu gibt es eine so genannte Basisdiagnostik mit verschiedenen Blutparametern und eine Dexa-Knochendichtemessung. Vom Ergebnis beider Untersuchungen ist dann abhängig, ob und ggf. welche Medikamente und andere Empfehlungen für Ihre Mutter sinnvoll sind. Grundsätzlich kann man Osteoporose in jedem Stadium behandeln, je früher desto besser. Da die Bewegung grundsätzlich positiven Einfluss auf die Knochendichte hat, sollte sich Ihre Mutter in jedem Fall so viel wie möglich bewegen.

E_Fleischauer: Ich habe wiederholt gelesen, dass ich mir als Patient meine Fragen aufschreiben soll, weil auf diese Weise nichts vergessen wird und das dann auch noch schneller geht, was den Praxisablauf anbelangt. Habe ich also gemacht, aber das kam nicht so richtig gut an. Der Orthopäde war mühsam beherrscht, als ich den Zettel herauszog und zu Inhalten sind wir nicht mehr richtig gekommen, weil ich nur eine ziemlich kurze Frage gestellt habe. Ich weiß nun, dass nicht der Knochenumfang abnimmt, sondern die Stabilität. Diese Experten-Sprechstunde hier heute ist für mich besonders interessant, weil sich einige meiner weiteren Fragen schon mal auf diesem Wege erledigt haben. Wissen möchte ich hier dennoch, was da im Knochen passiert, wenn ich künftig Medikamente bekomme, die verhindern, dass meine Knochen poröser werden. Also Pillen oder Spritzen, in jedem Fall verschreibungspflichtig. Können diese Medikamente sich auf Leber und Niere negativ auswirken? Können andere Bereichen Schaden nehmen?

DR. BEHLE: Es gibt grundsätzlich verschiedene Arten von Medikamenten. Zum Einen gibt es eine große Anzahl von Medikamenten, die den Knochenabbau hemmen und eine etwas geringere Anzahl von Medikamenten, die den Knochen aufbauen. Bei der Auswahl des richtigen Medikamentes spielen vor allen Dingen frühere Erkrankungen eine Rolle, da einige Tabletten durchaus zu unerwünschten Wirkungen im Magen-Darm-Trakt führen können. Ob hier Medikamente als Spritze sinnvolle sind, muss man anhand der Begleiterkrankungen entscheiden.

Pietruska: Ich hatte eine Operation wegen Stenosen ohne Versteifung, die gut verlaufen ist. Allerdings merke ich, dass ich mich nicht von selbst ganz gerade hinstelle, sondern nur, wenn ich daran denke und mich darauf konzentriere. Unbewusst habe ich ca. 5-7° Vorlage. Ist das ein mögliches Anzeichen für Osteoporose, oder muss ich erst wieder eine disziplinierte Körperhaltung lernen? Bin 59 Jahre.

DR. BEHLE: Die Symptome, die Sie wegen Ihrer Stenosenoperation beschreiben, sind erstmal kein direkter Hinweis auf eine Osteoporose, sondern tauchen häufig nach Wirbelsäulenoperationen auf. Ob ggf. eine Verminderung der Knochendichte vorliegt, kann man nur mit einer Dexa-Messung feststellen. Beide Erkrankungen sind aber unterschiedlich zu bewerten.

Heino_Hoff: Was hat Übergewicht mit Osteoporose zu tun?

DR. BEHLE: Übergewicht ist für sich genommen erst einmal kein ausgeprägter Risikofaktor. Wenn allerdings - wie häufig - eine diabetische Stoffwechsellage hinzukommt und zusätzlich ein Bewegungsmangel vorliegt, hat das Einfluss auf die Knochendichte.

JNordhoff: Es gibt unterschiedliche Vorgehensweisen bei Osteoporose, abhängig davon, wo man steht, also in welchem Stadium man ist. Deshalb die Frage wo ist die Grenze zwischen der Basistherapie und medikamentösen Therapie. Ist die Grenze da, wo es sich um verschreibungspflichtige Medikamente dreht? Problem ist, meine Mutter nimmt Calcium mit Vitamin D in der Selbstmedikation, einfach nur weil sie der Meinung ist, wenn man über 70 ist müsse man das tun. Ich habe aber in Erfahrung gebracht, dass das keinesfalls so sein muss. Ich mache mir Sorgen und hätte gern eine Einschätzung des Experten.

DR. BEHLE: Es ist völlig richtig, dass man zwischen einer Basistherapie und einer spezifischen medikamentösen Therapie unterscheidet. Die Versorgung und Vitamin D ist grundsätzlich als gut zu bewerten, wenn sie sich im entsprechenden Rahmen bewegt. Ob eine zusätzliche medikamentöse Osteoporosetherapie erforderlich ist, hängt vom Geschlecht, Lebensalter, Dexa-Knochendichte und weiteren Risikofaktoren ab.

Ertel: Fördern Mittel gegen Bluthochdruck Osteoporose?

DR. BEHLE: Bluthochdruckmedikamente gehen in der Regel nicht mit einem erhöhten Osteoporoserisiko einher.

Aurora: Ich bin osteoporosegefährdet, weil ich offenbar eine Störung habe im Stoffwechsel, damit die Knochen stabil bleiben. Wegen anderer Erkrankungen, denen mit verschiedenen Medikamenten begegnet wird möchte ich keine zusätzlichen Medikamente einnehmen und versuche bisher noch mit „natürlichen“ Mitteln über Ernährung, Bewegung usw. mein Osteoporose-Risiko zu mildern. Aufgrund einer Rücken-OP kann ich nur noch eingeschränkt Golf spielen. Aber diese Sportart wäre unter Berücksichtigung aller Kriterien weiterhin optimal für mich. Deshalb die Frage wieviel Bewegung braucht man, um in meinem Alter (55) die Knochen stabil zu halten? Reicht es, wenn ich eine Runde pro Woche, knapp 10km, gehe?

DR. BEHLE: In jedem Fall reicht die Bewegung, die Sie beim Golfspielen, insbesondere auf einem 18-Loch-Golfplatz haben, aus. Da Sie sich zusätzlich noch an der frischen Luft bewegen und möglicherweise auch ausreichende UV-Exposition haben, tun Sie in jedem Fall etwas für Ihre Knochenstabilität.

Erich_Koster: Wegen eines Lungenleidens hat meine Mutter regelmäßig Kortison genommen. Das hilft auch immer noch recht gut im Akutfall. Aber das Problem ist, dass sich dadurch ihre Knochensubstanz stark verändert hat. Nach starken Rückenschmerzen und der kompletten Diagnostik stand dann fest, dass sie einen Lendenwirbel Trümmerbruch hat. Einfach so. Der Wirbel ist zerbröselt. Das kann man sich nicht wirklich vorstellen. Auf Kortison kann eigentlich nicht verzichtet werden, aber für die Knochen ist das Gift. Was macht jetzt Sinn Herr Dr. Behle?

DR. BEHLE: Es ist bekannt, dass Cortison, vor allen Dingen in hohen Dosen über längere Zeit als Tablette eingenommen, insbesondere den Wirbelsäulenknochen sehr stark schädigt. Das geht vor allem recht schnell, so dass sich - wie im Falle Ihrer Mutter - auch ein Wirbel sehr schnell bricht. Grundsätzlich gibt es aber ausreichend Medikamente, die sich für die Therapie der corticoid induzierten Osteoporose eignen.

MIcha Teichler: Mit 47 Jahren kam ich in die Wechseljahre. Da habe ich zu Anfang einen Knochenstatus machen lassen. Gemessen wurde an der Hacke. Ich musste meinen Fuss in ein Gerät legen. Das ist jetzt 8 Jahre her. Alles war gut. Nun habe ich seit längerem Knochenschmerzen und erfahre nach div. Untersuchungen, dass ich Osteoporose in fortgeschrittenem Stadium habe. Was nützt dann so eine Knochendichtemessung?

DR. BEHLE: Sie sprechen ein häufiges Problem der gerätebezogenen Diagnostik an. Die Ultraschalluntersuchung der Ferse gehört nicht zu den etablierten empfohlenen Verfahren. Deshalb ist die jetzt acht Jahre alte Messung jetzt auch für eine Therapieentscheidung ungeeignet. Sollte die jetzige Messung, die eine so unglückliche Diagnose hervorgebracht hat, eine Dexa-Messung gewesen sein, ist jetzt eine Therapie angezeigt.

Die quantitative Ultraschalluntersuchung der Ferse ist nach wie vor kein empfohlenes Standardverfahren, leider sie oft noch (z. B. in Apotheken) angeboten. Grundsätzlich sollte man bei Knochendichtemessungen die Dexa-Methode bevorzugen. Diese wird von manchen Radiologen, Orthopäden und Osteologen angeboten. Hinweise erhalten Sie bei der zuständigen kassenärztlichen Vereinigung.

Jan.Biermann: Vor 11 Jahren wurde meiner Frau die komplette Schilddrüse entfernt. Seither nimmt sie Euthyrox anfangs mehr inzwischen ist sie bei 88mg. Jetzt wurde eine Osteoporose diagnostiziert und ich frage mich, ob da ein Zusammenhang besteht? Sie ist sportlich aktiv und auch sonst achtet sie auf sich, auf uns.

DR. BEHLE: Grundsätzlich besteht bei einer Schilddrüsenüberfunktion ein erhöhtes Osteoporoserisiko. Da die komplette Schilddrüse offenbar entfernt wurde, muss das Schilddrüsenhormon medikamentös ersetzt werden. Dies wird offensichtlich mit Euthyrox ausreichend gewährleistet. Die Labordiagnostik müsste jetzt zeigen, ob ggf. das Euthyrox etwas reduziert werden könnte oder ob ggf. noch andere Ursachen bestehen. Die Angabe 88 mg ist missverständlich, da in  der Regel die Tabletten in Vielfachen von 25 und dann in Mikrogramm angegeben werden. Ich gehe einmal davon aus, dass es sich um einen Schreibfehler gehandelt hat.

Tirol19: Nach Brustkrebs beidseitig in 2010, OP, Chemo und Tamoxifen war ich endlich mit allem durch und jetzt habe ich Osteoporose. Ist da ein Zusammenhang? War der evtl. vorher bekannt? Bin gerade total wütend, dass ich erneut eingreifende Medikamente nehmen muss.

DR. BEHLE: In der Tat gibt es verschiedene Chemotherapeutika, welche die Knochenmasse reduzieren können. In jedem Fall ist Tamoxifen geeignet, die Knochenmasse zu reduzieren. Es ist nicht immer automatisch so, dass die Tamoxifeneinnahme zu einer Osteoporose führt. Es gibt Gynäkologen, die vor einer Tamoxifengabe den Knochenstatus bestimmen. Dies ist aber nicht die Regel. In jedem Falle ist es sinnvoll, die Osteoporose zu behandeln. Hierzu stehen viele geeignete und gut verträgliche Medikamente zur Verfügung.

Jucki: Wie sieht eine gute Rehab nach Wirbel-OP und Verblockung aus? Habe schlechte Erfahrungen gemacht und möchte nichts mehr dem Zufall überlassen.

DR. BEHLE: Es gibt spezialisierte Reha-Kliniken nach versteifenden Wirbelsäulenoperationen. Dies hat mit der Osteoporose aber zunächst nichts zu tun.

Isabell: Was ist mit dem Begriff Rankelhemmung gemeint?

DR. BEHLE: Es gibt im Knochenstoffwechsel viele verschiedene Zelltypen. Zum einen gibt es Osteoblasten, die den Knochen aufbauen und Osteoklasten, die den Knochen abbauen. Diese Vorgänge werden durch komplizierte Signalmechanismen auf molekularer Ebene gesteuert. Der Rank-Ligand spielt bei der Aktivierung der Osteoklasten eine Rolle. Verschiedene Medikamente, z. B. Denosumab, hemmen diesen Signalweg und führen somit zur Reduktion des Knochenabbaus.

Claudi: Wie sinnvoll oder unsinnig ist eine Kalzium und VitaminD Prophylaxe?

DR. BEHLE: Grundsätzlich ist eine ausreichende Versorgung und Vitamin D sinnvoll. Das Vitamin D ist vor allem deswegen erforderlich, um das vorhandene Calcium in den Knochen einzubauen. Als Empfehlung kann man von 1.000 mg Calcium Gesamtzufuhr täglich und von 1.000 IE Vitamin D ausgehen.

Chrissi: Bei den meisten Krankheiten gibt es unterschiedliche Formen. Gibt es das auch bei Osteoporose, weil es viele unterschiedliche Behandlungsarten gibt? Oder gibt es EINE Osteoporose? Meine Mutter ist 68 Jahre und wir haben jetzt damit zu tun. Woher kommt die Krankheit eigentlich?

DR. BEHLE: In der Tat unterscheidet man verschiedene Formen der Osteoporose. In jedem Fall ist eine verminderte Knochenmasse zu erkennen. Je nach Ursache für die Osteoporose sind auch unterschiedliche Behandlungsarten empfehlenswert. Die EINE Osteoporose gibt es nicht, da viele Faktoren eine Rolle spielen. Man kann keine alleinige Ursache für die Entstehung der Osteoporose erkennen.

Butschi: Seit meine Frau in die Wechseljahre gekommen ist - jetzt 61 Jahre - nimmt sie Calcium/D und auch Magnesium. Glücklicherweise braucht sie sonst keine Medikamente zu nehmen. Ich übrigens auch nicht und wir wollen das auch nicht. Wie lange muss meine Frau denn diese Vorbeugung machen, bis ans Lebensende? Die Hormone kommen ja nicht wieder, die ihr jetzt fehlen.

DR. BEHLE: Grundsätzlich ist die Vorsorge mit Calcium und Vitamin D sehr lobenswert. Wie lange sie diese Vorbeugung durchführen soll, hängt im Wesentlichen von ihren Ernährungsgewohnheiten und ihrem Aktivitätsprofil ab. Der Wegfall der Hormone führt in der Tat zu einem beschleunigten Rückgang der Knochenmasse. Um zu entscheiden, ob die Calcium- und Vitamin D-Gabe ausreichend ist, müsste man im Zweifelsfalle eine Dexa-Messung durchführen.

Nicole: Ich habe gelesen, dass man im Alter kleiner wird. Das beobachte ich auch an meiner Mutter. Plötzlich werfen Hosen eine Falte, weil sie auf dem Spann aufstoßen. Ist das immer gleichbedeutend mit Osteoporose?

DR. BEHLE: Grundsätzlich gibt es verschiedene Ursachen, wodurch man im Alter an Körpergröße einbüßt. Eine ganz wesentliche Ursache ist in der Tat aber die Osteoporose. Häufig sieht man am unbekleideten Rücken ein so genanntes "Tannenbaum-Phänomen", welches darauf zurückzuführen ist, dass die Haut sich - ähnlich wie bei einem Nadelbaum - in Falten legt, da die Wirbelsäule kleiner wird.

Lale: Sport ist gut, aber zu viel führt zum Gegenteil. Früher war ich 2 Mal die Woche joggen. Irgendwie passt das aber nicht mehr bei mir rein. Was wäre der Vorschlag des Experten? Ich bin 51. Erzählen Sie mir bitte nichts vom Schwimmen. Ist für mich ein totales no go!

DR. BEHLE: In der Tat ist eine gezielte körperliche Betätigung ein wesentlicher Faktor, um Muskeln und auch indirekt Knochen zu trainieren. In jedem Fall ist ein moderates Ganzkörpertraining sinnvoller, als ausschließlich zu joggen. In einem gut geführten Fitness-Studio kann man ein gezieltes Ganzkörpertraining sehr gut durchführen.

Rauchner: Eine Osteoporose entsteht ja nicht nur durch eine falsche Lebensform. Ich erlebe gerade bei meiner Großmutter, was das wirklich bedeutet. Erst hatte sie Darmkrebs. Nach einer ziemlich großen Operation ist alles so weit ok, aber durch die Chemotherapie haben sich ihre Knochen verändert und jetzt hat sie das nächste Problem. Können Knochen sich remineralisieren und wieder stark werden?

DR. BEHLE: In der Tat ist die Osteoporose eine multifaktoriell bedingte Erkrankung. Sie auf eine falsche Lebensform zu verkürzen, ist in der Tat nicht richtig. Mit den heute zur Verfügung stehenden modernen Osteoporosemedikamenten kann man den Knochen in einem gewissen Maße stabilisieren und den Knochenmasseverlust aufhalten. Bisweilen gelingt es sogar, den Knochen wieder aufzubauen.

Hilfe: Nach einer langen Schmerzphase und Schmerztherapie wegen mehrerer Stenosen hatte ich ein Problem, mir die Medikamente wieder abzugewöhnen. Richtig derbe war das. Das habe ich hinbekommen und jetzt kommen gleich die nächsten Medikamente gegen Osteoporose. Kann man davon auch abhängig werden?

DR. BEHLE:

Eine physische oder psychische Abhängigkeit von Osteoporosemedikamenten ist nicht belegt.

Yvonne: Wie ist die Diagnostik um Osteoporose sicher zu diagnostizieren? Blutuntersuchungen? Aber das ist sicherlich nicht genug. Mit welchem bildgebenden Verfahren erhält man eine 100% sichere Diagnose?

DR. BEHLE: Zur Diagnostik der Osteoporose sind zwei wesentliche Dinge zu nennen. Die Basisdiagnostik besteht aus einer Blutuntersuchung sowie einer Dexa-Knochendichtemessung. Zusätzlich werden noch bestimmte Erkrankungen aus der Vorgeschichte erfragt und ggf. eine Röntgenuntersuchung veranlasst. Aus der Zusammenfassung der Befunde und dem entsprechenden Risikoprofil wird Ihnen  dann eine sinnvolle Therapie empfohlen.

Dalli: Seit einigen Jahren reicht es angeblich nicht mehr aus, sich gesund zu ernähren und gesund zu leben. Nein, man soll alles Mögliche noch zusätzlich schlucken. Darum kümmere ich mich aber nicht. Nun bin ich trotzdem verunsichert, ob Molkereiprodukte ausreichen, den Kalziumspiegel zu sättigen, damit ich keine Osteoporose bekomme. Natürlich bewege ich mich regelmäßig, fahre Rad usw. Aber ist das wirklich genug?

DR. BEHLE: Grundsätzlich ist die Versorgung mit Calcium und Vitamin D wichtig. Ob Sie diese beiden Bestandteile vorzugsweise aus der Nahrung zuführen oder ggf. durch Präparate ersetzen, ist zweitrangig. Wenn Sie zusätzlich noch ausreichende Bewegung haben und keine anderen Risikofaktoren haben, machen Sie im Prinzip alles für Ihre Knochengesundheit. Sollten dennoch Risikofaktoren bestehen, würde nur eine Knochendichtemessung Ihnen Gewissheit verschaffen, ob die Ernährungsgewohnheiten ausreichend sind.

G.Stüff: Ich soll eine Antikörper-Spritzenbehandlung bekommen. Das schockt mich total, denn Antikörper bringe ich immer in Verbindung mit Krebs. Krebs habe ich nicht, ich habe Osteoporose. Wo ist da der Unterschied in der Behandlung? Gibt es unterschiedliche Antikörper?

DR. BEHLE: Offenbar sollen Sie eine Behandlung mit Denosumab-Injektionen erhalten. Diese Antikörper blockieren den Rank-Ligand-Signalweg (siehe oben). Diese Behandlung stellt eine gut verträgliche Alternative zu Tabletteneinnahmen dar. Das hat mit einer Krebsbehandlung überhaupt nichts zu tun!

Kippi_Rosenheim: Was macht das Medikament Prolia und warum wird es zweimal im Jahr gespritzt? Heilt dann eine Osteoporose aus?

DR. BEHLE: Beim Medikament Prolia handelt es sich um den Wirkstoff Denosumab, einen monoklonalen Antikörper, der den Signalweg beeinflusst und die knochenabbauenden Zellen hemmt (siehe auch vorherige Antwort).

Hero: Unsere Mutter ist 78 Jahre und geht mit immer mehr Vorlage, als wenn sie sich gegen starken Wind stemmen müsste. Wir haben das gar nicht so richtig mitbekommen. Aber ich war 6 Monate im Ausland und als ich wiederkam, war ich total erschrocken und habe sie gebeten eine Orthopäden aufzusuchen. Sie meinte erst, das sei nicht nötig, ihr ginge es gut. Am Ende kam heraus, dass sie einen sogen. Witwenbuckel durch Osteoporose hat. Uns wurde gesagt, die Wirbelsäule lässt sich nicht mehr begradigen, aber man könne versuchen die Erkrankung langsamer im Fortschreiten zu bremsen, vielleicht sogar zum Stillstand zu bringen. Ist das wirklich so, dass meine Mutter jetzt mit dem Buckel leben muss? Wir sind schockiert.

DR. BEHLE: In der Tat beschreiben Sie ein häufiges Phänomen, nämlich, dass die vermehrte Vorneigung der Wirbelsäule erst dann bemerkt wird, wenn sie schon weit fortgeschritten ist. Ein weiteres Fortschreiten des Knochenmassenverlustes lässt sich sicherlich medikamentös realisieren. Die weit vorgeneigte Position wird sich nur sehr schwierig verbessern lassen. Es gibt hier zwar Hilfsmittel (z. B. Orthesen oder Bandagen), die zumindest ein weiteres Fortschreiten verhindern können und die muskuläre Situation entlasten helfen, eine vollständige Wiederaufrichtung wird aber nicht zu realisieren sein.

Li_Mayburg: Durch eine einfache Blutuntersuchung hat mein Hausarzt einen eklatanten VitaminD-Mangel festgestellt. Der scheint schon länger zu bestehen, denn ich habe jetzt eine Osteoporose. Da fragt man sich, warum so eine Untersuchung ab 45 Jahre nicht zum Standard gehört? Das sind doch Pfennigbeträge, die da zusätzlich zu den übliche Laborparametern gemacht werden und können endlos viele Behandlungskosten sparen. Mit so einer Behandlung fange ich jetzt an. Da ist was falsch im System!

DR. BEHLE: Sie sprechen ein Problem an, was wir in der täglichen Praxis häufiger haben. Die Bestimmung des Vitamin D ist nicht ganz preiswert. Aber angesichts des gehäuft auftretenden Vitamin D-Mangels wäre eine breitere Diagnostik sicher zu empfehlen. In unserem eigenen Patientengut haben etwa 80 % der untersuchten Patienten einen akuten Vitamin D-Mangel. Grundsätzlich ist die Bestimmung des Vitamin D-Spiegels bei Verdacht auf einen Mangel aber Kassenleistung.

Wagner: Ist Alendrom immer noch eine zeitgemässe Behandlung von Osteoporose?

DR. BEHLE: Alendronsäure ist mit Abstand das am längsten zugelassene Medikament in der spezifischen Osteoporosetherapie und nach wie vor gut untersucht und sehr wirksam.

Lucy: Bei uns war es immer das Ziel, wenn man krank war, wieder gesund zu werden. Jetzt sagt uns der Orthopäde unserer Mutter (83), dass sie Osteoporose habe und das nicht heilbar sei. Das hatten wir noch nicht gehört. Ist Osteoporose grundsätzlich eine Krankheit, die sich nicht heilen lässt, oder gibt es da einen point of no return und der ist überschritten?

DR. BEHLE: Grundsätzlich ist die Osteoporose eine gut behandelbare Erkrankung. Je nach Ausprägung sind die Therapieerwartungen sicherlich unterschiedlich. Kann ich im Frühstadium mit einer medikamentösen Therapie beginnen, ist der Erfolg bestimmt größer, als wenn ich im fortgeschrittenen Stadium - möglicherweise mit sogar bereits eingetretenen Frakturen - mit der spezifischen Therapie beginne.

Krest: Auf der einen Seite sollen Menschen schlank sein, ich bin stolz auf meine schlanke Figur und dafür tue ich auch eine Menge. Ich habe nun gelesen, dass dünne Frauen leichter Osteoporose bekommen stimmt das? Wenn das so ist, was ist denn richtig??? Offenbar kann man nicht gewinnen, egal was man macht!

DR. BEHLE: Es ist in der Tat so, dass sehr schlanke Menschen (BMI unter 20) einen Risikofaktor für eine vorzeitige Osteoporose haben. Das hängt damit zusammen, dass in dem normalerweise vorhandenen Fettgewebe noch etwas Östrogen produziert wird, was den Knochen schützt. Bei extrem schlanken, oder besser gesagt untergewichtigen, Patientinnen fehlt dieses Fettgewebe und somit kann der Knochen nicht auf diese Östrogene zurückgreifen.

Elky: Osteoporose läuft bei uns in der Familie, bisher. Damit will ich Schluss machen. Wie mache ich das? Noch kann ich meinen Körper entsprechend „vorbereiten“ um Osteoporose zu verhindern. Ich habe noch Zeit, weil ich erst 35 Jahre, oder?

DR. BEHLE: In jedem Fall ist es wichtig, eine möglichst hohe Peak-Bone-Mass zu bekommen. Hierzu gehört eine knochengesunde Ernährung, Bewegung und das Vermeiden eines ungesunden Lebensstiles. Damit haben Sie die besten Voraussetzungen, um möglichst spät einen Verlust der Knochenmasse zu erleiden.

Marleen: Meine Mutter hat Osteoporose, aber null Schmerzen. Deshalb ist das eher zufällig festgestellt worden. Gibt es so was?

DR. BEHLE: Genau das ist Tückische an der Osteoporose, dass sie zunächst keine Beschwerden macht. Wenn die Beschwerden auftreten, z. B. bei einem Bruch nach einem Bagatell-Trauma, ist in der Regel die Osteoporose bereits fortgeschritten.

Braubach: Ich mache mir Sorgen um meinen Bruder. Er lebt seit seiner Scheidung allein und versorgt sich nicht gut. Isst ganz schreckliche Dinge und das fast jeden Tag. Manchmal koche ich was für ihn, aber die restliche Zeit sind Fertiggerichte aus der Dose angesagt. Ich verstehe nicht, wie man sich so0 vernachlässigen und so schlecht mit sich selbst umgehen kann. Das geht schon 5 Jahre so. Seit ich weiß, dass Männer auch Osteoporose kriegen können bin ich noch beunruhigter. Wie hoch ist der Ernährungsfaktor bei einer Entstehung von Osteoporose? Natürlich bewegt er sich auch nicht. Liegt auf dem Sofa herum oder glotzt fern.

DR. BEHLE: Die Situation, die Sie beschreiben, ist sicherlich für die Knochengesundheit unglücklich. Die wenig knochengesund erscheinende Ernährung, die mangelnde Bewegung und die geringe Exposition mit Sonnenlicht stellen jede für sich einen Risikofaktor für die Entstehung einer Osteoporose dar.

Papenfuss: Meine 26jährige Nichte soll angeblich Osteoporose haben. Ich kann mir das überhaupt nicht vorstellen. Ist das möglich? Ist eine andere Krankheit, die noch nicht entdeckt wurde, oder die man mir nicht sagen will evtl. der Auslöser dafür?

DR. BEHLE: Osteoporose bei einer 26 jährigen jungen Frau ist in der Tat außergewöhnlich selten. Hier sollte man sich in jedem Fall in einem Knochenzentrum vorstellen, um ggf. schwerere Stoffwechselerkrankungen rechtzeitig zu erkennen.

DR. BEHLE: Ich bedanke mich für die vielen interessanten Fragen und die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde. Allen Teilnehmern wünsche ich nun noch einen angenehmen Abend.



Ende der Sprechstunde.