Zu hoher Cholesterinwert – wenn Ernährungsumstellung und Sport allein nicht helfen

Prof. Dr.med. Gerald Klose
Praxis für Endokrinologie Dres. I. van de Loo & K.W. Spieker
Ehem. Chefarzt der Klinik für Innere Medizin, Klinikum Links der Weser,
Gesundheit Nord Bremen
Innere Medizin, Gastroenterologie, Präventivmedizin
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Schwerpunkte

•Diagnostik und Therapie von Stoffwechselrisiken für
•Herz- und Kreislauferkrankungen
•Diagnostik und Therapie von Fettstoffwechselstörungen, fachgebundene
•genetische Beratung
 
 
Lipid-Apherese (Klinikum Links der Weser)
 
Lipidsprechstunde
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PROTOKOLL

Zu hoher Cholesterinwert – wenn Ernährungsumstellung und Sport allein nicht helfen

Oft: Wieso wirkt sich zu viel Cholesterin im Blut aufs Herz aus und nicht auf Niere oder Leber?

Prof. Dr. med. Gerald Klose:

Die Zusammenhänge zwischen Cholesterinerhöhungen und Schädigungsmöglichkeiten für das Herz basieren auf der Beziehung von Cholesterin zur Artherosklerose.

Während Blutgefäße,  die die Leber versorgen oder von der Leber kommen, praktisch nie cholesterinabhängige Störungen aufweisen, kommt Artherosklerose der Nierenarterien vor und kann zu Bluthochdruck und damit indirekt zu Schäden für das Herz führen.

Marion: Was ist, wenn alle Ernährungsvorgaben berücksichtigt werden, aber am Ende nicht wirklich zum Erfolg führen und den Cholesterinspiegel nicht dauerhaft sinkt?

Prof. Dr. med. Gerald Klose:

Die Notwendigkeit, Cholesterin zu senken, hängt vom allgemeinen Risiko für artherosklerosebedingte Gefäßschäden ab. Dies sind schon bestehende Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes Mellitus oder andere Risikofaktoren. Wenn die Ernährungstherapie bei Menschen, die einen Herzinfarkt durchgemacht haben nicht zum Erreichen des Zielwertes führen, muss eine medikamentöse Therapie erwogen werden.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Das Gleiche gilt für Cholesteinerhöhungen, die durch einen angeborenen Defekt verursacht worden sind. Es kommen aber nicht selten auch Cholesterinerhöhungen vor, die wahrscheinlich nicht gefährlich sind und bei denen man sich mit mäßigen Erfolgen durch einen gesunden Lebensstil begnügen kann.

Omed: Man hat den Eindruck, dass sich die optimalen Werte ständig ändern. Mal unter 200, dann wieder sind 250 erlaubt, wenn da was familiäres vorliegt. Das verunsichert mich. Wer legt fest, was gesund ist?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Empfehlungen für optimale Werte für Cholesterin, besser für LDL-Cholesterin, basieren auf dem jeweiligen wissenschaftlichen Erkenntnisstand einerseits und dem Wunsch zu einer umfassenden Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen andererseits. Standard für die heutige Bewertung eines Cholesterinwertes sind Leitlinien. Diese Leitlinien bewerten eine Behandlungsbedürftigkeit von Cholesterin nicht nach einem bestimmten Schwellenwert, sondern empfehlen in Abhängigkeit vom individuellen Herz-Kreislauf-Risiko bestimmte Ziele oder Behandlungswirkungen für LDL-Cholesterin. LDL-Cholesterin ist das Lipoprotein, das mit der Artheroskleroseentstehung zusammenhängt. Wenn man sich durch Vorhandensein oder weitere Risikofaktoren in einer hohen Risikokategorie befindet, wird ein LDL-Cholesterin-Zielwert von unter 100 mg/dl oder unter 70 mg/dl empfohlen. Die neuen amerikanischen Leitlinien empfehlen unabhängig vom vorliegenden Cholesterinwert bei einem hohen Risiko die Anwendung eines stark wirksamen medikamentösen Cholesterinsenkers, eines Statins. Ein so genannter Grenzwert oder Normalwert für Cholesterin wird heute nicht mehr statistisch definiert, also ein Wert, den ein großer Teil der Untersuchten hat, sondern er hängt vom Behandlungsziel oder vom Risiko des Betroffenen ab.

Ziehr: Ist ein zu hoher Cholesterinwert auch erblich?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ein zu hoher Cholesterinwert ist überwiegend sogar erblich. Einem hohen Cholesterinwert können verschiedene genetisch bedingte Stoffwechselstörungen zugrunde liegen.

Holldorf: Soweit ich weiß gibt es zwei Cholesterinquellen. Einmal durch die Nahrung und dann bildet der Körper auch noch eigenes Cholesterin. Wodurch wird diese Eigenproduktion ausgelöst? Kann man da was steuern?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Cholesterin im Serum oder im Blut kommt tatsächlich entweder aus der Nahrung oder aus der körpereigenen Cholesterinsynthese. Der Körper nutzt die Möglichkeit, Cholesterin aus der Nahrung zu verwenden und die Synthese erhöht sich immer dann, wenn die Cholesterinspiegel im Blut sinken. Man kann die Synthese von Cholesterin durch Medikamente hemmen. Die Cholesterinsynthese kann indirekt auch durch andere Wirkstoffe gesteigert werden. So ein Wirkstoff, der mit einer Cholesterinsynthesesteigerung einhergeht, hemmt die Cholesterinresorption. Es wird deshalb auch empfohlen, einen Cholesterinresorbtionshemmer möglichst mit der gleichzeitigen Einnahme eines Cholesterinsynthesehemmers, z. B. eines Statins, zu kombinieren.

Geisler: Ich habe gelesen, dass auch schon Kinder einen zu hohen Cholesterinwert haben können. Das macht mir Angst, denn wir haben das Problem in der Familie bei Mutter, Schwiegervater, Bruder. Unseren Kinderarzt hat abgewunken und meint, ich soll mir keine Sorgen machen. Mache ich aber. Kann ich den Kinderarzt auffordern diesen Wert zu bestimmen, zur Not für eigenes Geld?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Dringlichkeit, Ihren Kinderarzt um eine Cholesterinbestimmung zu bitten, hängt zum Teil vom Ausmaß der Cholesterinerhöhung bei Ihren Angehörigen ab. Das Vorhandensein mehrerer von einer Cholesterinerhöhung Betroffener lässt an die Möglichkeit einer familiären Hypercholesterinämie denken, die unbedingt schon im Kindesalter erkannt und wenigstens ab dem 8. oder 9. Lebensjahr behandelt werden sollte.

Carrera: Wann wird die Lipid-Apherese eingesetzt? Wäre das eine Möglichkeit bei hohem, familiärbedingtem Gesamtcholesterin?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Lipid-Apherese wird eingesetzt, wenn eine Gefährdung durch das Ausmaß der Cholesterinerhöhung und Begleiterkrankungen, die vom Cholesterin abhängig sind, also Artherosklerose, gesichert sind. Das gilt in besonderem Maße für die hier gefragten hohen familiär auftretenden, also genetisch bedingten, Gesamtcholesterinerhöhungen. Es kommt vor, dass Gesamtcholesterinkonzentration über 300 oder LDL-Cholesterinkonzentration über 190 mg/dl zu einem Herzinfarkt geführt haben und dass diese Werte sich auch mit hochdosierten Medikamenten nicht ausreichend senken lassen. Eine Besonderheit ist dabei, dass es leider nicht selten vorkommt, dass Patienten hohe Medikamentendosen nicht vertragen oder nicht tolerieren. Das extremste Beispiel für die absolute Notwendigkeit einer LDL-Apherese ist das Auftreten höchster LDL-Cholesterinkonzentrationen ab frühestem Kindesalter. Es kann vorkommen, dass ein Kind davon betroffen ist, von beiden Eltern jeweils das veränderte oder krankhafte Gen vererbt zu bekommen. Dies kann mit Cholesterinwerten bis nahezu 1000 mg/dl verbunden sein und die LDL-Apherese ist in diesen extrem seltenen Fällen die einzige Möglichkeit, Herzinfarkte schon im Kindesalter zu verhindern.

Die Lipid-Apherese wird in Deutschland auch häufig bei einer Erhöhung von Lipoprotein (a) durchgeführt. Dies gilt immer dann, wenn Lipoprotein (a) mit größter Wahrscheinlichkeit für ein rasches Fortschreiten von Blutgefäßkomplikationen verantwortlich ist.

Muster: Kann man Triglyzeride dahingend beeinflussen, dass sie die Fließfähigkeit des Blutes nicht mehr reduzieren?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Fließfähigkeit des Blutes verschlechtert sich bei hohen Triglyzerid-Konzentrationen. Eine Verbesserung dieser Fließeigenschaften ist durch eine Senkung der Triglyzeride möglich. Das spielt bei Triglyzerid-Konzentrationen höheren Ausmaßes, in der Regel über 1000 mg/dl, eine Rolle. Die Relevanz veränderter Blutfließeigenschaften nur wenig erhöhter Triglyzeride - also beispielsweise zwischen 200 und 300 mg/dl - ist nicht geklärt und nicht wahrscheinlich.

Lehrmeister: Wie wirken Medikamente zur Senkung des Cholesterins?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Medikamente wirken über eine Verminderung der Cholesterinsynthese oder über eine Verbesserung des Cholesterinabbaus oder über eine Hemmung der Cholesterinaufnahme aus dem Darm.

Lecker: Mit dem Thema Cholesterin befasse ich mich bereits seit einiger Zeit und nehme sehr gern diese Möglichkeit hier wahr eine Frage zu den Apolipoproteinen zu stellen. Nach meinem Kenntnisstand kann man sehr wohl auf den Cholesterinspiegel im Blut Einfluss nehmen, aber nicht so sehr, wie die meisten denken. Ich weiß dass Apolipoproteine eine Transportfunktion haben. Wäre es sinnvoll diesen Transport zu verlangsamen oder zu beschleunigen? Was würde man damit erreichen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Apoproteine gehören zu den Lipoproteinen. Unterschiedliche Apoproteine sind Bestandteil der Lipoproteinklassen VLDL, LDL, HDL und Chylomikronen. Es gibt bereits Medikamente, die die Synthese beispielsweise von Apoprotein B oder Apoprotein C hemmen. Diese Wirkstoffe befinden sich aber noch in der Erprobung und sind noch nicht zugelassen. Mit einer Hemmung des Apoprotein B, dass in der Leber Bestandteil der VLDL wird, lassen sich die aus den VLDL hervorgehenden LDL senken. Dies kann aber zu einer Erhöhung von Leberwerten und zu einer Fettleber führen. Ganz neu ist die Möglichkeit Apoprotein C III zu hemmen und damit bestimmte Formen extremer Triglyceriderhöhungen zu behandeln. Dies befindet sich aber alles noch in einem experimentellen Stadium.

Eisberg: Manchmal habe ich das Gefühl, dass Wissenschaftler ihre Meinung ändern, nur um damit ein Medien-Echo hervorzurufen. Wie sonst ist es möglich, dass plötzlich konträre gesundheitliche Meinungen vertreten werden? Der Cholesterinwert ist auch so ein Thema mit erstaunlichem Veränderungspotenzial. Wem kann man trauen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Es ist richtig, dass sehr unterschiedliche und gegensätzliche Meinungen zur Bewertung von Cholesterin im Blut vorliegen. In welchem Umfang Wissenschaftler dies tun, nur um ein Medienecho hervorzurufen, kann man schlecht herausfinden. Man kann sich aber auf die Begründung der Meinung von Wissenschaftlern stützen. Die Meinung von Wissenschaftlern muss durch valide Untersuchungen begründet sein. Mit der Zeit können aber wissenschaftliche Erkenntnisse hinzukommen, die frühere Annahmen einschränken. Dies gilt z. B. in letzter Zeit für die Einschätzung der Bedeutung von Cholesterin in der Ernährung. Amerikanische Gesundheitsempfehlungen haben in der Vergangenheit in besonderem Maße vom Verzehr von Lebensmitteln abgeraten, die cholesterinreich sind, wie z. B. die berühmten Eier, Schalentiere oder Innereien. Auf der Basis neuer Erkenntnisse wird eine solche Vorsicht heute nicht mehr betont. Das ändert aber nichts an dem durch viele Untersuchungen belegten Wert, möglichst niedriger LDL-Cholesterin-Konzentrationen zur Vermeidung von Artherosklerosefolgen. Neueste Untersuchungen haben genetische Besonderheiten bei einzelnen Menschen aufgedeckt, die zu niedrigeren LDL-Cholesterin-Konzentrationen führen. Es ist dabei bemerkenswert, dass die dann lebenslang bestehenden niedrigeren Cholesterinwerte zu einer überproportionalen Risikosenkung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen. D. h. wenn LDL-Cholesterinwerte lebenslang um wenig mehr als 15 % niedriger sind als beim Durchschnitt, kann das Herzinfarktrisiko um 80 % vermindert sein.

Mel_Abraham: Bin 58 Jahr, habe keine Erkrankungen außer, dass ich keine Schilddrüse mehr habe. Kein Alkohol, keine Zigaretten, kein Übergewicht, vegetarische Ernährung seit über 20 Jahren, aber nicht vegan. Cholesterin kurz über 200. Statistisch bin ich damit im Risikobereich. Wie kann das sein bei meiner kontrollierten Lebensführung, die mir im Übrigen nichts abverlangt? Das ist keine Kasteiung mit Verzicht. Ich fühle mich wohl damit.

Prof. Dr. med. Gerald Klose:

Ich kann Ihrer Frage nicht entnehmen, warum Sie sich statistisch im Risikobereich für Cholesterin sehen. Der Grenzwert von Cholesterinwert 200 ist seit vielen Jahren überholt. Wie an anderer Stelle in dieser Sprechstunde schon angesprochen, sind Cholesteringrenzwerte von Zielwerten für LDL-Cholesterin abgelöst worden. Diese Zielwerte sind bei Ihrer Lebensweise und beim wahrscheinlichen Fehlen von Arterienerkrankungen nicht besonders niedrig, also beispielsweise ein LDL-Cholesterin bis über 160 kann erlaubt sein.

Wenn Sie keine Schilddrüse mehr haben, erfolgt wahrscheinlich eine Hormonersatzbehandlung. Eine Unterfunktion der Schilddrüse bei eventuell niedriger Schilddrüsenhormonzufuhr kann mit höheren Cholesterinwerten einhergehen.

Ängenheister: Ich soll meine Cholesterin-Werte reduzieren, damit ich mittelfristig keinen Herzinfarkt bekomme. Aber das klappt nicht. Finde den Gedanken nicht gut, dass ich deswegen Medikamente nehmen soll. Was rät Prof. Klose?

Prof. Dr. med. Gerald Klose:

Es gehört zum heutigen Behandlungsstandard zur Herzinfarktvorbeugung auf niedrigere Cholesterinwerte zu achten. Leider kann man aber auch trotz der heute Möglichkeiten Cholesterin zu senken, immer noch von einem Herzinfarkt betroffen werden und andererseits  gibt es auch viele Menschen, die trotz höherer Cholesterinkonzentration nie einen Herzinfarkt bekommen.

Aus Ihrer Frage geht für mich nicht ganz klar hervor, was nicht klappt, vermutlich nur durch Ernährungsumstellung zu niedrigeren Cholesterinwerten zu kommen. Der Rat, auch mit Medikamenten eine Cholesterinsenkung herbeizuführen, hängt von Ihrem Risiko für einen Herzinfarkt ab. Wenn Sie von einer stärkeren genetisch bedingten Cholesterinerhöhung betroffen sein sollten, kann man leider tatsächlich mit Lebensstilmaßnahmen (also Ernährung und körperlicher Aktivität) nicht genug ausrichten. Ein Trost ist, dass die Cholesterinsenker doch in der überwiegenden Mehrzahl sehr gut vertragen werden und immerhin eine Senkung des Herzinfarktrisikos um über 20 oder manchmal um über 30 % bewirken.

Anne-43: Für wen sind Cholesterinsenker geeignet?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Cholesterinsenker sind zunächst einmal für alle Erwachsenen geeignet, für die eine Notwendigkeit zur Cholesterinsenkung besteht, weil sie ein erhöhtes Herzinfarktrisiko haben. Unsicher ist die Eignung von Cholesterinsenkern im Kindes- und Jugendalter. Das hängt einmal mit der Möglichkeit zusammen, dass Cholesterinsenker die kindliche Entwicklung beeinträchtigen könnten und zum anderen, dass es keine wissenschaftlichen Daten zum Nutzen von Cholesterinsenkern im Kindes- und Jugendalter gibt. Ausnahme sind lediglich Kinder, die von einer familiären Hypercholesterinämie betroffen sind. Diese äußert sich durch ein besonderes Ausmaß der Cholesterinerhöhung, durch Betroffenheit mehrerer Familienmitglieder und dem Vorkommen von vorzeitigen Herzinfarkten in der Familie. Vorzeitig sind Herzinfarkte im medizinischen Sinn bei Männern unter 50 und bei Frauen unter 60 Jahren. In manchen Familien, in denen eine familiäre Hypercholesterinämie vorkommt, ist diese beim Auftreten von Herzinfarkten bei unter 40-Jährigen aufgefallen.

Joschka: Behandeln Cholesterinsenker den gestörten Fettstoffwechsel, also die Ursache, oder drücken die nur das Cholesterin runter?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Cholesterinsenker führen zu einer Senkung der Cholesterinkonzentration, solange man  sie anwendet. Die Ursache erhöhten Cholesterins - also die genetische Kontrolle der jeweiligen Konzentrationen - beeinflussen sie natürlich nicht.

Lu_Jaschka: Ich bin seit 40 Jahren Vegetarierin. Käse und andere Milchprodukte esse ich dagegen regelmässig. Es gibt bei mir keine fetten Soßen, mit Kuchen etc. habe ich ganz aufgehört. Ich habe kein Übergewicht und trotzdem bin ich nicht im Normbereich mit meinem Cholesterin. Letzter Wert vergangene Woche war 209 Gesamtcholesterin (140/69) Ich verstehe es nicht und weiß nicht, was ich noch machen soll. Kann Prof. Klose mir helfen?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Der Gesamtcholesterinwert von 209 klingt für mich nicht gefährlich. Das Ausmaß der durch Diät möglichen Cholesterinsenkung variiert von Mensch zu Mensch. Käse und Milchprodukte enthalten - wie Sie sicher wissen - Fettsäuren, deren Zusammensetzung und Menge den Cholesterinwert mit beeinflussen, auch wenn Sie Vegetarierin sind.

Biedehammer: Cholesterin ist ja Fett im weitesten Sinne. Spricht man von einer Fettleber wenn sich das Cholesterin dort sammelt? Was macht das mit der Leber?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Der Hintergrund einer Fettleber ist eine Ansammlung von Triglyceriden. Cholesterin ist Bestandteil aller Zellmembranen. Cholesterin wird aber nicht so wie Triglyceride in den Zellen gespeichert. Insofern sammelt sich Cholesterin nicht in einem gefährdenden Ausmaß in den Leberzellen an.

Ingrid: Wann ist man krank, wann gesund? Gibt es wirklich eine Definition dafür? In der Onkologie kommt man immer mehr in die Richtung der personalisierten Medizin, also ganz individuell abgestimmte Chemotherapie. Sind wir mit unseren starren Werten und Beurteilungen vielleicht gar nicht auf dem richtigen Weg? Ist nicht jeder Mensch viel individueller nicht nur in seiner Art und deswegen auch in seinem Stoffwechsel?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die personalisierte Medizin ist eine Entwicklung, die - so, wie Sie schreiben - mit vielen Hoffnungen für eine Verbesserung der Risikobewertung und der Therapieentscheidung verbunden ist. Krankheit grenzt sich von Gesundheit durch mit unseren gegenwärtigen Methoden erfassbare Funktionsstörungen ab. Erhöhte Cholesterinwerte sind beispielsweise nicht obligat mit Krankheit gleichzusetzen, sondern sind ein Risikofaktor. Die personalisierte Medizin hat bei der Bewertung und Behandlung von Stoffwechselstörungen eine bedeutsame Perspektive. Die Möglichkeit, genetische Ursachen für Veränderung des Stoffwechsels erfassen und beweisen zu können, wie z. B. bei der familiären Hypercholesterinämie hilft bei der Risikoabschätzung und bei der Wahl der Behandlungsintensität. Ebenso hat die personalisierte Medizin eine Perspektive für die Medikamentenwahl und für die Vorhersage der Verträglichkeit der Medikamente.

Purga: Es gibt seriöse und unseriöse Forschung. Für mich nicht gleich erkennbar. Jetzt soll es eine Möglichkeit geben Gene abzuschalten und dadurch die Überhöhung des Cholesterinspiegels im Blut zu reduzieren. Gibt es eine derartige Forschung? Das erscheint mir sehr schweres Geschütz für ein vergleichsweise überschaubares Problem. Oder sehe ich das nicht medizinisch genug?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Um gentherapeutische Möglichkeiten der Behandlung gefährlicher Cholesterinerhöhungen bemüht man sich, auch in der seriösen Forschung, schon längere Zeit. Bisher gibt es noch keine praktische Anwendung und auch keine Perspektive in näherer Zukunft. Im Gegensatz zur Abschaltung von Genen wird aktuell mit der Zuschaltung von Genen bei der Behandlung schwerster Triglyceriderhöhungen gearbeitet.

Waschow: Schön und gut, dass es so wichtig ist den Cholesterinwert aufgeteilt bestimmen zu lassen. Aber sagen Sie das mal meinem Hausarzt. Der sagt glatt nein oder gibt nur das Gesamtcholesterin an. Sollen wir Patienten jetzt ständig weiter alles mögliche selbst bezahlen? Langsam kommt einem die Galle hoch.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Risikobewertung hängt vom LDL-Cholesterin ab. Zum Gesamtcholesterinwert trägt auch das HDL-Cholesterin bei und es kann sein, dass ein höheres Gesamtcholesterin, beispielsweise von 250 und 280 mg/dl, noch nicht auf ein Risiko hinweisen muss, wenn HDL-Cholesterin hoch ist. Die Risikobewertung hat für uns Menschen - also auch für Hausärzte und Patienten - unterschiedliche, so genannte wahrnehmungspsychologische, Dimensionen. Unabhängig von der mathematischen Gewichtung einer Chance oder eines Risikos haben wir unterschiedliche Eindrücke. Hierzu gehört die Möglichkeit, im Lotto zu gewinnen oder eben nicht von einer Krankheit betroffen zu sein, die mit höherem Cholesterin zusammenhängt. Vielleicht tröstet es Sie, zu erfahren, dass es nur wenige Cent kostet, Ihren LDL-Wert z. B. in der Apotheke zu erfahren.

Wieland: Meine Mutter ist 69 und eigentlich richtig gut drauf. Aber um sie herum haben alle Leute irgendwelche Krankheiten. Bin immer froh, so lange bei uns alles klar ist. Welche Risiken birgt ein Erhöhter Cholesterinspiegel speziell für ältere Patienten, denn das hat sie schon mal erwähnt nach einer Blutuntersuchung?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Die Abschätzung des Risikos erhöhter Cholesterinwerte nimmt mit dem Alter ab. Die Notwendigkeit, Cholesterin beim Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken, besteht aber im Alter genauso.

Pastina: Mal bin ich über 200 mal geringfügig drunter. Gibt es einen Trick, damit das stabil bleibt und dieses hin- und her aufhört?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Nein, die Cholesterinkonzentration im Blut hängt von so vielen Variablen ab, die nicht im Einzelfall so eingestellt werden können, dass die Cholesterinkonzentration auf den Punkt genau reguliert wird. Dies ist auch gar nicht erforderlich und die von Ihnen angedeutete Konstellation spricht nicht für ein Risiko.

Klewer: Also das ist jetzt sicherlich eine blöde Frage an einen Arzt, aber es gibt ja sogen. cholesteringünstiges Kochen. Lohnt es, einen solchen Kursus zu machen, oder ist der Gedanke darüber das Problem zu lösen Quatsch?

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ein Kochkurs kann sich lohnen, wenn man die Möglichkeit geschmacklicher Verbesserungen oder von Abwechslung in seiner Küche sucht. Ein Kochkurs kann auch über cholesterinhaltigere Lebensmittel informieren, von denen man dies bisher nicht wusste oder kann auf Lebensmittel hinweisen, die diesbezüglich gar nicht schädlich sind und die man bisher übersehen hat. Im Ergebnis gilt eine als Mittelmeer-Kost idealisierte Ernährung als günstig. Diese zeichnet sich durch einen vergleichsweise geringeren Gehalt von Fetten tierischer Herkunft aus und enthält besonders viel Olivenöl. Ebenso werden Nüsse als günstige Ernährungskomponente zur Vermeidung gefährdender Cholesterinerhöhung angesehen.

Goldi: Auf dem Bau kann mein Mann nicht mit Kolesterin-Essen ankommen. Da fährt er große Maschinen. Bagger und sowas. Dem kann ich kein Salat aufs Brot tun da muss richtig Wurst usw. drauf. Aber der Arzt sagt er muss anders essen. Bewegen tut er sich genug auf der Arbeit. Bringt alles nichts. Ich weiß nicht wie man was ändern kann und brauche da einen tip. Danke

Prof. Dr. med. Gerald Klose:

Bei schwerer körperlicher Arbeit besteht natürlich ein höherer Energiebedarf als bei den vielen Menschen, die eine sitzende Tätigkeit haben. Die Möglichkeit für Ihren Mann kann in einer Abwechslung seiner Ernährung bestehen, wenn wenigstens möglichst wenig tierische Fette Bestandteil der Ernährung sind. D. h. magere Fleischprodukte sind eine Möglichkeit, während fette Wurstsorten lieber doch vermieden werden sollten.

Prof. Dr. med. Gerald Klose: Ich danke allen Teilnehmern für die vielen interessanten Fragen und die rege Teilnahme an dieser Sprechstunde. Zum Abschluss wünsche ich Ihnen und Ihren Familien einen angenehmen Abend und gut Gesundheit.



Ende der Sprechstunde.